Die katholischen Geheimgesellschaften (Teil 3)

Die Freundeskreise


Der ehrwürdige Pio Bruno Lanteri OMV (1759–1830) gehörte zu den treibenden Kräften der "Freundeskreise"
Der ehrwürdige Pio Bruno Lanteri OMV (1759–1830) gehörte zu den treibenden Kräften der "Freundeskreise"

Von Rober­to de Mattei*

Anzei­ge

Der Ein­fluß der katho­li­schen Geheim­ge­sell­schaf­ten war beson­ders bedeu­tend in den Jah­ren von 1780 bis 1814, einer düste­ren Epo­che, in der Jan­se­nis­mus, Gal­li­ka­nis­mus und Auf­klä­rung sich mit­ein­an­der ver­wo­ben und ihre Bemü­hun­gen, unter dem Schat­ten der Frei­mau­rer­lo­gen, zur Zer­stö­rung der reli­giö­sen und sozia­len Ord­nung des Chri­sten­tums beitrugen.

Ein her­aus­ra­gen­der Ver­tre­ter des katho­li­schen Wider­stands gegen die­sen Angriff war Pater Niko­laus Albert von Dies­bach (1732–1798), der zwi­schen 1779 und 1780 in Turin den Christ­li­chen Freun­des­kreis grün­de­te. Dabei han­del­te es sich um eine Ver­ei­ni­gung von Kle­ri­kern und Lai­en, die sich zum Ziel setz­te, dem revo­lu­tio­nä­ren Geist mit den­sel­ben Mit­teln zu begeg­nen: der Pres­se, durch die Ver­meh­rung und flä­chen­decken­de Ver­brei­tung guter Bücher, sowie dem Gehei­men, das dazu dien­te, ihre Mit­glie­der zu schüt­zen und in Demut zu bewah­ren. Die­se Geheim­hal­tung jedoch hat­te nichts mit dem der Frei­mau­rer zu tun, bei denen die höhe­ren Rän­ge den unte­ren die wah­ren Zie­le der Sek­te verschleiern.

Die Freun­des­krei­se ver­brei­te­ten sich rasch in Mai­land, Flo­renz, Frei­burg, Wien, Paris und bis nach War­schau und sam­mel­te in ihren Rei­hen Män­ner von For­mat wie Pater Pierre-Joseph Picot de Clo­ri­viè­re (1735–1820), künf­ti­ger Restau­ra­tor der Gesell­schaft Jesu in Frank­reich, den hei­li­gen Redempto­ri­sten Cle­mens Maria Hof­bau­er (1751–1820), Apo­stel von Wien, und den ehr­wür­di­gen Pio Bru­no­ne Lan­te­ri (1759–1830), der die Arbeit von Dies­bach im Pie­mont fortsetzte.

Niko­laus von Dies­bach war ein Schwei­zer Offi­zier und Ber­ner Patri­zi­er im Dienst des Königs von Sar­di­ni­en, der vom Cal­vi­nis­mus zur katho­li­schen Kir­che kon­ver­tier­te und in den Jesui­ten­or­den ein­trat, aber nach weni­gen Jah­ren das Dra­ma der Auf­lö­sung der Gesell­schaft Jesu erleb­te, die 1773 von Cle­mens XIV. auf­ge­ho­ben wur­de. Dies­bach, der drei Spra­chen flie­ßend beherrsch­te, die es ihm ermög­lich­ten, manch­mal am sel­ben Tag in ver­schie­de­nen Kir­chen auf ita­lie­nisch, fran­zö­sisch und deutsch zu pre­di­gen, nutz­te sei­ne weit­rei­chen­den inter­na­tio­na­len Bezie­hun­gen, um die Freun­des­krei­se zu ver­brei­ten, die das Erbe der Gesell­schaft vom hei­lig­sten Sakra­ment und der Aa fort­setz­ten, aber ihr öffent­li­ches Apo­sto­lat akzen­tu­ier­ten, vor allem intellektuell.

Ende Febru­ar 1782 rei­sten Dies­bach und Lan­te­ri nach Wien, dem Zen­trum vie­ler Häre­si­en, um mit Pre­dig­ten, Kon­tak­ten und der Ver­brei­tung von Bro­schü­ren die öster­rei­chi­schen Katho­li­ken auf Papst Pius VI. vor­zu­be­rei­ten, der dort am 22. März tri­um­phal emp­fan­gen wur­de. Auf der Rück­rei­se wur­de Lan­te­ri, der damals 23 Jah­re alt war, zum Prie­ster geweiht.

Wäh­rend Dies­bach in Wien wirk­te, wo er 1798 starb, fand sich Lan­te­ri an der Spit­ze der Freun­des­krei­se in Turin, die unter sei­ner Füh­rung die Jah­re der Ver­fol­gung über­stand, die von der fran­zö­si­schen Inva­si­on 1796 bis 1814 reich­ten, und ihren Cha­rak­ter als Zen­trum der Aus­strah­lung und dok­tri­nel­len Ori­en­tie­rung für das gan­ze Pie­mont bewahr­te. Der Kata­log der „guten Bücher“, die von den Freun­des­krei­sen ver­brei­tet wur­den, ist eine Zusam­men­fas­sung der katho­li­schen Pro­duk­ti­on bis zur Fran­zö­si­schen Revo­lu­ti­on in den ver­schie­de­nen Berei­chen der Theo­lo­gie, Moral, Phi­lo­so­phie, Geschich­te und Apo­loge­tik (La Biblio­te­ca del­le Amici­zie”. Reper­to­rio cri­ti­co del­la cul­tu­ra cat­to­li­ca nell’epoca del­la Rivo­lu­zi­o­ne 1770–1830, Biblio­po­lis, Nea­pel 2006).

Der jun­ge Prie­ster stand in Kon­takt mit Buch­händ­lern und Druckern in ganz Euro­pa und ver­brei­te­te Bro­schü­ren und Abhand­lun­gen, die von ihm oder sei­nen Mit­ar­bei­tern gegen die Feh­ler der Zeit, ins­be­son­de­re den Jan­se­nis­mus, gerich­tet waren, der als fünf­te Kolon­ne inner­halb der Kir­che wirk­te, indem er Bischofs­sit­ze, Uni­ver­si­täts­lehr­stüh­le, Pfarr­stel­len und Semi­na­re besetz­te. Ins­be­son­de­re stell­te Lan­te­ri dem Jan­se­nis­mus die mora­li­sche Leh­re des hei­li­gen Alfons Maria von Liguo­ri ent­ge­gen, des­sen Werk er als „eine Biblio­thek aller Moral­theo­lo­gen“ bezeich­ne­te. „Hal­tet euch an Liguo­ri“, sag­te er. „Wenn man den See­len Gutes tun will, müs­sen wir uns an die Leh­re die­ses Autors hal­ten; wir müs­sen uns in sei­nen Geist klei­den, wenn wir See­len zu Gott füh­ren wol­len. Oh, geseg­net sei die Leh­re die­ses Bischofs, und geseg­net sei der Herr, der uns in die­ser Zeit einen Mann gege­ben hat, der so sehr nach sei­nem Her­zen ist!“

Lan­te­ri kämpf­te auch kräf­tig gegen den von Napo­le­on geför­der­ten Gal­li­ka­nis­mus nicht nur durch pole­mi­sche Schrif­ten, son­dern auch durch per­sön­li­ches Enga­ge­ment, wie bei der Orga­ni­sa­ti­on der Hil­fe, die er für Papst Pius VII. anbot, der von Bona­par­te depor­tiert wor­den war, weil er sich gewei­gert hat­te, die Kir­che unter die stren­ge Kon­trol­le von des­sen Impe­ri­um zu stel­len. Am 10. Juni 1809 hat­te Pius VII. die Exkom­mu­ni­ka­ti­ons­bul­le gegen Napo­le­on, Quam memo­ran­da, erlas­sen. Am 6. Juli begann sei­ne Gefan­gen­schaft in Savo­na. Doch von Paris über Lyon, Turin, Mon­do­vì bis nach Savo­na hat­te sich eine unsicht­ba­re Ket­te gebil­det, durch die die Mit­glie­der der Ver­ei­ni­gung, ins­be­son­de­re die Lai­en, die die aktiv­sten Zen­tren des katho­li­schen Wider­stands bil­de­ten, es schaff­ten, die Bul­le durch das stren­ge napo­leo­ni­sche Kon­troll­netz zu schmug­geln und in Paris zu verbreiten.

Nach der Restau­rie­rung 1814 nah­men die Freun­des­krei­se unter der Lei­tung von Lan­te­ri ihre Arbeit unter dem Namen Katho­li­sche Freun­des­krei­se wie­der auf. Die Ver­ei­ni­gung erwei­ter­te ihre Mit­glie­der­zahl, ver­stärk­te ihren lai­zi­sti­schen Cha­rak­ter und vor allem wur­de die Geheim­hal­tung abge­schafft, die durch das neue poli­ti­sche und reli­giö­se Kli­ma nicht mehr gerecht­fer­tigt war. Die Ver­samm­lun­gen fan­den im Palast des Mark­gra­fen Cesa­re d’Azeglio statt, des Vaters des bekann­te­ren Mas­si­mo Tapa­rel­li d’Azeglio und des Jesui­ten­phi­lo­so­phen Lui­gi Tapa­rel­li d’Azeglio. In den letz­ten drei Jah­ren sei­nes Lebens in Turin ver­öf­fent­lich­te ein wei­te­res bedeu­ten­des Mit­glied der Ver­ei­ni­gung, Graf Joseph de Maist­re, Wer­ke wie Les Soi­rées de Saint-Peters­bourg, L’Eglise gal­li­ca­ne und Du Pape, die von dem Katho­li­schen Freun­des­kreis weit ver­brei­tet wurden.

Wenn man auf die Ursprün­ge der Aa zurück­blickt, so bezie­hen sich bedeu­ten­de Per­sön­lich­kei­ten wie der seli­ge Guil­laume-Joseph de Cha­mi­na­de, Grün­der der Maria­ni­sten, der hei­li­ge Eugè­ne de Mazen­od, Grün­der der Obla­ten der Unbe­fleck­ten Jung­frau Maria, und der ehr­wür­di­ge Jean Clau­de Colin, Grün­der der Mari­sten, auf das Werk von Niko­laus Albert von Dies­bach und Pio Bru­no­ne Lan­te­ri. Aus ihrer Arbeit stammt ein rei­cher Strang der pie­mon­te­si­schen Spi­ri­tua­li­tät, der sich durch den seli­gen Fran­ces­co Faà di Bru­no, des­sen Mut­ter Enke­lin eines Mit­glieds der Freun­des­krei­se war, den hei­li­gen Leo­nar­do Muri­al­do, des­sen Vater, Fran­ces­co, eben­falls Mit­glied der Ver­ei­ni­gung war, bis hin zum Kano­ni­kus Giu­sep­pe All­ama­no, Enkel des hei­li­gen Giu­sep­pe Cafas­so und Schü­ler von Don Bos­co, fort­setzt. Alle die­se Per­sön­lich­kei­ten wur­den im Gei­ste der Freun­des­krei­se aus­ge­bil­det.

*Rober­to de Mat­tei, Histo­ri­ker, Vater von fünf Kin­dern, Pro­fes­sor für Neue­re Geschich­te und Geschich­te des Chri­sten­tums an der Euro­päi­schen Uni­ver­si­tät Rom, Vor­sit­zen­der der Stif­tung Lepan­to, Autor zahl­rei­cher Bücher, zuletzt in deut­scher Über­set­zung: Ver­tei­di­gung der Tra­di­ti­on: Die unüber­wind­ba­re Wahr­heit Chri­sti, mit einem Vor­wort von Mar­tin Mose­bach, Alt­öt­ting 2017, und Das Zwei­te Vati­ka­ni­sche Kon­zil. Eine bis­lang unge­schrie­be­ne Geschich­te, 2. erw. Aus­ga­be, Bobin­gen 2011.
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Über­set­zung: Giu­sep­pe Nar­di
Bild: Cor­ri­spon­den­za Romana

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