
Von José Arturo Quarracino*
Die Legalisierung der Abtreibung bis zur Geburt in Großbritannien ist der eindeutige Beweis dafür, daß das scheinheilig so genannte „Recht auf Abtreibung“ nichts anderes ist als die Legalisierung des Rechts ist, das eigene Kind zu töten – sowohl im Mutterleib als auch bei der Geburt. Diese Neue Weltordnung ist in Wirklichkeit die Rückkehr zur alten, vorzivilisatorischen und troglodytischen Ordnung, jener der primitiven und grausamen Höhlenbewohner, wie sie typisch ist für das abscheuliche Reich Satans und seiner Lakaien. Wir sprechen von der Barbarei in ihrer bestialischsten und schändlichsten Form.
1. Gesetzesänderung im britischen Parlament
Am 17. Juni hat das Unterhaus des britischen Parlaments eine Änderung des Gesetzes aus dem Jahre 1967 gebilligt, das Abtreibungen bis zur 24. Schwangerschaftswoche erlaubt. Die Änderung sieht vor, daß eine Abtreibung in England und Wales bis zum neunten Schwangerschaftsmonat – also bis zur Geburt – nicht mehr strafrechtlich verfolgt wird, obwohl sie formal weiterhin illegal ist. Die Frau, die die Schwangerschaft abbricht, wird demnach nicht mehr angeklagt oder bestraft. Der Vorschlag wurde von einem Labour-Abgeordneten eingebracht und nach nur zwei Stunden Debatte mit 379 Stimmen dafür und 137 dagegen angenommen.
Diese Maßnahme muß nun noch vom Oberhaus (House of Lords) gebilligt werden, um in Kraft zu treten, sofern sie dort nicht abgelehnt wird.
Ein sehr wichtiger Aspekt ist, daß zwar eine deutliche Mehrheit der Abgeordneten dafür gestimmt hat, jedoch die Mehrheit der britischen Bevölkerung dagegen ist. Wie die Society for the Protection of Unborn Children (Gesellschaft zum Schutz ungeborener Kinder) berichtet, ergab eine kürzlich durchgeführte Umfrage, daß 62 Prozent der Befragten der Meinung sind, daß illegale Abtreibungen als Straftat geahndet werden sollten, während zugleich nur fünf Prozent es befürworten, daß Abtreibungen bis zur Geburt legalisiert werden.
Dies ist ein klarer Beleg für die geistige und kulturelle Entfremdung zwischen der einfachen Bevölkerung und der politischen Elite, einer kleinen Minderheit, die pränatale Tötungen in genozidalem Ausmaß unterstützt – Genozid am eigenen Volk.
Genau genommen legalisiert die beschlossene Änderung faktisch den Kindsmord – also die Tötung oder die Verhängung der Todesstrafe gegen einen Menschen, der bereits vollständig im Mutterleib entwickelt und kurz vor der Geburt steht. Es handelt sich dabei nicht um Fortschritt, sondern zweifellos um einen erschreckenden Rückschritt in die dunkelsten Epochen der Menschheitsgeschichte – Zeiten, die, soweit man weiß, noch menschlicher oder weniger grausam waren als die heutigen Eliten, die derart abscheuliche und kriminelle Gesetze vorantreiben.
2. Ursprung dieser mörderischen Ideologie
Wie kam es zu diesem mörderischen Wahnsinn, der skrupellos die Todesstrafe auf die unschuldigsten und wehrlosesten aller Menschen anwendet – ein echter Völkermord, der im Schnitt 60–70 Millionen ungeborene Kinder pro Jahr auslöscht?
Seit dem Jahre 2005 habe ich zahlreiche Artikel1 und ein Buch2 veröffentlicht, in denen wir die Ursachen und Hintergründe dieses troglodytischen Wahnsinns zu ergründen versuchen – einer vorzeitlich anmutenden Perversion, die in ihrer politischen Dimension eher dämonischen Bestien als rationalen Wesen zugeschrieben werden kann.
Es ist geradezu paradox: Auf der einen Seite erleben wir eine Zeit des beispiellosen materiellen, technologischen und wissenschaftlichen Fortschritts, doch auf der anderen Seite durchleben wir eine historische Phase, in der Millionen von Menschen Jahr für Jahr noch vor ihrer Geburt ausgelöscht werden – kontinuierlich und unaufhaltsam. Das ruft inzwischen, auf anderer Ebene und ohne auf den Zusammenhang hinzuweisen, ernste Besorgnis bei nationalen und internationalen Institutionen und Organisationen hervor.
Dieser systematische Ausschluß neuer Menschen hat sich in einen „globalen Rückgang der Geburtenrate“3 verwandelt. So bestehen die Gesellschaften einzelner Staaten zunehmend aus alten Menschen und immer weniger aus Kindern und Jugendlichen. Die Demographie spricht von einem „demographischen Winter“, der vor allem durch einen regelrechten pränatalen Holocaust verursacht wird.
3. Kein Zufall, sondern Plan: Der demographische Krieg
Der Geburtenrückgang und das damit verbundene schnelle Altern der Bevölkerung sind keineswegs Zufallsphänomene. Vielmehr handelt es sich um ein hochgradig durchdachtes und sorgfältig geplantes politisches Vorhaben – ein Projekt zur „Kontrolle und Begrenzung des unkontrollierten Bevölkerungswachstums“ (John D. Rockefeller III dixit, 1966), angeblich „für den Weltfrieden“.4
Dieses Vorhaben wurde sowohl vom kapitalistischen Ultraliberalismus als auch von kommunistischen und sozialistischen Führern unterstützt – letztlich zum Vorteil der globalistisch ausgerichteten anglo-amerikanischen Finanzplutokratie, die in den letzten Jahrzehnten sowohl die reale Wirtschaft als auch die spekulative und räuberische Finanzwelt unter ihre Kontrolle gebracht hat. Es formt sich eine Neue Weltordnung, in der niemand etwas besitzen, aber alle glücklich sein sollen – wie es eines der berühmten Schlagworte der Agenda 2030 des Ideenschmieds Weltwirtschaftsforum formuliert.
In unserem Artikel „Geopolitik der globalen Geburtenkontrolle“ und bei der Vorstellung des Buchs „Geopolitik und Abtreibung“ im argentinischen Senat5 habe ich dargelegt, wer, wie und warum diesen beispiellosen pränatalen Genozid geplant hat – ein Vorhaben, das man in seiner Dimension als diabolisch bezeichnen muß: Massenmord, der den tiefen Haß auf Kinder, jedenfalls die Kinder anderer, durch eine parasitäre und ultra-minoritäre Machtelite offenbart.
4. Historische Parallelen und ihre Unterschiede
In der Menschheitsgeschichte finden sich auf allen fünf Kontinenten6 Berichte über rituelle Kindermorde – Opfergaben, die Göttern dargebracht wurden, um Naturkatastrophen abzuwehren oder Schuld zu sühnen. Warum gerade Kinder? Wahrscheinlich, weil man glaubte, daß ein besonders reines und wertvolles Opfer den Göttern am meisten gefallen würde.7
Rückblickend erscheinen diese Praktiken zurecht grausam und barbarisch, sie erfolgten jedoch in einem religiös-kulturellen Zusammenhang und waren selektiv, nicht massenhaft.
Die heutige staatlich geförderte Abtreibungspolitik ist hingegen völlig anders – ja sogar das Gegenteil dieser alten barbarischen Praktiken. Hier gibt es keine Gottheit mehr, der geopfert wird – schon gar nicht im Sinne des Gemeinwohls. Es geht allein um den Profit und Machterhalt einer kleinen, parasitären Elite, die die Welt unterworfen hat. Die „Gottheit“, die man heute nachahmt, ist ein erklärter Feind Gottes und der Menschheit – jener Schöpfung also, die Gott als seine höchste und vollkommenste betrachtet.
Diese Elite ist nichts anderes als die diabolische Verkörperung Satans, die sich vom Haß und der Zerstörung der Schwächsten nährt – um in Ruhe die Früchte ihres Raubens und Plünderns genießen zu können.
Was sich nun im britischen Parlament ereignet hat, zeigt, daß diese satanische Elite sich nicht mehr damit begnügt, Menschenleben im vorgeburtlichen Entwicklungsstadium zu töten, sondern nun einen Schritt weitergeht: die gezielte Tötung von Menschen in der allerersten nachgeburtlichen Lebensphase. Im Unterschied zu Tieren, die selektiv und aus Hunger töten, wollen diese „menschlichen Bestien“ immer mehr Blut, immer mehr Tod. Sie sind nie zufrieden – wie Süchtige, die nicht mehr aufhören können.
In diesem Sinne verwandelt sich England – einst ein Zentrum der christlichen Kultur Europas, ein Land großer humanistischer Traditionen mit prachtvollen Kirchen, Universitäten, Literatur und Musik – nun durch den linken Progressismus in ein menschliches Schlachthaus, dessen Ausmaß nur Gott kennt.
Tatsächlich wird diese Entwicklung so weit gehen, wie wir es zulassen. Wenn wir nicht in der Lage sind, diese höllische und gotteslästerliche Horde zu stoppen, wird sie weiterhin die göttliche Schöpfung angreifen – und damit das Höchste und Heiligste zerstören.
Doch Gott wird uns nur helfen, wenn wir selbst bereit sind, Gott zu helfen: durch das Gebet („Diese Art von Dämonen kann nur durch Gebet und Fasten vertrieben werden“, sagt unser Herr Jesus Christus in Mk 9,29) – und durch intellektuelles wie politisches Engagement.
Die Päpste und Synodenväter haben wiederholt betont, daß jeder Mensch das Recht und die Pflicht hat, sich an der Politik zu beteiligen – wenn auch auf unterschiedliche Weise, mit verschiedenen Aufgaben und Verantwortungen.
Die oft erhobenen Vorwürfe gegen Politiker – Karrierismus, Machtgier, Egoismus, Korruption – oder die weitverbreitete Meinung, Politik sei ein moralisch gefährliches Feld, rechtfertigen in keiner Weise, wie Papst Johannes Paul II. in Christifideles Laici (Nr. 42) betont, das Fernbleiben oder den Pessimismus der Christen gegenüber dem Gemeinwesen.
*José Arturo Quarracino, emeritierter Professor der Philosophie an der Universidad del Salvador in Buenos Aires, Neffe von Kardinal Antonio Quarracino, der als Erzbischof von Buenos Aires und Primas von Argentinien den Aufstieg des Jesuitenpaters Jorge Mario Bergoglio möglich machte.
Übersetzung: Giuseppe Nardi
Bild: MiL
1 Auf meinem Blog, bei Stilum Curiae von Marco Tosatti, bei Gloria.tv und anderswo veröffentlicht.
2 José Arturo Quarracino: Geopolítica y Aborto [Geopolitik und Abtreibung], Círculo Rojo Ediciones, Buenos Aires 2018.
3 UNFPA: The real fertility crisis. The pursuit of reproductive agency in a changing world. State of World Population 2025; dt. Ausgabe: Weltbevoelkerungsbericht 2025 der UNFPA.
4 Population Council, Declaration on Population, New York 1966. Ein Dokument, verfaßt von dem genannten US-amerikanischen Magnaten und unterzeichnet von 30 Staats- und Regierungschefs aus fünf Kontinenten, darunter der berühmte kommunistische Marschall Jugoslawiens Josef Broz genannt Tito.
5 Buchpräsentation im Senat der argentinische Nation, 26. Juli 2018.
6 Siehe als ersten Einblick den Wikipedia-Eintrag „Sacrifício infantil“ (Kinderopfer). Ein deutscher Wikipedia-Eintrag zum Thema fehlt.
7 Leonhard Schmitz: Sacrificium, in William Smith: A Dictionary of Greek and Roman Antiquities, John Murray, London 1875.