Die Macht der Verbannten

Was für bergoglianische Bischöfe erlaubt ist – und was nicht


Die Wallfahrt der Tradition in Argentinien: Nach hundert Kilometern Fußmarsch untersagt der Bischof die Zelebration der Heiligen Messe im überlieferten Ritus
Die Wallfahrt der Tradition in Argentinien: Nach hundert Kilometern Fußmarsch untersagt der Bischof die Zelebration der Heiligen Messe im überlieferten Ritus

Die Idee einer Fuß­wall­fahrt der Tra­di­ti­on, ent­stan­den in Frank­reich, brei­tet sich in ande­re Län­der aus. Bei­spie­le gibt es in Spa­ni­en, der Bun­des­re­pu­blik Deutsch­land, Tsche­chi­en und jüngst auch in Argen­ti­ni­en. Jun­ge Men­schen neh­men erheb­li­che Stra­pa­zen in Kauf, um zu Fuß zu einem ent­fern­ten Mari­en­wall­fahrts­ort zu pil­gern. Das ist die Kir­che von mor­gen. Über die jüng­ste Wall­fahrt in Argen­ti­ni­en, ihre Schön­heit, aber auch alle damit ver­bun­de­nen Schwie­rig­kei­te, die der Tra­di­ti­on berei­tet wer­den, liegt uns fol­gen­der Bericht vor. Was in der Basi­li­ka von Luján gilt, gilt – als berg­o­glia­ni­sches Erbe – übri­gens auch noch im Peters­dom und nicht nur dort.

Die Wallfahrt „Unsere Liebe Frau der Christenheit“ und die Macht der Verbannten

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Von Cami­nan­te Wanderer*

Am ver­gan­ge­nen Wochen­en­de fand in Argen­ti­ni­en die Wall­fahrt „Unse­re Lie­be Frau der Chri­sten­heit“ zum Hei­lig­tum Nue­stra Seño­ra de Luján statt. Mehr als zwei­tau­send­fünf­hun­dert Men­schen – die mei­sten davon Jugend­li­che und jun­ge Erwach­se­ne – leg­ten in drei Tagen über hun­dert Kilo­me­ter zu Fuß zurück, um ihren Glau­ben an Gott, ihre Zuge­hö­rig­keit zur katho­li­schen Kir­che und ihre Vor­lie­be und Hin­ga­be zur Hei­li­gen Mes­se im über­lie­fer­ten Römi­schen Ritus zu bezeu­gen. Es ist der­sel­be Ritus, über den Papst Bene­dikt XVI. einst sagte:

„Was für die Kir­che über Jahr­hun­der­te hin­weg hei­lig war und im Glau­ben und Gebet wei­ter­lebt, kann nicht plötz­lich als ungül­tig oder gar als schäd­lich betrach­tet werden.“

Zeug­nis­se und Bil­der der Wall­fahrt sind auf ihrem Insta­gram-Kanal der Orga­ni­sa­to­ren zu sehen.

Die Argen­ti­ni­sche Bischofs­kon­fe­renz scheint die Wor­te von Papst Bene­dikt sowie die kon­kre­te Rea­li­tät, mit der sie kon­fron­tiert ist, bewußt zu igno­rie­ren. Und obwohl Papst Fran­zis­kus tot und begra­ben ist, klam­mern sie sich wei­ter­hin an jene Ekkle­sio­lo­gie, die er ihnen hin­ter­las­sen hat. Sie wei­gern sich anzu­er­ken­nen, daß die von vie­len beschwo­re­ne „abso­lu­te Kon­ti­nui­tät“ mitt­ler­wei­le nicht mehr ist als ein from­mer Wunsch. Sie wer­den sich gewiß nicht kampf­los geschla­gen geben und haben sich vor­ge­nom­men, den Wan­del, der sich in Rom bereits abzeich­net, zu bekämp­fen. Ich bin aller­dings wenig opti­mi­stisch, was die­sen Wider­stand betrifft: Die argen­ti­ni­sche Bischofs­ka­ste ist in erster Linie durch Mit­tel­mä­ßig­keit geprägt – meist ver­bun­den mit Unter­wür­fig­keit. Unter den argen­ti­ni­schen Mitra-Trä­gern sehe ich kei­nen Minds­zen­ty und kei­nen Wyszy­ń­ski. Sie wur­den vom ver­stor­be­nen Zieh­va­ter aus der Rand­zo­ne des Kle­rus aus­ge­wählt, und der Man­gel an Sub­stanz, Ver­stand (und Rück­grat) wird sich zwangs­läu­fig zeigen.

Tat­sa­che ist: Die Bischö­fe sind äußerst besorgt über die Wall­fahrt Nue­stra Seño­ra de la Cri­sti­andad. Sie war mehr­fach Gegen­stand von Dis­kus­sio­nen auf den ver­gan­ge­nen Voll­ver­samm­lun­gen. Man sucht nach Wegen, in sie ein­zu­grei­fen, etwa durch das Auf­spü­ren der Prie­ster, die sie im Hin­ter­grund unter­stüt­zen. Die­se armen Män­ner mit Mitra, die sich selbst als „berg­o­glia­nisch“ wahr­neh­men, sind in Wirk­lich­keit so kle­ri­kal, daß sie nicht wahr­ha­ben wol­len, daß es sich um eine rein lai­en­ge­tra­ge­ne Initia­ti­ve handelt.

Man übt Druck aus – in alle Rich­tun­gen – sogar auf die Obe­ren von Ordens­ge­mein­schaf­ten, um zu ver­hin­dern, daß Leh­rer und Schü­ler katho­li­scher Schu­len an der Wall­fahrt teil­neh­men. Es wird ihnen sogar mit dem Arbeits­platz­ver­lust gedroht. Und das ist kei­ne Übertreibung.

Und die Bischö­fe haben auch allen Grund zur Sor­ge. Es ist nicht schwer, eine Mil­li­on Men­schen für eine soge­nann­te „Wall­fahrt“ nach Luján zu gewin­nen, bei der Cum­bia-Musik läuft, Mari­hua­na geraucht wird und – im besten Fall – ein vages, popu­lä­res Reli­gi­ons­ge­fühl vor­herrscht. Ähn­li­ches lie­ße sich auch bei Pro­zes­sio­nen zu den „Hei­lig­tü­mern“ des Gau­chi­to Gil oder der Sän­ge­rin Gil­da errei­chen. Aber die Bischö­fe wis­sen genau, daß sie nie­mals zwei­tau­send­fünf­hun­dert jun­ge Men­schen zusam­men­brin­gen könn­ten, die sich aus gan­zem Her­zen für die Idea­le des katho­li­schen Glau­bens ein­set­zen, die in einer gott­lo­sen Welt treu zu den Gebo­ten ste­hen wol­len – und die nicht auf das ver­wäs­ser­te, pseu­do-spi­ri­tu­el­le Reli­gi­ons­an­ge­bot der argen­ti­ni­schen Kir­che her­ein­fal­len, wie es seit Jahr­zehn­ten pro­pa­giert wird. Das ist schlicht undenk­bar. Die Jugend­pa­sto­ral der argen­ti­ni­schen Bischö­fe ist ein abso­lu­ter Fehlschlag.

Bei­spie­le gibt es vie­le: Man fra­ge etwa Mon­si­gno­re Gabri­el Bar­ba, wie vie­le Jugend­li­che er für sei­ne musi­ka­lisch insze­nier­te „Jugend­mes­se“ in der Kathe­dra­le von San Luis gewin­nen konn­te. Ant­wort: nur die Gitar­ren­spie­ler und ein paar in die Jah­re gekom­me­ne Cha­ris­ma­ti­ker. Die Initia­ti­ve ende­te – wegen des erbärm­li­chen Spek­ta­kels – nach nur drei Mona­ten. Oder man fra­ge in irgend­ei­ner Diö­ze­se, sei es Haupt­stadt oder Pro­vinz: Wie vie­le Jugend­li­che erschei­nen zu den wöchent­li­chen Tref­fen? Weni­ger als ein paar Hän­de voll – und meist sind es Per­so­nen, die eher kein Vor­bild für den christ­li­chen Lebens­wan­del darstellen.

Die Wall­fahrt Nue­stra Seño­ra de la Cri­sti­andad ist – sowohl in Argen­ti­ni­en als auch in Frank­reich und Spa­ni­en – längst kein Rand­phä­no­men mehr. Und das liegt nicht nur am unauf­halt­sa­men Wachs­tum der Bewe­gung, son­dern auch an der immer deut­li­che­ren Erschöp­fung und Unfrucht­bar­keit der pro­gres­si­ven und berg­o­glia­nisch gefärb­ten Pasto­ral. Doch wie jene, die gegen den Hei­li­gen Geist sün­di­gen, wei­gern sich die Bischö­fe, die Augen zu öff­nen und die Wirk­lich­keit anzu­er­ken­nen. Und ich spre­che bewußt von den Bischö­fen, denn vie­le Prie­ster begin­nen bereits, ihre Augen zu öff­nen – und sie schlie­ßen sich mit Vor­sicht und Klug­heit, wie es das Evan­ge­li­um lehrt, zuneh­mend der tra­di­tio­nel­len Bewe­gung an. Wir sind kei­ne Min­der­heit mehr. Sie wis­sen es – und wir müs­sen end­lich den Kom­plex able­gen, den wir jahr­zehn­te­lang mit uns her­um­ge­tra­gen haben.

Doch – und nun kommt es – die­se jun­gen Pil­ger sind aus der Basi­li­ka von Luján ver­bannt wor­den. Kaum waren die ersten von ihnen in das Got­tes­haus ein­ge­zo­gen, begann ein jun­ger Prie­ster des ört­li­chen Kle­rus mit dem Rosen­kranz­ge­bet vor dem aus­ge­setz­ten Aller­hei­lig­sten. Dann folg­te der Segen – und das war’s. So kam es, daß, als die letz­ten ein­tra­fen (am Ende zähl­te die Wall­fahrt über drei­tau­send Per­so­nen), bereits alles vor­bei war.

Mon­si­gno­re Jor­ge Schei­nig, Bischof von Mer­ce­des-Luján, hat vor eini­gen Jah­ren die Fei­er des über­lie­fer­ten Ritus der argen­ti­ni­schen Natio­nal­ba­si­li­ka ver­bo­ten (womög­lich wird er die­se Ent­schei­dung bald auf Anwei­sung aus Rom revi­die­ren müs­sen). Sei­ne Begrün­dung damals: Er wol­le der Basi­li­ka ein „latein­ame­ri­ka­ni­sches Pro­fil“ geben.

Hor­ror Mis­sae von P. Adrián González

Gleich­zei­tig jedoch, ein paar Kilo­me­ter öst­lich, fei­er­te an eben die­sem Tag Pater Adrián Gon­zá­lez, ein Sale­sia­ner und Pfar­rer der Gemein­de Sagra­do Cora­zón de Jesús in Alta Gra­cia, die Hei­li­ge Mes­se – oder was auch immer es war – geklei­det wie auf dem bei­gefüg­ten Foto. Wird er etwa vom Erz­bi­schof von Cór­do­ba, Kar­di­nal Ángel Ros­si – Spitz­na­me „die Wit­wen­mut­ter“ – zurecht­ge­wie­sen wer­den? Ganz bestimmt nicht. In der argen­ti­ni­schen Kir­che kann man jeden Unsinn ver­an­stal­ten: In der Basi­li­ka von Luján dür­fen „Trans“-Messen oder kämp­fe­risch-pero­ni­sti­sche Mes­sen gefei­ert wer­den; Mes­sen mit Gitar­ren und Trom­meln sind will­kom­men; alte Damen, in Mini-Alben geklei­det, dür­fen durch die Gän­ge zie­hen und mit Weih­was­ser die armen Gläu­bi­gen seg­nen, die ihre Hei­li­gen­bil­der bringen.

Was jedoch nicht erlaubt ist:
drei­tau­send erschöpf­te Pil­ger, nach drei Tagen Fuß­marsch, wie Kin­der Got­tes zu emp­fan­gen – geschwei­ge denn, ihnen zu gestat­ten, die Hei­li­ge Mes­se so zu fei­ern, wie es unse­re Vor­fah­ren taten.

Für Bischof Schei­nig und sei­ne Mit­brü­der in den Mit­ren gilt offen­sicht­lich: „Was für die Kir­che über Jahr­hun­der­te hin­weg hei­lig war“, ist heu­te nicht nur ungül­tig – son­dern sogar schädlich.

*Cami­nan­te Wan­de­rer, argen­ti­ni­scher Phi­lo­soph und Blogger

Über­set­zung: Giu­sep­pe Nar­di
Bild: Cami­nan­te Wanderer

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Katho­li­sches war die erste katho­li­sche Publi­ka­ti­on, die das Pon­ti­fi­kat von Papst Fran­zis­kus kri­tisch beleuch­te­te, als ande­re noch mit Schön­re­den die Qua­dra­tur des Krei­ses versuchten.

Die­se Posi­ti­on haben wir uns weder aus­ge­sucht noch sie gewollt, son­dern im Dienst der Kir­che und des Glau­bens als not­wen­dig und fol­ge­rich­tig erkannt. Damit haben wir die Bericht­erstat­tung verändert.

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