Zum 150. Jahrestag des Martyriums von Gabriel García Moreno, Präsident von Ecuador

Die Ermordung eines katholischen Präsidenten


Der Ort in der Kathedrale von Quito, an dem Präsident Gabriel García Moreno den Verletzungen des Mordanschlags erlegen ist.
Der Ort in der Kathedrale von Quito, an dem Präsident Gabriel García Moreno den Verletzungen des Mordanschlags erlegen ist.


Der inter­na­tio­nal bekann­te Ver­tre­ter der Tra­di­ti­on Peter Kwas­niew­ski befaß­te sich auf New Lit­ur­gi­cal Move­ment mit der Gestalt des ecua­do­ria­ni­schen Prä­si­den­ten Gar­cía Moreno, der – wie in Ame­ri­ka üblich – das Amt des Staats­prä­si­den­ten und des Regie­rungs­chefs in sei­ner Per­son vereinte. 

Anzei­ge

Von Peter Kwasniewski*

Vor 150 Jah­ren, am 6. August 1875, wur­de der gro­ße ecua­do­ria­ni­sche Prä­si­dent Gabri­el Gar­cía Moreno ermor­det – mög­li­cher­wei­se der bedeu­tend­ste katho­li­sche Poli­ti­ker der Neu­zeit und der­je­ni­ge, der das sozia­le König­tum Jesu Chri­sti am voll­kom­men­sten bezeug­te. Er fiel auf den Stu­fen der Kathe­dra­le von Qui­to, der Haupt­stadt Ecua­dors, einem Atten­tat zum Opfer. Trotz vie­ler „libe­ra­li­sie­ren­der“ Refor­men für sein Land war sein gegen­re­vo­lu­tio­nä­rer Kon­ser­va­tis­mus ein stän­di­ger Dorn im Auge der anti­kle­ri­ka­len und frei­mau­re­ri­schen Kräf­te, die sei­nen Tod planten.

Die beste Dar­stel­lung von Gar­cía Morenos Leben im Inter­net stammt von Gary Pot­ter und ist unter ande­rem auf FishEa­ters zu fin­den. Pot­ters Bericht stützt sich auf die klas­si­sche Bio­gra­phie von Pater Augu­sti­ne Ber­the CSsR. Daß der Prä­si­dent ein hei­lig­mä­ßi­ger Katho­lik war, läßt sich schwer­lich bestrei­ten. Beson­ders her­vor­zu­he­ben ist die zen­tra­le Rol­le, die die Hei­li­ge Mes­se in sei­nem Leben spielte. 

Pater Ber­the schreibt: „Nicht nur fürch­te­te er den Tod nicht, son­dern wie die Mär­ty­rer ersehn­te er ihn aus Lie­be zu Gott. Wie oft schrieb und sprach er die Wor­te: ‘Welch Glück und Ehre für mich, wenn ich dazu beru­fen wür­de, mein Blut für Jesus Chri­stus und sei­ne Kir­che zu vergießen.’“

Hat er das ernst gemeint? War er wirk­lich ver­wan­delt, wirk­lich bekehrt, als er die Wege sei­ner Jugend ver­ließ und zum Glau­ben zurück­kehr­te? Wir haben gehört, wel­che Geset­ze er im Sin­ne der Kir­che und des Glau­bens durch­setz­te. Ergän­zend sei hin­zu­ge­fügt, daß er täg­lich die Mes­se besuch­te, täg­lich den Rosen­kranz bete­te und täg­lich eine hal­be Stun­de medi­tier­te. War das alles auf­rich­tig, oder doch nur ein Schau­spiel – eine Art frü­he PR-Kam­pa­gne, noch bevor es PR gab? Wenn man ihn jeden Mor­gen in der Mes­se sah – war das bloß das Foto­ter­min-Äqui­va­lent der 1870er Jahre?

Pater Ber­the zitiert ihn auch zur Fra­ge der Heu­che­lei, als ihm die­se vor­ge­wor­fen wur­de, weil er öffent­lich sei­nen Glau­ben leb­te. Gar­cía Moreno entgegnete: 

„Heu­che­lei besteht dar­in, anders zu han­deln, als man glaubt. Wah­re Heuch­ler sind also die Men­schen, die den Glau­ben haben, aber aus Men­schen­furcht nicht den Mut, ihn in die Tat umzusetzen.“

Falls das noch nicht Ant­wort genug ist, läßt sich auch ander­wei­tig nach­wei­sen, daß der pri­va­te und der öffent­li­che Mensch Gar­cía Moreno über­ein­stimm­ten. Kein Beweis ist kla­rer als die Regel, die er sich selbst in sein Exem­plar der Nach­fol­ge Chri­sti schrieb. Man muß beden­ken: Er wuß­te am 6. August 1875 nicht, daß der Tod ihn vor der Kathe­dra­le erwar­te­te, noch daß man die­ses Buch spä­ter in sei­ner Tasche fin­den wür­de. Hier ist sei­ne per­sön­li­che Regel in vol­ler Länge:

„Jeden Mor­gen beim Gebet wer­de ich beson­ders um die Tugend der Demut bitten.

Ich wer­de täg­lich die Mes­se hören, den Rosen­kranz beten und neben einem Kapi­tel der Nach­fol­ge Chri­sti die­se Regel sowie die bei­gefüg­ten Anwei­sun­gen lesen.

Ich wer­de mich bemü­hen, mich so oft wie mög­lich in der Gegen­wart Got­tes zu hal­ten, beson­ders im Gespräch, um kei­ne unnüt­zen Wor­te zu spre­chen. Ich wer­de mein Herz unab­läs­sig Gott auf­op­fern, vor allem, bevor ich eine Hand­lung beginne.

Ich wer­de mir stän­dig sagen: Ich bin schlim­mer als ein Dämon und ver­die­ne es, daß die Höl­le mein Auf­ent­halts­ort sei. Wenn ich ver­sucht wer­de, wer­de ich hin­zu­fü­gen: Was wer­de ich in mei­ner Todes­stun­de über dies denken?

In mei­nem Zim­mer wer­de ich nie­mals im Sit­zen beten, wenn ich auf den Knien oder ste­hend beten kann. Ich wer­de täg­lich klei­ne Akte der Demut üben, wie etwa das Küs­sen des Bodens. Ich wer­de mir alle Arten von Demü­ti­gun­gen wün­schen, dabei jedoch dar­auf ach­ten, sie nicht zu ver­die­nen. Ich wer­de mich freu­en, wenn mei­ne Hand­lun­gen oder mei­ne Per­son kri­ti­siert oder ver­ach­tet werden.

Ich wer­de nie über mich selbst spre­chen, es sei denn, um mei­ne Feh­ler oder Schwä­chen zu bekennen.

Ich wer­de mich bemü­hen, durch das Geden­ken an Jesus und Maria mei­ne Unge­duld zu zügeln und mei­nen natür­li­chen Nei­gun­gen zu wider­spre­chen. Ich wer­de gedul­dig und freund­lich sein, selbst gegen­über Men­schen, die mich lang­wei­len. Ich wer­de nie­mals schlecht über mei­ne Fein­de sprechen.

Jeden Mor­gen, bevor ich mit der Arbeit begin­ne, wer­de ich notie­ren, was ich zu tun habe, dabei sehr dar­auf ach­ten, mei­ne Zeit gut ein­zu­tei­len, mich nur mit nütz­li­chen und not­wen­di­gen Din­gen zu befas­sen und sie mit Eifer und Aus­dau­er aus­zu­füh­ren. Ich wer­de die Geset­ze von Gerech­tig­keit und Wahr­heit gewis­sen­haft beach­ten und in all mei­nem Tun nur die grö­ße­re Ehre Got­tes zum Ziel haben.

Ich wer­de zwei­mal täg­lich eine beson­de­re Gewis­sens­er­for­schung über die Übung der ver­schie­de­nen Tugen­den vor­neh­men und jeden Abend eine all­ge­mei­ne. Ich wer­de wöchent­lich beichten.

Ich wer­de jede Ver­trau­lich­keit mei­den, selbst die unschul­dig­ste, wie es die Klug­heit gebie­tet. Ich wer­de nie­mals mehr als eine Stun­de für Ver­gnü­gun­gen auf­wen­den und im all­ge­mei­nen nicht vor acht Uhr abends.“

Eine Sta­tue zu Ehren von Gar­cía Moreno befin­det sich in der Basí­li­ca del Voto Nacio­nal in Ecuador.

Ein ande­rer Autor, Joseph Slad­ky, lie­fert wei­te­re Ein­zel­hei­ten über sei­nen Tages­ab­lauf – ein Rhyth­mus, der man­chen moder­nen akti­ven oder kon­tem­pla­ti­ven Orden beschä­men würde:

Auch sei­ne Lebens­re­gel als Prä­si­dent bezeugt die Stren­ge sei­nes täg­li­chen Lebens­wan­dels. Er stand um 5:00 Uhr auf, ging um 6:00 Uhr zur Kir­che, hör­te die Mes­se und hielt sei­ne Medi­ta­ti­on. Um 7:00 Uhr besuch­te er Kran­ke im Kran­ken­haus, danach arbei­te­te er in sei­nem Büro bis 10:00 Uhr. Nach einem ein­fa­chen Früh­stück arbei­te­te er mit sei­nen Mini­stern bis 15:00 Uhr. Nach dem Abend­essen um 16:00 Uhr erle­dig­te er not­wen­di­ge Besu­che und schlich­te­te Strei­tig­kei­ten. Um 18:00 Uhr kehr­te er nach Hau­se zurück, um Zeit mit sei­ner Fami­lie zu ver­brin­gen, bis 21:00 Uhr. Wäh­rend ande­re sich aus­ruh­ten oder Ver­gnü­gun­gen nach­gin­gen, arbei­te­te er in sei­nem Büro wei­ter – bis 23:00 Uhr oder Mitternacht.

Pot­ter fährt mit Ein­zel­hei­ten zu sei­nem Tod fort:

Die medi­zi­ni­sche Unter­su­chung nach sei­ner Ermor­dung ergab, daß Gar­cía Moreno von sechs Schüs­sen und von vier­zehn Mache­ten-Hie­ben getrof­fen wur­de. Einer der Mache­ten­hie­be spal­te­te sein Gehirn.

Unglaub­li­cher­wei­se starb er nicht sofort. Als die Prie­ster der Kathe­dra­le ihn erreich­ten, atme­te er noch. Man trug ihn zurück in die Kir­che und leg­te ihn zu Füßen einer Sta­tue Unse­rer Lie­ben Frau der sie­ben Schmer­zen. Ein Arzt wur­de geru­fen, konn­te aber nichts mehr tun. Einer der Prie­ster for­der­te ihn auf, sei­nen Mör­dern zu ver­ge­ben. Er konn­te nicht mehr spre­chen, aber sein Blick sag­te, daß er bereits ver­ge­ben hat­te. Die Letz­te Ölung wur­de gespen­det. Fünf­zehn Minu­ten spä­ter starb er – in der Kathedrale.

Der ermor­de­te Gar­cía Moreno in der Kathe­dra­le von Quito

Der genaue Ort, an dem Gar­cía Moreno sei­ne See­le Gott über­gab, ist in der Kathe­dra­le von Qui­to gekennzeichnet.

Slad­ky bemerkt, daß der von den Anar­chi­sten erhoff­te Auf­stand nach dem Mord aus­blieb – der Prä­si­dent war zu beliebt.

Nach der Ermor­dung Gar­cía Morenos ver­sank ganz Qui­to in Trau­er, die Glocken läu­te­ten unun­ter­bro­chen. Die Ver­schwö­rer hat­ten gehofft, das Atten­tat wür­de eine Revo­lu­ti­on aus­lö­sen. Sie wur­den ent­täuscht. Drei Tage lang, wäh­rend Morenos Leich­nam in der Kathe­dra­le auf­ge­bahrt war, kamen Tau­sen­de wei­nen­der Men­schen, um dem Mann die letz­te Ehre zu erwei­sen, der so viel für ihr Land getan hat­te. In der Sit­zung vom 16. Sep­tem­ber 1875 ver­ab­schie­de­te der ecua­do­ria­ni­sche Natio­nal­kon­greß ein Dekret, in dem Gar­cía Moreno als „Erneue­rer sei­nes Vater­lan­des und Mär­ty­rer der katho­li­schen Zivi­li­sa­ti­on“ geehrt wurde.

Zum 100. Geburts­tag Gar­cía Morenos im Jahr 1921 ver­faß­te ein Dich­ter fol­gen­de tref­fen­de Zeilen:

Der ewi­ge Lauf der Zeit
Hat dei­nen Ruhm nicht aus­ge­löscht,
Und nie­mals wird in Ewig­keit
Dein strah­lend hohes Lebens­licht
Von Fin­ster­nis nie zugedeckt.

Lei­der ist es wohl rea­li­stisch zu sagen, daß Gar­cía Moreno, selbst wenn er in jeder Hin­sicht zur Selig­spre­chung geeig­net wäre (und ich glau­be das auf­grund einer objek­ti­ven Bewer­tung sei­nes Lebens), heu­te als zu sehr „aus der Linie“ des Zwei­ten Vati­ka­ni­schen Kon­zils gel­ten wür­de – etwa gegen­über Dignita­tis Hum­a­nae, Gau­di­um et Spes und ande­ren. Er ist ein Prä­si­dent von Doku­men­ten wie Immor­ta­le Dei und Quas Pri­mas, die heu­te kaum noch Beach­tung fin­den. Doch viel­leicht wird auch das eines Tages anders sein.

Denn Gar­cía Morenos letz­te Wor­te waren: „Gott stirbt nicht“. Und eben­so stirbt die Wahr­heit nicht – die Wahr­heit von der Vor­rang­stel­lung des Gei­sti­gen und Über­na­tür­li­chen vor dem Zeit­li­chen und Natür­li­chen, ohne die Letz­te­res ver­dorrt und stirbt.

*Dr. Peter Kwas­niew­ski gra­du­ier­te am Tho­mas Aqui­nas Col­lege und an der Catho­lic Uni­ver­si­ty of Ame­ri­ca. Er lehr­te am Inter­na­tio­nal Theo­lo­gi­cal Insti­tu­te in Gam­ing (Öster­reich), am Öster­reich-Pro­gramm der Fran­ciscan Uni­ver­si­ty of Steu­ben­ville und am Wyo­ming Catho­lic Col­lege, des­sen Mit­grün­der er 2006 war. Heu­te ist er frei­er Publi­zist und Vor­tra­gen­der zu The­men des tra­di­tio­nel­len katho­li­schen Glau­bens. Sei­ne Bei­trä­ge erschei­nen im Inter­net unter ande­rem auf One­Pe­ter­Fi­ve, New Lit­ur­gi­cal Move­ment, Life­Si­teNews, The Rem­nant, und Catho­lic Fami­ly News. Er ver­faß­te zahl­rei­che Bücher, unter ihnen Reclai­ming Our Roman Catho­lic Bir­th­right: The Geni­us and Time­liness of the Tra­di­tio­nal Latin Mass (Ange­li­co, 2020), The Ecsta­sy of Love in the Thought of Tho­mas Aqui­nas (Emma­us, 2021) und Are Cano­nizati­ons Infal­lible? Revi­si­ting a Dis­pu­ted Que­sti­on (Arou­ca, 2021). Sei­ne Bücher wur­den in min­de­stens acht­zehn Spra­chen über­setzt. In deut­scher Spra­che liegt vor: Neu­an­fang inmit­ten der Kri­se. Die hei­li­ge Lit­ur­gie, die tra­di­tio­nel­le latei­ni­sche Mes­se und die Erneue­rung in der Kir­che (Una Voce, 2017). Sei­ne Netz­sei­te ist www​.peterk​was​niew​ski​.com.

Nachtrag von Giuseppe Nardi:

Die Stim­mung war selbst Jah­re nach der Ermor­dung Gabri­el Gar­cía Morenos so feind­se­lig und mit Haß gegen den Mär­ty­rer-Prä­si­den­ten und die Kir­che erfüllt, daß Morenos Fami­lie befürch­te­te, fana­ti­sche Anhän­ger der Radi­kal­li­be­ra­len könn­ten sein Grab schän­den. Als Urhe­ber der Ermor­dung stan­den ohne­hin die Frei­mau­rer im Ver­dacht, deren Akti­vi­tä­ten Moreno wäh­rend sei­ner Amts­zeit ver­bo­ten hatte.

In der Nacht des 27. März 1883 wur­de Morenos Leich­nam und eine Scha­tul­le samt Glas­ge­fäß mit sei­nem ein­bal­sa­mier­ten Her­zen von Freun­den aus der Kathe­dra­le geschmug­gelt und in das Haus sei­ner Schwie­ger­mut­ter gebracht. Die sterb­li­chen Über­re­ste wur­den dort in einen neu­en Sarg gelegt und mit den gel­ben Buch­sta­ben GGM gekenn­zeich­net und anschlie­ßend an einen gehei­men Ort gebracht. Nur ganz weni­ge Gefähr­ten und Prie­ster kann­ten den Aufenthaltsort. 

Als 1973 durch Ver­tre­ter der Kon­ser­va­ti­ven Par­tei, der Moreno ange­hört hat­te, die Vor­be­rei­tun­gen zum Geden­ken an Morenos 100. Todes­tag began­nen, wur­de auf Anre­gung von Fran­cis­co Sala­zar, Mit­glied des Vor­be­rei­tungs­ko­mi­tees, der Ent­schluß gefaßt, die sterb­li­chen Über­re­ste, deren Auf­be­wah­rungs­ort unbe­kannt war, zu suchen und wür­dig zu bestat­ten. Zwei Jah­ren soll­te es dau­ern, bis aus­rei­chend Infor­ma­tio­nen gesam­melt waren, um im März 1975 die Suche kon­kret anzu­ge­hen. Sala­zars Vor­ar­beit mach­te es mög­lich, die Suche auf zwei Klö­ster ein­zu­schrän­ken, vor allem die Kir­che des Klo­sters der Schwe­stern vom Guten Hir­ten, die Moreno wäh­rend sei­ner Prä­si­dent­schaft aus Frank­reich nach Ecua­dor geholt hat­te, um gefal­le­nen jun­gen Frau­en zu hel­fen, und die Kir­che des bereits 1592 gegrün­de­ten Domi­ni­ka­ne­rin­nen­klo­sters von Qui­to, die der hei­li­gen Katha­ri­na geweiht ist. 

Am 8. April betrat Sala­zar mit der Mut­ter Obe­rin und Arbei­tern die Kir­che der Schwe­stern vom Guten Hir­ten. Auf­grund der gesam­mel­ten Hin­wei­se begann man die Pfei­ler nach Hohl­räu­men abzu­klop­fen. Im unte­ren Chor wur­de ein sol­cher gefun­den. Dar­in wur­de eine Holz­ki­ste ent­deckt, aller­dings nicht mit der erwar­te­ten Auf­schrift. Viel­mehr stand geschrie­ben: „21. Febru­ar 1913, das Herz des Erz­bi­schofs von Qui­to, Sei­ner Exzel­lenz Igna­cio Che­ca“. In der Kiste befand sich auch ein Glas­be­häl­ter mit dem ein­bal­sa­mier­ten Herz des ver­gif­te­ten Erz­bi­schofs. Die Ver­fär­bung des Her­zens zeig­te die Ver­gif­tung an.

Msgr. José Igna­cio Che­ca y Bar­ba war 1868 gegen den Wil­len Morenos Erz­bi­schof von Qui­to und Pri­mas von Ecua­dor gewor­den. Che­ca galt als einer der füh­ren­den Kri­ti­ker Morenos und unter­stütz­te im Wahl­kampf des­sen libe­ra­len Gegen­spie­ler. Aus dem Macht­kampf nach Morenos Ermor­dung ging mit Hil­fe eines Staats­strei­ches der Radi­kal­li­be­ra­le Igna­cio de Vein­te­mil­la als Sie­ger hevor. Msgr. Che­ca war seit Jugend­jah­ren mit ihm befreun­det. Als Vein­te­mil­la jedoch sei­ne Kon­trol­le über den Kle­rus und die Kir­che ver­schärf­te, kam es zum Bruch. Der Dik­ta­tor setz­te das von Moreno aus­ge­han­del­te Kon­kor­dat außer Kraft und ließ meh­re­re Prie­ster verhaften. 

Am Kar­frei­tag 1877 zele­brier­te der Erz­bi­schof in der Kathe­dra­le. Laut Zeu­gen­aus­sa­gen beklag­te sich der Pri­mas über den Meß­wein. Wie damals für Pon­ti­fi­kal­äm­ter an Hoch­fe­sten üblich, hat­te der Sakri­stan Don José María Gon­za­lez zuvor die Prae­gu­sta­tio voll­zo­gen. Nach der Zere­mo­nie begab sich der Prä­lat in die bischöf­li­che Resi­denz, um zusam­men mit den Dom­her­ren das Ende der Fasten­zeit zu voll­zie­hen. Noch am sel­ben Abend brach der Erz­bi­schof zusam­men mit den Wor­ten: „Man hat mich ver­gif­tet“. Da sich zeit­gleich beim Sakri­stan die glei­chen Sym­pto­me zeig­ten, bestand kein Zwei­fel. Der Erz­bi­schof ver­starb nach zwei­stün­di­ger grau­sa­mer Ago­nie. Die unter­su­chen­den Ärz­te stell­ten eine Strych­nin-Ver­gif­tung fest.

Der Ver­dacht fiel schnell auf Dik­ta­tor Vein­te­mil­la, des­sen Frei­mau­rer-Mit­glied­schaft nicht gesi­chert war, der jedoch Morenos Ver­bo­te gegen die Frei­mau­rer besei­tigt und der Frei­mau­re­rei frei­en Spiel­raum ver­schafft hat­te. Vein­te­mil­la lenk­te die Ermitt­lun­gen auf die Dom­her­ren und ande­re Kir­chen­die­ner. Die­se wur­den jedoch der Rei­he nach aus Man­gel an Bewei­sen ent­la­stet. Das Ver­bre­chen blieb unauf­ge­klärt. Das Herz als Beweis­stück der Mord­tat wur­de aus Sicher­heits­grün­den den Schwe­stern vom Guten Hir­ten zur gehei­men Auf­be­wah­rung anver­traut. Msgr. Che­ca war den Kräf­ten erle­gen, die er gegen Prä­si­dent Moreno selbst geför­dert hatte.

Das auf­ge­fun­de­ne Doku­ment aus dem Jahr 1913 stamm­te vom dama­li­gen Erz­bi­schof Feder­i­co Gon­zá­lez Suá­rez, der den Zustand des Her­zens und die Ereig­nis­se rund um den Tod sei­nes Vor­gän­gers beschrieb.

1975 muß­te die Suche nach den sterb­li­chen Über­re­sten Morenos also an ande­rer Stel­le wei­ter­ge­hen. In der Domi­ni­ka­ne­rin­nen­kir­che wur­de in einer Säu­le ein ver­gleich­ba­rer Hohl­raum ent­deckt und auch dar­in eine Holz­ki­ste mit sterb­li­chen Über­re­sten gefun­den. Auf die­ser stand geschrie­ben: „21. Febru­ar 1913. Herz des illu­stren Dom G. Gar­cía Moreno“. In einem Glas­be­häl­ter befand sich das Herz und eben­falls ein von Erz­bi­schof Gon­zá­lez Suá­rez unter­zeich­ne­tes Doku­ment. Dar­in erteil­te er der Obe­rin des Domi­ni­ka­ne­rin­nen­klo­sters den Auf­trag, das Herz an einem gehei­men Ort zu ver­stecken. Die­se Anwei­sung erfolg­te fast 40 Jah­re nach der Ermor­dung Morenos. Noch immer wur­den extre­me Sicher­heits­maß­nah­men für not­wen­dig erach­tet, was ein bezeich­nen­des Licht auf die tur­bu­len­te, kir­chen­feind­li­che Zeit in der Geschich­te Ecua­dors wirft.

Anhand von DNA-Ana­ly­se und foren­si­scher Über­prü­fun­gen, dar­un­ter der Abgleich der Schuß- und Mache­ten­wun­den, wur­de zwei­fels­frei fest­ge­stellt, daß es sich um die sterb­li­chen Über­re­ste des ermor­de­ten Prä­si­den­ten handelt. 

Am 6. August 1975, dem hun­der­sten Todes­tag von Gabri­el Gar­cía Moreno, wur­den sei­ne Über­re­ste fei­er­lich von der Katha­ri­nen­kir­che in die Kathe­dra­le über­ge­führt. Dort wur­den sie in einer Nische links vom Haupt­al­tar bei­gesetzt und ihm ein Schau­grab errichtet. 

Grab­denk­mal von Gar­cía Moreno in der Kathe­dra­le von Quito

Übersetzung/​Nachtrag: Giu­sep­pe Nar­di
Bild: NLM

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1 Kommentar

  1. Dass die Kir­che nicht an eine Kano­ni­sie­rung denkt, könn­te an einer grau­sa­men Kriegs­füh­rung und ent­ge­gen einem ver­fas­sungs­recht­li­chen Ver­bot ver­häng­ten Todes­stra­fen liegen.

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