
Von Don Nicola Bux*
Der zweite Begriff der Novissima, d. h. der vier letzten Dinge, die die Seele eines jeden Menschen am Ende des Lebens erwartet, ist das Gericht Gottes (Katechismus, 134 und 135). Sowohl im Apostolischen Glaubensbekenntnis als auch im umfassenderen Nizäno-Konstantinopolitanischen Glaubensbekenntnis heißt es, daß Christus am Ende der menschlichen Geschichte kommen wird, um die Lebenden und die Toten zu richten.
Interessanterweise glauben auch Juden und Moslems an das Weltgericht. Sie begraben ihre Toten immer noch am Fuße des Ölbergs, wo das Jüngste Gericht stattfinden und alle auferstehen werden. Für uns Christen werden die Menschen von Christus gerichtet, weil Er allein gekommen ist, um sie zu retten, indem er das Kreuz auf sich genommen hat. Dort, am Kreuz, hat Er das ganze Leid der Welt auf sich genommen und wird mit der Macht, die Er als Erlöser erlangt hat, die Menschen in den Geheimnissen ihrer Herzen richten. Nach der letzten Erschütterung der Welt wird jeder Mensch, je nach seinen Taten, mit Leben erfüllt oder für die Ewigkeit verdammt werden. In der Nr. 205 des Kompendiums des Katechismus der katholischen Kirche heißt es: „Der Leib fällt der Verwesung anheim. Die Seele, die unsterblich ist, geht dem Gericht Gottes entgegen und wartet darauf, wieder mit dem Leib vereint zu werden, der bei der Wiederkunft des Herrn verwandelt auferstehen wird.“ Wir sprechen hier von einem individuellen, besonderen Gericht, dem Partikulargericht. Zwischen den beiden Extremen, der Hölle und dem Himmel, gibt es noch die Möglichkeit der Läuterung in dem Zustand, der Fegefeuer, Purgatorium, genannt wird. Um diesen Zustand zu vermeiden, ist es sehr wichtig, immer in der Gnade Gottes zu sein, häufig zur Beichte zu gehen und Ablässe zu erwerben, die uns von den durch die Sünde angesammelten Strafen befreien. Die Nr. 205 schließt mit den Worten: „Das Wie dieser Auferstehung übersteigt unsere Vorstellung und unser Verstehen.“ Wir wissen, daß Christus die Auferstehung aus sich selbst heraus vollbracht hat, daher ist es sicher anzunehmen, daß jeder, der lebt und an Ihn glaubt, am jüngsten Tag auferstehen wird. Deshalb steht Ostern, das eben die Auferstehung des Herrn ist, im Zentrum unseres Glaubens. In Nr. 207 heißt es: „Das ewige Leben ist das Leben, das gleich nach dem Tod beginnt. Es wird kein Ende haben. Ein besonderes Gericht durch Christus, den Richter der Lebenden und der Toten, wird für jeden Menschen dem ewigen Leben vorangehen, und durch das Letzte Gericht wird es bestätigt werden.“ Für uns Christen beginnt das ewige Leben jedoch bereits mit der Taufe, denn in diesem Sakrament empfangen wir das Leben Christi und Seine Gnade, wenn auch in Gefäßen aus Ton. Wenn mich manchmal die Angst vor dem Tod packt, beruhige ich mich mit dem Gedanken, daß zwar mein Körper sterben wird, aber meine Seele, die der wichtigste Teil von mir ist, niemals sterben wird. Es wird für uns wie die Erfahrung sein, ein Kleid zu wechseln, von einem Winterkleid zu einem Sommerkleid… Jesus sagte: „Was nützt es einem Menschen, die ganze Welt zu gewinnen, wenn er dann sich selbst verliert?“ Wenn die Seele unsterblich ist, müssen wir genau auf die Werke achten, die wir tun, auf unsere Zuneigung, auf alles, was das Gepäck ausmacht, mit dem wir vor den Herrn treten werden.
In Nr. 208 wird erklärt, daß das besondere Gericht die „unmittelbare Vergeltung“ betrifft, „die jeder gleich nach seinem Tod in seiner unsterblichen Seele entsprechend seinem Glauben und seinen Werken von Gott erhält. Diese Vergeltung besteht im Eintreten in die Seligkeit des Himmels, unmittelbar oder nach einer entsprechenden Läuterung, oder im Eintreten in die ewige Verdammnis der Hölle.“
Wenn wir also in dieser Welt die Augen schließen, werden wir sie sofort vor Gott öffnen, und das wird eine selige Schau sein, die alle anderen Wünsche zunichte macht, denn Er ist die Antwort auf alle menschlichen Sehnsüchte. Wenn wir Gott Zeit widmen, indem wir zum Beispiel eine Stunde im Gebet, in der Anbetung, in der Kirche oder im Kontakt mit der Natur verbringen, wird unsere Seele erfrischt und kommt dem Herrn immer näher. Auch Jesus ging in die Berge, denn die Berge bringen den Menschen dem Himmel näher, wo die Sehnsucht nach Gott noch stärker wird. Die Nr. 214 erklärt: „Das Letzte (allgemeine) Gericht wird im Urteil zum seligen Leben oder zur ewigen Verdammnis bestehen. Wenn Jesus Christus als Richter der Lebenden und der Toten wiederkommt, wird er über die ‚Gerechten und Ungerechten‘ (Apg 24, 15), die alle vor ihm versammelt sein werden, dieses Urteil aussprechen. Im Anschluß an das Letzte Gericht wird der auferstandene Leib Anteil erhalten an der Vergeltung, welche die Seele im besonderen Gericht erhalten hat.“ Hier ist endlich der Moment, in dem der auferstandene Körper wieder mit der Seele vereint sein wird. Wann wird dieses Gericht stattfinden? In Nr. 215 heißt es: „Dieses Gericht wird am Ende der Welt stattfinden, dessen Tag und Stunde Gott allein kennt.“
Die Nr. 216 schließt mit der Feststellung: „Nach dem Letzten Gericht wird auch die ganze Welt von der Sklaverei der Vergänglichkeit befreit werden und mit dem Anbrechen des ‚neuen Himmels‘ und der ‚neuen Erde‘ (2 Petr 3, 13) an der Herrlichkeit Christi teilhaben. Damit wird das Reich Gottes vollendet, das heißt der Heilsplan Gottes, ‚das All in Christus wieder unter ein Haupt zu fassen, alles, was im Himmel und auf Erden ist‘ (Eph 1, 10), wird endgültig verwirklicht sein.“ Gott wird dann, im ewigen Leben, „alles in allen“ sein (1 Kor 15, 28). Darin wird das Weltgericht seinen Abschluß finden.
*Don Nicola Bux, international renommierter Liturgiker und persönlicher Freund von Benedikt XVI.
Übersetzung: Giuseppe Nardi
Bild: MiL
Siehe auch:
Die Westkirche kann die Dualität von besonderem und allgemeinem Gericht nicht überzeugend erklären. Nach der Doktrin der alten Kirche und der Ostkirche befindet sich der Verstorbene nach seinem Tode in einer Art Zwischenzustand. Gerichtet wird er am Ende der Zeiten.
Eine wichtige Zusammenfassung der katholischen Sichtweise über das Jenseits und das erwartete Jüngste Gericht.
Auch die Juden erwarten das Gericht. Sie erwarten es zum gleichen Zeitpunkt wie wir Christen. Die 7 Rebbes der Chabad Bewegung haben sich dafür entschieden, eine veränderte Gottesauffassung in das Judentum einzubringen, um damit das Judentum auf das Gericht vorzubereiten. Der Gott des alten Testamentes wurde bisher vom Judentum als autoritärer und unnahbarer Gott interpretiert. Die neue Vorstellung unterscheidet sich nicht mehr von der, die wir Christen haben. Gott, der ewige Vater ist ein liebender und auch ein verletzlicher Gott, dem der Frevel der Menschen wehtut und der sich über jede Mitzwa freut. Eine Mitzwa ist die Ausführung einer der 248 Gebote der Thora, die von Gott gegeben sind, damit der Mensch weiß, was Gott will. Eine einfache Mitzwa wäre das Anzünden einer Kerze für den Herrn oder das tägliche Sammeln von Geld für Spenden.
Wir Christen stehen im neuen Bund. Im neuen Bund steht anstelle der starren Ausführung und Einhaltung der Gebote und Verbote das direkte Gespräch mit Gott. Und das möchte ich hier gerne ergänzen.
Laut neuem Testament ist Kriterium für das Bestehenkönnen im Jüngsten Gericht, ob der Herr uns kennt. Wer den Namen des Herrn vorher angerufen hat, wird gerettet. Ansonsten kann es heißen: „Ich kenne Dich nicht.“
Wie machen wir das praktisch? Es besteht darin, im Gebet den Herrn Jesus mit seinem Namen anzurufen. Wenn wir alleine sind, können wir direkt zum Herrn sprechen. Es ist ein Zeigen unseres Selbstes: Herr, hier bin ich. Johannes erklärt in der Offenbarung, am Ende stehen die in den weißen Gewändern, die der Herr rein gewaschen hat. Wer sich Gott zeigt und offen bleibt, wird bis zum Gericht so geführt, daß er es auch besteht. Wir vertrauen uns an und der Herr übernimmt die Führung bis zu seinem Erscheinen.
Darüber hinaus legt das neue Testament auf unser Verhalten großen Wert. Verhalten in Wort und Tat. Erstens müssen wir uns dazu bekennen, daß Jesus der Sohn Gottes ist, der sich für uns hingegeben hat, auferstanden ist, zur Rechten des Vaters sitzt und zurückkommt um Gericht zu halten. Zweitens unser Verhalten in Taten. Wir müssen auch so handeln, wie wir meinen, daß der Herr es will. Kommen wir im Gebet zu ihm zurück, trennt uns jedes falsche Wort und jede falsche Tat vom Herrn. Wir wollen uns nicht zeigen, weil wir ein Schamgefühl oder gar Angst haben. Hier bekennt der Christ zunächst seine Sünden vor dem Vater und bittet dann im Namen von Jesus um Vergebung. Die Vergebung bewirkt eine sofortige Erleichterung. Eine vom Vater vergebene Sünde wird im Gericht nicht mehr angerechnet.
Das Vater Unser ist die kürzeste Form dieser Interaktion mit Gott. Es ist enorm wichtig, das Vater Unser zu beten, aber es ersetzt nicht das direkte Gespräch mit Gott. Eine alte Erfahrung sagt sogar, wenn gar keine Worte mehr nötig sind, ist der Mensch am nächsten bei Gott.
So brauchen wir in dieser Zeit keine Angst zu haben. Die Liebe Gottes, die uns im Gebet und auch sonst stärkt, kann uns immer zuversichtlich machen. Auch wenn jeder Phasen hat, in denen er sich Gott fremd fühlt. Beten, das Lesen der Bibel, Besuche im Gottesdienst führen uns immer mehr in die Liebe Gottes, die in dieser Endzeit immer stärker ausgegossen wird. Im Licht Gottes bleiben wir auch in der zweiten Nachtwache noch wach, wenn der Herr in seiner ganzen Macht mit all seinen Engels erscheint.
Weisheit 18,14: „Als tiefes Schweigen das All umfing und die Nacht bis zur Mitte gelangt war, da sprang dein allmächtiges Wort vom Himmel, vom königlichen Thron herab als harter Krieger mitten in das dem Verderben geweihte Land.“