Von einer Katholikin
Wir müssen die Mittel verteidigen und weitergeben, die die göttliche Vorsehung genutzt hat, damit eine wachsende Zahl von Katholiken ihren Glauben bewahren, darin wachsen oder ihn entdecken kann.
Die französische Laienvereinigung Renaissance catholique hat am 22. April (bzw. 25. April für die deutsche Übersetzung) eine Erklärung ihres Direktors Jean-Pierre Maugendre veröffentlicht, in der er dazu aufruft, der überlieferten römischen Liturgie nach dem Römischen Meßbuch von 1962 die volle Freiheit zu gewähren. Allen Gläubigen solle sie ohne Einschränkung zugänglich gemacht werden und alle Priester sollten im überlieferten Ritus zelebrieren dürfen, der so viele sichtbare Früchte trage. In einer Zeit des massiven Glaubensschwundes und Rückgangs der Berufungen sei dies gewissermaßen die ultima ratio.
Renaissance catholique ist in Frankreich eine ausgesprochen wichtige Stimme der katholischen Tradition. Sie steht ein für das soziale Königtum Christi und erstrebt eine christliche Gesellschaft auf der Grundlage der traditionellen Lehre der Kirche. Die eigene Verlagsgesellschaft Contretemps veröffentlichte u. a. mehrere Werke von Weihbischof Athanasius Schneider, so auch sein letztes Buch „Credo. Kompendium des katholischen Glaubens“ in der französischen Übersetzung.
Renaissance catholique setzt sich insbesondere für den Lebensschutz und gegen Abtreibung ein und gegen die sog. gleichgeschlechtliche „Ehe“. Für ihre politischen Gegner ist sie traditionalistisch, identitär und rechtradikal und wird immer wieder zur Zielscheibe linker Politik und der Homolobby. Im Februar 2021 war Jean Pierre Maugendre, Direktor der Bewegung und Verfasser des aktuellen Appells, von der Homo-Vereinigung „Stop homophobie“ verklagt worden wegen „Diskriminierung einer Personengruppe wegen ihrer sexuellen Orientierung“. Es ging um einen 2019 veröffentlichten Beitrag gegen die zivilrechtliche Homoehe in Frankreich, der u. a. auch von Kardinal Raymond Burke, Weihbischof Athanasius Schneider und Erzbischof Peta von Astana unterschrieben worden war. Im November 2022 wurde in zweiter Instanz endgültig festgestellt, daß der Straftatbestand der Diskriminierung haltlos ist und die fraglichen Textpassagen auf der kirchlichen Lehre über die Homosexualität gründen und vom Recht auf Meinungsfreiheit gedeckt sind. Kein Geringerer als Dom Louis-Marie, Abbé von Barroux, war zuvor persönlich vor Gericht erschienen, um die zweitausendjährige Lehre der Kirche zu bezeugen.
Die aktuelle internationale Kampagne erfolgt im Vorfeld der Pfingstwallfahrt nach Chartres, die alljährlich besonders die Jugend anzieht und mit abertausenden Pilgern von der Dynamik und Vitalität der Tradition kündet.
Jean-Pierre Maugendre will mit seiner Erklärung dazu beitragen, daß die Stimme der Tradition hörbar bleibt und das weltweite Bedürfnis nach der überlieferten Liturgie ausgesprochen wird. Daher soll sie verbreitet und „ den Kardinälen, Bischöfen und Prälaten der Weltkirche überbracht und erläutert werden“.
Wie er (auf Nachfrage) nochmals deutlich machte, ist dies das vorrangige Ziel des gläubigen Laien und nicht, ein Urteil zu fällen über die Folgen des Zweiten Vatikanischen Konzils. Das sei Aufgabe der lehrenden Kirche und spiele im konkreten Alltag der Laien bei der Weitergabe des unverfälschten Glaubens keine Rolle. Doch eben genau durch diese Aufgabe hätten gerade die einfachen Laien eine besondere Bedeutung als Bewahrer und Verteidiger der überlieferten Tradition als ein Werkzeug der göttlichen Vorsehung. Darauf gelte es sich zu konzentrieren.
Internationale Kampagne für die vollständige Freiheit der überlieferten Liturgie
Lutetiae parisiorum, die XXI mensis aprilis, dominica III post Pascha
Im Jahr 2024 katholisch zu sein, ist wahrlich nicht einfach. Die Entchristlichung des Westens ist so massiv und anhaltend, dass der Katholizismus aus dem öffentlichen Raum zu verschwinden scheint. Anderswo steigt die Zahl der wegen ihres Glaubens verfolgten Christen ständig. Zudem befindet sich die Kirche in einer inneren Krise, die sich in einem Rückgang der religiösen Praxis und der Priester- und Ordensberufungen, einem selteneren Empfang der Sakramente und sogar in bisher undenkbaren Differenzen zwischen Priestern, Bischöfen oder Kardinälen äußert. Was vor allem anderen zu einer inneren Renaissance der Kirche und neuem missionarischen Elan beitragen kann, ist die würdige und ehrfürchtige Zelebration der Liturgie, für die das Beispiel der überlieferten römischen Liturgie eine wirksame Hilfe sein kann.
Trotz aller Versuche, insbesondere unter dem derzeitigen Pontifikat, diese Liturgie verschwinden zu lassen, lebt sie weiter, verbreitet sich und heiligt die Christen, die sie besuchen. Sie bringt sichtbare Früchte der Frömmigkeit, der Berufungen und Bekehrungen. Sie zieht die Jugend an, bringt viele Werke zur Blüte, besonders im schulischen Bereich, und steht für eine solide katechetische Bildung. Sie dient unbestreitbar der Bewahrung und Weitergabe des Glaubens und des religiösen Lebens inmitten des heutigen Glaubensverfalls. Durch ihr ehrwürdiges Alter kann diese Messe für sich in Anspruch nehmen, über Jahrhunderte viele Seelen geheiligt zu haben. Unter anderen lebendigen Kräften, die es in der Kirche noch gibt, ragt die überlieferte Liturgie heraus durch ihre Struktur, die ihr eine ununterbrochene lex orandi gegeben hat.
Gewiss, man hat der alten Messe kleine Nischen zugestanden, aber nur allzu oft nahm die eine Hand wieder weg, was die andere ihr gegeben hatte. Ohne sie jedoch zum Verschwinden bringen zu können.
Seit der Zeit des Niedergangs nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil hat man mehrfach alles versucht, um die Glaubenspraxis wieder zu beleben, die Berufungen zu fördern und den christlichen Glauben zu bewahren. Alles, außer die Gläubigen „die Erfahrung der Tradition“ machen zu lassen und der tridentinischen Liturgie eine Chance zu geben.
Heute verlangt der gesunde Menschenverstand es eigentlich dringend, dass man die lebendigen Kräfte in der Kirche leben und gedeihen lässt, und insbesondere die Liturgie, deren Rechte auf ein über tausendjähriges Bestehen gründen. Man verstehe mich nicht falsch: Unser aktueller Appell ist keine Bitte um eine neuerliche Toleranz wie 1984 und 1988 und nicht einmal um eine Wiederherstellung des besonderen Status, der der überlieferten Liturgie 2007 durch das Motu proprio Summorum Pontificum zugestanden wurde und durch den man eigentlich die Rechte der Liturgie anerkannte, der jedoch dann auf spärlich zugestandene Genehmigungen reduziert wurde.
Wir sind einfache Gläubige und es steht uns nicht zu, ein Urteil über das Zweite Vatikanische Konzil zu fällen, über Kontinuität oder Bruch mit dem Lehramt der Kirche oder darüber, ob die aus dem Konzil erwachsenen Reformen richtig waren oder nicht … Allerdings müssen wir die Mittel verteidigen und weitergeben, die die göttliche Vorsehung genutzt hat, damit eine wachsende Zahl von Katholiken ihren Glauben bewahren, darin wachsen oder ihn entdecken konnten. Hierbei nimmt die überlieferte Liturgie durch ihre Transzendenz, ihre Schönheit, ihren überzeitlichen Charakter und ihre Lehramtstreue einen wesentlichen Platz ein.
Daher bitten wir aus der wahren Freiheit der Kinder Gottes in der Kirche heraus um die Anerkennung der vollständigen Freiheit der überlieferten Liturgie, mit dem freien Gebrauch aller ihrer liturgischen Bücher, damit diese Liturgie ohne Einschränkung allen Gläubigen zugänglich gemacht wird und alle Priester im überlieferten Ritus zelebrieren können.
Jean-Pierre Maugendre, Direktor von Renaissance catholique, Paris
(Dieser Text wurde übersetzt und verbreitet auf Deutsch, Englisch, Spanisch, Französisch, Italienisch, Niederländisch, Portugiesisch und Tschechisch.)
Dieser Aufruf ist keine Petition zum Unterzeichnen, sondern eine Botschaft, die es zu verbreiten und eventuell in jeder Form, die geeignet erscheint, wieder aufzugreifen gilt, und die den Kardinälen, Bischöfen und Prälaten der Weltkirche überbracht und erläutert werden soll.
Renaissance catholique leitet diese Kampagne ausschließlich deshalb, um Sprachrohr zu sein für ein Bedürfnis, das in der ganzen katholischen Welt zu finden ist. Es ist die Kampagne all derer, die sich daran beteiligen, die sie verbreiten, erweitern, jeder auf seine Art.
Bild: Rorate Caeli
Freiheit gibt es nie gratis. Alle, die die Heilige Messe lieben, mögen ungehindert und frei Traditionis custodes ignorieren und die Heilige Messe im überlieferten Ritus nach der ewigen Erlaubnis Pius‘ V. zelebrieren. Freiheit muss erkämpft werden, gerade hier!
Das ist ein vielversprechender Ansatz.
Hoffentlich trifft die Renaissance catholique auf einen zweiten Vitus Huonder als Fürsprecher bei dem Amtsnachfolger von Papst Franziskus.
„Wir sind einfache Gläubige und es steht uns nicht zu, ein Urteil über das Zweite Vatikanische Konzil zu fällen, über Kontinuität oder Bruch mit dem Lehramt der Kirche oder darüber, ob die aus dem Konzil erwachsenen Reformen richtig waren oder nicht … Allerdings müssen wir die Mittel verteidigen und weitergeben, die die göttliche Vorsehung genutzt hat, damit eine wachsende Zahl von Katholiken ihren Glauben bewahren, darin wachsen oder ihn entdecken konnten. Hierbei nimmt die überlieferte Liturgie durch ihre Transzendenz, ihre Schönheit, ihren überzeitlichen Charakter und ihre Lehramtstreue einen wesentlichen Platz ein.“ (Zitat aus dem obigen Artikel)
Diese Haltung scheint mir, sehr klug gewählt zu sein.
Ich werde auf jeden Fall für den Erfolg der Renaissance catholique beten.