Erste Exhortation von Papst Leo XIV. wird am Samstag veröffentlicht

Wieviel Franziskus und wieviel Paglia enthält das Dokument?


Der junge Robert Francis Prevost mit Johannes Paul II.
Der junge Robert Francis Prevost mit Johannes Paul II.

Am Fest des hei­li­gen Franz von Assi­si wird Papst Leo XIV. sei­ne erste Exhorta­tio ver­öf­fent­li­chen. Dabei han­delt es sich um eine Idee, die noch auf sei­nen Vor­gän­ger Fran­zis­kus zurück­geht. Ähn­lich, wenn auch in der Kir­chen­ge­schich­te in der Form unüb­lich, war bereits Papst Fran­zi­kus vor­ge­gan­gen, indem er die von Bene­dikt XVI. ver­faß­te, aber noch nicht pro­mul­gier­te Enzy­kli­ka Lumen fidei – offen­bar auf Wunsch sei­nes Vor­gän­gers – sich zu eigen mach­te und unter sei­nem Namen ver­öf­fent­lich­te. Ähn­lich ver­fährt nun Leo XIV.

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Von den unter­schied­li­chen Begrif­fen soll­te sich nie­mand ver­wir­ren las­sen. Es wird sich nicht um eine Enzy­kli­ka han­deln. Leo XIV. bewegt sich mit dem ihm von Fran­zis­kus hin­ter­las­se­nen Text nie­der­schwel­li­ger, als es Fran­zis­kus mit jenem von Bene­dikt XVI. tat. Wahr­schein­lich hat­te ihn Fran­zis­kus schon so nie­der­schwel­lig geplant. Der Unter­schied zwi­schen Fran­zis­kus-Bene­dikt XVI. und Leo XIV.-Franziskus besteht dar­in, daß Bene­dikt, da vom Papst­tum zurück­ge­tre­ten, sei­nen Nach­fol­ger direkt um die Über­nah­me des vor­be­rei­te­ten Tex­tes gebe­ten hat­te. Lumen fidei war der drit­te und letz­te Teil einer Enzykliken-Trilogie.

Die Hin­ter­las­sen­schaft von Fran­zis­kus über­nimmt Leo XIV. ohne die­se Auf­for­de­rung oder Bit­te. Er tut es auf frei­en Stücken. 

Eine Apo­sto­li­sche Exhorta­ti­on ent­spricht zunächst wie eine Enzy­kli­ka oder ande­re Doku­men­ten­for­men einem päpst­li­chen Schrei­ben. Wäh­rend der Rang einer Enzy­kli­ka hoch ist, weil sie Teil des ordent­li­chen Lehr­am­tes ist, ist die Exhorta­ti­on rang­mä­ßig nied­ri­ger ein­ge­stuft und nimmt nur eine nach­ge­ord­ne­te Rol­le im Lehr­amt ein. Wäh­rend das Ziel einer Enzy­kli­ka es ist, die theo­lo­gi­sche und mora­li­sche Leh­re für die Welt­kir­che klar dar­zu­le­gen, will eine Exhorta­ti­on mehr seel­sorg­li­che Ori­en­tie­rung bie­ten und die Gläu­bi­gen ermu­ti­gen. Dar­aus folgt, daß eine Enzy­kli­ka ver­bind­lich ist, auch wenn sie kei­ne neu­en Geset­ze oder Dog­men ver­kün­det. Soll­te dies der Fall sein, wäre ihre Ver­bind­lich­keit sogar sehr hoch. Eine Exhorta­ti­on hat eine gerin­ge­re Ver­bind­lich­keit, wenn­gleich sie nicht unver­bind­lich ist. Sie ist weni­ger nor­ma­tiv. Eine Enzy­kli­ka kann, wie ange­deu­tet, in Aus­nah­me­fäl­len unfehl­bar sein. Sie kann also einen dog­ma­ti­schen Anspruch gel­tend machen. Die Exhorta­ti­on ist hin­ge­gen nie unfehl­bar, da sie kei­ne Form dar­stellt, mit der dog­ma­ti­sche Defi­ni­tio­nen erfol­gen. Nach­syn­oda­le Schrei­ben wie Amo­ris lae­ti­tia sind Exhortationen.

Für sei­ne grund­le­gen­den Aus­sa­gen wähl­te Fran­zis­kus hin­ge­gen die Form einer Enzy­kli­ka, so die Öko-Enzy­kli­ka Lau­da­to si‘, mit der er die Kir­che an die Kli­ma-Agen­da anschlie­ßen woll­te und die öko­lo­gi­sche „Umkehr“ for­der­te, oder die Brü­der­lich­keits-Enzy­kli­ka Fra­tel­li tut­ti, mit der er die Kir­che mit der Paro­le „Frei­heit, Gleich­heit, Brü­der­lich­keit“ auf den Kurs der Fran­zö­si­schen Revo­lu­ti­on von 1789 und zur Ver­söh­nung mit den aus ihr her­vor­ge­gan­ge­nen gei­stes­ge­schicht­lich und poli­tisch wirk­mäch­ti­gen Groß­strö­mun­gen von Libe­ra­lis­mus und Sozia­lis­mus brin­gen wollte.

Wie gesagt: Die Idee für das Pro­jekt geht auf Papst Fran­zis­kus zurück. Die Aus­ar­bei­tung der Exhorta­ti­on hat­te bereits unter ihm begon­nen. Selt­sa­mer­wei­se, doch typisch berg­o­glia­nisch, hat­te Fran­zis­kus mit der Erstel­lung eines Ent­wurfs aus­ge­rech­net Kuri­en­erz­bi­schof Vin­cen­zo Paglia von der Gemein­schaft von San­t’E­gi­dio beauf­tragt. Die­ser habe, wie Sile­re non pos­sum, ein Nach­rich­ten­por­tal, das von römi­schen Prie­stern betrie­ben wird, nun schreibt, „wei­te Pas­sa­gen aus einem sei­ner Bücher nahe­zu unver­än­dert in den Ent­wurf übernommen“.

Am Sams­tag wird man sehen, war­um Leo XIV. das Vor­ha­ben sei­nes Vor­gän­gers fort­füh­ren woll­te. Gesi­chert ist, daß er aller­dings das Glau­bens­dik­aste­ri­um und das Staats­se­kre­ta­ri­at mit einer „umfas­sen­den Über­ar­bei­tung des Tex­tes“ beauf­trag­te, so Sile­re non pos­sum.

Text: Giu­sep­pe Nar­di
Bild: MiL

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