![John Joseph Kennedy, Sekretär des Glaubensdikasteriums und Leiter der Disziplinarabteilung, sprach am 29. Mai bei einer Tagung über sexuellen Kindesmißbrauch in Rom John Joseph Kennedy, Sekretär des Glaubensdikasteriums und Leiter der Disziplinarabteilung, sprach am 29. Mai bei einer Tagung über sexuellen Kindesmißbrauch in Rom](https://katholisches.info/tawato/uploads/2024/05/John-Joseph-Kennedy-Rom-Botschaft-1030x438.jpg)
(Rom) John Joseph Kennedy, der Sekretär der Disziplinarabteilung des römischen Glaubensdikasteriums, die für die Einleitung von Ermittlungen bei Mißbrauchsvorwürfen gegen den Klerus zuständig ist, versicherte, daß der Fall gegen den berühmten slowenischen Priesterkünstler und ehemaligen Jesuiten Marko Ivan Rupnik „heikel“ ist, sich aber in einem „fortgeschrittenen Stadium“ befindet.
Kennedy, Priester der Erzdiözese Dublin, promovierte an der Päpstlichen Universität Gregoriana in Kanonischem Recht. Seit 2003 ist er an der Glaubenskongregation tätig, wo er seit 2017 der Disziplinarabteilung angehört. Im April 2022 wurde Kennedy von Papst Franziskus zum Sekretär der damaligen Kongregation, heute Dikasterium, und Leiter der Disziplinarabteilung ernannt. Eine Bischofsernennung, wie sie für eine solche Position in der Vergangenheit üblich war, ist bisher nicht erfolgt.
In einem Gespräch mit Journalisten am Mittwoch am Rande einer Konferenz mit dem Titel „Mißbrauch von Minderjährigen“, versicherte der Priester, daß seine Abteilung an dem Fall „arbeitet“ und daß sie „in einem ziemlich fortgeschrittenen Stadium“ sei.
„Es ist wirklich ein heikler Fall, und wir arbeiten daran; wir haben gut angefangen, und wir machen wirklich Schritt für Schritt weiter, wobei wir alle Aspekte im Auge behalten, denn es gibt den Aspekt der Anschuldigungen gegen ihn, es gibt den Aspekt der Opfer, es gibt den Aspekt der Auswirkungen auf die Kirche, also ist es heikel“, so Kennedy.
Wenn das schon vor Jahren eröffnete vatikanische Verfahren gegen Rupnik, einen weltberühmten Künstler, dessen Mosaike die wichtigsten Heiligtümer der Welt schmücken, noch nicht abgeschlossen ist, hat das nicht nur damit zu tun, daß neue Anschuldigungen gegen Rupnik erhoben wurden. Weitere Frauen meldeten sich und brachten verschiedene Formen des Mißbrauchs, vor allem Machtmißbrauch, zur Anzeige. Das lange Verfahren hat auch damit zu tun, daß die Glaubenskongregation nach Untersuchungen – an denen Kennedy bereits beteiligt, aber noch nicht Leiter der Disziplinarabteilung war – 2019 die Schuld Rupniks und seine Exkommunikation latae sententiae feststellte. Diese schwerste unter allen denkbaren Strafen verschwand dann jedoch auf wundersame und bis heute nicht geklärte Weise. Der Verdacht fällt seither auf Papst Franziskus, denn wer außer dem Papst könnte eine Exkommunikation verschwinden lassen? Franziskus hielt lange seine schützende Hand über seinen Ordensmitbruder Rupnik, das betraf auch eine zweite Untersuchung 2021, mit der dann ein geschicktes Verwirrspiel bezüglich der Exkommunikationsfeststellung von 2019 versucht wurde. Das ging so lange, bis der öffentliche Druck zu groß wurde.
Erst Ende 2023 stimmte das Kirchenoberhaupt widerwillig zu, den Fall Rupnik, auch aufgrund der neuen Anzeigen, noch einmal, nun zum dritten Mal zu untersuchen.
Für Kennedy als Sekretär des Glaubensdikasteriums verbietet es sich, über dieses offenbar von Santa Marta gewollten Durcheinander, das offensichtlich dem Schutz Rupniks dienen sollte, öffentlich zu sprechen.
Medial wird von bergoglianischen Medien das geschönte Narrativ bis heute verbreitet und ausgeschmückt. Die Presseagentur EFE berichtete erst gestern, daß Untersuchungen des Jesuitenordens 2022 zum Schluß gelangten, die Anschuldigungen seien verjährt, und geschlossen wurden. Papst Franziskus sei es aber gewesen, der ein Jahr später die Verjährung aufhob und das Glaubensdikasterium anwies, seinerseits nun die Sache zu untersuchen. Die früheren Untersuchungen der Glaubenskongregation und die Exkommunikationsfeststellung wurden mit keinem Wort erwähnt. Doch die Rolle von Franziskus in der Causa Rupnik ist eben nicht so „blütenweiß“, wie es dargestellt wird.
Der heute 69jährige Rupnik wird beschuldigt, mindestens 30 Frauen sexuell mißbraucht und manipuliert zu haben. Die meisten von ihnen waren Ordensfrauen der Loyola-Gemeinschaft, die er in den 1980er Jahren in seiner Heimat Slowenien mitbegründet hatte. Die Loyola-Gemeinschaft wurde inzwischen vom Vatikan aufgehoben. Die Künstlergemeinschaft um Rupnik erhielt von der Diözese Rom hingegen einen Persilschein und existiert bis heute fort.
Im Juni 2023 war Rupnik wegen Ungehorsams aus dem Jesuitenorden ausgeschlossen worden. Damit hatte offenbar auch Santa Marta gehofft, die Sache zum Schweigen zu bringen. Doch dem war nicht so.
Am Mittwoch nahm Kennedy, der nur selten mit der Presse spricht und ebenso selten öffentlich auftritt, an einer Tagung über sexuellen Kindesmißbrauch teil, die im Palazzo Borromeo, dem Sitz der Italienischen Botschaft beim Heiligen Stuhl, stattfand. Ausgerichtet wurde sie von der Italienischen Bischofskonferenz und der genannten Botschaft, also der italienischen Regierung. Kennedy, der bei der Tagung zum Thema: „Eine gemeinsame Front: der Einsatz der Kirche“ referierte, rief bei dieser Gelegenheit die Bischöfe mit Nachdruck auf, auch Verdachtsfälle sofort den zuständigen Behörden zu melden.
Zu der oft kritisierten fehlenden Transparenz sagte Kennedy: „Ich möchte, daß alle Fälle ans Licht kommen, damit die Kirche transparent ist“, und deutete Veränderungen „in nicht ferner Zukunft“ an, ohne näher darauf einzugehen.
Das Dilemma scheint nicht zu sein, daß es der Disziplinarabteilung etwa an Arbeitseifer fehlen würde. Welche Glaubwürdigkeit aber können die ja tatsächlich erfolgten Bemühungen zur Bekämpfung des Mißbrauchs und zum Schutz der Opfer erlangen, wenn Franziskus zugleich immer wieder seine schützende Hand über ihm nahestehende und befreundete Täter hält und diese Bemühungen konterkariert? Kennedy spricht nicht darüber und die befreundeten Medien berichten nicht darüber, dennoch ist der Widerspruch offensichtlich und lastet auf den offiziellen Erklärungen.
Text: Giuseppe Nardi
Bild: MiL