(New York) Kardinal Blase Cupich, der „Mann von Papst Franziskus“ in der Amerikanischen Bischofskonferenz, entschuldigte sich für seine Reaktion auf das Viganò-Dossier und seine Kommentare zum Mißbrauchsskandal.
Blase Cupich, bis dahin ein „progressiver Außenseiter“ unter den Bischöfen der USA, erlebte 2014 einen kometenhaften Aufstieg. Möglich machte ihn Papst Franziskus. Zunächst berief er ihn auf den Erzbischofsstuhl von Chicago, den bedeutendsten Bischofssitz in den USA. Dann erhob er ihn in den Kardinalsrang.
Papst hat „Wichtigeres“ zu tun
Inzwischen wurde bekannt, daß Msgr. Cupich diesen Karrieresprung nicht zuletzt Theodore McCarrick, dem ehemaligen Erzbischof von Washington und nunmehrigen Ex-Kardinal verdankt. Cupich wird auch wegen seiner inhaltlichen Positionierung zum Freundeskreis von McCarrick gezählt. Diesem hatte Cupich erst vor einem Jahr einen Preis verliehen und ihn dabei als „Vorbild“ für einen Bischof gerühmt.
Als am 26. August das Dossier des ehemaligen Apostolischen Nuntius in den USA, Erzbischof Carlo Maria Viganò, veröffentlicht wurde, meldete sich auch Kardinal Cupich zu Wort.
Der vatikanische Spitzendiplomat Viganò erhob mit seinem Dossier zum Fall McCarrick schwerwiegende Anschuldigungen gegen Papst Franziskus und forderte dessen Rücktritt. Konkret wirft er dem argentinischen Papst vor, spätestens seit Juni 2013 vom „perversen und diabolischen“, homosexuellen Doppelleben McCarricks genau informiert gewesen zu sein, stattdessen den US-Purpurträger aber rehabilitiert und zu seinem Vertrauten gemacht zu haben.
Kardinal Cupich, ein strikter Parteigänger von Papst Franziskus, versuchte dem in Bedrängnis geratenen Kirchenoberhaupt zu Hilfe zu eilen. In einem Interview mit Mary Ann Ahern vom Sender NBC 5 forderte er Ende August Papst Franziskus auf, auf das Viganò-Dossier „nicht zu antworten“. Franziskus habe eine „große Agenda“ und „wichtigere Dinge“ zu tun, die Cupich auch nannte, nämlich „Klimawandel“ und „Einwanderung“.
Kardinal läßt „Schuld“ von NBC in jeder Pfarrei verkünden
Darauf kam es zu heftiger, landesweiter Kritik an den Aussagen des Kardinals. Die Katholiken in den USA sind sehr verärgert mit ihren Oberhirten. Als Reaktion ging Cupich in die Gegenoffensive. Er ließ am Sonntag in den Pfarreien seines Erzbistums eine Erklärung verlesen, in der er den Sender beschuldigte, seine Antworten aus dem Zusammenhang gerissen und daher nicht richtig wiedergegeben zu haben
NBC veröffentlichte darauf die vollständige Originalfassung des Interviews und lieferte den Nachweis, daß der Sender die polemischen Kommentare des Kardinals wahrheitsgetreu berichtet hatte. Eine peinliche Situation für den Papst-Vertrauten.
Am 27. September ruderte der Kardinal zurück und bat öffentlich in einem Leitartikel in der Chicago Tribune, um Entschuldigung für seine damaligen Bemerkungen. Er entschuldigte sich für die Aussage, die Kirche habe „Wichtigeres“ zu tun, als auf die Anschuldigungen zum sexuellen Mißbrauchsskandal zu antworten, die von Nuntius Viganò erhoben wurden. Es habe sich um einen „Fehler“ gehandelt, für das er sich entschuldige. Es gebe „nichts wichtigeres für die Kirche als den Schutz der Jugend“.
„Ich entschuldige mich dafür, wenn ich mit meinen Kommentaren jemand zu nahe getreten bin. Es schmerzt mich zutiefst die Vorstellung, daß ich durch die Wahl meiner Worte das Leiden der Opfer noch verstärkt haben könnte.
Zugleich forderte er nun, daß der Umgang der Kirche mit dem sexuellen Mißbrauch sich ändern müsse. Kirchenführer, auch Erzbischöfe, die beim „Schutz der Verwundbarsten versagen“, sollen aus dem Amt entfernt werden. Auch NBC berichtete darüber.
Reaktion von NBC 5
Mit keinem Wort erwähnte Kardinal Cupich im Leitartikel seine Polemik gegen NBC. Bei dem Sender, den er zu Unrecht der Manipulation bezichtigt hatte, entschuldigte sich der Erzbischof von Chicago nicht.
Frank Whittaker, stellvertretender Nachrichten-Chef von NBC 5 Chicago antwortete Cupich am 30. September im Namen des Senders. Er verteidigte dessen Arbeit und seine Kollegin Mary Ann Ahern, die „seit 30 Jahren über die Kirche berichtet“. Kardinal Cupich habe sich in seinem Leitartikel für seine damaligen Interview-Aussagen entschuldigt. Auch Ahern, deren professionelle Reputation vom Kardinal in Zweifel gezogen wurde, verdiene, so Whittaker für den erlittenen Angriff eine Entschuldigung. Da Cupich seine unberechtigte Kritik am Sender in allen Pfarreien verlesen ließ, wäre es „vielleicht“ angebracht, so Whittaker, daß auch die Entschuldigung des Kardinals bei Ahern „bei der Sonntagsmesse verlesen wird“ .
Was aber bedeutet die Cupich-Entschuldigung mit Blick auf das Viganò-Dossier, das Anlaß für die Aussagen war, die der Kardinal nun als „Fehler“ bezeichnete? Vor allem setzt Papst Franziskus nach wie die „Empfehlung“ von Kardinal Cupich um, auf die Anschuldigung des Viganò-Dossiers „nicht zu antworten“.
Text: Giuseppe Nardi
Bild: LifeSiteNews/NBC Chicago/Chicago Tribune (Screenshots)