(Johannesburg) Papst Franziskus lehnte das Rücktrittsgesuch von Kardinal Napier ab, der weiterhin Erzbischof von Durban in Südafrika bleibt.
Der Kardinal wurde am 8. März 1941 auf dem Swartberg (afrikaans für schwarzer Berg) in der Kapprovinz geboren. Er trat in den Franziskanerorden ein und wurde 1970 zum Priester geweiht. 1980 ernannte ihn Papst Johannes Paul II. zum Bischof von Kokstad, 1992 zum Erzbischof von Durban. Schließlich folgte 2001 die Erhebung in den Kardinalsrang.
In Europa herrscht „Unkenntnis der kirchlichen Lehre“
Vor der ersten Bischofssynode über die Familie, die im Oktober 2014 stattfand, fällte Kardinal Napier ein vernichtendes Urteil über den Zustand der Kirche in Europa. Die Europäer, so der südafrikanische Purpurträger, würden unter einer „verbreiteten Unkenntnis der kirchlichen Lehre und auch der Heiligen Schrift“ leiden.
Während der Synode lieferte er sich mit Kardinal Kasper einen Schlagabtausch, nachdem dieser im Zusammenhang mit den Widerständen der afrikanischen Synodalen gegen seine progressive Agenda in Sachen Scheidung und Zweitehe rassistische Äußerungen tätigte, die Kardinal Napier mit den Worten kommentierte:
„Es ist besorgniserregend, Worte wie diese zu lesen … Kasper zeigt nicht viel Respekt vor der afrikanischen Kirche und ihren Hirten.“
Damals wie schon zuvor bemühte sich Papst Franziskus den schwarzafrikanischen Episkopat wenn schon nicht zu gewinnen, so doch zu einem Stillhalten zu bewegen oder zumindest zu beruhigen, indem er den Kardinal in mehr oder weniger unbedeutende Ämter berief. Damals machte er ihn zum vierten stellvertretenden Synodenvorsitzenden. Ein Amt, das ad hoc während der laufenden Synode geschaffen wurde, um die Gemüter zu beruhigen. Mit wenig Erfolg.
Wenige Tage nach Abschluß der Bischofssynode und offensichtlich desillusioniert sagte der Kardinal als Kritik am Westen:
„Wenn ich sehe, wie die moralische Verdorbenheit ihr Leichentuch des Bösen über die Gesellschaft breitet, erinnert mich das an die Verwüstung, mit der Ebola Westafrika heimsucht.“
Diese westliche Verdorbenheit sei eine „physische Bedrohung“ für Afrika, wie eine biblische Plage, „weil er es dem moralischen Ebola verdorbener Lebensstile aussetzt, einschließlich der Pornographie.“
Kritik an Synodenberichten und Synodenregie
Der Südafrikaner kritisierte die Synodenberichte, die gerade in den entscheidenden, da umstrittenen Punkten „bei weitem nicht die Mehrheitsmeinung der Teilnehmer widergespiegelt haben, sondern lediglich die Position einiger weniger“. Da sei „eine bestimmte Ideologie oder Agenda am Werk“ gewesen, so der Kardinal.
Im Frühjahr 2015 legte sich der Südafrikaner erneut mit dem deutschen Kardinal an. „Kardinal Kasper ist nicht der Theologe des Papstes“, lies er über die Medien ausrichten und wollte damit sagen, Kaspers Positionen zu den Sakramenten, können nicht die eines regierenden Papstes sein.
Kardinal Napier gehörte im Oktober 2015 zu den dreizehn Kardinälen, die sich bei Papst Franziskus über die Synodenregie und den Eindruck von vorgefertigten Ergebnissen beklagten. Der Südafrikaner brachte es damals wie folgt auf den Punkt:
„Wir möchten nicht wieder dieselbe Art von Personen dort sehen, die bereits beim vorigen Mal dort waren und uns Schmerz verursacht haben“.
Papst Franziskus zeigte ein taktisches, aber kein inhaltliches Einsehen, sondern erteilte „derselben Art von Personen“, unter denen auch Sondersekretär Erzbischof Bruno Forte gemeint war, den Auftrag, bestimmte Worte, die auch für die schwarzafrikanischen Synodalen anstößig waren, im Synodenschlußbericht wegzulassen. Den Rest werde dann schon er machen. Das Ergebnis war Amoris laetitia.
„Gilt das für Polygamisten und andere Sonderlinge auch?“
Anfang 2017 übte der Erzbischof von Durban Kritik am Kernpunkt dieses umstrittenen nachsynodalen Schreibens, der Zulassung wiederverheirateter Geschiedener zu den Sakramenten, und machte sich damit die Dubia (Zweifel) der vier Kardinäle Brandmüller, Burke, Caffarra und Meisner zu eigen.
In einem Twitter-Eintrag fragte der Kardinal polemisch:
„Wenn Menschen im Westen in irregulären Situationen die Kommunion empfangen dürfen, sollen wir dann zu unseren Polygamisten und anderen ‚Sonderlingen‘ gehen und sagen, daß es ihnen auch erlaubt ist?“
Anfang 2016 reichte der Kardinal in seiner Funktion als Erzbischof von Durban erstmals ein Rücktrittsgesuch ein, wie es das Kirchenrecht bei Vollendung des 75. Lebensjahre vorschreibt. Papst Franziskus gewährte ihm eine Verlängerung von zwei Jahren. Was unter Benedikt XVI. für Erzbischöfe üblich war, gilt keineswegs auch unter Franziskus. Wie südafrikanische Medien gestern berichteten, habe Franziskus auch das zweite Rücktrittsangebot abgelehnt. Kardinal Napier wird demnach auch weiterhin Erzbischof von Durban bleiben.
Aus dem Rahmen fällt seine Verteidigung der Mehrheit des Deutschen Bischofskonferenz (DBK), protestantischen Ehegatten die Kommunion zu spenden. In einer Stellungnahme gegenüber dem National Catholic Register nannte der Kardinal das Beispiel eines methodistischen Bischofs in Südafrika, der ihm gesagt habe, die katholische Lehre von der Eucharistie zu teilen. „Welchen guten Grund hätte ich, ihm die Heilige Kommunion zu verweigern, wenn er sagt, sie zur Rettung seiner Seele empfangen zu müssen?“ Die Zusammenhänge dieser Stellungnahme sind klärungsbedürftig, abgesehen davon, daß das genannte Beispiel nicht auf den allgemein angestrebten Vorstoß der DBK paßt.
Die afrikanische Kirche, die am schnellsten wachsende Ortskirche, stellt für die Progressiven in der Kirche jedenfalls ein „Problem“ dar, das durch die rassistischen Ausfälligkeiten Kaspers lediglich für alle sichtbar wurde. Die afrikanischen Katholiken sind gerade dabei zahlenmäßig die europäischen Katholiken zu überrunden. Kardinal Napier ist einer ihrer bedeutendsten Vertreter. Das verlangt Rücksichtnahmen, auch vom Papst.
Kurz vor Ostern habe er die Anweisung aus Rom erhalten, „weiterzumachen, bis andere Anweisungen folgen“, sagte der Kardinal am Mittwoch südafrikanischen Medien.
Text: Giuseppe Nardi
Bild: MiL