von Pater Paolo M. Siano*
Nach meinem vorherigen Artikel habe ich weitere Texte aus dem 17. und 18. Jahrhundert entdeckt, die den marianischen Titel der „Miterlöserin“ befürworten. Ich beschränke mich darauf, ein paar davon zu zitieren, bevor ich einen Blick auf das 19. Jahrhundert werfe.
In dem posthum erschienenen Werk Mariani Cultus Vindiciae, seu nonnullae animadversiones in libellum cui Titulus: Monita Salutaria B.V. Mariae ad Cultores suos indiscretos. Pro vindicanda contra Autorem Anonymum. Deiparae Gloria, Secundum Orthodoxae Fidei dogmata, Sanctorum Patrum testimonia, Rectae Rationis dictamina, Et Theologorum principia concinnatae (Prag, 1677), das gegen den Jansenisten Adam von Widenfeld verfaßt wurde, bezeichnet Pater Maximilian Reichenberger SJ (1613–1676), ein böhmischer Jesuit sowie Professor für Philosophie und Theologie an der Universität Prag, Maria als „Corredemptrix“ (S. 38) und „Corredemptricem & Restauratricem des menschlichen Heils“ (S. 120), gemäß der Lehre der Kirchenväter.
Im Syllabus Marianus (Lemberg 1717) nennt Pater Anton Wegrzynov von den Reformierten Franziskanern, Theologielehrer der polnischen Ordensprovinz der Minderbrüder, die Madonna: „Corredemptrix“ (Sp. 508) sowie „corredemptrix generis humani“ (Sp. 1011).
Kommen wir nun zum 19. Jahrhundert.
Im Buch Il Mese di Maggio consacrato a Maria. Operetta nuova (Rom 1821, herausgegeben bei Vincenzo Poggioli, Drucker der Apostolischen Kammer. Mit Approbation) heißt es, daß „Maria gleichsam zur Miterlöserin der Welt wurde und wahre Mutter des Sohnes Gottes selbst“ (S. 23).
In dem Werk Grandezze di Maria (Band V, Foligno 1840) erklärt Pater Francesco di Paola, ehemaliger General der Kongregation der Missionare des Heiligsten Erlösers, daß Maria: „unsere Miterlöserin“ sei (S. 174–177, 185–187, 198, 202); „Miterlöserin der verlorenen Welt“ (S. 186); „den ruhmreichen Titel einer Miterlöserin verdient“ (S. 199); und „wahre Miterlöserin“ sei (S. 214).
In der Schrift Pareri dell’Episcopato Cattolico, di Capitoli, di Congregazioni, di Università, di personaggi ragguardevoli etc. etc. sulla definizione dogmatica dell’Immacolato Concepimento della B.V. Maria… (Teil I, Bd. I, Civiltà Cattolica, Rom 1851), findet sich ein Brief des Bischofs von Asti, Msgr. Filippo Artico (1798–1859), der sich an den Papst wendet und Maria „Miterlöserin der Welt“ nennt (S. 325).
1852 erscheint in Rom unter der Leitung von P. Marcellino da Civezza OFM die italienische Ausgabe der theologischen Abhandlung Della definibilità della Concezione Immacolata di Maria von P. Pietro Gual OFM, Guardian des Kollegiums der Propaganda Fide in Ocopa (Peru). Maria wird darin als: „die Miterlöserin der Menschen“ (S. 7), „Miterlöserin der Menschheitsfamilie“ (S. 42) bezeichnet.
In dem Andachtsbüchlein Affetti e preghiere pei devoti della Madonna Addolorata… (Neapel 1855), findet sich die „Litanei der Schmerzhaften Jungfrau“, verfaßt vom Diener Gottes Papst Pius VII. (1742–1823). In dieser Litanei wird Maria ebenfalls „Miterlöserin des Menschengeschlechts“ (S. 26) genannt.
Im Buch L’Immaculée Conception de la bienheureuse Vierge Marie, considérée comme dogme de foi (1857), bezeichnet Msgr. Jean-Baptiste Malou (1809–1864), Theologe und später Bischof von Brügge, Maria als: „Miterlöserin“ (S. 65), „Miterlöserin des Menschengeschlechts“ (S. 121, 251, 253), „Miterlöserin der Welt“ (S. 256), „Miterlöserin gemeinsam mit ihrem göttlichen Sohn“ (S. 227). Maria ist „Miterlöserin“, da sie mit ihrem Sohn als „Mitarbeiterin an den großen Geheimnissen der Menschwerdung des Sohnes Gottes und der Erlösung der Menschen“ verbunden ist (S. 251). Sie hat „einen großen Anteil an den Leiden ihres Sohnes genommen“, ihren Willen mit dem des Sohnes vereint; Maria „opferte“ ihren Sohn, das göttliche Lamm, dar (vgl. S. 251). Sie „ist daher wirklich die Miterlöserin der Welt und – nach ihrem Sohn – das wichtigste Werkzeug der Erlösung“ (S. 252). Um „Miterlöserin des Menschengeschlechts“ zu sein, mußte Maria „von der Erbsünde unbefleckt bewahrt worden sein“ (S. 252).
Im Werk Per le Feste della Solenne Coronazione del V. Simulacro di Maria Santissima sul Monte di Varallo nell’agosto 1857 (Novara, o. J.), finden sich in vier Predigten der Titel „Miterlöserin“.
In der Predigt vom 18. August 1857 nennt der Bischof von Ventimiglia, Msgr. Lorenzo Biale, Maria: „Miterlöserin der verlorenen Menschheit“ (S. 44), „Miterlöserin und Mittrösterin unserer Leiden“ (S. 46), „unsere liebevolle Miterlöserin“ (S. 50).
In der Predigt vom 19. August 1857 spricht Msgr. Raffaele Biale, Bischof von Albenga, vom „erhabenen Titel der Miterlöserin, mit dem die Kirche sie ehrt“ (S. 65), vom „großartigen Titel der Miterlöserin der Menschheit“ (S. 66); Maria ist „Miterlöserin der Welt“ (S. 65).
In der Predigt vom 20. August 1857 erklärt Msgr. Fr. Giovanni Tommaso Ghilardi OP, Bischof von Mondovì, daß Maria „den Titel unserer Miterlöserin verdient hat!“ (S. 86).
In der Predigt vom 22. August 1857 sagt Msgr. Alessandro d’Angennes, Erzbischof von Vercelli, daß Maria „genannt wurde und tatsächlich Miterlöserin des Menschengeschlechts ist“ (S. 119).
Im Compendio dell’Instituzione del Terzo Ordine del Padre S. Francesco d’Assisi (5. verbesserte Auflage, Neapel 1858), heißt es über den „seraphischen Patriarchen“ Franz von Assisi, daß „die Passion des Erlösers und das Martyrium der Miterlöserin“ (S. 172) „Ziel seiner Gedanken und Gefühle“ waren. In einem Kranz der Schmerzen Mariens wird Maria für ihre Erwählung „zur Miterlöserin zur Ehre des Himmels und zum Heil der Erde“ mit einem „ewigen Dankgebet“ geehrt (S. 184).
In der Relazione di quanto si operò… anläßlich des Besuchs von Papst Pius IX. in Ascoli Piceno (Ascoli 1859) wird berichtet, daß auf einer temporär errichteten Säule auf der Piazza del Popolo, die der Unbefleckten Jungfrau geweiht war, der marianische Titel „Miterlöserin des Menschengeschlechts“ angebracht war (S. 120).
In Discorsi sacri in onore della Gran Madre di Dio Maria SS.… (Neapel 1864) nennt der Redemptorist P. Bartolomeo Giordano die Gottermutter Maria: „Miterlöserin zusammen mit dem Sohn“ (S. 74), „unsere Miterlöserin und Mittlerin unseres Heils“ (S. 74). „Jesus ist Erlöser und Mittler als erste Ursache; Maria als zweite Ursache“ (S. 74). „Deshalb hatten die Kirchenväter recht, Maria als Miterlöserin, Mithelferin und Mitarbeiterin unseres Heils zu bezeichnen“ (S. 77); „Maria, unsere Miterlöserin“ (S. 77).
Im Buch Die Mutter Gottes. Geschildert von den Hl. Vätern und Lehren der Kirche (Wien 1866), erklärt P. Geminiano Mislei SJ, daß Maria „die heilige Maria als Miterlöserin genannt werden kann“ (S. 329), Jesus sei der „neue Adam“, Maria „auch unsere Miterlöserin“ (S. 329).
Im Panegirico dei dolori glorificati di Maria Santissima (Sanremo 1871) erklärt P. Girolamo Priori, „ehemaliger General der Unbeschuhten Karmeliten, Bischofsprüfer vor dem Papst und Konsultor mehrerer kirchlicher Kongregationen“, daß Maria „als Miterlöserin litt durch das Darbringen eines überaus schmerzlichen Opfers“ (S. 5); sie ist „unsere Miterlöserin“ (S. 13), „unsere liebenswerte Miterlöserin“ (S. 17).
Im Buch Il mese di Maggio… (Turin 1872) bezeichnet der Priester Natale Severini, ehemaliger Professor für Eloquenz und Dogmatik, Maria als „Miterlöserin“ (S. 199–201), „Mittlerin, Miterlöserin und unsere zärtlichste Mutter“ (S. 269).
In der Vita di Maria SS.ma (Turin 1874) schreibt der Kapuziner P. Teodoro Piccone: „Maria, als Miterlöserin, stand furchtlos am Fuße des Kreuzes […] Jesus opferte sich für uns auf dem rauen, blutgetränkten Holz; und Maria, in höchstem Schmerz, bot großherzig dem Vater den Preis der großen Erlösung dar“ (S. 154). Durch dieses Opfer wurde Maria „zur eigentlichen Miterlöserin der Menschheitsfamilie“ (S. 154).
Im Buch La dottrina cattolica esposta in tre libri (Bd. II, Neapel 1877) erklärt der Oratorianer Alfonso Capecelatro (später Erzbischof von Capua, Kardinal und Bibliothekar der Vatikanischen Bibliothek), Maria sei „Miterlöserin, weil sie mit unaussprechlicher seelischer Stärke dem Vater das Opfer ihres süßesten Sohnes darbrachte und mit dem Sohn an allen Qualen, Erniedrigungen und Schmerzen teilhatte, die das Menschengeschlecht erlösten“ (S. 195).
In seinen Discorsi sacri (Genua 1877) nennt Don Paolo Tirinzoni, Pfarrer in Buglio, Maria: „wahre Miterlöserin des Menschengeschlechts“ (S. 317), „Miterlöserin der verlorenen Welt“ (S. 325).
1877 wurde in der Kirche Santo Spirito der Franziskaner in Ferrara eine Gedenktafel für die Gräfin Elisa Gulinelli in Fioravanti angebracht, die zur Erneuerung des Bodens bei der Kreuzkapelle beitrug. In der Inschrift heißt es, daß die Gräfin der Frömmigkeit ihrer Ahnen gegenüber den Leiden des göttlichen Erlösers und der Miterlöserin Maria nacheifern wollte (vgl. P. Teodosio Lombardi OFM, I Francescani a Ferrara, Bd. II, Bologna 1974, S. 100).
Im Buch L’amico del clero secolare e regolare (Mailand 1878) nennt der Barnabitenpater Carlo Parea Maria: „Miterlöserin des Menschengeschlechts“ (S. 285, 689), „unsere Miterlöserin […] als unsere Miterlöserin wurde sie zum Kanal der Liebe“ (S. 682); „das Leben Marias, Mutter Gottes und unsere Miterlöserin, ist ein Gewebe von Wundern“ (S. 684); „Mutter des Erlösers und würdige Miterlöserin, ganz rein, heilig, makellos und von Kopf bis Fuß geschmückt mit unvergleichlicher Schönheit, selbst von den Engeln bewundert“ (S. 687); „wahre Miterlöserin“ (S. 689).
Im Buch Sculture e mosaici nella facciata del Duomo di Firenze (Florenz 1883) erklärt Prof. Augusto Conti vom Institut für Höhere Studien in Florenz: „Maria, die Jungfrau, Mutter Jesu Christi, ist die Miterlöserin der Menschen“ (S. 16), „Miterlöserin zusammen mit Jesus für Eva und Adam“ (S. 79), „die Miterlöserin der Menschen“ (S. 98).
Im Bollettino Salesiano vom Juni 1884 (Turin, Jg. VIII, Nr. 6), zur Zeit des heiligen Johannes Bosco, heißt es in der „Bericht zur Feier Maria, Hilfe der Christen“, daß Maria „Miterlöserin, Fürsprecherin und unsere süßeste Mutter“ ist (S. 83).
In den Acta Sanctae Sedis von 1885 (Bd. XVIII, Rom, Typ. Propaganda Fide), wird unter der Rubrik „Ex S. Congreg. Indulgentiarum“ vermerkt, daß Papst Leo XIII. am 18. Juli 1885 einen Ablaß von 100 Tagen für das Gebet von Lobsprüchen an Jesus und Maria gewährte. In diesen Lobsprüchen wird Maria als „Miterlöserin der Welt“ (S. 93) und in lateinischer Sprache als „Mundo redimendo coadiutrix“ (S. 93) bezeichnet.
Abschließend heißt es in der Palestra del Clero von 1893 (Rom, Bd. XXXII), dem offiziellen Organ der Gesellschaft für Bibelstudien unter Vorsitz von Msgr. Giambattista Anania, im Vortrag Il Sacro Cuore di Maria (Das Heiligste Herz Mariens), daß Maria „Miterlöserin“ (S. 289), „neue Eva“ (S. 289), „Mitarbeiterin an der Wiedergeburt aller Seelen“ (S. 293) sei. Weiter heißt es: „In dieser Eigenschaft als Miterlöserin und Mutter des Lebens sollen wir uns stets mehr als wahre Kinder ihres Herzens erkennen“ (S. 294).
*Pater Paolo Maria Siano gehört dem Orden der Franziskaner der Immakulata (FFI) an; der promovierte Kirchenhistoriker gilt als einer der besten katholischen Kenner der Freimaurerei, der er mehrere Standardwerke und zahlreiche Aufsätze gewidmet hat. In zahlreichen seiner Veröffentlichungen geht es ihm darum, den Nachweis zu erbringen, daß die Freimaurerei von Anfang an esoterische und gnostische Elemente enthielt, die bis heute ihre Unvereinbarkeit mit der kirchlichen Glaubenslehre begründen.
Übersetzung: Giuseppe Nardi
Bild: Corrispondenza Romana
In der Reihe Mariologie der Miterlöserschaft:
1. Die „Corredemptrix“ im 17. und 18. Jahrhundert
2. Die „Corredemptrix“ im 19. Jahrhundert
3. Die „Corredemptrix“ im 20. Jahrhundert bis Papst Pius XI.
4. Die „Corredemptrix“ im 20. Jahrhundert zur Zeit Papst Pius‘ XII.
5. Die „Corredemptrix“ in der Vorbereitungsphase des Zweiten Vatikanischen Konzils
6. Die „Corredemptrix“ auf dem Zweiten Vatikanischen Konzil
7. Die „Corredemptrix“ zur Zeit von Papst Paul VI.
8. Die „Corredemptrix“ zur Zeit von Papst Johannes Paul II.
9. Die „Corredemptrix“ zwischen Papst Benedikt XVI. und Papst Franziskus
