Die Synodalität als letzte Maske des pseudorömischen Papstzentrismus

Ein Zwischenruf


Kritik am absolutistischen Verständnis des Papsttums der vergangenen 150 Jahre
Kritik am absolutistischen Verständnis des Papsttums der vergangenen 150 Jahre

Der Spa­ni­er Eck und der Argen­ti­ni­er Cami­nan­te Wan­de­rer dis­pu­tie­ren über das Papst­ver­ständ­nis der letz­ten 150 Jah­re. Das Pon­ti­fi­kat von Fran­zis­kus hat in bis­her betont papst­treu­en Krei­sen ein durch berg­o­glia­ni­sche Irri­ta­tio­nen aus­ge­lö­stes Über­den­ken der bis­he­ri­gen Posi­tio­nen zum Papst­tum aus­ge­löst. Wir doku­men­tie­ren den Auf­takt mit einem Zwi­schen­ruf von Eck.

Die Synodalität als letzte Maske des pseudorömischen Papstzentrismus

Anzei­ge

Von Eck*

Es kann nicht oft genug betont wer­den, daß die von Gott ein­ge­setz­te Hier­ar­chie mon­ar­chisch ist. In die­sem Licht betrach­tet stel­len alle syn­oda­len Expe­ri­men­te, die in den ver­gan­ge­nen Jah­ren begon­nen wur­den, die größ­te Gefahr für die päpst­li­che Auto­ri­tät dar. Denn jede Form der Demo­kra­ti­sie­rung der Hier­ar­chie ist abso­lut aus­ge­schlos­sen. Wie könn­te es anders sein, wenn uns die gan­ze Offen­ba­rungs­leh­re vom abso­lu­ten Mon­ar­chen der Schöp­fung spricht: Gott?
(Robert Lazu Kmi­ta, PhD)

Ich kann nur Zunei­gung emp­fin­den, wenn ein US-Ame­ri­ka­ner zum Mon­ar­chi­sten wird. Daß ein Volk, das seit König Georg III. weder Köni­ge kennt noch eine Regie­rungs­form, die mit einer Mon­ar­chie ver­gleich­bar ist, und des­sen Vor­fah­ren vor den gekrön­ten Häup­tern Euro­pas wie vor der Pest geflo­hen sind, uns nun von den Tugen­den einer guten könig­li­chen Regie­rung erzählt, amü­siert mich sehr, wirk­lich sehr – vor allem, wenn ich dar­an den­ke, daß mein Hei­mat­land seit dem Jahr 589 weni­ger als drei­ßig Jah­re ohne Köni­ge gelebt hat… Wir wis­sen also ein wenig über die Vor- und Nach­tei­le Bescheid, und das ganz ohne zu viel vik­to­ria­ni­sche Mit­tel­al­ter­ro­man­tik. Es ist also schön, daß jemand, der eine repu­bli­ka­ni­sche Regie­rung genießt, sich nach fer­nen Kro­nen, Zep­tern, Her­me­lin­män­teln und Dia­de­men sehnt, nach den hei­li­gen Lud­wigs, Hein­richs und Fer­di­nands, aber dabei ver­gißt, daß es auch Hein­rich VIII., Gustav I. oder Fried­ri­che gab.

Aber zu sagen, daß wir die abso­lu­te Mon­ar­chie Got­tes in der Kir­che eins zu eins nach­ah­men müs­sen, ist schlicht lächer­lich… Ein wenig apo­phan­ti­sti­sche Theo­lo­gie wür­de uns hier nicht scha­den. Und was die Offen­ba­rungs­leh­re betrifft, die uns sagt, was sie uns sagt… Nun, das Pro­blem mit all die­sen Mei­nun­gen ist, daß der Schöp­fer viel selt­sa­mer ist, als wir ver­mu­ten oder glau­ben. Er mag der abso­lu­te Mon­arch der Schöp­fung sein, obwohl es manch­mal nicht so aus­sieht, wenn man betrach­tet, wie er das Uni­ver­sum regiert, aber in mensch­li­chen Ange­le­gen­hei­ten… Nun, als er sich äußern muß­te, wel­ches poli­ti­sche System er bevor­zug­te, erwies sich der Höch­ste als Anar­chist, nicht als theo­kra­tisch, son­dern als theo-anar­chi­stisch… Wenn die Leu­te aus der Rei­he tanz­ten oder die Nach­barn zu auf­dring­lich wur­den, wür­de er einen Rich­ter schicken, um etwas Ord­nung zu schaf­fen, und Frie­den und danach Ruhm. Tat­säch­lich gibt es einen klei­nen bibli­schen Text, den, oh Zufall, die mei­sten Mit­tel­al­ter-Mon­ar­chi­sten, die sich auf die Mon­ar­chie stüt­zen, ver­ges­sen haben – und immer noch ver­ges­sen –, in dem der Pro­phet Samu­el die Mon­ar­chie als unpas­send dar­stellt… Aber unser The­ma ist jetzt nicht die Mon­ar­chie als idea­le Regie­rungs­form für Staat und Kir­che, son­dern etwas Boden­stän­di­ge­res, etwas All­täg­li­che­res. Was ist die wah­re gegen­wär­ti­ge Regie­rung der Kirche?

Die real existierende Regierung der heutigen Kirche

Ich muß es sagen: Nie­mals hat die Kir­che eine so mon­ar­chi­sche, abso­lu­ti­sti­sche und tota­li­tä­re Regie­rung gehabt wie die heu­ti­ge, in allen ihren Ebe­nen und Gra­den, beglei­tet von per­fi­den Recht­fer­ti­gun­gen. Fran­zis­kus war das Para­de­bei­spiel, und sogar sei­ne wider­sprüch­li­chen Ent­schei­dun­gen zei­gen, daß er abso­lut war – und er mach­te dies absicht­lich, um es für alle öffent­lich zu machen, vor allem für sei­ne Anhänger… 

Es ist ein Witz, daß man zu den Waf­fen ruft und „Alarm“ schreit, um die päpst­li­che Macht vor dem Dämon der „Demo­kra­ti­sie­rung“ zu schüt­zen, die von den Syn­oden aus­ge­he, die seit den apo­sto­li­schen Ursprün­gen eben­so alt wie wich­tig sind, wäh­rend der größ­te Ver­fech­ter der Syn­oda­li­tät, der Papst selbst, sich in das Gesche­hen ein­misch­te, um sogar zu ent­schei­den, was in den Pfarr­nach­rich­ten ver­öf­fent­licht wer­den soll­te oder nicht. Was kann man über die Zei­ten sagen, als das gesam­te Volk und der Kle­rus die Päp­ste, Bischö­fe und Prie­ster wähl­ten? Moder­ni­sti­sches hor­res­co refe­rens. Aber genau so wur­den der hei­li­ge Ambro­si­us und der hei­li­ge Augu­sti­nus tumul­tua­risch gewählt. Was wäre zu sagen über die epi­schen und jahr­hun­der­te­lan­gen Kämp­fe zwi­schen Bischö­fen und Kapi­teln? In Spa­ni­en waren es die von Sevil­la, Tole­do oder Com­po­ste­la, die ziem­lich krie­ge­risch und ver­samm­lungs­lu­stig waren. Oder über Kon­zi­li­en und Päp­ste mit Ver­ur­tei­lun­gen gegen Hono­ri­us, oder als sich die Dör­fer wegen theo­lo­gi­scher Strei­tig­kei­ten in Lager spal­te­ten: in Aria­ner und Ortho­do­xe, Mono­phy­si­ten und Chal­ce­do­ni­er, usw.? Laßt es die grie­chi­schen Väter sagen, die sich beklag­ten, daß Markt­frau­en auf dem Markt über die Natur des Logos stritten…

Es gibt hier viel Ver­wir­rung und vie­le Fal­len: von der mecha­ni­sti­schen und ato­mi­sti­schen Tren­nung des Cor­pus Mysti­cum der Kir­che in ant­ago­ni­sti­sche Klas­sen (oh, Gei­ster von Marx!) – Kle­rus gegen Volk, Kle­rus gegen Epi­sko­pat, Epi­sko­pat gegen Papst­tum – über die staat­li­che Kon­zep­ti­on der Macht­ver­hält­nis­se bis hin zu dem, wor­auf wir uns jetzt kon­zen­trie­ren wer­den: die ver­meint­li­che, auf­lö­sen­de Demo­kra­ti­sie­rung der Hier­ar­chie, die seit 1789 und vor allem seit dem Angriff und der Auf­lö­sung des Kir­chen­staa­tes die Zen­tra­li­sie­rung rund um die kirch­li­chen Macht­fi­gu­ren stark zuge­nom­men hat. Wie der Abt, so die Gemeinschaft…

Wie ihre reak­tio­nä­ren und kon­ser­va­ti­ven Vor­gän­ger des 19. Jahr­hun­derts, die ihren Kampf als den des Ordo gegen die Anar­chie betrach­te­ten, wäh­rend die Revo­lu­tio­nä­re die­se Angst aus­nutz­ten, um ihre Vor­stel­lun­gen durch­zu­set­zen, so kämp­fen auch eini­ge heu­ti­ge Kir­chen­füh­rer gegen das Gespenst der Syn­oda­li­tät, wäh­rend die Fein­de ihre tota­li­tä­re Ord­nung heim­lich durch­set­zen. So wird die Ver­tei­di­gung der Hier­ar­chie aus­ge­nutzt, um ihre Dik­ta­tur über und gegen die Wahr­heit zu eta­blie­ren, sobald sie die Macht über­nom­men haben. Was wäre aus der Kir­che gewor­den, wenn das Volk sich nicht demo­kra­tisch gegen die aria­ni­sche Hier­ar­chie erho­ben hät­te? Was wäre pas­siert, wenn die­se aria­ni­schen Hier­ar­chien die abso­lu­te Mon­ar­chie, das „Ich befeh­le“ und den „leben­di­gen Lehr­mei­ster“ gerecht­fer­tigt hät­ten und das Volk die­se Argu­men­te geschluckt hät­te? Ist es nicht wider­sprüch­lich, sich gegen die berg­o­glia­ni­sche Tyran­nei zu wen­den und gleich­zei­tig die all­um­fas­sen­de und alles­ver­schlin­gen­de Macht des Pap­stes Fran­zis­kus logisch und legi­tim zu recht­fer­ti­gen? Was sind die­se Skru­pel über die Häre­si­en, oder eher Dumm­hei­ten, von Jor­ge Mario, wenn er das „leben­di­ge Lehr­amt“ in den Päp­sten und Bischö­fen ver­tei­digt, als ob sie die Her­ren und Besit­zer der Schrift und der Tra­di­ti­on wären? Ist es nicht, als wür­de man den Ursa­chen Thro­ne und den Fol­gen Gal­gen geben?

So kön­nen wir bestä­ti­gen, daß die gegen­wär­ti­ge Regie­rung und das Modell der unte­ren Ebe­nen cäsa­risch, tota­li­tär und zen­tra­li­stisch sind, aber im Gewand der syn­oda­len Demo­kra­tie daherkommen.

Die Masken der Demokratie

Wie läßt sich die­ses Para­dox lösen, daß in unse­ren so syn­oda­len Zei­ten jedes kirch­li­che Amt ein Dik­ta­tor in sei­nem Bereich und für sei­ne Unter­ge­be­nen ist, wäh­rend das Gegen­teil in die Welt hin­aus­ge­ru­fen wird? Es ist sowohl eine Not­wen­dig­keit als auch eine Stra­te­gie zugleich.

Eine der gro­ßen Tugen­den der latei­ni­schen Kir­che, von Rom geerbt, sind ihr aus­ge­präg­tes Rechts­be­wußt­sein und ihr Regie­rungs­sinn, aber sie hat auch ihre dunk­le Sei­te und gro­ße Ver­su­chun­gen. Ohne die Visi­on des hei­li­gen Johan­nes und den Mis­si­ons­sinn des hei­li­gen Jako­bus, ohne das „War­um“ und „Wozu“, wird sie zum Selbst­zweck, zu einem Staat mit all sei­nen Logi­ken: Gehor­sam und Res­sour­cen: „Ihr wißt, daß die Herr­scher ihre Völ­ker unter­drücken und die Mäch­ti­gen ihre Macht über die Men­schen miß­brau­chen. Bei euch soll es nicht so sein“ (Mt 20, 25–26). Dies wird in der Moder­ne beson­ders deut­lich, wenn poli­ti­sche Kör­per­schaf­ten zu Maschi­nen wer­den, der Staat nicht mehr ein Die­ner der Gemein­schaft ist, son­dern ein Instru­ment der tota­len ideo­lo­gi­schen Trans­for­ma­ti­on des­je­ni­gen, der die Macht hat, nach Belie­ben durch die unein­ge­schränk­te Büro­kra­tie (die Revo­lu­ti­on ist hier, nicht in den zu Papier gebrach­ten Erklärungen…).

Die­ser Bruch mit dem still­schwei­gen­den Pakt und Dia­log zwi­schen Herr­schern und Beherrsch­ten führt dazu, daß die­ser Unter­schied auf­ge­ho­ben wer­den muß, um das do ut des jedes Regie­rungs­sy­stems zu ver­mei­den. Und hier tritt die Demo­kra­tie und der all­ge­mei­ne Wil­le auf, denn nie­mand kann sich selbst unter­drücken, nie­mand kann von sich selbst behaup­ten, tyran­ni­siert zu wer­den, und nie­mand kann jemand ande­ren für das selbst (schlecht) Ent­schie­de­ne ver­ant­wort­lich machen.

Wie gesagt, es ist eine Stra­te­gie, aber auch eine Not­wen­dig­keit, da man ver­hin­dern muß, daß ande­re ideo­lo­gi­sche Grup­pen die Macht und den Staats­ap­pa­rat über­neh­men, um die­se tota­li­tär zu erzwin­gen, oder daß sich die Völ­ker erhe­ben. Denn die wah­re Spal­tung der Moder­ne liegt nicht zwi­schen den Regie­ren­den und den Regier­ten, zwi­schen ver­schie­de­nen Grup­pen oder Ord­nun­gen, was die tra­di­tio­nel­le und gesun­de Tren­nung dar­stellt, da sie den still­schwei­gen­den Pakt, das Gleich­ge­wicht, den Dia­log und die Ver­ant­wor­tung ermög­licht, son­dern zwi­schen Staat und Gesell­schaft. Wenn man genau nach­denkt, dann haben alle poli­ti­schen Bewe­gun­gen seit 1789 (und in der pro­te­stan­ti­schen und angel­säch­si­schen Welt seit 1533) mit allen Mit­teln ver­sucht, die­se Dicho­to­mie zu besei­ti­gen, indem sie eine tota­li­tä­re Idee durch­set­zen: Frei­heit, Nati­on, Ras­se oder sozia­le Klas­se – und jede erscheint als escha­to­lo­gisch. Man ent­fernt aus dem poli­ti­schen Kör­per jene, die nicht ent­schie­de­ne Anhän­ger sind, und iden­ti­fi­ziert den Staat mit der Gesell­schaft, indem man das gewähl­te Idol als Recht­fer­ti­gung für alle Maß­nah­men und Kon­trol­len her­an­zieht. Auf die­se Wei­se ent­steht die moder­ne Para­do­xie der „Ein­heits­par­tei“… Es han­delt sich um eine gno­sti­sche Wie­der­ge­burt, die die Geschich­te und damit die Inkar­na­ti­on des Soh­nes Got­tes leug­net. Sie ver­sucht, den Fall des plé­ro­ma (des voll­kom­me­nen gött­li­chen Urzu­stands) zu unter­drücken und ihn zu ver­nich­ten (der „Ende der Geschich­te“, das von so vie­len pro­kla­miert wur­de), im Gegen­satz zur Annah­me und Tran­szen­denz der Geschich­te durch Chri­stus, der die Gesamt­heit und Erneue­rung aller Din­ge zusam­men­faßt. Des­halb ist sie in ihrem Wesen tota­li­tär. Ein wei­te­rer Grund dafür liegt dar­in, daß in die­sem System, vor allem in sei­ner Ver­samm­lungs-Form, die Ver­ant­wor­tung für getrof­fe­ne Ent­schei­dun­gen auf­ge­löst wird und der sozia­le Druck zur Ein­mü­tig­keit gegen­über den Kri­ti­kern steigt, sodaß das Para­dox ent­steht, daß Din­ge durch­ge­führt wer­den, die die Mehr­heit eigent­lich nicht will, aber weil sie schein­bar als von allen beschlos­sen gel­ten, nie­mand pro­te­stiert, weil es ja „alle“ beschlos­sen haben.

Neben die­sen Grün­den ist die Demo­kra­tie in ihrer revo­lu­tio­nä­ren Kon­zep­ti­on die bevor­zug­te Regie­rungs­form der tota­li­tä­ren Bewe­gun­gen, da sie die sozia­len Hier­ar­chien aus der Ver­gan­gen­heit besei­tigt (libe­ra­le Pha­se) – mit Aus­nah­me der poli­ti­schen Par­tei­en und wirt­schaft­li­chen Orga­ni­sa­tio­nen (die nicht natür­lich, son­dern ver­trag­lich bedingt sind) –, die die Gesell­schaft und de ein­zel­nen hilf­los gegen­über der sou­ve­rä­nen und tota­len poli­ti­schen Macht machen, die als ein­zi­ges Instru­ment der Ver­mei­dung von Cha­os fun­giert (sozia­li­sti­sche Pha­se), und die letzt­lich in den Hän­den eines ein­zel­nen (cäsa­ri­sche Pha­se) endet, bis zu ihrem end­gül­ti­gen Unter­gang in der Tyran­nis. Sie recht­fer­tigt alles, da sie das ein­zi­ge Regime ist, an dem die gan­ze Gesell­schaft teil­hat und daher nie­mand der Ver­pflich­tung ent­kom­men kann, die von allen gemein­sam beschlos­sen wurde.

Fazit

Die Apo­rien, die Sack­gas­sen der Moder­ne, des revo­lu­tio­nä­ren und tota­li­tä­ren Staa­tes, lie­gen also nicht in den lei­ten­den Ideen oder den ver­schie­de­nen Ideo­lo­gien, die not­wen­dig sind, um Ver­än­de­run­gen in Gang zu set­zen, son­dern in der Metho­de, der Auf­fas­sung von Macht und tota­ler Sou­ve­rä­ni­tät, im Gebrauch des Staa­tes und der Ver­wal­tung als revo­lu­tio­nä­re Maschi­ne­rie, im Levia­than von Hob­bes: dem deus in ter­ra. Aus die­sem Grund kann selbst der Tra­di­tio­na­lis­mus revo­lu­tio­när sein, in der Tat war er es im höch­sten Grad mit dem Ultra­mon­ta­nis­mus. Man glaub­te, die Revo­lu­ti­on sei nur Anar­chie und Cha­os, nur der Kampf gegen die Mon­ar­chie, ihr zer­stö­re­ri­scher Aspekt, ohne den kon­struk­ti­ven Teil zu sehen (ordo ab chao), näm­lich die Errich­tung eines Staa­tes als Gott auf Erden und sei­ne gno­sti­sche Uto­pie als Ziel. Sie haben, ohne es zu mer­ken, das größ­te Instru­ment der Revo­lu­ti­on gebaut – die abso­lu­te­ste Papst­mon­ar­chie – und damit das Weni­ge, was noch an mitt­le­ren Insti­tu­tio­nen in der Kir­che übrig war, zer­stört. Spä­ter wür­den sie in die ver­samm­lungs­ba­sier­te Form über­ge­hen, die lang­fri­stig bes­ser kon­trol­lier­bar ist als ein Ein­zel­amt, das zu unan­ge­neh­men Über­ra­schun­gen wie bei Papst Bene­dikt XVI. füh­ren könnte.

Fran­zis­kus war der Höhe­punkt die­ses Pro­zes­ses, der die logi­sche Schluß­fol­ge­rung die­ser Prä­mis­sen zog. Der berg­o­glia­ni­sche Syn­oda­lis­mus ist, wie wir gesagt haben, der Ver­such, die moder­ne Dia­lek­tik zwi­schen Staat und Gesell­schaft zu über­win­den, indem die Gesell­schaft durch den Staat kon­trol­liert wird, der von einer Grup­pe (wir sind die Ver­tre­ter oder die Avant­gar­de des Vol­kes Got­tes…) gesteu­ert wird. Es ist der Ver­such, die Tyran­nei zu ver­schlei­ern, indem eine fal­sche und kon­trol­lier­te Demo­kra­tie (nie­mand kann sich selbst unter­drücken: der all­ge­mei­ne Wil­le) vor­ge­gau­kelt wird, und gleich­zei­tig zu ver­hin­dern, daß ande­re geg­ne­ri­sche Grup­pen die Macht über­neh­men, indem die Kir­che mit ihnen selbst iden­ti­fi­ziert wird (die Fein­de des Vol­kes: Moder­ni­sten oder Traditionalisten!). 

Ich fra­ge: Wel­che Not­wen­dig­keit hat­te Pius IX., das Erste Vati­ka­ni­sche Kon­zil 1870 ein­zu­be­ru­fen, das gro­ße „Syn­odum“, um die Unfehl­bar­keit des Pap­stes zu pro­kla­mie­ren, wenn er sie doch schon zuvor mit der Pro­kla­ma­ti­on der Unbe­fleck­ten Emp­fäng­nis 1854 aus­ge­übt und impli­zit erklärt hat­te, wenn nicht um sei­ne abso­lu­te Mon­ar­chie und die strik­te Aus­übung der­sel­ben mit nahe­zu ein­mü­ti­ger Unter­stüt­zung der gesam­ten Kir­che zu legi­ti­mie­ren? Das Pro­blem liegt nicht im poli­ti­schen Modell (haben wir etwa die ari­sto­te­li­schen Typen oder die von der Geschich­te hoch­ge­lob­te gemisch­te Regie­rungs­form ver­ges­sen?), son­dern in der Auf­fas­sung von Macht, Sou­ve­rä­ni­tät und ihren Instru­men­ten. Und es tut mir leid, es zu sagen, aber der ultra­mon­ta­ne Tra­di­tio­na­lis­mus und der syn­oda­le Pro­gres­si­vis­mus sind Zwil­lin­ge, und Fran­zis­kus war der logi­sche Höhe­punkt von bei­den: ein abso­lu­ter Mon­arch, der die Ver­kör­pe­rung des „leben­di­gen Lehr­amts“ und des „all­ge­mei­nen Wil­lens“ der Kir­che, aus­ge­drückt in den Syn­oden, sein wollte.

Dies, und nichts ande­res, ist das wah­re poli­ti­sche System der Kir­che, jen­seits von fal­schen Dicho­to­mien wie Demo­kra­tie-Mon­ar­chie, Mas­ken und noch mehr Mas­ken einer welt­li­chen, nur mensch­li­chen Auf­fas­sung von Kir­che, auch wenn sie in Samt oder Spit­ze geklei­det ist. Es spielt kei­ne Rol­le, wo die abso­lu­te Sou­ve­rä­ni­tät liegt oder wer sie aus­übt – im Papst oder im Volk Got­tes – das Pro­blem liegt dar­in, daß sie in der Kir­che zu einem klei­nen Gott wird, der nur ein Wil­le der Macht ist, ein Idol, im Gegen­satz zum wah­ren Gott und sei­nem Sohn, dem fleisch­ge­wor­de­nen Logos.

*Eck, Pseud­onym; der Prie­ster und Theo­lo­ge Johan­nes Eck, eigent­lich Johan­nes May­er aus Eck (heu­te Egg an der Günz im Unter­all­gäu), ein Mann von außer­ge­wöhn­li­cher Bil­dung, war ein katho­li­scher Erneue­rer und Gegen­spie­ler Mar­tin Luthers auf dem Worm­ser Reichs­tag, wo er Luther als Häre­ti­ker über­füh­ren konn­te; Eck ist Autor des Blogs Cami­nan­te Wanderer.

Über­set­zung: Giu­sep­pe Nar­di
Bild: Cami­nan­te Wanderer

Anzei­ge

Hel­fen Sie mit! Sichern Sie die Exi­stenz einer unab­hän­gi­gen, kri­ti­schen katho­li­schen Stim­me, der kei­ne Gel­der aus den Töp­fen der Kir­chen­steu­er-Mil­li­ar­den, irgend­wel­cher Orga­ni­sa­tio­nen, Stif­tun­gen oder von Mil­li­ar­dä­ren zuflie­ßen. Die ein­zi­ge Unter­stüt­zung ist Ihre Spen­de. Des­halb ist die­se Stim­me wirk­lich unabhängig.

Katho­li­sches war die erste katho­li­sche Publi­ka­ti­on, die das Pon­ti­fi­kat von Papst Fran­zis­kus kri­tisch beleuch­te­te, als ande­re noch mit Schön­re­den die Qua­dra­tur des Krei­ses versuchten.

Die­se Posi­ti­on haben wir uns weder aus­ge­sucht noch sie gewollt, son­dern im Dienst der Kir­che und des Glau­bens als not­wen­dig und fol­ge­rich­tig erkannt. Damit haben wir die Bericht­erstat­tung verändert.

Das ist müh­sam, es ver­langt eini­ges ab, aber es ist mit Ihrer Hil­fe möglich.

Unter­stüt­zen Sie uns bit­te. Hel­fen Sie uns bitte.

Vergelt’s Gott!