Interpretieren bis zur Auflösung? Im Würgegriff der Hermeneutik

Fontanas Auruf zur Wirklichkeit zurückzukehren. Abrechnung mit der modernen Theologie


Stefano Fontana warnt in seinem neuen Buch "Wahrheit oder Interpretation" davor, daß sich die Kirche in den Würgegriff der Hermeneutik begibt.
Stefano Fontana warnt in seinem neuen Buch "Wahrheit oder Interpretation" davor, daß sich die Kirche in den Würgegriff der Hermeneutik begibt.

Ste­fa­no Fon­ta­na, Direk­tor des Inter­na­tio­nal Obser­va­to­ry Car­di­nal Van Thu­an for the Social Doc­tri­ne of the Church, ist bekannt für sei­ne enga­gier­ten Schrif­ten zur Ver­tei­di­gung des Zusam­men­hangs von Ver­nunft und Glau­ben im Licht der christ­li­chen Phi­lo­so­phie. In sei­nem neu­en Werk „Wahr­heit oder Inter­pre­ta­ti­on. Kri­tik an der katho­li­schen Her­me­neu­tik“, erschie­nen im Ver­lag Fede e Cul­tu­ra („Veri­tà o inter­pre­ta­zio­ne. Cri­ti­ca all*ermeneutica cat­to­li­ca“, Vero­na 2025), wid­met er sich einem zen­tra­len und hoch­ak­tu­el­len The­ma: dem Ein­drin­gen des moder­nen her­me­neu­ti­schen Para­dig­mas in die katho­li­sche Theo­lo­gie. Gemeint ist damit die Vor­stel­lung, daß Erkennt­nis aus­schließ­lich als Inter­pre­ta­ti­on zu ver­ste­hen sei, und zwar als end­lo­ser Zir­kel wech­sel­sei­ti­ger Deu­tun­gen. Fon­ta­na bezieht klar Stel­lung und tritt als Ver­tei­di­ger objek­ti­ver Wahr­heit gegen die Aus­wüch­se von Sub­jek­ti­vis­mus und post­mo­der­nem Rela­ti­vis­mus auf.

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Laut Fon­ta­na besteht die schwer­wie­gend­ste Gefahr der moder­nen Her­me­neu­tik in der Auf­lö­sung der objek­ti­ven Wahr­heit zugun­sten des­sen, was er die „Dik­ta­tur der Inter­pre­ta­ti­on“ nennt:

  • Glau­be, Hei­li­ge Schrift, Dog­men und mora­li­sche Prin­zi­pi­en wer­den zuneh­mend nur noch als histo­risch beding­te Inter­pre­ta­tio­nen ver­stan­den – nie­mals als end­gül­tig, stets wan­del­bar, ohne objek­ti­ves oder uni­ver­sa­les Fundament.
  • Das her­me­neu­ti­sche Para­dig­ma begreift Wahr­heit immer nur als Mög­lich­keit, nie als objek­ti­ve Gege­ben­heit – was die Fähig­keit der Kir­che unter­gräbt, ver­bind­li­che Leh­ren zu vermitteln.
  • Pasto­ral, Moral und Leh­re wer­den zu einer „situ­ier­ten Bezie­hung“, die sich stän­dig im Ein­klang mit den jewei­li­gen Umstän­den und der Sub­jek­ti­vi­tät der Aus­le­ger verändert.
  • Die höch­ste Gefahr besteht dar­in, daß die Kir­che ihre Vor­rang­stel­lung in der Wei­ter­ga­be der Offen­ba­rung ver­liert und auf ihre kri­ti­sche Funk­ti­on gegen­über der Welt ver­zich­tet – und damit zu einem blo­ßen Dia­log­raum wird, ohne feste Wur­zeln in Tra­di­ti­on und Metaphysik.

Fon­ta­na wider­setzt sich ent­schie­den die­sem „flüs­si­gen Den­ken“ und sieht die Rück­be­sin­nung auf eine rea­li­sti­sche Meta­phy­sik als not­wen­di­ge Vor­aus­set­zung zur Bewah­rung der Leh­re und des Glaubens:

  • Er betont die Zen­tra­li­tät der Wahr­heit als objek­ti­ve, der Inter­pre­ta­ti­on vor­aus­ge­hen­de und im Sein gegrün­de­te Wirk­lich­keit, die die bloß histo­ri­sche und rela­ti­vi­sti­sche Dimen­si­on übersteigt.
  • Er ruft dazu auf, der Meta­phy­sik als „erster Phi­lo­so­phie“ wie­der jenen Platz ein­zu­räu­men, der es erlaubt, das über­zeit­lich und über­ge­schicht­lich Gül­ti­ge zu erfassen.
  • Er erin­nert an das klas­si­sche Prin­zip des Fort­schritts in der Kon­ti­nui­tät: Jede Ent­wick­lung im Ver­ständ­nis der Tra­di­ti­on müs­se das bewah­ren, was „immer, über­all und von allen im glei­chen Sin­ne geglaubt“ wur­de – unter Beru­fung auf Vin­zenz von Lérins und Kar­di­nal Newman.
  • Er schlägt eine Reform vor, die sich nicht an modi­schen Inter­pre­ta­tio­nen ori­en­tiert, son­dern die ursprüng­li­che Evi­denz und die Weis­heit der christ­li­chen Phi­lo­so­phie wie­der­ge­winnt und den Intel­lekt in eine unmit­tel­ba­re Begeg­nung mit der Wirk­lich­keit führt.

Ste­fa­no Fon­ta­na legt mit sei­nem neu­en Buch eine ein­dring­li­che Ver­tei­di­gung von Wahr­heit und Ver­nunft vor – gegen die Ver­su­chung, alles der Inter­pre­ta­ti­on zu unter­wer­fen. Er brand­markt das moder­ne her­me­neu­ti­sche Para­dig­ma als die Haupt­be­dro­hung für den katho­li­schen Glau­ben wie auch für das mensch­li­che Erkennt­nis­ver­mö­gen ins­ge­samt. Den Weg zur Bewah­rung des­sen, was den Glau­ben zu einer „gewis­sen, sta­bi­len, unwi­der­leg­ba­ren Erkennt­nis“ macht, sieht er in der Rück­kehr zur klas­si­schen Meta­phy­sik – rea­li­stisch und grund­le­gend –, um der Rela­ti­vie­rung und Ver­flüch­ti­gung in geschicht­li­cher Imma­nenz ent­schie­den entgegenzutreten.

Das Buch ist ab dem 13. Dezem­ber im Buch­han­del erhält­lich. Bereits jetzt kann es über das Inter­na­tio­nal Obser­va­to­ry Car­di­nal Van Thu­an for the Social Doc­tri­ne of the Church mit­tels E‑Mail an acquisti.​ossvanthuan@​gmail.​com für 16 Euro bezo­gen wer­den. Die Ver­sand­ko­sten über­nimmt das Observatory.

Text: Giu­sep­pe Nar­di
Bild: van​t​huan​ob​ser​va​to​ry​.com

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