Franziskus will Gegenpapst Benedikt XIII. rehabilitieren

Der neue Glaubenspräfekt Victor Manuel Fernández wurde damit beauftragt


Gegenpapst Benedikt XIII. Die Bronzeskulptur befindet sich vor der alten Templerburg Peñíscola in Aragon. Sie wurde erst 2007 angefertigt und aufgestellt.
Gegenpapst Benedikt XIII. Die Bronzeskulptur befindet sich vor der alten Templerburg Peñíscola in Aragon. Sie wurde erst 2007 angefertigt und aufgestellt.

(Rom) Papst Fran­zis­kus ist im wahr­sten Sin­ne des Wor­tes ruhe­los. Er ist in stän­di­ger Unru­he und han­delt als eine Art Unru­he­stif­ter. Lei­der stif­tet er dabei nicht in der Welt eine gesun­de Unru­he, um den Blick auf die über­na­tür­li­che Dimen­si­on zu len­ken, son­dern sorgt viel­mehr in der Kir­che für ein anhal­ten­des, weni­ger gesun­des Durcheinander.

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Es gibt kaum ein The­ma, an dem Fran­zis­kus nicht rüt­telt: Aner­ken­nung der Homo­se­xua­li­tät, Aner­ken­nung von Schei­dung und Zweit­ehe, Zöli­bats­auf­wei­chung, Frau­en­or­di­na­ti­on, Demo­kra­ti­sie­rung der Kir­che, die Auf­lö­sung des Buß­sa­kra­ments und des Sün­den­be­wußt­seins, Hori­zon­ta­li­sie­rung der Kir­che durch (poli­tisch kor­rek­te) Ver­po­li­ti­sie­rung der Kirche…

Hin­zu­kom­men unge­wöhn­li­che Reha­bi­li­tie­run­gen, die nicht min­der explo­siv sind. Die fak­ti­sche Reha­bi­li­tie­rung des Judas 2016, jene Luthers 2017, poli­ti­sche Heiligsprechungen…

Nun folgt die Reha­bi­li­tie­rung eines Gegenpapstes?

Damit wird das näch­ste Faß auf­ge­macht. Fran­zis­kus arbei­tet mit Signa­len. Will er signa­li­sie­ren, daß die Kate­go­rie und das Urteil „Gegen­papst“ über­wun­den wer­den soll? Zumin­dest histo­risch. Was das heißt, kön­nen auf Anhieb nicht ein­mal Histo­ri­ker über­schau­en. Als Auf­hän­ger wird her­um­ge­reicht, daß Hip­po­lyt von Rom der erste Gegen­papst der Geschich­te war und doch als Hei­li­ger aner­kannt ist.

Kon­kret geht es im Moment jedoch um Bene­dikt XIII.

Der neue Glau­bens­prä­fekt Kar­di­nal Vic­tor Manu­el Fernán­dez läßt die gesam­te Doku­men­ta­ti­on über die­sen spät­mit­tel­al­ter­li­chen Gegen­papst unter­su­chen, um eine Reha­bi­li­tie­rung in Erwä­gung zu prüfen.

Am ver­gan­ge­nen 23. Mai jähr­te sich zum 600. Mal der Todes­tag von Pedro Mar­tí­nez de Luna y Gotor. Sein genau­es Geburts­jahr ist nicht gesi­chert ist, als wahr­schein­lich­stes gilt 1328. Gebo­ren wur­de Pedro de Luna in Illue­ca im König­reich Ara­gon. Die Fami­lie Luna war eine Neben­li­nie des Königs­hau­ses von Pam­plo­na, das wahr­schein­lich west­go­ti­scher Her­kunft war. Man­che Quel­len nen­nen auch eine bas­ki­sche Abstammung.

Sein Onkel war Kar­di­nal Gil de Albor­noz. Luna wur­de Pro­fes­sor des Kir­chen­rechts und 1375 von Papst Gre­gor XI. zum Kar­di­nal kre­iert. Auf die Wahl von Gre­gors Nach­fol­ger Urban VI., der von Luna vor­ge­schla­gen wor­den war, folg­te 1378 die gro­ße Kata­stro­phe: Mit der Unter­stüt­zung Lunas wur­de mit Cle­mens VII. ein Gegen­papst gewählt, der sei­ne Resi­denz wie­der in Avi­gnon auf­schlug. Seit dem frü­hen 14. Jahr­hun­dert hat­ten sich die Päp­ste im Avi­gno­ner Exil befun­den, indem Frank­reichs Köni­ge das Papst­tum unter ihre Kon­trol­le zu brin­gen ver­such­ten. Gre­gor XI. war nach Rom zurück­ge­kehrt, doch in Avi­gnon resi­dier­ten nun mit Cle­mens VII. und sei­nen Nach­fol­gern Gegen­päp­ste. Die in jeder Hin­sicht kata­stro­pha­le Epo­che ging als Abend­län­di­sches Schis­ma in die Geschich­te ein.

Als Cle­mens VII. starb, wur­de 1394 Luna zu sei­nem Nach­fol­ger gewählt und nahm den Papst­na­men Bene­dikt XIII. an. Als wei­te­re Stei­ge­rung der Spal­tung der Chri­sten­heit folg­te sogar eine Zeit, in der es drei Päp­ste gab, einen in Rom, einen in Avi­gnon und einen in Pisa: Johan­nes XXIII., Gre­gor XII. und eben Bene­dikt XIII. In die­ser schreck­li­chen Zeit gab es kei­ne geist­li­che und auch kei­ne welt­li­che Auto­ri­tät, die nicht irgend­wann von einem die­ser Päp­ste gebannt wur­de. Damit kann man sich die gan­ze Zer­rüt­tung, die ver­ur­sacht wur­de, pla­stisch vor­stel­len. Zu den schwer­wie­gen­den Fol­gen gehör­ten der grau­sa­me Hus­si­ten­auf­stand in Böh­men, der das dama­li­ge Kern­land des Hei­li­gen Römi­schen Rei­ches ver­wü­ste­te, aber auch ein nach­hal­ti­ger Auto­ri­täts­ver­lust für Papst und Kaiser.

Bene­dikt XIII. führ­te zwar Ver­hand­lun­gen, zumin­dest mit einem sei­ner Neben­buh­ler, doch blie­ben die­se ergeb­nis­los, da Luna dar­auf beharr­te, der ein­zig legi­ti­me Papst zu sein. Da er einen frei­wil­li­gen Ver­zicht zur Wie­der­her­stel­lung der Kir­chen­ein­heit ablehn­te, wur­de er schließ­lich 1415 vom Kon­zil von Kon­stanz zusam­men mit Johan­nes XXIII. zum Häre­ti­ker und Gegen­papst erklärt. Nur einer der drei Päp­ste, Gre­gor XII., ver­zich­te­te frei­wil­lig im Inter­es­se der Kir­che. Mit Mar­tin V. konn­te schließ­lich ein neu­er Papst für die gesam­te Kir­che gewählt und das Schis­ma über­wun­den werden.

Allein das König­reich Ara­gon hielt zunächst noch sei­ne schüt­zen­de Hand über Luna, der als „Papst“ sei­ne letz­ten Lebens­jah­re auf der alten Temp­ler­burg von Peñís­co­la ver­brach­te, die er zum Apo­sto­li­schen Palast erklär­te. Der Temp­ler­or­den war bereits seit hun­dert Jah­ren zer­schla­gen. Auf der Burg starb er 1423 im hohen Alter von 95 Jah­ren. Sein Haupt wird in der Pfarr­kir­che von Sabi­ñán auf­be­wahrt. Bene­dikt XIII. geriet schnell in Ver­ges­sen­heit, erleb­te jedoch in jün­ge­rer Zeit lite­ra­risch eine gewis­se Wiederentdeckung.

Sei­ne Anhän­ger in Ara­gon ver­such­ten das Schis­ma fort­zu­set­zen, indem sie in der Temp­ler­burg ein Kon­kla­ve abhiel­ten und einen Cle­mens VIII. wähl­ten, dem schließ­lich auch der König von Ara­gon die Unter­stüt­zung auf­kün­dig­te und ihn 1429 zum Rück­tritt zwang.

Wie Fran­zis­kus scheint auch der neue Glau­bens­prä­fekt und Pro­te­gé des regie­ren­den Pap­stes des­sen Arbeits­me­tho­de zu über­neh­men und mit spek­ta­ku­lä­ren Aktio­nen Auf­se­hen zu erre­gen und Ver­wir­rung zu stif­ten. Immer­hin steht, da Fran­zis­kus mit Signa­len arbei­tet, ins­ge­samt die Reha­bi­li­tie­rung der Gegen­päp­ste im Raum. So wur­de es bis­her nicht gesagt, doch Fran­zis­kus arbei­tet vor allem mit dem Unaus­ge­spro­che­nen, mit dem, was „in der Luft liegt“ und impli­zit „ver­stan­den“ wird.

„Er hat seit sei­ner Ernen­nung zum Prä­fek­ten und Kar­di­nal meh­re­re E‑Mails geschickt und mich gebe­ten, ihm die Unter­la­gen über Papst Luna zu schicken, um den Pro­zeß zur Reha­bi­li­tie­rung sei­ner Per­son ein­zu­lei­ten“, sag­te der ara­go­ne­si­sche Jurist José Javier For­cén, ein Illue­ca­ner und gro­ßer Ver­tei­di­ger von Papst Luna, der Tages­zei­tung Heral­do de Ara­gón.

Nicht nur von For­cén, son­dern auch von ande­ren Per­so­nen und vor allem Insti­tu­tio­nen in Peñís­co­la wur­den vom Glau­bens­dik­aste­ri­um Unter­la­gen ange­for­dert. Im Zusam­men­hang mit den Reha­bi­li­tie­rungs­be­stre­bun­gen wird in Ara­gon auf das Schrei­ben von Papst Fran­zis­kus ver­wie­sen, das er Vic­tor Manu­el Fernán­dez zu des­sen Ernen­nung zum Glau­bens­prä­fek­ten geschickt hat­te. Dar­in heißt es: „Das Dik­aste­ri­um, dem Sie vor­ste­hen wer­den, hat in ande­ren Zei­ten unmo­ra­li­sche Metho­den ange­wandt, das waren Zei­ten, in denen man, anstatt theo­lo­gi­sche Erkennt­nis­se zu för­dern, mög­li­che Irr­tü­mer in der Leh­re ver­folgt hat. Was ich von Ihnen erwar­te, ist zwei­fels­oh­ne etwas ganz anderes.“

Offen­sicht­lich ist damit auch eine eigen­wil­li­ge Durch­for­stung der Kir­chen­ge­schich­te gemeint.

Text: Giu­sep­pe Nar­di
Bild: Wiki­com­mons

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