Von Martha Burger-Weinzl
(Wien) Österreichs gewählter Bundespräsident Alexander Van der Bellen besuchte am vergangenen Wochenende, eine Woche nach seiner Wahl, den bekanntesten österreichischen Wallfahrtsort Mariazell. Daß er dorthin „gepilgert“ sei, schrieben die Medien ehrlicherweise aber doch unter Anführungszeichen. Bekanntlich ist das neue Staatsoberhaupt schon vor langer Zeit aus der Kirche ausgetreten. Den Wiedereintritt stellt er sich vielleicht zu einfach vor.
Der bekennende Agnostiker steht durchaus in einer Tradition: jener der linken Bundespräsidenten. Diese wurden bisher ausnahmslos von der SPÖ gestellt. Der erste rote Ersatzkaiser übernahm im März 1919 das höchste (damals noch provisorische) Staatsamt. Im selben Monat hatte man den letzten Kaiser, Karl I., mit Internierung (Habsburger-Gesetz) bedroht, und zum Verlassen des Landes gezwungen. Aus der Kirche trat Seitz zwar erst 1939 aus, womit er lediglich den tiefen Graben zwischen Sozialdemokratie und katholischer Kirche formalisierte.
Nach dem Zweiten Weltkrieg folgten Karl Renner, Theodor Körner, Adolf Schärf, Franz Jonas und Heinz Fischer. Sie alle gehörten der SPÖ an, und alle waren aus der Kirche ausgetreten. Für einen „gestandenen“ Roten gehörte das zum Parteikanon. „Ich bin nichts, die Partei ist alles!“, wie der Bundeskanzler und SPÖ-Bundesvorsitzende (1983–1986/88) Fred Sinowatz sagte. In den ersten Nachkriegsjahrzehnten war die Haltung sogar noch stramm antiklerikal. Die Logenmitgliedschaft ist unter ranghohen Roten noch immer beliebt. Kirchenfeindlich ist man seit der Ära von Kardinal König nicht mehr. Ein Konsens, der die Kirche viel gekostet hat und heute mit der Floskel begründet wird, sie müsse auf die „Lebenswirklichkeit“ der Menschen achten.
Zweierlei Maß
Van der Bellen hatte vor der Wahl durchblicken lassen, er könne vielleicht nach erfolgter Wahl wieder in die Kirche eintreten. Sein Konkurrent, der freiheitliche Dritte Nationalratspräsident Norbert Hofer, wurde mit Hohn und Spott überzogen, auch von der Deutschen Sektion von Radio Vatikan, weil er im Wahlkampf die Worte der Gelöbnisformel für die höchsten Staatschargen plakatieren ließ: „So wahr mir Gott helfe“. Das ist jener Teil, der von linken Ministern regelmäßig ausgelassen wird. Rudolf Kirchschläger (parteilos) war 1974 der erste Bundespräsident nach dem Zweiten Weltkrieg, der das Amtsgelöbnis mit dem Zusatz „So wahr mit Gott helfe“ leistete.
Vor Van der Bellen, dem ehemaligen KPÖ-Sympathisanten, SPÖ-Mitglied, Grünen-Chef und Freimaurer, lagen kirchliche Funktionäre hingegen – vor Ehrfurcht gerührt – für den Brosamen gefühlt auf dem Bauch, daß er „vielleicht“ wieder in die Kirche eintreten könnte. Die Verbandskatholiken, aber auch die tonangebenden Bischöfe überkam nicht der leiseste Hauch eines Verdachts, daß es sich bei den Worten nur um ein wahltaktisches Kalkül handeln könnte, geschweige denn wurde ihm Heuchelei vorgeworfen. Nie und nimmer, doch nicht ein Grüner.
Im übrigen war es Papst Franziskus, der dem Atheisten Eugenio Scalfari, wie Van der Bellen mit Logenerfahrung, versicherte, ihn nicht bekehren zu wollen. Da ist ein „vielleicht“ für den österreichischen „Konsens“ doch schon ein „wunderbarer“ Anfang, wenn nicht schon die Lösung, um eines der Lieblingswörter des derzeit einzigen österreichischen Kardinals zu zitieren.
Abtreibung und Exkommunikation
Nun, sollte der künftige Bundespräsident tatsächlich in die Kirche zurückkehren, so wird das jeden Katholiken freuen. Über die persönlichen Beweggründe steht uns kein Urteil zu. Der Schritt setzt das Bekenntnis zu allen Glaubenswahrheiten voraus.
Allerdings soll dem neuen Staatsoberhaupt, das am 26. Januar 2017 angelobt wird, etwas in Erinnerung gerufen werden, was vielleicht mancher Hirte im „Eifer“ vergessen könnte. Zu nennen wäre einiges, doch an dieser Stelle soll es nur ein Punkt sein. In die Kirche tritt man nämlich nicht einfach so aus und ein wie in einem Verein. Die Befürwortung der Abtreibung, vor allem die aktive Mitwirkung an einer Abtreibung in welcher Form auch immer, schließt aus der Gemeinschaft der Kirche aus. Das betrifft gerade Politiker, die für die Gesetzgebung verantwortlich sind, wie die Glaubenskongregation 2002 bekräftigte.
Noch im Wahlkampf ließ Van der Bellen nicht die Spur einer Kritik am geltenden Abtreibungsgesetz erkennen, durch das in Österreich jährlich Kinder im fünfstelligen Bereich getötet werden.
2007 war Van der Bellen Bundesvorsitzender (Bundessprecher) der Grünen, als seine Partei die „Abtreibung auf Krankenschein in öffentlichen Spitälern“ forderte. Kein Widerspruch war je von Van der Bellen zu hören, als seine Partei 2014 forderte, „dass Frauen in Österreich das Recht erhalten, einen Schwangerschaftsabbruch im öffentlichen Krankenhaus durchzuführen“ und daß eine „flächendeckende Versorgung in öffentlichen Krankenhäusern sichergestellt wird“, oder 2015 forderte: „Schwangerschaftsabbruch muss sicher, legal und kostenlos für alle Frauen möglich sein“.
Grünes Bekenntnis oder christliches Credo
Im geltenden Parteiprogramm der Grünen heißt es:
„Wesentlicher Bestandteil der Selbstbestimmung der Frau ist die Straffreiheit bei Schwangerschaftsabbruch, da es alleinige Entscheidung der Frauen ist, ob sie sich für oder gegen einen Schwangerschaftsabbruch entscheiden.“
Bis zum Beweis des Gegenteils muß das als Bekenntnis des Alexander Van der Bellen angenommen werden und nicht das Credo des katholischen Glaubens.
Das Wort Abtreibung wird im grünen Parteiprogramm gemieden wie die Erwähnung des ungeborenen Kindes. Erst recht wird nicht gesagt, daß es bei der „Entscheidung für oder gegen einen Schwangerschaftsabbruch“ um eine Entscheidung über Leben oder Tod eines Menschen geht. Ebensowenig wird beim Namen genannt, was hinter dem Wort „Schwangerschaftsabbruch“ steckt, nämlich die Tötung eines ungeborenen Kindes. Als das Parteiprogramm 2001 auf dem Bundeskongreß der Grünen beschlossen wurde, war Van der Bellen Bundesvorsitzender.
Aufbruch oder im Dunkeln tappen
Wenn also Van der Bellen wieder in die Kirche eintreten sollte, wird das ein guter Tag für Österreich sein, denn es würde den Beginn einer Wende in der Abtreibungstragödie signalisieren. Dafür gibt es bisher aber nicht die geringsten Anzeichen, weshalb die Meldung von angeblichen Kircheneintrittsabsichten wohl ins Reich geschickt gestreuter und vor allem eigennütziger Mythen gehört. Davon wurden in den vergangenen Monaten zahlreiche in Umlauf gebracht. Wer über soviel Unterstützung durch die Massenmedien verfügt, wie der Anti-Hofer-Kandidat Van der Bellen (er hätte auch Hinz und Kunz heißen können), ist diesbezüglich klar im Vorteil.
Die Tragödie der Abtreibung bringt das Volk nicht nur um seinen Nachwuchs, sondern zerrüttet es innerlich. Der dunkle Schatten, das eigene Fleisch und Blut getötet zu haben, liegt auf Zehntausenden von Frauen und Männern. Papst Johannes Paul II. sagte: „Ein Volk, das seine Kinder umbringt, hat keine Zukunft“. Die in der Kritik stehende Masseneinwanderung steht in einem direkten Zusammenhang damit. Wer sich ihr mit gutem Grund verweigert, muß daran mitwirken, die Grundlagen des Gemeinwesens wieder aufzurichten. Dazu zählt ganz zuvorderst auch ein Ende der Abtreibung. Wird dieser Zusammenhang nicht erkannt, ob links oder rechts, dann tappt die Politik dieses Landes und tappen ihre höchsten Repräsentanten auch weiterhin im Dunkeln.
Text: Martha Burger-Weinzl
Bild: Youtube/Bundespräsident.at (Screenshots)
Laut Medienberichten war vdB nie katholisch. Er sprach daher auch immer nur vom möglichen Wiedereintritt in die lutherische Kirche.
Kann uns in noch offensichtlicherer Weise vor Augen geführt werden, dass unsere Kirche mit diesem Papst eine falsche Richtung eingeschlagen hat? – Noch einmal: Ich stehe fassungslos vor den Entwicklungen in unserer Kirche und frage mich, was diesen Papst bewegt. – Er redet (plaudert), wenn er schweigen sollte. Er schweigt, wenn er reden müsste.
Van der Bellen weiß nicht, was es bedeutet in die katholische Kirche wiedereinzutreten bzw wozu er sich dadurch voll und ganz bekennen müsste. Es würde ja sein bisheriges Leben vollends in Frage stellen, denn die Dinge für die er sich bisher politisch eingesetzt hat, waren überwiegend gegen das gerichtet, für was die katholische Kirche steht.
Ich werde nie ganz verstehen, wieso unter ranghohen linken Politikern fast immer ein logischer Zusammenhang gefunden wird zwischen ihrer Parteimitgliedschaft und einem Austritt aus der katholischen Kirche. Es gibt wenige Ausnahmen, ein ehemaliger steirischer und ein aktueller burgenländischer Landespolitiker fallen mir dazu als Beispiele ein.
Ich werde auch nie ganz nachvollziehen können, wieso ein zwanghafter Zusammenhang bestehen muss, zwischen Arbeitergewerkschaften, politisch linken Parteien und einem Kirchenaustritt. Vermutlich liegt der Grund darin, dass man sich dabei auf die marxistische Ideologie beruft, als eine Art hohle Ersatzreligion. Mehr ist es ja nicht.
Wahrscheinlich ist die Abtreibung u.a. der eigentliche Grund für all das kirchenferne Gehabe. Aber gleichzeitig sind die Angehörigen dieser Klientel auch diejenigen, die am meisten nach finanziellen Feiertagszuschlägen gieren. Quasi der gregorianische Kalender als willkommener Rahmen was Geld und Lebensoptimierung angeht.
Vielleicht wäre es aus Sicht der katholischen Kirche notwendig gewesen, unter Verweis auf Heilige wie einen Josemaria Escriva, sich auch um die arbeitende Schicht zu bemühen, die von Gott so weit entfernt ist.
Hin und her macht Taschen leer“:
diese alte Börsianerweisheit gilt auch für religiöse/agnostische/atheistische Bekenntnisse un Überzeugungen.
Politiker sollten jedoch immer aufpassen, nicht zu scheinheilig aufzutreten.
Warum kann man denn nicht für van der Bellens Wiederbekehrung beten anstatt negativer Leserbriefe zu schreiben?