Der heilige Pius V. und das „entsetzliche Verbrechen“

Homosexualität im Klerus


Der heilige Papst Pius V. ging in schwieriger Zeit tatkräftig an die Erneuerung des Klerikerstandes.
Der heilige Papst Pius V. ging in schwieriger Zeit tatkräftig an die Erneuerung des Klerikerstandes.

Inmit­ten des 16. Jahr­hun­derts, wäh­rend er die triden­ti­ni­sche Reform festig­te und den Römi­schen Ritus dau­er­haft ord­ne­te, ver­öf­fent­lich­te der hei­li­ge Papst Pius V. ein Doku­ment, „das heu­te vie­le Bischö­fe unse­rer Zeit sprach­los machen wür­de“, so Car­los Balén von Info­Va­ti­ca­na. Wahr­schein­lich ist die­ses Doku­ment den mei­sten Bischö­fen gar nicht bekannt. Es trägt den Titel Hor­ren­dum illud sce­lus („Die­ses ent­setz­li­che Ver­bre­chen“) und wur­de am 30. August 1568 im drit­ten Jahr sei­nes Pon­ti­fi­kats verkündet.

Anzei­ge

Der hei­li­ge Papst aus dem Domi­ni­ka­ner­or­den wur­de wegen sei­ner Fröm­mig­keit und sei­nes Eifers in der Rei­ni­gung des Kle­rus hei­lig­ge­spro­chen. Durch die Refor­ma­ti­on lag viel im argen. Im deut­schen Sprach­raum hat­te sich ein Teil des Kle­rus, wie auch Luther selbst, von der Beru­fung, den Ver­spre­chen und Gelüb­den und ins­ge­samt von der Kir­che ver­ab­schie­det. Aber auch dort, wo der Kle­rus blieb, zeig­ten sich aller­lei Gebre­chen. In man­chen Gegen­den leb­te fast der gesam­te Kle­rus im Kon­ku­bi­nat. Sie hat­ten Keb­se und Kegel (Kon­ku­bi­nen und unehe­li­che Kin­der), um es mit den Begrif­fen der dama­li­gen Zeit zu sagen.

Pius V. wuß­te um die­ses Pro­blem und noch ande­re mehr. So pran­ger­te er auch das „unsäg­li­che Ver­bre­chen“ an – die Sodo­mie –, began­gen von Welt- wie Ordens­kle­ri­kern. „Und er tat dies mit der Klar­heit eines Man­nes, der wuß­te, daß das Prie­ster­tum ein sicht­ba­res Zei­chen Chri­sti“ ist, so Balén.

Miche­le Ghis­lie­ri, ein aske­ti­scher Domi­ni­ka­ner und Beicht­va­ter der hei­li­gen Domi­ni­ka­ne­rin und Mysti­ke­rin Katha­ri­na von Ric­ci, bestieg 1566 den Stuhl Petri in der festen Über­zeu­gung, daß die in jener Zeit ver­brei­te­te mora­li­sche Ver­derbt­heit des Kle­rus eine der Haupt­ur­sa­chen für den Nie­der­gang der Kir­che sei. Als Reak­ti­on dar­auf dul­de­te er Zwei­deu­tig­keit und Rela­ti­vis­mus nicht. Wäh­rend sei­nes Pon­ti­fi­kats refor­mier­te er die Kurie, rei­nig­te die kirch­li­chen Sit­ten und ahn­de­te Miß­bräu­che mit fester Hand. Die posi­ti­ven Ergeb­nis­se sind gut dokumentiert.

Das Bre­ve Hor­ren­dum illud sce­lus ist in die­sem Kon­text zu lesen: ein hei­li­ger Papst, der in der Straf­frei­heit für das wider­na­tür­li­che Ver­hal­ten nicht nur ein mora­li­sches Ver­bre­chen, son­dern eine Ent­wei­hung des Prie­ster­tums sah.

Das Bre­ve beginnt mit einer erschüt­tern­den bibli­schen Anspielung:

„Die­ses ent­setz­li­che Ver­bre­chen, des­sent­we­gen ver­derb­te und scham­lo­se Städ­te durch das Feu­er gött­li­cher Ver­dam­mung zer­stört wur­den, ver­ur­sacht uns tief­sten Schmerz und drängt unse­ren Geist, es mit größ­tem Eifer zu unterdrücken.“

Pius V. erin­nert an den Canon des Drit­ten Late­r­an­kon­zils im Jahr 1179, der vor­sieht, daß Kle­ri­ker, die sich der wider­na­tür­li­chen Unkeusch­heit schul­dig mach­ten, aus dem Kle­ri­ker­stand ent­fernt oder zur Buße in ein Klo­ster geschickt wer­den soll­ten. Der Papst ging wei­ter: Er ver­füg­te, daß jeder Prie­ster oder Ordens­mann, der die­ses Ver­bre­chen bege­he, nicht nur sei­nes Stan­des ent­ho­ben, son­dern der welt­li­chen Gewalt über­ge­ben wer­de, damit die­se gemäß dem welt­li­chen Recht der dama­li­gen Zeit die ent­spre­chen­de Stra­fe voll­strecke.

Balén schreibt dazu: „Die Begrün­dung war theo­lo­gisch: Ein Prie­ster, der beru­fen ist, Chri­stus zu reprä­sen­tie­ren, dür­fe den Altar Got­tes nicht durch ein sol­ches Ver­ge­hen beflecken. Der Papst, eif­rig um das See­len­heil der Gläu­bi­gen und die Wür­de des Prie­ster­tums bemüht, woll­te den Skan­dal an der Wur­zel ausrotten.“

Nicht nur der kir­chen­recht­li­che Rah­men hat sich seit damals geän­dert, aber das Schrei­ben von Pius V. bleibt ein Zeug­nis für die objek­ti­ve Schwe­re, die die Kir­che der Sün­de der Homo­se­xua­li­tät bei­mißt – „beson­ders, wenn sie von einem geweih­ten Amts­trä­ger began­gen wird“.

Wol­le man Pius V. nicht sei­ne Hei­lig­keit abspre­chen, so Balén, sei er auch heu­te ernst­zu­neh­men. Sei­ne Reak­ti­on steht im schar­fen Kon­trast zum Schwei­gen oder der Ver­wir­rung vie­ler Bischö­fe, die ange­sichts der sich in der Kir­che aus­brei­ten­den Homo-Häre­sie und Exi­stenz von homo­se­xu­el­len Kle­ri­ker-Netz­wer­ken „im besten Fall“ weg­se­hen, so Balén, im schlim­me­ren Fall – die Bei­spie­le sind bekannt, die Homo­se­xua­li­sie­rung der Kir­che unterstützen.

Für den hei­li­gen Pius V. war klar, daß die kle­ri­ka­le Unrein­heit den Glau­ben des Vol­kes zer­stört, die hei­li­ge Lit­ur­gie per­ver­tiert und den Altar Got­tes ent­weiht. Sei­ne Mah­nung war ein­deu­tig: Wird die Sün­de ver­harm­lost, wird Chri­stus entweiht.

Das Bre­ve stellt eine kir­chen­recht­li­che Anord­nung dar, die ver­bind­lich war. Sie blieb in Kraft bis zum Codex Iuris Cano­ni­ci von 1917, mit dem das Kir­chen­recht neu geord­net wurde.

Voll­stän­di­ger Text des päpst­li­chen Bre­ve Hor­ren­dum illud sce­lus (30. August 1568):

Horrendum illud scelus

Gegen wel­che Kle­ri­ker auch immer, sowohl die Welt­li­chen als auch die Regu­lier­ten [Ordens­leu­te], die des abscheu­li­chen Ver­bre­chens schul­dig sind.

Pius, Bischof, Die­ner der Die­ner Got­tes, zur ewi­gen Erin­ne­rung in der Sache.

Die­ses ent­setz­li­che Ver­bre­chen, des­sent­we­gen ver­derb­te und scham­lo­se Städ­te durch das Feu­er gött­li­cher Ver­dam­mung ver­nich­tet wur­den, erfüllt uns mit dem bit­ter­sten Schmerz und erschüt­tert unse­ren Geist, sodaß wir uns gedrängt füh­len, es mit dem größt­mög­li­chen Eifer zu unterdrücken.

Sehr wei­se hat daher das Drit­te Late­r­an­kon­zil bestimmt, daß jeder Kle­ri­ker, der sich der Unkeusch­heit wider die Natur schul­dig macht – da der Zorn Got­tes über die Söh­ne des Unglau­bens her­ab­kommt –, aus dem Kle­ri­ker­stand ent­fernt oder zu stren­ger Buße in ein Klo­ster ver­bannt wer­den soll (vgl. Decre­ta­les Gre­go­rii IX, Buch V, Titel XXXI, Kap. IV).

Damit sich die Ansteckung durch ein solch schwe­res Ver­ge­hen nicht durch Straf­frei­heit, die die größ­te Ver­su­chung zur Sün­de dar­stellt, noch drei­ster aus­brei­te, und um die Kle­ri­ker, die die­ses unsäg­li­che Ver­bre­chen bege­hen und sich nicht vor dem Tod ihrer See­le fürch­ten, stren­ger zu bestra­fen, haben Wir beschlos­sen, sie der Stren­ge der welt­li­chen Obrig­keit zu über­ge­ben, die das welt­li­che Recht mit dem Schwert durchsetzt.

Des­halb, dem Geist fol­gend, den Wir bereits zu Beginn Unse­res Pon­ti­fi­kats im Schrei­ben Cum Pri­mum kund­ge­tan haben, ver­fü­gen Wir mit aller Stren­ge: Jeder Prie­ster oder Kle­ri­ker – sei es aus dem Welt- oder Ordens­kle­rus –, gleich wel­chen Ran­ges oder wel­cher Wür­de, der ein so abscheu­li­ches Ver­bre­chen begeht, soll kraft die­ses Geset­zes jeg­li­ches kle­ri­ka­le Pri­vi­leg, jedes Amt, jede Wür­de und jedes kirch­li­che Bene­fiz ver­lie­ren, durch ein kirch­li­ches Gericht aus dem Kle­ri­ker­stand ent­las­sen und sodann der welt­li­chen Auto­ri­tät über­ge­ben wer­den, auf daß er gemäß dem welt­li­chen Gesetz wie ein Laie, der in die­sen Abgrund gefal­len ist, der ent­spre­chen­den Stra­fe zuge­führt werde.

Daher ist es abso­lut nie­man­dem erlaubt, die­se Sei­te unse­res Wider­rufs, unse­rer Auf­he­bung, Erlaub­nis, Zurück­nah­me, Anord­nung, Vor­schrift, Ver­fü­gung, Begün­sti­gung, Wei­sung, Ent­schei­dung, Locke­rung, Ermah­nung, Unter­sa­gung, Sank­ti­on und Unse­res Wil­lens zu ver­let­zen oder sich in ver­mes­se­nem Über­mut ihr zu wider­set­zen.
Wer es aber wagen soll­te, dies zu ver­su­chen, soll wis­sen, daß er den Zorn des all­mäch­ti­gen Got­tes und der hei­li­gen Apo­stel Petrus und Pau­lus auf sich zie­hen wird.

Gege­ben zu Rom, bei St. Peter, im Jah­re der Mensch­wer­dung des Herrn 1568, am drit­ten Tag vor den Kalen­den des Sep­tem­bers [30. August], im drit­ten Jahr Unse­res Pontifikats.


Contra quoscumque Clericos, tam sæculares quam regulares, nefandi criminis reos.

Pius epis­co­pus ser­vus ser­vor­um Dei, Ad per­pe­tuam rei memoriam

Hor­ren­dum illud sce­lus, quo pol­lutæ fœde­ra­tæ Civi­ta­tes a tre­men­do Dei judi­cio coflagrarunt, acer­bis­si­mum Nobis dolo­rem inu­rit, gra­vi­ter­que ani­mum Nostrum com­mo­vet, ut ad illud, quan­tum potest, com­pri­men­dum, stu­dia nost­ra conferamus.

§. 1. Sane Late­ra­nen­si Con­ci­lio digno­s­ci­tur con­sti­tu­tum, ut qui­cum­que Cle­ri­ci, illa incon­ti­nen­tia, quæ con­tra naturam est, prop­ter quam ira Dei venit in fili­os dif­fi­den­tiæ, depre­hen­si fuer­int labora­re, a Cle­ro dei­ici­an­tur, vel ad agen­dum in Monaste­ri­is pœni­ten­ti­am detrudantur.

§. 2. Ver­um ne tan­ti fla­g­itii con­ta­gi­um, impu­ni­ta­tis spe, quæ maxi­ma pec­can­di illece­bra est, fiden­ti­us inva­les­cat, Cler­i­cos hujus nefa­rii cri­mi­nis reos, gra­vi­us ulcis­cen­dos deli­be­ra­vi­mus, ut qui animæ inter­itum non hor­res­cunt, hos cer­te deter­re­at civi­li­um legum vin­dex gla­di­us sæcularis.

§. 3. Itaque quod Nos iam in ipso Pon­ti­fi­ca­tus nostri prin­ci­pio hac de re decre­vi­mus, ple­ni­us nunc, for­ti­us­que per­se­qui inten­den­tes, omnes, & quos­cum­que Pres­by­te­ros, & ali­os Cler­i­cos sæcu­la­res, & regu­la­res cujus­cum­que gra­dus, & dignita­tis, tam dir­um nefas exer­cen­tes, omni pri­vi­le­gio cle­ri­cali, omni­que offi­cio, dignita­te, & bene­fi­cio Eccle­sia­sti­co præ­sen­tis Cano­nis auc­to­ri­ta­te pri­va­mus. Ita quod per Judi­cem Eccle­sia­sti­cum degra­da­ti, pote­sta­ti sta­tim sæcu­la­ri trad­an­tur, qui de eis illud idem capi­at sup­pli­ci­um, quod in lai­cos hoc in exi­tio devolu­tos, legi­ti­mis repe­ri­tur sanc­tion­i­bus constitutum.

Nul­li ergo omni­no liceat hanc pagi­nant nostræ abla­tio­nis, aboli­tio­nis, per­mis­sio­nis, revo­ca­tio­nis, jus­sio­nis, præcep­ti, sta­tu­ti, indul­ti, man­da­ti, decre­ti, rela­xa­tio­nis, cohorta­tio­nis, pro­hi­bi­tio­nis, inno­da­tio­nis, et vol­un­ta­tis inf­ring­e­re vel ei ausu temer­a­rio con­trai­re.. Si quis autem hoc atten­ta­re præ­sump­se­rit, indi­gna­tio­nem omni­po­ten­tis Dei, ac bea­torum Petri et Pau­li apo­sto­lorum eius nove­rit incursurum.

Datum Romæ apud S. Petrum, Anno Incar­na­tio­nis Domi­nicæ 1568. 3. Kal. Sep. Pont. nostri Anno 3.

Text: Giu­sep­pe Nar­di
Bild: Wiki­com­mons

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