
Kardinal Raymond Burke, ein unbeirrter Verteidiger der Tradition und des überlieferten Römischen Ritus, war von Papst Franziskus zur Zielscheibe auserkoren worden, um die bergoglianische Ablehnung all dessen sichtbar zu machen, wofür der US-amerikanische Kardinal aus Wisconsin steht.
Burke wurde zum Prügelknaben gemacht – jedoch nicht nur, um ihn persönlich zu demütigen, sondern um an ihm ein Exempel zu statuieren, das die gesamte Weltkirche sehen und verstehen sollte: Wer sich dem bergoglianischen Kurs widersetzt und – was besonders schwer wiegt – ein Vertreter der Tradition ist, muß mit harten Konsequenzen rechnen.
Kardinal Burke war im Rahmen der ersten Familiensynode des Jahres 2014 zum Wortführer der Verteidiger des Ehesakraments geworden – eine Haltung, die Franziskus nicht dulden wollte. Kaum war die Synode beendet, dauerte es nur wenige Tage, bis der Papst ihn als Präsidenten des Obersten Gerichtshofes der Apostolischen Signatur absetzte. In dieser Funktion war Burke nach dem Papst der ranghöchste Richter der Kirche. Doch damit nicht genug: Franziskus entfernte ihn gänzlich aus dem Vatikan und verwies ihn als Kardinalpatron zum Souveränen Malteserorden. Aber auch dort geriet der standhafte Kirchenmann dem argentinischen Papst als unbequemer Verteidiger der überlieferten Lehre erneut in die Quere – und wurde wiederum bestraft. Als sich Franziskus während der sogenannten Corona-Pandemie als einer der radikalsten Souveräne zeigte, verweigerte er dem ungeimpften Kardinal sogar den Zutritt zum Vatikanstaat.
Im November 2023 sprach Franziskus schließlich erschreckend unverblümt aus, was schon längst für alle offensichtlich war:
„Kardinal Burke ist mein Feind.“
All die kleinen und großen Demütigungen, Bosheiten und Seitenhiebe ertrug der amerikanische Kardinal mit bemerkenswerter Geduld. In seinen öffentlichen Stellungnahmen ließ er sich nie zu persönlichen Angriffen oder auch nur zu einem Mangel an Respekt gegenüber dem Papst hinreißen. Seiner Linie als Verteidiger der Rechtgläubigkeit blieb er unbeirrt treu – und war dadurch ein Stachel im Fleisch des bergoglianischen Pontifikats. Denn er bewies all jenen, die zweifelten, daß es auch unter einem Papst Franziskus für einen Kirchenmann möglich war, wenn auch unter großen Opfern, standhaft zu bleiben. So blieb der Purpurträger aufrecht, wo viele sich aus Vorsicht lieber duckten. Auch die Tatsache, mehrfach von vermeintlichen Weggefährten im Stich gelassen worden zu sein, hat er nie zum Vorwurf gemacht.
Papst Leo XIV. hat nun bereits zum zweiten Mal ein Zeichen gesetzt, um den unter Franziskus wohl am härtesten bedrängten und ausgegrenzten Kardinal zu rehabilitieren. Am 29. Juni beging Kardinal Burke sein Goldenes Priesterjubiläum. Aus diesem Anlaß übermittelte ihm der regierende Papst ein Glückwunschschreiben. Darin schlug er gänzlich andere Töne an als sein Vorgänger. Wörtlich schrieb Leo XIV.:
„Wir danken Ihnen für den eifrigen Dienst, den Sie geleistet haben, und für die glühende Sorgfalt, die Sie insbesondere dem Recht gewidmet haben – was auch für die Dikasterien des Apostolischen Stuhls von großem Nutzen war.
Sie haben die Gebote des Evangeliums gemäß dem Herzen Christi verkündet und dessen Schätze weitergegeben, indem Sie der Weltkirche Ihren frommen Dienst mit Hingabe dargebracht haben.“
Heute folgte das zweite Zeichen: Papst Leo XIV. empfing Kardinal Burke in Privataudienz. Der Umgang ist durch den Wechsel auf dem Stuhl Petri anders geworden. Die Audienz bedeutet, daß der Papst dem Kardinal zuhörte und ihm Gelegenheit bot, sich zu zentralen aktuellen Themen zu äußern.
Über den Inhalt des Gespräches wurde bislang nichts bekanntgegeben. Es darf jedoch als sicher gelten, daß Kardinal Burke auch das Joch namens Traditionis custodes zur Sprache brachte – jenes Dokument, mit dem Franziskus der Kirche die Freiheit für den überlieferten Ritus stark einschränkte. Die Förderung dieses Ritus gehört zu den erklärten Prioritäten des Kardinals aus Wisconsin, dem Nachbarstaat von Illinois, aus dem der Papst stammt.
Heute saßen sich zwei US-Amerikaner gegenüber – wohl auch ein Zeichen dafür, daß sich vieles, auch in der Kirche, in den Vereinigten Staaten entscheidet oder doch zumindest eng mit ihnen verknüpft ist.
Text: Giuseppe Nardi
Bild: Vatican.va (Screenshot)