Von Caminante Wanderer*
Man könnte vieles sagen über die jüngste Note zu den Marientiteln, ausgearbeitet von Tucho Fernández und gebilligt von Leo XIV. Doch wir wollen darauf verzichten, denn wir sind weder Theologen noch Mariologen. Wir stellen lediglich fest, daß sich einmal mehr die Prophezeiung Simeons erfüllt: Das von einem Schwert durchbohrte (miterlösende?) Herz Mariens enthüllt die geheimen Gedanken vieler.
Es sei nur darauf hingewiesen, daß der Text – abgesehen davon, daß er unangebracht und überflüssig ist – einen lauten Schuß ins eigene Bein des neuen Pontifikats darstellt. Denn wie die Note selbst hervorhebt, haben verschiedene Päpste den Titel Mariens als Miterlöserin mehrfach erwähnt (insbesondere siebenmal Johannes Paul II.). Zugleich verweist sie auf das gegenteilige „Lehramt“ Bergoglios (der die Gelegenheit nutzte, sie als „Mestizin“, als „nur Mutter“ und mit anderen typisch bergoglianischen Nettigkeiten zu bezeichnen). Und was nun? Wähle dein eigenes Abenteuer.
Angesichts solcher Widersprüche ist es unmöglich, die Fiktion eines „ordentlichen Lehramts“ aufrechtzuerhalten, das gemäß Codex stets einen verpflichtenden „inneren Zustimmungsakt von Intellekt und Willen“ verlange. Wenn Pius XI. sie Miterlöserin nannte, wenn Pius XII. von Mitwirkung sprach, wenn Johannes Paul II. in sieben Katechesen den Charakter der Miterlöserin erklärte – dann hat das, was Bergoglio oder Leo dazu sagen, denselben oder geringeren Wert. Wir lassen hier das Zeugnis der Kirchenväter und der Tradition beiseite, ebenso wie die Frage, ob die Definition des Mariendogmas ratsam oder opportun wäre. Vielleicht ist es tatsächlich besser, das Thema im Bereich der allgemeinen Lehre oder gar der frommen Meinung zu belassen.
Das eigentliche Problem liegt woanders: in einer großen Täuschung, die nun schon seit zweihundert Jahren andauert – der Nichtexistenz eines klaren erkenntnistheoretischen und hermeneutischen Rahmens des Lehramts. Die Päpste sind den Gläubigen schuldig, eindeutig festzulegen und somit zu definieren, was Lehramt ist – oder, aristotelisch gesprochen (denn die Dinge erkennt man durch ihre Gegensätze) –, was nicht Lehramt ist. Man kann nicht ständig in der Grauzone des „Zustimmens mit Intellekt und Willen“ spielen, jenem Sammelbegriff, unter dem sich alles Mögliche einordnen läßt: ökologische Bekehrung, die Zweckmäßigkeit einer Weltregierung, der vermeintliche Wille Gottes, daß es viele Religionen geben solle, der Wahn der Religionsfreiheit, die Güte der Religionsfreiheit, die Zulässigkeit der Todesstrafe, ihre Unzulässigkeit, die Zweckmäßigkeit von Subventionen für europäische Landwirte, die sogenannte gesunde Laizität, das Verbot einer politischen Bewegung, weil ihr Anführer Agnostiker war, und so weiter.
Es hat einen sehr schwachen Versuch gegeben durch Kardinal Ratzinger, in seiner erläuternden Note zum Motu proprio Ad Tuendam Fidei, die jedoch sehr wenig erklärt und – wie der Kardinal selbst damals einräumte – keinen eigentlichen lehramtlichen Rang besitzt. Sie leidet unter demselben uralten Mangel: Sie ist wirksam darin zu sagen, was Lehramt sei und welche Merkmale es in seinem harten Kern habe – doch sie definiert nicht, was kein Lehramt ist. Diese Unschärfe ermöglicht, daß unzählige Fragen hineingeschoben werden, was dem Papsttum unter anderem erlaubt, sich in unrechtmäßiger Weise in Bereiche einzumischen, die ihm nicht zustehen, oder seine zeitbedingten persönlichen Meinungen in Lehrfragen aufzuzwingen.
Non expedit.
[Es ist nicht ratsam.]
*Caminante Wanderer ist ein argentinischer Philosoph und Blogger.
Übersetzung: Giuseppe Nardi
Bild: Caminante Wanderer

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