(Istanbul) Genau 70 Jahre nachdem Atatürk ein Museum daraus machte und symbolträchtig genau 561 Jahre nach der Eroberung und Profanierung der Patriarchalkirche von Konstantinopel, plant der türkische Ministerpräsident Erdogan am 30. Mai die Hagia Sophia wieder für das moslemische Freitagsgebet zu öffnen und dazu Staats- und Regierungschefs anderer islamischer Staaten einzuladen.
2014 wählt die Türkei ein neues Staatsoberhaupt. Recep Tayyip Erdogan, seit 2003 türkischer Ministerpräsident, hat Ambitionen das höchste Amt im Staat selbst zu bekleiden und seinen Parteifreund und amtierenden Staatspräsidenten Abdullah Gül abzulösen. Der Staatspräsident wurde bisher vom türkischen Parlament, der Großen Nationalversammlung der Türkei gewählt. Nun wird er erstmals direkt vom Volk gewählt. 2010 hatte Erdogan mit einer Volksabstimmung dies durchgesetzt. Vor der Wahl des neuen Staatsoberhaupts finden im März jedoch Parlamentswahlen statt. Vom Ausgang dieser Wahl wird es mit abhängen, ob Erdogan, der nicht mehr so starke Mann am Bosporus, sein Ziel erreichen kann. Korruptionsvorwürfe gegen seine Partei AKP, aber auch gegen seine Familie haben das Ansehen Erdogans beschädigt. Die Parlamentswahlen werden zeigen, wie die Stimmung im Volk ist.
Erdogan will trotz Krise türkischer Staatspräsident werden
Unterdessen versucht der Ministerpräsident durch verschärfte Internetzensur und „Großprojekte“ die Kontrolle zu behalten. Um sich möglichst viele Wählerstimmen zu sichern, gibt Erdogan immer neue „verrückte Projekte“, so der Journalist Omer Sahin bekannt. Ein „verrücktes Projekt“ ist die Umwandlung der Hagia Sophia in eine Moschee. Die einst größte Kirche des Ostens wurde 325 nach Christus noch unter Kaiser Konstantin dem Großen erbaut. 532–537 errichtete Kaiser Justinian die mächtige Kirche in ihren heutigen Ausmaßen. Nach mehr als 1100 Jahren wurde die Kirche am 29. Mai 1453 von den osmanischen Eroberern Konstantinopels profaniert und in eine Moschee umgewandelt. Für 480 Jahre wurde die Hagia Sophia vom Islam genützt, bis sie 1934 unter Staatspräsident Atatürk in ein Museum umgewandelt wurde. In ihrem Inneren wurden die nicht zerstörten christlichen Elemente wieder freigelegt, so wie moslemische Einbauten zum Teil erhalten blieben.
„Verrückte Projekte“ um moslemische Stimmen zu sichern
Mit der Rückumwandlung der berühmten Hagia Sophia in eine Moschee, hofft Erdogan seine moslemische Wählerschaft mobilisieren und hinter sich versammeln zu können. Unter anderem plant er einen „doppelten Schachzug“, so Omer Sahin. Einerseits will er endlich dem Ökumenischen Patriarchat von Konstantinopel das einzige griechisch-orthodoxe Priesterseminar in der Türkei zurückgeben. 150 Jahre bestand es auf der Prinzeninsel Halki (türkisch Heybelıada) im Marmarameer. 1971 wurde es vom Staat geschlossen. Seither scheiterten alle christlichen Versuche, die immer wieder von türkischen Regierungen versprochene Wiedereröffnung zu erreichen. Im Gegenzug möchte Erdogan die Hagia Sophia, die bis 1453 die Kathedralkirche des Ökumenischen Patriarchen war, in eine Moschee verwandeln.
Hagia Sophia wieder in Moschee verwandeln?
Die Wiedereröffnung des Seminars betrifft die nur mehr sehr kleine Schar der griechischen Christen in der Türkei. Die Umwandlung der Hagia Sophia in eine Moschee wäre hingegen ein Projekt von größter Sichtbarkeit für die türkische Bevölkerung. Der „Zeitpunkt ist gekommen“, heißt es in islamischen Kreisen. Diskutiert wird eine sofortige „Übergangslösung“: Am 30. Mai 2014 sollte die Hagia Sophia erstmals wieder für das islamische Freitagsgebet geöffnet werden. Es wäre zudem ein symbolträchtiger Tag, fast genau 561 Jahre nach der Eroberung der Stadt und der Erstürmung der Kathedrale. Tausende von Christen hatten sich 1453 vor den Angreifen in die Kathedrale geflüchtet. Als die türkischen Krieger in die Kirche eindrangen, töteten sie viele der Christen, viele andere wurden versklavt. Erdogan habe die Absicht, wie es in AKP-Kreisen heißt, zu diesem symbolträchtigen Freitagsgebet die Staats- und Regierungschefs anderer islamischer Staaten einzuladen.
Neo-osmanische Politik und Imagepflege
Genau 70 Jahre nach der Umwandlung in ein Museum würde Erdogan den „Makel“ Atatürks tilgen. Die Hagia Sophia als Moschee ist ein Ziel, das islamische Kräfte in der Türkei nie aufgegeben haben. Vor einem Jahr hatte Erdogan Abgeordneten seiner Partei auf die Frage, wann die Hagia Sophia wieder Moschee wird, geantwortet: „Die Sultan-Ahmed-Moschee [gegenüber der Hagia Sophia und seit 1934 Hauptmoschee der Stadt] ist am Freitagsgebet fast leer. Schauen wir zuerst, diese zu füllen, dann denken wir auch an die Hagia Sophia.“ Nun scheint das Projekt mit Blick auf die anstehenden Parlaments- und Präsidentenwahlen zur Priorität geworden zu sein.
Die Umwandlung der Hagia Sophia in eine Moschee dürfte für Erdogan kein Problem sein. Die dafür nötige Unterstützung findet er in der Türkei problemlos. Wie aber wird das Ausland darauf reagieren?
Text: Giuseppe Nardi
Bild: Asianews
Ich bin betrübt, muss aber bei der Richtigkeit von Vielem doch sagen, dass Erdogan sein Land wirtschaftlich weit vorangebracht hat. Rden wir nicht seinen Gegnern das Wort. Sie machen es sicher nicht besser ! Der Großteil der Türkenb bei uns steht zu Erdogan und sie berichten von Erfolgen in ihrer Heimat. Die Fehler jüngster Vergangenheit sollte der Westen nicht wiederholen. Das Putschregime in Kiew spricht Bände für katastrophale Fehleinschätzung.