(Rom) Erzbischof Georg Gänswein, mehr als zwanzig Jahre persönlicher Sekretär von Benedikt XVI. als Papst und auch nach seinem Amtsverzicht bis zu seinem Tod vor einem Jahr, hält sich seit einigen Tagen in Rom auf. Heute wurde er von Papst Franziskus in Audienz empfangen.
Am 31. Dezember feierte Msgr. Gänswein im Petersdom die Gedächtnismesse für Benedikt XVI (siehe Bericht). Heute teilte das vatikanische Presseamt mit, daß Franziskus den treuen Gefährten Benedikts, dem er vor einem Jahr ein Ultimatum stellte, innerhalb dessen er Rom zu verlassen hatte, in Audienz empfing.
Es war wohl eine Form von Versöhnungsgeste, allerdings keine inhaltliche und spezifische, die dem deutschen Titularerzbischof galt, denn zusammen mit Gänswein wurden auch die vier Memores Domini, die Gott geweihten Frauen, empfangen, die Benedikt XVI. in seinem letzten Lebensabschnitt den Haushalt geführt hatten.
Da heute Mittwoch ist, der Tag der Generalaudienz, ist davon auszugehen, daß die Audienz für Msgr. Gänswein und die vier Frauen in den direkt an die große Audienzhalle Paolo VI anschließenden Räumlichkeiten stattfand.
Ob dem deutschen Erzbischof nach den Demütigungen und der Verbannung von Franziskus mitgeteilt wurde, daß er nun doch noch – bei vorausgesetztem Wohlverhalten – eine Aufgabe für ihn habe, ist vorerst Spekulation. Die Kombination der Geladenen spricht nicht gerade dafür. Vorerst ist also von einer bergoglianischen Art auszugehen, um das zu keinem Zeitpunkt zutreffende Narrativ aufrechtzuerhalten, daß „kein Blatt“ zwischen ihn und Benedikt XVI. passe.
Seit vier Jahren ist Msgr. Gänswein faktisch bereits ohne kirchliche Aufgabe. Anfang 2020 wurde er vom Amt des Präfekten des Päpstlichen Hauses beurlaubt, vor einem Jahr, nur wenige Tage nach Benedikts Tod, stellte ihm Franziskus das Ultimatum, entzog ihm alle seine vatikanischen Bezüge, und auch im Heimatbistum Freiburg im Breisgau, in das sich Gänswein zurückzog, werden ihm nur gelegentliche Aufträge erteilt.
Text: Giuseppe Nardi
Bild: Vatican.va (Screenshot)