
(Edinburgh) Das Königreich Schottland, im Norden Britanniens gelegen, vereinigte sich 1706 mit dem Königreich England. 1560 war im Land die Reformation eingeführt worden – im Gegensatz zu England in ihrer calvinistischen Variante, die in ihrer schottischen Ausprägung Presbyterianismus genannt wird. Die Church of Scotland, die wegen ihres Charakters als Nationalkirche einfach „The Kirk“ genannt wird, ist seither presbyterianisch. Durch Jahrhunderte zog sich die Verdrängung der katholischen Religion, die durch eine Reihe von anti-katholischen Gesetzen und Katholikenverfolgungen vollzogen wurde.
Schottland auf dem Weg ins Neuheidentum
Heute präsentiert sich das wieder nach Selbständigkeit strebende Schottland als ein Land auf dem Weg in ein Neuheidentum. 2011 bekannten sich laut Volkszählung nur mehr 53,8 Prozent zum Christentum, während fast 44 Prozent der Schotten keine Religionszugehörigkeit haben, oder diese nicht bekannt ist. 36,7 Prozent der Schotten bezeichneten sich selbst als religionslos. Weitere sieben Prozent machten keine Angaben zur Religionszugehörigkeit. 2,6 Prozent, vor allem Zuwanderer, nannten eine andere Religion (vorwiegend den Islam).
Trotz der Verfolgung konnte der katholische Glauben nie zur Gänze aus Schottland verdrängt werden. Vor allem in den Highlands und auf den Äußeren Hebriden brach die katholische Tradition nie ab. In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts wurde sie durch irische Zuwanderer verstärkt. Auf Binnenwanderung schottischer Katholiken und Zuwanderung irischer Katholiken geht die heute verhältnismäßig starke katholische Präsenz in und um Glasgow zurück.
2011 bekannten sich 16 Prozent der Schotten zum katholischen Glauben.
Horte der katholischen Tradition
Ganz im Norden auf der Insel Papa Stronsay, die zu den Orkney-Inseln gehört, haben die Transalpinen Redemptoristen ihren Sitz. Der 1988 mit Hilfe von Erzbischof Marcel Lefebvre entstandene altrituelle Zweig des Redemptoristenordens zählt inzwischen zwei Klöster. Neben dem schottischen Mutterhaus existiert seit 2007 ein weiteres Kloster in Neuseeland. Den priesterlichen Dienst versehen Transalpine Redemptoristen auch auf Samoa.
Seit 2008 befinden sich die Filii Sanctissimi Redemptoris (F.SS.R.) in voller Einheit mit Rom. Mit ihnen verbunden ist die Confraternity of St. Ninian, deren Ziel ist es, daß sich Schottland wieder zum katholischen Glauben bekehrt. Die Mitglieder der Bruderschaft beten, evangelisieren und missionieren.
Patron der Bruderschaft ist der heilige Ninian von Whithorn (gestorben um 432), der als erster Glaubensbote Schottlands gilt. Papst Benedikt XVI. nahm 2010 bei seinem Besuch Großbritanniens an den Feierlichkeiten zum St. Ninian Day teil.
Der heilige Ninian von Whithorn
Whithorn (Weißhaus) ist einer der ältesten, katholischen Kultstätten Schottlands, deren Existenz bis in die Zeit des heiligen Ninian zurückverfolgt werden kann. Archäologen bestätigen, daß sich hier zumindest seit dem späten 6. Jahrhundert ein Kloster oder zumindest eine irische Missionsniederlassung befunden hatte. Mit Sicherheit existierte seit dem 8. Jahrhundert ein Kloster. Der Klostervorsteher hatte den Rang eines Bischofs und die Klosterkirche diente auch als Kathedrale. Als Gründer des Klosters wurde der heilige Ninian verehrt. 1177 nahm das Kloster die Regel des heiligen Norbert von Xanten an und schloß sich dem Prämonstratenserorden an. Das Kloster hatte eine herausragende Stellung und gehörte zu einem der bedeutendsten Wallfahrtsorte Schottlands. Zum Grab des heiligen Ninian pilgerten bis ins 16. Jahrhundert die katholischen Könige, zuletzt 1563 Maria Stuart.

Mit der Einführung der protestantischen Reformation, 1560, endete abrupt die Blütezeit und erfolgte die Aufhebung des Klosters. Der letzte katholische Prior, Malcolm Fleming, wurde 1563 verhaftet wegen des „Verbrechens“, weiterhin die Heilige Messe zu zelebrieren. 1568 starb er im Gefängnis. Die Klostergüter wurden 1587 von der Krone konfisziert und 1606 dem neuen anglikanischen Bistum von Galloway übertragen. Die ehemalige Kloster- und Bischofskirche wurde nur mehr als reformierte Gemeindekirche genützt und verfiel zusehends. Anfang des 18. Jahrhunderts stürzte der Hauptturm ein. Als 1822 eine neue Gemeindekirche gebaut wurde, setzte endgültig der Verfall ein. Heute sind nur mehr Ruinen zu sehen. In Whithorn wurde das Monreith Cross gefunden, eines der größten Hochkreuze Britanniens. Ein Beleg für das hohe Alter des christlichen Heiligtums.
Kirchenruinen erinnern heute in ganz Schottland und England an die einstige Blüte der katholischen Kirche.
Fußwallfahrt zur Kathedrale von St. Andrews
Die Bruderschaft des heiligen Ninian unternahm für die Bekehrung Schottlands zum katholischen Glauben vom 5.–7. August eine Fußwallfahrt von der schottischen Hauptstadt Edinburgh nach St. Andrews. Die Gläubigen folgten dabei den Spuren der Pilger des Mittelalters, die zum heiligen Andreas, dem Patron Schottlands, pilgerten, um ihn als Fürsprecher bei Gott anzurufen.
Am Ende der dreitägigen Fußwallfahrt wurde in den Ruinen der ehemaligen Kathedrale die Heilige Messe in der überlieferten Form des Römischen Ritus zelebriert. Die Bischofskirche war im Zuge der Reformation von den Protestanten geschändet und geplündert worden. Dann ließ man sie verfallen. 450 Jahre später beten wieder Katholiken darin um die Bekehrung Schottlands.
Text: Giuseppe Nardi
Bild: Sancta Familia Media (Screenshots)