Ein Bischof unter Verdacht

Erstmals ermittelt der Vatikan gegen einen amtierenden Bischof wegen mutmaßlichen Mißbrauchs


Erstmals ermittelt die kirchliche Justiz gegen einen amtierenden Bischof in Spanien wegen des Verdachts des homosexuellen Mißbrauchs, obwohl für den Staat alles verjährt ist.
Erstmals ermittelt die kirchliche Justiz gegen einen amtierenden Bischof in Spanien wegen des Verdachts des homosexuellen Mißbrauchs, obwohl für den Staat alles verjährt ist.

Die Nach­richt ist eine jener, die gewis­sen anti­kirch­li­chen Medi­en förm­lich in die Hän­de spielt – so sehr, daß sie prompt den Auf­ma­cher ihrer heu­ti­gen Aus­ga­be bil­det. Es geht um den ersten bekann­ten Fall in Spa­ni­en, in dem ein amtie­ren­der Bischof wegen mut­maß­li­cher Miß­brauch­sta­ten einer kirch­li­chen Unter­su­chung unter­wor­fen wird: Es han­delt sich um den Bischof von Cádiz und Ceu­ta, Mon­si­gno­re Rafa­el Zor­no­za. Die Vor­wür­fe stam­men aus einer Zeit vor 30 Jah­ren, als Zor­no­za noch Prie­ster in Madrid war. Wie in sol­chen Fäl­len üblich, hat das Bis­tum mit einem offi­zi­el­len Kom­mu­ni­qué reagiert. Zustän­dig für die kir­chen­recht­li­che Unter­su­chung ist gemäß den Bestim­mun­gen des Motu Pro­prio Vos estis lux mun­di der Metro­po­lit – in die­sem Fall der Erz­bi­schof von Sevilla.

Der Vatikan untersucht Bischof Zornoza wegen Mißbrauchsvorwürfen aus den 1990er Jahren

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Nach Anga­ben des Blat­tes El País hat das Dik­aste­ri­um für die Glau­bens­leh­re, die vati­ka­ni­sche Behör­de, die für die Ver­fol­gung von Fäl­len sexu­el­len Miß­brauchs inner­halb der Kir­che zustän­dig ist, ein Ver­fah­ren gegen den 76jährigen Bischof von Cádiz und Ceu­ta, Rafa­el Zor­no­za, ein­ge­lei­tet. Ein ehe­ma­li­ger Semi­na­rist hat­te im Som­mer eine Beschwer­de nach Rom geschickt, in der er behaup­tet, ab 1994 Opfer wie­der­hol­ter sexu­el­ler Über­grif­fe gewor­den zu sein – zu einer Zeit, als Zor­no­za noch nicht Bischof war, aber als Regens das Prie­ster­se­mi­nar von Geta­fe leitete.

Der Klä­ger beschreibt in sei­ner Ein­ga­be, daß die Über­grif­fe „nachts, in sei­nem Zim­mer“ statt­ge­fun­den hät­ten, und wirft dem dama­li­gen Prie­ster vor, ihn emo­tio­nal mani­pu­liert zu haben. Zor­no­za soll sei­ne angeb­li­che Homo­se­xua­li­tät als eine „Wun­de“ bezeich­net haben, die ihm „die kla­re Sicht“ nehme.

Ein Fall ohne Beispiel in Spanien

Kirch­li­che Quel­len bestä­ti­gen, daß die Unter­su­chung offi­zi­ell eröff­net wur­de. Das Ver­fah­ren sieht vor, daß sowohl der Beschul­dig­te als auch der Klä­ger und mög­li­che Zeu­gen vor Ort ange­hört wer­den, bevor der Fall erneut nach Rom über­mit­telt wird. Es han­delt sich dabei um ein Novum: Nie zuvor wur­de in Spa­ni­en gegen einen amtie­ren­den Bischof kir­chen­recht­lich wegen mut­maß­li­cher Über­grif­fe ermit­telt. Bis­her betra­fen sol­che Ver­fah­ren aus­schließ­lich Prie­ster oder Ordensangehörige.

Kirchenrechtliches Verfahren und mögliche Konsequenzen

Das kir­chen­recht­li­che Vor­ge­hen umfaßt zunächst eine Vor­un­ter­su­chung zur Beweis­si­che­rung. Soll­te sich der Ver­dacht als plau­si­bel erwei­sen, kann ein förm­li­ches kirch­li­ches Gerichts­ver­fah­ren fol­gen. Im Fal­le einer Bestä­ti­gung der Vor­wür­fe dro­hen Sank­tio­nen, die von der zeit­wei­li­gen Amts­ent­he­bung bis zur Ent­las­sung aus dem Kle­ri­ker­stand rei­chen – der här­te­sten Stra­fe, die das Kir­chen­recht vor­sieht. Laut El País ist der Fall laut staat­li­cher Rechts­ord­nung ver­jährt, doch das Kir­chen­recht erlaubt eine unab­hän­gi­ge Unter­su­chung, was das vati­ka­ni­sche Vor­ge­hen mög­lich macht.

Lebensweg von Rafael Zornoza

Msgr. Rafa­el Zor­no­za wur­de 1949 in Madrid gebo­ren und 1975 zum Prie­ster geweiht. Sei­ne seel­sor­ge­ri­sche Lauf­bahn führ­te ihn über ver­schie­de­ne Pfar­rei­en und Auf­ga­ben in der Erz­diö­ze­se Madrid, bevor er 1994 die Lei­tung des Prie­ster­se­mi­nars von Geta­fe über­nahm. 2006 ernann­te ihn Papst Bene­dikt XVI. zum Weih­bi­schof, 2011 wur­de er schließ­lich zum Bischof von Cádiz und Ceu­ta bestellt. Er war Mit­glied der Bischofs­kom­mis­si­on für Kle­rus und Semi­na­re und mach­te sich durch sei­ne musi­ka­li­sche Tätig­keit eben­so wie durch sein bischöf­li­ches Mot­to Impen­dam et Super­im­pen­dar („Mit Freu­de will ich mich ver­aus­ga­ben und hin­ge­ben“) einen Namen.

Der Beschwer­de­füh­rer erklär­te in sei­nem Brief, er habe die Zei­len „nur geschrie­ben, um zu ver­hin­dern, daß einem ande­ren wider­fährt, was mir gesche­hen ist“.

Das Bistum weist alle Anschuldigungen zurück

Das Bis­tum Cádiz-Ceu­ta reagier­te umge­hend mit einer offi­zi­el­len Erklä­rung. Die Anschul­di­gun­gen, heißt es dar­in, sei­en „äußerst schwer­wie­gend, aber völ­lig halt­los“. Der Fall sei bereits an das Kir­chen­ge­richt der Apo­sto­li­schen Nun­tia­tur in Spa­ni­en wei­ter­ge­lei­tet wor­den, das nun die Prü­fung im Ein­klang mit dem kirch­li­chen Ver­fah­ren übernimmt.

In der Mit­tei­lung betont das Bis­tum sein vol­les Ver­trau­en in die kirch­li­chen und staat­li­chen Instan­zen und ver­spricht unein­ge­schränk­te Koope­ra­ti­on. Zugleich erin­nert es dar­an, daß die Unschulds­ver­mu­tung ein grund­le­gen­des Recht sei, das allen zuste­he, solan­ge kei­ne rechts­kräf­ti­ge Ent­schei­dung vorliegt.

Bischof legt Ämter vorübergehend nieder

Wie aus dem­sel­ben Kom­mu­ni­qué her­vor­geht, hat Bischof Zor­no­za sei­ne öffent­li­chen Auf­ga­ben vor­über­ge­hend aus­ge­setzt. Die­se Ent­schei­dung die­ne sowohl der unge­stör­ten Auf­klä­rung der Vor­wür­fe als auch sei­ner lau­fen­den medi­zi­ni­schen Behand­lung wegen einer Krebs­er­kran­kung. Wei­te­re Erklä­run­gen will das Bis­tum erst abge­ben, wenn das Kir­chen­ge­richt eine Ent­schei­dung getrof­fen haben wird.

Mit die­ser Stel­lung­nah­me weist das Bis­tum die Anschul­di­gun­gen ent­schie­den zurück, ruft zu Zurück­hal­tung in der Bericht­erstat­tung auf und bekräf­tigt sei­nen Wil­len zu Trans­pa­renz und Gerech­tig­keit – zugleich bit­tet es um Respekt für alle Betei­lig­ten die­ses unge­wöhn­li­chen und sen­si­blen Verfahrens.

Text: Giu­sep­pe Nar­di
Bild: El País (Screen­shot)

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