(Mailand) „Weniger Messen, mehr Wort Gottes“, lautet die Empfehlung des neuen Erzbischofs von Mailand, Mario Delpini. Von einem irritierenden „ambrosianisch-lutherischen Rezept“ spricht Nuova Bussola Quotidiana.
Vor zwei Wochen, am 24. September, erfolgte die Inthronisierung im Mailänder Dom. Am vergangenen Samstag erteilte der Neo-Erzbischof der ersten Pfarrei, die er nach seiner Amtseinführung visitierte, einen ungewöhnlichen Ratschlag.
Das Erzbistum des Kirchenvaters Ambrosius
Am vergangenen 7. Juli emeritierte Papst Franziskus seinen Gegenspieler im Konklave von 2013, Angelo Kardinal Scola, der sich zwar bester Gesundheit erfreut, aber im November 2016 das 75. Lebensjahr vollendet hatte. Auf Scola hatten sich, folgt man Indiskretionen, mindestens im ersten Wahlgang die meisten Stimmen für die Nachfolge von Papst Benedikt XVI. konzentriert.
Mailand gilt neben Köln und Chicago als die reichste und einflußreichste Diözese der Welt. Was das Ansehen betrifft, kommt sie sogar gleich hinter Rom. Alle drei Erzbistümer wurden von Papst Franziskus bereits neu besetzt.
In Mailand, das im Römischen Reich teils Hauptstadt war, saß ein Kirchenvater, der heilige Ambrosius, auf dem Bischofsstuhl. Die Bedeutung des Bistums zeigt sich auch darin, daß es einen Eigenritus bewahrte. In der Kirchenprovinz Mailand gilt nicht der Römische Ritus, sondern der Ambrosianische Ritus.
Msgr. Delpini und der „liturgische“ Aktivismus
Zum Nachfolger von Kardinal Scola ernannte Franziskus Msgr. Mario Delpini, der aus den Konsultationen als Favorit hervorgegangen war. Das allerdings hätte Franziskus nicht daran gehindert, einen ganz anderen Kandidatenn seiner Wahl zu ernennen. Kardinal Tettamanzi hatte Delpini zum Weihbischof gemacht, Scola zum Generalvikar und ihm die Priesterausbildung anvertraut.
Der päpstliche Hausvatikanist Andrea Tornielli streute ihm Blumen. Seine Ernennung sei eine „Wahl der Kontinuität“, was allein schon wegen der unterschiedlichen Ausrichtung von Kardinal Carlo Maria Martini SJ (1979–2002), Kardinal Dionigio Tettamanzi (2002–2011) und Kardinal Angelo Scola (2011–2017) kaum denkbar ist.
Delpini sei „spirituell, demütig, aber nicht nachgiebig, ein großer Arbeiter, aber fern vom Typ des Manager-Bischofs und legt großen Wert auf die persönliche Beziehung mit den Priestern“, so Tornielli im vergangenen Juli.
Der Patristiker Delpini war aber im Juli 2013 auch negativ aufgefallen. Er zelebrierte mit den Jugendlichen, die zum Weltjugendtag nach Rio de Janeiro aufbrachen, eine Heilige Messe und legte einen erstaunlichen liturgischen Relativismus an den Tag.
Katholisches.info berichtete damals:
„Zum Abschluß des Hochgebets ließ der bischöfliche ‚Vorsteher‘ der Zelebration nicht nur seine priesterlichen Konzelebranten, sondern eigens an den Altar gerufene Jugendliche die Kelche mit dem Blut Christi und die Hostienschalen mit dem Leib Christi zur Elevation erheben. Abgesehen davon, daß normalerweise nur ein Kelch und eine Schale mit den konsekrierten Hostien erhoben wird, auch wenn mehrere genützt werden: Die Gruppen-Elevation wurde nicht von Priestern oder Diakonen durchgeführt, die ‚untätig‘ im Hintergrund herumstanden, sondern von jugendlichen Laien, Mädchen und Burschen, die zuvor vom koordinierenden Priester aus dem Kirchenschiff herausgefischt worden waren.
Die verlegenen Gesichtsausdrücke der Jugendlichen auf den Bildern sind vielsagend. Sie fühlen sich zu recht am falschen Ort. Auf dem Altar findet sich kein Kreuz. Es wurde im Eifer eines konzelebrativen Allpriestertums wohl vergessen. Der Herr hängt an der Seitenwand im Hintergrund.“
Das Photo wurde von der Mailänder Kirchenzeitung IncrociNews kritiklos veröffentlicht. Als sich von anderer Seite Kritik erhob, verteidigte der Liturgiebeauftragte des Erzbistums, Msgr. Pierantonio Tremolada, den Weihbischof, was die Sache nicht besser machte:
„Ich bin absolut überzeugt, daß die Geste die Absicht hatte, den ‚Jugendlichen das Gefühl zu geben, während der Woche des Weltjugendtages Akteure zu sein‘ (wie der Papst gestern sagte). Wir sind im übrigen nicht sicher, daß sie von S. Ex. Msgr. Delpini entschieden wurde. Nicht immer entscheiden die Vorsteher der Zelebration die liturgischen Gesten, manchmal vollziehen sie sie im letzten Augenblick auf Anweisung anderer.“
Auf die kritisierte Geste ging der Liturgiebeauftragte nicht ein. Seine Begründung bewegte sich unkritisch auf derselben Ebene wie die Geste selbst. Der Hinweis auf Papst Franziskus sollte der Rechtfertigung dienen. Und überhaupt könnte Msgr. Delpini nichts davon gewußt haben. Er stand aber am Altar und war Zelebrant. „Qui tacet, consentire videtur“, wie Papst Bonifaz VIII. sagte.
Diese oberflächliche Verteidigung scheint die Karriere des Liturgiebeauftragten Tremolada beflügelt, ihr jedenfalls nicht geschadet zu haben. Im Mai 2014 ernannte ihn Papst Franziskus ebenfalls zum Weihbischof von Mailand und im Juli 2017 zum Bischof der keineswegs unbedeutenden Diözese Brescia. Am vergangenen Sonntag erfolgte seine Inthronisierung in der Kathedrale der lombardischen Stadt.
Der seltsame Ratschlag: „Weniger Messen, mehr Wort Gottes“
Am vergangenen Samstag besuchte Erzbischof Delpini die Stadt Busto Arsizio und visitierte die Pfarrei an der Basilika San Giovanni. Am Sonntag fanden die Gläubigen auf den Kirchenbänken ein Faltblatt. Darauf wurden vom Erzbischof vier Schritte genannt, die er der Pfarrei als pastorale Empfehlung für die Zukunft erteilte. Der erste Schritt lautet:
„Entschieden die Rückkehr zum persönlichen und gemeinschaftlichen Bewußtsein des Wortes Gottes fördern als Form der Evangelisierung. Wo notwendig, kann auch manche Heilige Messe gestrichen werden, um Momente der Katechese und des Hörens des Wortes zu begünstigen.“
„Eine Abweichung, die eindeutig lutherischer Herkunft ist“, sieht Nuova Bussola Quotidiana (NBQ) darin. Luther war es, der ein unhistorisches sola scriptura lehrte. Die freie Auslegung der Heiligen Schrift stellte er über die Verkündigung der kirchlichen Lehre. Hochmütig erklärte er, ein einfacher Laie sei mit der Schrift ausgerüstet größer als der mutigste Papst ohne sie. Die Freiheit, die er gegenüber Rom postulierte, ließ Luther allerdings sich selbst gegenüber nicht gelten. Doppelt hochmütig behauptete er, daß über seine eigene Lehre niemand urteilen könne, weder der Papst noch ein Konzil noch sonstwer, auch kein anderer protestantischer Prediger, „nicht einmal die Engel“.
„Katholische Kultur Martinischer Prägung“
Die Höhergewichtung des Wortes, das Erzbischof Delpini über die Eucharistie stellt, bedeutet nicht nur eine Achsenverschiebung, sondern impliziert eine Relativierung des Altarsakraments. Das Wort hingegen ist kein Sakrament. Wenn man „manche Heilige Messe“ problemlos streichen kann, scheint der Erzbischof zu signalisieren, daß die Eucharistie von geringerer Bedeutung ist, sodaß man sie sorglos weglassen könne.
Der Katechese spricht er gegenüber der Eucharistie größere Bedeutung zu. Das entspricht der Entfernung der Tabernakel als Zentrum des Altarraumes oder ihrer völligen Auslagerung aus diesem, wie es in vielen Kirchen in den vergangenen Jahrzehnten geschehen ist.
„Es ist ein Zeichen dafür, daß für eine gewisse katholische Kultur Martinischer Prägung die Bibel mehr zählt als die Eucharistie. Es gilt aber die Regel des et et und nicht des aut aut.“
Nuova Bussola Quotidiana bezieht sich damit auf Carlo Maria Kardinal Martini SJ, Erzbischof von Mailand 1979 – 2002 und Gründer des Geheimzirkels Sankt Gallen.
„Es gilt das Sowohl-als-auch von Bibel und Eucharistie. Die Eucharistie hat aber einen unendlich größeren Wert als die Bibel aus dem einfachen Grund, weil die Eucharistie Christus in Leib und Blut ist. Es gibt nichts Kostbareres auf der Welt als ein einziges eucharistisches Opfers, nicht einmal tausend Katechesen heiliger Päpste.“
Veranstaltungen zum „Luther-Jubiläum“
Zur Empfehlung von Erzbischof Delpini scheint ein anderer Hinweis im Faltblatt zu passen, das in den Kirchenbänken von Busto Arsizio ausgelegt wurde. Es enthält die Einladung zu Veranstaltungen zum „Jubiläum der Lutherischen Reform“. Am kommenden Sonntag findet in der Basilika San Giovanni ein Konzert mit Musik „der protestantischen Tradition“ und Lesungen von „geistlichen Texten von Reformatoren“ statt.
Es irritiere, so Nuova Bussola Quotidiana, die Bezeichnung „Jubiläum“. „Ein echter Katholik hat keinen Grund, sich über den Protestantismus zu freuen.“ Papst Franziskus ist es, der die Richtung vorgegeben hat, indem er den exkommunizierten Luther quasi rehabilitierte und eigens ins schwedische Lund reist, um an vorgezogenen 500-Jahrfeiern teilnehmen zu können. Eine Statue des deutschen Häresiarchen für eine Begegnung mit deutschen Katholiken und Lutheranern sogar in der Audienzhalle des Vatikans aufgestellt. Dem päpstlichen Vorbild folgen seither zahlreiche Initiativen in der katholischen Kirche, die auf irgendeine Weise Luther feiern. Das aber stellt für Katholiken den Versuch dar, die Quadratur des Kreises zu wollen.
Glaubensklarheit werde dadurch nicht gefördert, vielmehr Verschwommenheit. Die Dezimierung der Sakramente durch Luther, die Verachtung der kirchlichen Hierarchie und des Papst, die Mißachtung der Würde anderer, die Leugnung des freien Willens und die Förderung eines Fideismus sind Dinge, die keinen Grund für Gedenken und Feierlichkeiten an die „Reformation“ bieten.
Es gilt als sicher, daß Msgr. Delpini beim nächsten Konsistorium von Papst Franziskus in den Kardinalsrang erhoben wird.
Text: Giuseppe Nardi
Bild: Diocesi Milano/IncrociNews/NBQ (Screenshots)
Köln, Chicago, Mailand -
wenn diese „Oberhirten“ gültig das Heilige Messopfer feiern wird der Kirche ein unendlicher Wert geschenkt, wenn sie reden wird die Kirche immer weiter abgebrochen.
Dazu fällt mir folgendes Zitat vom Hl. Pater Pio ein:
„Eher könnte die Welt ohne Sonne bestehen als ohne das Heilige Meßopfer!“
Wenn wundert es, daß der Teufel das hochheilige (wahre und gültige) Meßopfer als ewiges Erlösungswerk unseres Heilandes noch mehr fürchtet das Weihwasser?
Mir fällt zu diesem Artikel die Mystikerin Anna Katharina Emmerick ein. Sie wurde am 3.10.2004 von Papst Johannes Paul II. selig gesprochen. Sie hatte am 13.5.1820 eine Vision von zwei Päpsten und zwei Kirchen:“ Ich habe diese Nacht“ das Bild „von zwei Kirchen und zwei Päpsten gehabt“. Sie sah den Papst “ und sah, wie unter ihm eine andere dunkle Kirche in Rom entstand“. Sie sah ein Gebäude ohne Altar und ohne Allerheiligstes: „Ich sah nur Bänke und in der Mitte wie einen Rednerstuhl. Es wurde da gepredigt und gesungen; sonst war nichts. Über die Leute, die sich in dieser „falschen Kirche“ ohne Sakrament des Altares versammeln spricht sie oft von der „Afterkirche“. Ja, Gott lässt „seine Herde“ nie im unklaren was sich ereignen wird.