Ein Kommentar von José Arturo Quarracino richtet sich in scharfem Ton gegen Kardinal Víctor Manuel „Tucho“ Fernández, den Präfekten des Glaubensdikasteriums. Quarracino, emeritierter Professor der Philosophie an der Universidad del Salvador in Buenos Aires und Neffe von Kardinal Antonio Quarracino, der als Erzbischof von Buenos Aires und Primas von Argentinien den Aufstieg des Jesuitenpaters Jorge Mario Bergoglio möglich machte, sieht in Fernández‘ jüngstem Schreiben Mater fideli populis den Ausdruck einer tiefen, beinahe pathologischen Abneigung gegenüber der Gottesmutter Maria.
Diese „Phobie“ verberge sich hinter theologischen Spekulationen, die nach Ansicht Quarracinos zwar begrifflich gelehrt wirkten, aber ohne gläubige Tiefe seien. Er wirft Fernández vor, aus rein menschlich-intellektuellen Kategorien heraus zu argumentieren und Maria dabei ihres übernatürlichen und heilsgeschichtlichen Ranges zu berauben.
Fernández lehne ausdrücklich, so Quarracino, der unter Verweis auf seine Kenntnis „aus nächster Nähe“ bereits ein scharfer Kritiker von Papst Franziskus war, die traditionellen Marientitel Corredemptrix und Mediatrix omnium gratiarum ab, die nach Quarracino über Jahrhunderte hinweg von Heiligen, Päpsten, Bischöfen und Theologen gebraucht und bestätigt wurden. Daß diese Titel heute als problematisch bezeichnet werden, sei als Zeichen persönlicher Ablehnung Mariens zu werten.
Fernández stelle Maria auf eine rein irdisch-menschliche Ebene – als „Mutter des gläubigen Volkes“ –, verweigere ihr aber jede Form der Mitwirkung am Erlösungswerk Christi. Dadurch, so Quarracino, offenbare er ein mangelndes religiöses Empfinden und eine Haltung, die Maria, aus welchen Gründen auch immer, als störende Größe neben Christus wahrnehme, während die christliche Tradition gerade ihre einzigartige Teilnahme an Jesu Menschwerdung, Leiden und Erlösung betont.
Quarracino unterstreicht, daß die Kirche immer lehrte, daß Christus der einzige Erlöser ist, Maria jedoch in einzigartiger Weise an seinem Erlösungswerk Anteil habe: Das beginne schon durch ihr „Fiat“ bei der Menschwerdung in ihrem Mutterschoß, bei der Hochzeit zu Kana am Beginn seines öffentlichen Wirkens, durch ihr Mitleiden unter dem Kreuz und durch die Mutterschaft für die Christen. Ihre Schmerzen sind untrennbar mit demn Leiden ihres Sohnes verbunden, so Quarracino, – nicht als autonome Erlöserin, sondern als vollkommen hingegebene Mitarbeiterin an der Seite ihres Sohnes. Gerade die „einfachen Gläubigen“, so der Autor, verstünden dies klar und seien keineswegs verwirrt, wie Fernández behauptet. Verwirrt sei allein der Kardinal selbst, der sich, so Quarracino, über Gläubige und über frühere Päpste erhebe.
Besonders kritisiert Quarracino die erwähnte Begründung des Dokuments, wonach die Marientitel Zweifel bei „den einfacheren Gläubigen“ hervorriefen. Diese Formulierung deute auf eine arrogante Haltung hin, mit der Fernández sowohl die Gläubigen als auch die lehramtliche Tradition herabsetze. Der Präfekt scheine sich für kompetenter zu halten als jene Heiligen und Päpste, die die betreffenden Titel gebrauchten.
Quarracino macht für diese Situation Papst Franziskus verantwortlich, aber auch dessen Nachfolger. Franziskus habe Fernández bewußt zum Hüter der Glaubenslehre ernannt und ihm aufgetragen, Dokumente im Einklang mit dem „reichen Humus“ der kirchlichen Lehre und dem „neueren Lehramt“ – also dem eigenen – zu formulieren. In diesem Auftrag sieht der Quarracino eine Relativierung des wahren, beständigen Lehramts. Fernández folge daher nicht der verbindlichen Tradition, sondern nur dem gegenwärtigen päpstlichen Kurs, womit jener Jorge Mario Bergoglios gemeint ist.
Da Papst Leo XIV., der Nachfolger von Franziskus, dieses neue Dokument gebilligt hat, erkennt Quarracino darin eine Fortsetzung des bergoglianischen Kurses, der, so Quarracino, die marianische Lehre der Kirche beschädigt und Maria herabsetzt.
Der Neffe des einstigen Primas von Argentinien schließt in Anlehnung an ein sehr kräftiges spanisches Sprichwort, daß nicht nur der in diesem Fall handelnde Kardinal Verantwortung trage, sondern vor allem auch jener, der ihn in seine Position gehoben hat, ihn in dieser Position beläßt und ihn in seinem Handeln unterstützt.
Text: Giuseppe Nardi
Bild: Rorate caeli

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