
Was kürzlich an aggressiven Kommentaren und Berichten gegen konservative Bischöfe zu lesen war, lässt Erinnerungen an das päpstliche Wort von der „sprungbreiter Feindseligkeit“ aufkommen. So hatte Papst Benedikt XVI. im Jahre 2009 die medialen Reaktionen auf seine Erklärungen beklagt.
Ein Gastbeitrag von Hubert Hecker.
Auf der Frühjahrsvollversammlung verabschiedeten die deutschen Bischöfe mit Mehrheit ein Papier zur Seelsorge an konfessionsverschiedenen Ehen. Danach sollte ein protestantischer Ehepartner dann zur hl. Kommunion zugelassen werden, wenn er das katholische Eucharistieverständnis bejaht und zugleich das Nicht-Kommunizieren die Ehepartner in eine „schwere geistliche Notlage“ stürzen würde.

Die kontroverse Diskussion auf der Bischofskonferenz hatte sich in 13 Neinstimmen zu der geplanten Handreichung niedergeschlagen. Davon haben sieben Bischöfe – vor allem aus süddeutschen Diözesen sowie dem Erzbistum Köln – ihre Bedenken in einem Schreiben an die römische Kurie formuliert. Da der pastorale Ansatz auch Fragen zu Kirchenrecht und Theologie beinhaltete, wünschte man sich eine grundsätzliche Klärung von Seiten der römischen Glaubenskongregation. Darüber hinaus baten die Bischöfe darum, die deutsche Lösung in Hinsicht auf weltweite Ökumene universalkirchlich abzustimmen. Deshalb war der Brief auch an Kardinal Koch gerichtet, den Präsidenten des Päpstlichen Rates zur Förderung der Einheit der Christen.
Zu diesem Vorgang stimmten einige säkulare Medien „Zeter und Mordio“ an – so ein protestantischer Beobachter. Der Streit unter den deutschen Bischöfen wurde als „Zerwürfnis“ gebrandmarkt und mit hämischen Kommentaren überzogen. Frei von sachlicher Richtigkeit meinte der Berliner Tagesspiegel: Kardinal Woelki revoltiere „gegen das Abendmahl von Protestanten“.
Skandalisierung einer nüchternen Klärungsanfrage
An die Spitze der „kampagnenartig aufgebauten Medienwelle gegen den Kölner Kardinal“ (Winnemöller) setzte sich Joachim Frank, der Chefkorrespondent des Kölner Stadt-Anzeigers: Aus der Klärungsanfrage nach Rom machte er einen „Brandbrief“. Die sieben Bischöfe würden einen „scharfen Angriff auf ihre Mitbrüder führen“. Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz könne das Schreiben „nur als Kampfansage verstanden haben“. Als Rädelsführer der „Opposition gegen Marx“ stellt Frank den Kölner Erzbischof an den Pranger: „Woelki führt Aufstand unter Bischöfen an“ – so die Titelzeile über dem KStA-Hauptartikel vom 5. April.
Joachim Frank sagte in einem Interview mit dem Kölner domradio vom April 2017, dass ein guter Journalist objektive Berichte und subjektive Meinungskommentare trennen bzw. kenntlich machen müsse. Er selbst hält sich nicht an diese fundamentale publizistische Regel: In dem oben erwähnten Artikel vermischt er Meinungs- und Wertungsaussagen mit Sachinformationen.
In seiner Kommentarspalte werden die Angriffe gegen die „Hardliner“ noch schärfer. Frank unterstellt, dass der Kölner Erzbischof in einem „offenen Machtkampf“ mit dem Münchener Kardinal Marx stünde. Bezogen auf die Glaubenslehre gehen seine Spekulationen noch weiter. Die „Siebenergruppe um Woelki“ würde „so schwere Geschütze auffahren“, die man weit zurück in der Geschichte suchen müsse. Er sieht in dem Schreiben der Bischöfe den Pulverdampf von „Kampfbegriffen“ aufsteigen, von denen er „Amtsanmaßung, Irrlehre und Kirchenspaltung“ nennt. Die stünden zwar nicht wörtlich, „aber doch der Sache nach im Brief“.

In dieser Verschärfungsrhetorik ist eine Methode zu erkennen: Die nüchterne und sachliche Klärungsanfrage nach Rom – „an sich kein Problem und das gute Recht eines jeden Katholiken“ (zdf.de) –wird solange auf Krawall gebürstet, bis der Vorgang zu einem der „spektakulärsten und kirchenpolitisch gravierendsten“ Aktionen der jüngeren Kirchengeschichte wird.
Letzte Woche bahnte sich eine ganz andere spektakuläre Wende an: Die Glaubenskongregation lehnte die geplante Handreichung der Deutschen Bischofskonferenz ab. Damit wurde die Anfrage der sieben Bischöfe als berechtigt ausgewiesen. Papst Franziskus beordert den Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz nach Rom, schrieben Vatikanisten. Dort soll Kardinal Woelki als Sprecher der sieben deutschen Bischöfe erneut seine Bedenken vortragen können. Unter der Vermittlung von Bischof Genn aus Münster könnten dann die strittigen Fragen geklärt werden.
Mit dieser Wendung der Ereignisse hat sich Franks Hochstilisierung von Woelkis kurialer Anfrage zu einer kirchenpolitischen Rebellion als eine tendenziöse Aufbauschung erwiesen. Der Skandalisierungsballon des KStA-Chefkorrespondenten ist mit lautem Knall geplatzt. Die zahlreichen hämischen Leserbriefe im Kölner Stadt-Anzeiger, die Frank mit seinen aggressiven Kommentaren evozierte, haben sich als irregeleitet erwiesen.
Angebliche Bischofszitate zur Rufschädigung
Am Tag nach seinen „Brandbrief“-Artikeln legte Joachim Frank mit einem Hintergrundbeitrag nach. Der ganzseitige Text stand unter dem Motto: „Es ist heute schlimmer als unter Meisner“. Ins Zentrum der Darstellung rückte er ein Zitat eines bischöflichen Mitbruders aus der Bischofskonferenz: „Was Woelki propagiert, ist Rückkehr-Ökumene – der antiprotestantische, antimoderne Reflex des 19. Jahrhunderts.“

Diese anonyme Zitation ist höchst problematisch: Entweder sollte ein Bischof ein solches negatives Urteil über einen bischöflichen Mitbruder mit seinem Namen beglaubigen. Wenn er aber zu feige für ein offenes Einstehen wäre, dann dürfte ein seriöser Journalist das nicht bringen. Denn ein nicht überprüfbares Zitat lässt immer den Verdacht einer Erfindung offen. Jedenfalls passt das angebliche Bischofswort zu gut in Franks Konzept, Kardinal Rainer Woelki in die Schublade eines „dogmatisch Unbeweglichen im konservativen katholischen Spektrum“ zu stecken.
Gegen die Glaubwürdigkeit des Zitats spricht eine weitere Überlegung: Der Kölner Erzbischof hat in der Herder-Korrespondenz 10/2017 einen dichten Aufsatz zum Stand der Ökumene publiziert. Darin stellt er die erreichte Verständigung im protestantisch-katholischen Dialog dar, weist weitere Perspektiven auf, benennt aber auch die bisher bleibenden Differenzen sehr klar. Der nüchterne Aufsatz ist alles andere als eine Schrift antiprotestantischer Reflexe. Eine solche Wertung ist von einem bischöflichen Mitbruder nach Kenntnis des Artikels ziemlich unwahrscheinlich.
Zu einem zweiten Bischofswort in dem Artikel liegen ähnliche Zweifel nahe. Ein dem Kardinal Nahestehender warnte Frank davor, dem Erzbischof zu viel Strategie und Programmatisches bei seinen Entscheidungen zu unterstellen. Denn auch der KStA-Journalist hatte den Kölner Kardinal im Zusammenhang mit dem Rombrief als „Prinzipienreiter“ etikettiert. Dagegen meinte der Vertraute aus der Bistumsverwaltung, bei Woelki sei „sehr viel Persönliches im Spiel“. Aber auch diese gegenteilige Aussage wandte der Kölner Zeitungsmann wieder ins Negative, indem er erneut ein angebliches Bischofswort herbeizitierte: „Der Kölner Mitbruder ist eine Ich-AG.“
Einseitig-parteiischer Kirchenjournalismus
Joachim Frank ist diplomierter Theologe. Sein Aufbaustudium in Rom schloss er mit dem theologischen Lizenziat ab. Es fällt aber auf, dass er selten sein theologisches Hintergrundwissen einsetzt – etwa indem er theologische Streitpunkte von beiden Seiten beleuchtet und so dem Leser eine eigene Urteilsbildung ermöglicht. Stattdessen vermittelt Frank von vornherein seine eigenen kirchenpolitischen Meinungen – und die liegen eher im linken Spektrum. Von dem einseitigen Standpunkt aus ergeben sich seine häufigen Abwertungen und Angriffe gegenüber konservativen Theologien und Kirchenleuten. Daher sind Franks Artikel in Kirchendingen meistens parteiisch-tendenziös. Sachlich-objektive Berichte zu Theologie und Kirche sind von ihm weniger zu erwarten.
Vor einigen Wochen wurde der emeritierte Papst Benedikt Opfer von Franks „sprungbereiter Feindseligkeit“. In einem vertraulichen Brief hatte sich der Emeritus kritisch über frühere „antipäpstliche Initiativen“ des deutschen Theologen Peter Hünermann geäußert. Gegen die betreffende Passage feuerte der Kölner Journalist eine publizistische Breitseite. Dazu nutzte er einen Kommentar auf dem von der Deutschen Bischofskonferenz subventionierten Portal katholisch.de.
Papst em. Benedikt XVI. als Giftspritzer diffamiert
Schon mit der Titelzeile: „Die Rückkehr des ‚Panzerkardinals‘ “ sprang Frank auf den Diffamierungszug von linkem Boulevardjournalismus auf. Im Text folgte eine Reihe von abwertenden Urteilen. So prangerte er die „Unerbittlichkeit des Glaubenshüters Ratzinger“ an sowie den „autoritären Führungsstil Papst Johannes Pauls II.“. Benedikt XVI. sei „nachtragend“, wenn er die Lebensleistung des Theologen Hünermann nicht angemessen würdige. Durch „Nickligkeiten und Kleingeistereien“ habe Ratzinger dreißig Jahre lang den „gewisslich großen“ Theologen und Kirchenmann Karl Lehmann daran gehindert, sein „Talent und Charisma“ für die deutsche Kirche zu entfalten.

Noch skandalöser als auf ‚katholisch.de’ wirkte Franks Kommentar in seinem Hausblatt, dem Kölner Stadtanzeiger. Dort machte er Anleihen bei den Verschwörungsromanen von Dan Brown: Aus dem Panzerkardinal wurde ein hinterhältiger Giftmischer, der seine „päpstliche Feder“ als Giftspritze missbrauchte. Kirchenhistoriker wüssten von „Giftmorden im Vatikan“ zu berichten. In unserer Zeit würden sich „Päpste nicht mehr tödlicher Chemikalien bedienen“, sondern „das Gift fließt ihnen aus der Feder“. Mit dem letzten Brief Benedikts XVI. hätten sein „Nachfolger Franziskus und der Theologe Peter Hünermann jetzt eine doppelte Dosis abbekommen“. Aber schon Papst Johannes Paul II. habe mit seinem autoritären Führungsstil – etwa durch die „erzwungene Installation Meisners zum Kölner Erzbischof “ – Giftspritzen angesetzt: „Päpstliches Gift, zur rechten Zeit verspritzt, soll eben auch noch nach fast 30 Jahren wirken.“ Das ist der Schluss-Satz eines Artikels, den der Autor mit „Analyse“ überschrieben hatte.
Reputationsprobleme katholischer Publizistik
In Franks kirchenjournalistischen Beiträge sind regelmäßig Verletzungen von berufsethischen Prinzipien festzustellen: Seine Vermischung von Bericht und Meinungskommentar wurde schon erwähnt. In den zuletzt dargestellten Texten finden sich ehrverletzende und schmähende Formulierungen. Skandalisierung, Übertreibungen und Verschwörungstheorien gehören eher zum Boulevardjournalismus. Anonyme Zitate passen nicht zu redaktioneller Sorgfalt und Wahrhaftigkeit. Fairness und Respekt vor anderen Überzeugungen sollte man von einem seriösen Journalisten ebenso erwarten können wie das Bemühen um eine unparteiische Darstellung bei Streitfragen.
Das Portal katholisch.de hatte die Publizierung des Frank-Kommentars damit legitimiert, dass der Schreiber „einer der renommiertesten Kirchenjournalisten“ Deutschlands sei. Sollten damit die Verstöße gegen journalistische Grundsätze zum Renommee der Kirchenpublizistik gehören? Noch pikanter ist der Vorfall anzusehen, insofern Joachim Frank seit 2015 als Vorsitzender der Gesellschaft Katholischer Publizisten Deutschlands fungiert. Wenn aber Franks Skandalisierungsjournalismus die katholische Publizistik repräsentieren sollte, dann hätte die besagte Gesellschaft und ihre 500 Mitglieder ein echtes Ansehensproblem.
Text: Hubert Hecker
Bild: Frankfurter Rundschau/Kölner Stadt-Anzeiger/Katholisch.de/GKP (Screenshots)
Zurück zur eigentlichen Sache, die da kirchenjournalistisch so arg entgleist ist, möchte mein folgender Kommentar finden.
Es ist im Grunde banal. Wenn sich der Schwerpunkt der Liturgie von einer Opferfeier zu einem Gemeinschaftsmahl verschiebt, dann fragen sich die betroffenen Anwesenden natürlich: Warum darf ich nicht mitessen?
Die modernen Liturgiker können (!) das gar nicht erklären; in der hergebrachten Form der Liturgie hingegen versteht es sich von selber.
Ergo: Die Misere ist hausgemacht. Man wird die Geister nicht mehr los, die man beschwor.
Lieber Herr Hecker, hier geht es ganz schlicht um die Skandalisierung von Kardinal Woelki. Ein Prozess, den wir schon im Falle von Bischof Mixa und dem von Ihnen ausgezeichnet beschriebenen Falle von Bischof Tebartz von Elst gesehen haben. Die Methoden sind bekannt und das Ziel ist erkennbar: aufbauen von Druck zur unehrenhaften Ablösung des Kardinals. Auslösend sind seine Worte „Wir haben in der Bischofskonferenz über eine wichtige Frage gesprochen, nämlich über die Seelsorge von konfessionsverschiedenen Ehepaaren.“ Hinter dieser Frage steht die Frage des Zugangs zur Heiligen Eucharistie. Die Vorraussetzungen betreffen den Kern unseres Glauben, glaubt der Empfänger an das, was er empfängt, kann er die Frage „Herr bin ich würdig“ mit ja beantworten, was eine Beichte vorraussetzt und ist das Ziel die Anbetung Gottes? In dieser Grundsatzfrage bestehen Unterschiede zwischen Woelki und den sieben Bischöfen einerseits und Marx mit dem Rest der Bischofskonferenz. Marx will aber keine theologische Entscheidung, sondern eine machtpolitische. So kommen wieder ein Journalist “ Joachim Frank“ und eine Mediengruppe DuMont als Erstauslöser ins Spiel. Die Chancen zur Ehrenrettung von Kardinal Woelki sehe ich leider als gering an. Es wird soviel Dreck aud ihn geworfen, bis er beschmutzt ist. In diesem konkreten Falle hat mich das Verhältnis Frank – Marx interessiert, nach dem Motto, was sagt der eine über den anderen.