Papst Franziskus wirft Ex-Generaloberen des Mercedarierordens aus dem Priester- und Ordensstand


Mitteilung der Mercedarier-Ordensprovinz von Chile: Papst Franziskus erkannte dem ehemaligen Generaloberen des Ordens das Priestertum und den Ordensstand ab.
Mitteilung der Mercedarier-Ordensprovinz von Chile: Papst Franziskus erkannte dem ehemaligen Generaloberen des Ordens das Priestertum und den Ordensstand ab.

(Rom/​Santiago de Chi­le) Am 20. April ver­öf­fent­lich­te die chi­le­ni­sche Mer­ce­da­rier­pro­vinz die kaum beach­te­te Nach­richt, daß gegen den ehe­ma­li­gen Gene­ral­obe­ren des Ordens, Maria­no Lab­ar­ca Ara­ja, von Papst Fran­zis­kus streng­ste Kir­chen­stra­fen ver­hängt wur­den. Der Vati­kan gab dazu bis­her kei­ne Stel­lung­nah­me ab.

Die Mitteilung des Ordens, das Schweigen des Vatikans

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Der Chi­le­ne Maria­no Lab­ar­ca war von 2004–2010 86. Gene­ral­ma­gi­ster des 1218 gegrün­de­ten Ordens Unse­rer Lie­ben Frau von der Barm­her­zig­keit vom Los­kauf der Gefan­ge­nen (Ordo Bea­tae Mariae de Mer­ce­de redemp­tio­nis cap­tiv­or­um), bes­ser bekannt als Mer­ce­da­rie­r­or­den. Seit 1574 wird der Gene­ral­ma­gi­ster jeweils auf sechs Jah­re gewählt.

Die chi­le­ni­sche Ordens­pro­vinz teil­te mit:

„Pater Pedro M. L. A. (Ex-Ordens­ge­ne­ral) wur­de mit Dekret von S.H. Fran­zis­kus aus dem Prie­ster­stand und aus dem Orden ent­las­sen, daher ist er nicht mehr Prie­ster und auch nicht mehr Ordens­mann. Die­se Ent­schei­dung, die unan­fecht­bar ist, wur­de nach auf­merk­sa­mer Unter­su­chung des 2013 zur Anzei­ge gebrach­ten Fal­les getrof­fen wegen des schwer­wie­gen­den Scha­dens für die prie­ster­li­che Wür­de und die Ordensgelübde.“

Labarca zu "besseren" Zeiten
Lab­ar­ca zu „bes­se­ren“ Zeiten

Laut spa­ni­schen und latein­ame­ri­ka­ni­schen Quel­len scheint es sich bei dem „zur Anzei­ge gebrach­ten Fall“ um sexu­el­len Miß­brauch gehan­delt zu haben. Der Fall nahm im Mai 2013 sei­nen Anfang. Inwie­weit sich Papst Fran­zis­kus per­sön­lich um die Sache inter­es­siert oder das Lai­sie­rungs­de­kret rou­ti­ne­mä­ßig unter­zeich­net hat, ist nicht bekannt.

Erstaun­li­cher ist, „daß es Fäl­le von Prie­stern gibt, die in aller Brei­te und per­ma­nent in der Öffent­lich­keit abge­han­delt und unter Ankla­ge gestellt wer­den, und ande­re, von denen man nichts oder so gut wie nichts hört, wie es auch hier der Fall ist. Dabei geht es hier immer­hin um einen ehe­ma­li­gen Ordens­ge­ne­ral“, so der spa­ni­sche, katho­li­sche Kolum­nist Fran­cis­co Fer­nan­dez de la Cigo­ña, ein auf­merk­sa­mer Beob­ach­ter der kirch­li­chen Ent­wick­lun­gen in Lateinamerika.

Maria­no Lab­ar­ca lei­te­te sechs Jah­re als Gene­ral­obe­rer die­sen tra­di­ti­ons­rei­chen Orden, der zahl­rei­che Hei­li­ge her­vor­brach­te, dar­un­ter der Grün­der und erste Gene­ral­ma­gi­ster Petrus Nolas­cus, Rai­mund von Peñaf­ort, Rai­mund Non­na­tus, Petrus Armen­gol und Ser­apri­on, der erste Mär­ty­rer des Ordens. Alle die­se Hei­li­gen leb­ten in den ersten 100 Jah­ren des Ordens, der damals ein ganz außer­ge­wöhn­li­ches Cha­ris­ma entfaltete.

Der Mercedarierorden – zum Loskauf versklavter Christen

Der heiligen Ordensgründer Petrus Nolascus
Der hei­li­gen Ordens­grün­der Petrus Nolascus

Dem okzita­ni­schen Ade­li­gen Petrus Nolas­cus war 1218 die Got­tes­mut­ter erschie­nen, die ihn auf­for­der­te, einen Orden zum Los­kauf von Chri­sten zu grün­den, die sich in isla­mi­scher Gefan­gen­schaft befan­den. Selbst der Süden Spa­ni­ens stand damals noch unter isla­mi­scher Herr­schaft. Bis ins 18. Jahr­hun­dert trie­ben isla­mi­sche Für­sten, Heer­füh­rer und Pira­ten im gan­zen Mit­tel­meer und an den euro­päi­schen Küsten ihr Unwe­sen. Sie über­fie­len Schif­fe und Euro­pas Küsten­ge­bie­te und ver­schlepp­ten nach neue­ren Schät­zun­gen min­de­stens zwei Mil­lio­nen Chri­sten als Skla­ven nach Nord­afri­ka und in den Nahen Osten.

Der Mer­ce­da­rie­r­or­den sam­mel­te Geld, um die ver­sklav­ten Chri­sten im Süden Ibe­ri­ens, aber auch in Nord­afri­ka frei­zu­kau­fen, was damals, auf­grund der gro­ßen Not durch die zahl­rei­chen Ver­skla­vun­gen durch die Mus­li­me in Ibe­ri­en, auch eini­ge ande­re Orden taten. Wenn kein Geld mehr vor­han­den war, boten sich die Mer­ce­da­ri­er aber selbst als Pfand an, um die Frei­las­sung ande­rer Chri­sten zu errei­chen. Ihr Han­deln ging als „Tri­umph der Barm­her­zig­keit“ in die Kir­chen­ge­schich­te ein.

Auf­grund die­ses ursprüng­li­chen Cha­ris­mas ist der Orden noch heu­te in der Gefan­ge­nen­seel­sor­ge tätig.

In der Zeit, als die Habs­bur­ger auch über Spa­ni­en herrsch­ten, kam es zur Grün­dung eines Mer­ce­da­rier­klo­sters in Wien, das 1782 aller­dings dem Jose­phi­ni­schen Klo­ster­sturm zum Opfer fiel.

Geharnischte Verteidigung von progressiver Seite

Heu­te ist der Orden nur mehr ein Abglanz sei­ner ein­sti­gen Grö­ße. Heu­te weiß aber kaum mehr etwas mit den Namen der gro­ßen Hei­li­gen aus der Grün­dungs­zeit des Ordens anzu­fan­gen. 2015 zähl­te er 581 Mit­glie­der, ist zum Teil aber stark über­al­tert. Der Mer­ce­da­rie­r­or­den betreut den bedeu­tend­sten Mari­en­wall­fahrts­ort auf Sar­di­ni­en, die Basi­li­ka Unse­rer Lie­ben Frau von Bona­ria, nach der die argen­ti­ni­sche Haupt­stadt Bue­nos Aires benannt ist.

Wäh­rend über den Fall Lab­ar­ca kaum in den Medi­en zu lesen ist, ver­öf­fent­lich­te der ehe­ma­li­ge Prie­ster und ehe­ma­li­ge Mer­ce­da­ri­er, der Bas­ke Xabier Pika­za Ibar­ron­do, auf dem pro­gres­si­ven spa­ni­schen Nach­rich­ten­por­tal Peri­odi­sta Digi­tal eine bedin­gungs­lo­se Ver­tei­di­gung des ehe­ma­li­gen Ordens­ge­ne­rals. Der streit­ba­re, pro­gres­si­ve Theo­lo­ge Pika­za wur­de nicht straf­wei­se lai­siert, son­dern gab selbst sein Prie­ster­tum auf und ver­ließ den Orden, um zu heiraten.

Pika­za kri­ti­siert die „Null­to­le­ranz“ als unchrist­lich. Sie wider­spre­che dem Gebot von Umkehr und Ver­söh­nung. Lab­ar­ca, der bis vor weni­gen Jah­ren eine beacht­li­che Rol­le in der Kir­che Chi­les gespielt habe und als mög­li­cher Bischof genannt wur­de, sei von kei­nem welt­li­chen Gericht ver­ur­teilt wor­den. Sei­ne kirch­li­che Ver­ur­tei­lung sei im stil­len Käm­mer­lein erfolgt. Die Mög­lich­keit zur Ver­tei­di­gung sei zwei­fel­haft, nie­mand wis­se, wofür er über­haupt belangt wer­de. Er, Pika­za, habe ver­sucht, sei­nen alten Ordens­mit­bru­der wäh­rend des lau­fen­den Ver­fah­rens zu kon­tak­tie­ren, was nicht mög­lich war. Vom Orden sei ihm nur mit­ge­teilt wor­den, daß sich der Ex-Gene­ral­obe­re auf Anwei­sung des Vati­kans kei­nen Kon­takt zur Außen­welt haben dürfe.

Text: Giu­sep­pe Nardi
Bild: Mer­ce­da­ri­er Chiles/​Wikicommons (Screen­shot)

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4 Kommentare

  1. Und was ist jetzt mit Roger vanG­he­lu­we, Ex-Bischof von Brüg­ge (Pro­vinz West­flan­dern, Belgien)?
    vanG­he­lu­we miß­brauch­te 15 Jah­re lang sei­nen Nef­fen (vom.5. bis zum 19. Lebens­jahr), vor und nach sei­ner Bischofs­wei­he und teils unmit­tel­bar vor lit­ur­gi­schen „Fei­ern“.
    Das Buch des Nef­fen (inzwi­schen 49 Jah­re alt) erschien vor 4Tagen (21.04.2017) bei dem nie­der­län­di­schem Ver­lag De Bezi­ge Bij und trägt den Titel „Brief aan de paus“ (Brief an den Papst).
    Hier wird die gan­ze Ver­tu­schung bis in die höch­ste Eta­gen der Kirch­li­chen Füh­rung angeklagt.
    vanG­he­lu­we hat in den ca. 35 Jah­ren sei­nes Epi­sko­pats etwa 70 Prie­ster mit­aus­ge­bil­det und geweiht, 85 Dia­kens, das Groß­se­mi­nar von Brüg­ge spi­ri­tu­ell ver­murkst, dem Reli­gi­ons­un­ter­richt in Flan­dern sei­nes katho­li­schen Inhalts beraubt und zusam­men mit Kar­di­nal God­fried Dan­neels jeg­li­chen seriö­sen Pro­test gegen die­se fun­da­men­tal unchrist­li­che Evo­lu­ti­on unterdrückt.
    vanG­he­lu­we zeigt bis jetzt kei­ne Reue, eine Scham und schwätzt noch Abfäl­li­ges über sein Opfer.
    Und der Vati­kan schweigt als tot- wahr­schein­lich wegen der Gefahr von Ungül­tig­keit der spen­dier­ten Sakramenten:
    Tat­säch­lich gigan­tisch-dia­bo­lisch: ein gro­ßes und frü­her bekann­tes katho­li­sches Bis­tum jetzt total an die Wand gefah­ren und der Kle­rus fast kom­plett defect.

    • Vie­len Dank für die­se Informationen.

      Aber war­um „ungül­tig gespen­de­te Sakramente“?

      Er kann doch die Inten­ti­on gehabt haben, das zu tun, was die Kir­che mit die­sem Ritus tut (inten­tio faci­en­di quod facit Eccle­sia), als er sie weihte.

      Oder mei­nen Sie etwas anderes?

  2. Schon zu „bes­se­ren“ Zei­ten trug die­ser Herr anschei­nend sein Ordens­ge­wand nicht mehr.

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