Von Plinio Corrêa de Oliveira*
In der allgemeinen Vorstellung und im Empfinden des modernen Menschen gibt es verschiedene Formen des Heldentums, die verschiedenen Traditionen entsprechen.
Es gibt das deutsche Heldentum und das, was wir französisches Heldentum nennen könnten; es gibt das Heldentum des 19. Jahrhunderts, das faschistische/nationalsozialistische Heldentum, das kommunistische Heldentum, das japanische Heldentum…
Welches ist, angesichts dieser verschiedenen Formen des Heldentums, die spezifische und kritische Position des katholischen Heldentums?
Das deutsche Heldentum
Das deutsche [richtiger preußische] Heldentum des 19. Jahrhunderts kann als typisch für das 19. Jahrhundert bezeichnet werden: Es ist ein romantisches Heldentum. Es ist das personifizierte Heldentum der kaiserlichen Armee, die für eine hohe Idee des deutschen Volkes, der deutschen Kultur und Zivilisation und Deutschlands Mission steht. Mit Hilfe des Krieges – den einige mit einem gewissen brillanten und ritterlichen Geist führten – wollten sie den Namen des Deutschen Reichs und dessen Vorherrschaft bis an die Enden Europas tragen, zu einer Zeit, als Europa das Zentrum der Welt war. Europa zu beherrschen bedeutete damals wirklich, die Erde zu beherrschen.
Ich glaube, daß sich das Merkmal dieses Heldentums in drei Spitzen zusammenfassen ließ: die beiden Spitzen des kaiserlichen Schnurrbarts und die Spitze der Pickelhaube seiner Armee. Ich sage dies ohne Sarkasmus, denn ich muß gestehen, daß mich alle Formen des Heldentums mit Sympathie erfüllen, so sehr ich auch die Fehler ablehne, die sie mit sich bringen. Aber das Problem ist, daß diese Spitzen in der Tat den pointierten Charakter des deutschen Heldentums zum Ausdruck brachten.
Das Spezifische des deutschen Heldentums jener Zeit drückte sich in einer Reihe sehr elementarer und sehr einfacher Überzeugungen von gleicher logischer Kraft aus: „Der deutsche Kaiser repräsentiert den höchsten Ausdruck des am höchsten entwickelten Volkes auf dem politischen Terrain – welches das höchste Terrain des menschlichen Denkens ist – und muß daher von der besten Armee verteidigt werden, die begreiflicherweise die deutsche Armee ist: die beste für ihre Soldaten, die beste auch für ihre Kriegsindustrie“. In den Krupp-Werken hießen die beiden besten Geschütze „große Bertha“ und „kleine Bertha“. Bertha war Krupps Frau. Das ist sogar sympathisch: Sieht man von dem [für romanische Ohren] etwas groben Klang des Namens ab, bleibt die wilde Schönheit eines Felsens am Rhein. Natürlich ist es nicht gerade nett, eine Dame mit einer Kanone zu vergleichen: Da habe ich meine Vorbehalte. Wir befinden uns nicht mehr auf dem Terrain des Heldentums, sondern auf jenem der Industrie, und hier distanziere ich mich etwas von der deutschen Kultur.
Aber es bleibt wahr, daß dieses deutsche Heldentum auf einer Reihe von Überzeugungen beruhte, die die Deutschen für selbstverständlich hielten, und, sobald diese Überzeugungen akzeptiert waren, auf einem unnachgiebigen Kampf- und Siegeswillen, der sich in der aufrechten Haltung des deutschen Soldaten und in der Idee ausdrückte – die an sich nicht falsch ist, sodaß sie sich sogar beim heiligen Thomas von Aquin findet –, daß die Tapferkeit am typischsten im Angriff zum Ausdruck kommt, in der Ergreifung der Initiative zum Angriff für das Wohl.
Und das Symbol dieser Angriffslust sind die Spitzen des kaiserlichen Schnurrbartes. Jeder Deutsche, der etwas auf sich hielt, trug zu dieser Zeit einen Kaiserschnurrbart. Selbst wenn er ein friedlicher Beamter war, oder ein Wissenschaftler, der Ameisen studierte: Wenn er zum Friseur ging, fragte er diesen nach dem Kaiserschnurrbart.
Und oben auf dem Helm war sogar eine Spitze. Und auch die deutsche Diplomatie war spitz, aggressiv und bereit, zuerst zuzuschlagen. Der Stechschritt, der Paradeschritt mit hochgezogenem Bein, war eine Geste der Härte, die nicht nur wegen ihrer Wucht einschüchternd wirkte, sondern auch weil sie besondere Fertigkeiten der Soldaten nahelegte. Und sie zeigte den Willen zum Sieg. Und erinnerte an eine Vielzahl von deutschen Soldaten im Angriff…
Das ist das romantische Bild des deutschen Heldentums.
Französisches Heldentum
Das – ebenfalls romantische – Bild des französischen Heldentums tritt im Gegensatz zum deutschen Heldentum auf.
Es handelt sich nicht um eine Art französische Kopie des deutschen Heldentums, sondern um ein anderes romantisches Heldentum, das unter sehr schlechten Bedingungen entstanden ist, nämlich während der Französischen Revolution.
Ich glaube, daß nichts dieses französische Heldentum so gut zum Ausdruck bringt wie die „Marseillaise“. Es ist ein Ensemble von Harmonien, ein Ensemble von Impulsen, ein Ensemble von Bewegungen, das einen Vorwärtsmarsch bestimmt, schillernd, von Irrtümern beherrscht, die mit dem ganzen Schwung revolutionärer Leidenschaft brillant ausgesprochen werden.
Es geht nicht nur um den Fanatismus dieser blendend vorgetragenen Irrtümer, sondern auch um die Vorstellung, daß diese Irrtümer sich bewaffnet haben, daß sie sich zu einer Armee organisiert haben, die, wenn nötig, barfuß kämpft, die aber als Nervenfasern die Fähigkeit zum Kampf in sich trägt.
Und derjenige, der die Musik der „Marseillaise“ hört, merkt schnell, wie ergreifend die Musik ist und wie die „Marseillaise“ trotz aller Schrecken, die sie symbolisiert, die Fähigkeit hat, zu begeistern. Und schon marschiert der Mensch mit einem individuellen Schwung und Willen, weshalb er dafür auch bereit ist, allein zu kämpfen und Widerstand zu leisten: Er ist bereit, auf dem Schlachtfeld zu sterben, er ist bereit, alle Schrecken auf sich zu nehmen, um zu erreichen, was er beschlossen hat. Es ist eine andere Form des Heroismus.
Das faschistische/nationalsozialistische Heldentum
Wenn wir das nazifaschistische Heldentum betrachten, stoßen wir auf etwas Ähnliches, aber auch auf etwas, das sich von den beiden soeben untersuchten Formen des romantischen Heroismus unterscheidet.
Was ist das Besondere am Faschismus/Nationalsozialismus? Das nazifaschistische Heldentum beruht auf einigen sehr einfachen Daten und einigen elementaren Wahrheiten, die ebenso übertrieben sind wie das deutsche Heldentum, und es beruht weniger auf abstrakten – und leider perfiden – Lehren wie denen der Französischen Revolution.
Zum Beispiel der Wahrheit, daß Italien ein Nachkomme und in gewisser Weise eine Fortsetzung des Römischen Reiches ist und als solches danach streben kann, das Mittelmeer, das „Mare Nostrum“, zu beherrschen, um den Ruhm der lateinischen Kultur zu verteidigen, die in Italien wie in einem „Tabernakel“ wohnt und über Jahrhunderte die führende Kultur war.
In Deutschland ist es die demokratisierte Idee des Kaisers. Es geht nicht mehr darum, für eine Dynastie oder ein Reich zu kämpfen, sondern für das deutsche Volk, das König und Herr ist und den Anspruch erhebt, mehr Eigenschaften und Fähigkeiten zu haben als alle anderen Völker, die, wenn sie dies nicht anerkennen, schwere Schläge erhalten müssen, damit sie sich entschließen, sich vom deutschen Volk organisieren zu lassen, das dies zu tun versteht.
Das ist die Idee der Nationalsozialisten von der deutschen Vorherrschaft auf der Erde, nicht mehr mit dem spitzen Schnurrbart des Kaisers, sondern mit dem zynischen Schnurrbart Hitlers, der ihn in seinen Nasenlöchern zu verstecken scheint. Ein Mann, der nicht mehr die Größe des alten Europas hat, der aber zugleich ein großer Demagoge und ein schurkiger Politiker ist, der einmal schreit, einmal mit einem schiefen Blick schaut, aus dem seine Falschheit durchscheint.
Dieser Mann ist in der Lage, Menschenmassen zu elektrisieren und zu hypnotisieren. Der Kaiser hat nicht elektrisiert, er hat eine Tradition repräsentiert. Hitler hypnotisierte, und wenn er brüllte oder mit den Fäusten auf den Tisch schlug, entlud er enorme elektrische Ströme, die ganze Völker zum Kampf, zum Krieg, zur Aggression aufriefen. Er elektrisierte ganz Deutschland: Österreich, das Sudetenland, den Danziger Korridor und das Deutsche Reich selbst. Er elektrisierte alle, und er trieb alle zum Kampf mit einem magnetischen Fluidum, einem Hunger nach Heldentum, der die Menschen dazu führen vermochte, sich völlig beherrschen zu lassen.
Kommunistisches Heldentum
Im Gegensatz dazu steht heute das kommunistische Heldentum. Was ist das für ein Heldentum?
Genau genommen gibt es zwei Formen des kommunistischen Heldentums: das Heldentum des Soldaten in einer kommunistischen Armee und das Heldentum des Terroristen.
Das Heldentum des Soldaten einer kommunistischen Armee hat etwas Sadistisches und Fatalistisches an sich. Wenn man sich ein Foto eines sowjetischen Generals oder Soldaten ansieht, bemerkt man ein ausdrucksloses Auge, das starr auf einen Punkt am Horizont starrt. Es ist keine militärische Haltung, die von Begeisterung zeugt, sondern das Ergebnis einer geheimnisvollen Last, die die Seele bedrückt und an das Wirken des Dämons erinnert. Man könnte sagen, daß der Teufel dort Einzug gehalten hat und daß sich die Menschen ihm ausgeliefert haben, indem sie seinen ganzen berechnenden Haß und seine Aggressivität teilen, aber auch an der ganzen kalten Verzweiflung eines Menschen teilhaben, der weiß, daß er keine Hoffnung mehr auf Rettung hat.
Er ist kein Idealist: Er kommt nicht, um aufzubauen, sondern nur, um zu zerstören, weil er weiß, daß die Ordnung, die er vorgibt aufzubauen, eine Negation jeder wahren Ordnung ist, aber er will sie trotzdem. Er geht dem Tod entgegen, bewegt vom Fatalismus, mit der Entschlossenheit der kalten Verzweiflung und der Aggressivität des Hasses, die mit dieser Verzweiflung verbunden ist.
Dieser Heroismus hat etwas Irrationales und Fatalistisches an sich. Man könnte von hypnotisierten Menschen sprechen, die in den Tod marschieren.
Ganz anders verhält es sich mit dem Risiko, das der Terrorist eingeht. Der kommunistische Terrorist ist oft ein Mensch, der Drogen, Halluzinogene und alle Arten von Erregungsmitteln nimmt, der ein Leben im Rausch führt und der dazu neigt, das Leben zu verachten, wie es für Menschen typisch ist, die in einer Orgie leben. Nicht jeder, der so lebt, ist ein Kommunist. Wenn sie es sind, werden sie zu Terroristen. Wenn nicht, werden sie zu idiotischen Playboys, die vor mit voller Geschwindigkeit entgegenkommenden Autos über die Straße rennen, um einen neuen Nervenkitzel zu erleben, und schließlich zerfetzt sterben. Es ist eine Explosion der Unordnung, die das Ergebnis der ganzen inneren Unordnung oder vielmehr einer ganzen Ansammlung verschiedener innerer Störungen ist.
Japanisches Heldentum
Das japanische Heldentum hat etwas Blindes, etwas Mystisches, etwas Fanatisches und gleichzeitig Unerbittliches.
Man denke an die Geschichte des Hauslehrers des Mikado, der, als der alte Kaiser starb und der Mikado den Thron bestieg, zusammen mit seiner Frau „Harakiri“ machte. Doch zunächst erteilte er dem neuen Kaiser seine letzte Lektion, um zu sehen, ob alles, was er ihm beigebracht hatte, in Ordnung war. Nachdem er sich vergewissert hatte, daß der Kopf des Schülers für die Kaiserkrone bereit war, meinte der Lehrer, daß er nichts mehr zu tun habe. Er ging nach Hause und praktizierte mit einer völligen Kälte und Abgeklärtheit – einer Art Taubheit des Selbsterhaltungstriebes, die uns erschreckt – das „Harakiri“, was, soweit ich weiß, nicht nur ein Schnitt in den Unterleib ist, sondern eine Geste, mit der sich der Mensch buchstäblich die Eingeweide aus dem Körper reißt und so stirbt.
Hier kommt etwas von dem Geisteszustand zum Ausdruck, den die Gesichter bestimmter Idole in japanischen Tempeln zeigen. Idole mit glühenden Augen und grimmigen Gesichtern, mit verzweifelt aufgerissenen Mündern, wie bei jemandem, der sich die Eingeweide herausreißt und sein Leben opfert, in dem Bewußtsein, daß er etwas opfert, das ihn belastet und das er nicht mehr ertragen will.
Der „Kamikaze“ selbst hat etwas von dieser Figur. Im Heldentum des „Kamikaze“ erkennt man nicht die Überwindung der Angst, sondern eine Art Deformation, bei der er völlig gleichgültig in den Tod geht. Das ist kein katholisches Heldentum.
Katholisches Heldentum
Was ist angesichts all dessen das katholische Heldentum?
Das höchste Beispiel für katholisches Heldentum ist unser Herr Jesus Christus. Er ist das Vorbild aller Tugend und Heiligkeit, ja nicht nur das Vorbild, sondern die Quelle, aus der die Gnaden fließen, die zur Heiligkeit führen, und das vollkommenste Beispiel, das er für sein eigenes Heldentum gab, war m. E. sein Todeskampf im Ölgarten.
Nietzsche verachtete den Ölgarten. Er sagte, Jesus Christus habe sich im Ölgarten nicht als Mann gezeigt, er sei mit seiner Lehre von Liebe und Vergebung kein richtiger Mann, sondern ein weiches, süßliches Wesen. Das ist eine blasphemische Aussage! Hätten wir Nietzsche das Kreuz auferlegt, hätte er zweihundert Mal gebettelt, alle seine Ideen verleugnet, wäre abtrünnig geworden und hätte hundert andere Dinge getan. Er hätte nicht den Mut gehabt, das Kreuz zu tragen wie Jesus.
Diese Episode im Leben unseres Herrn Jesus Christus ist das heldenhafte Ereignis schlechthin, nicht nur, weil es von Ihm handelt, sondern wegen der Natur der Sache selbst, und die ist folgende:
Er war der Gottmensch und, auch in seinem Menschsein betrachtet, absolut vollkommen – nicht nur ohne Erbsünde, sondern der vollkommenste aller von Gott geschaffenen Menschen – und besaß in höchstem Maße alle Eigenschaften der menschlichen Kreatur.
So besaß Er auch einen sehr ausgeprägten und völlig ausgeglichen entwickelten Selbsterhaltungstrieb, der sich gerade aus der Tatsache seiner Vollkommenheit ergab. Da Er unendlich vollkommen war, waren auch alle Seine Instinkte vollkommen, und da der Selbsterhaltungstrieb ein grundlegendes Element jedes menschlichen Wesens ist, wäre Er deformiert und verfehlt gewesen, wenn Er diesen Instinkt nicht gehabt hätte. Er muß ihn also in höchstem Maße gehabt haben.
Außerdem verfügte Er über eine vollkommene Intelligenz und konnte erkennen, wie wertvoll die Zuneigung, die Solidarität und die Loyalität Seiner Freunde waren. Er hatte also ein viel vollkommeneres Verständnis für die moralischen Qualen, die Ihn betrafen, als wir sie haben könnten.
Und der vollkommene Selbsterhaltungstrieb führte dazu, daß auch Er sich vor den großen körperlichen Qualen fürchtete, die Er zu erleiden hatte. Deshalb hat es nie einen Menschen gegeben und wird es nie einen geben, der das Ausmaß an körperlichen Qualen erlitt, die unser Herr Jesus Christus erlitten hat.
Andererseits gab es nie einen Menschen und wird es nie einen geben, der die moralischen Qualen erlitt, die unser Herr Jesus Christus während der Passion erlitten hat. Nicht nur wegen der Apostel, die Ihn im Stich gelassen haben, sondern wegen all der Beleidigungen, die Er von jeder der Seelen erlitten hat, die Er retten wollte. Wir können gar nicht erahnen, wie sehr Er in der Passionszeit gelitten hat.
Als Er zum Gebet in den Ölgarten kam, als Er zum Todeskampf kam, erreichte Er sozusagen den Endpunkt seiner irdischen Existenz und beendete alles, was Er begonnen hatte. In dieser Nacht war Sein Werk vollendet. Nun tat Er noch etwas anderes: Er bereitete Sein körperliches und geistiges Empfinden vor, Er bereitete Seine Person darauf vor, das Kreuz auf sich zu nehmen und alles zu erleiden, was Er zu erleiden hatte. Es ging darum, vorauszusehen, zu fürchten, anzunehmen, zu entscheiden und zu tun. Das war der Todeskampf unseres Herrn Jesus Christus.
Wie wir wissen, bedeutet „Agonie“ Kampf. Der Kampf, den unser Herr Jesus Christus gegen all das führte, was in Ihm war und verlangte, daß nicht all diese Anhäufung von Schmerz über Ihn kommen sollte. Und genau das ist der Grund für Sein bewegendes und berührendes Gebet.
Er begann sich zu fürchten und zu zittern, sagt das Evangelium, aus Furcht vor dem, was kommen würde. Er fing an, Blut zu schwitzen: Ein größerer Ausdruck von Angst ist nicht möglich! Und innerhalb dieser Angst kann es keine größere Entscheidung geben als die, die Er auf dem Höhepunkt des moralischen Leidens dem ewigen Vater darbrachte: „Vater, wenn es möglich ist, nimm diesen Kelch von mir, aber dein Wille geschehe, nicht meiner“.
Das ist gleichbedeutend mit: „Wenn es möglich wäre, würde ich es vorziehen, nicht zu leiden, aber wenn ich nach deinem höheren Plan unbedingt leiden muß, dann bestehe ich nicht auf meinem Gebet. Ich akzeptiere das Leiden, das auf mich zukommt, und ich werde es ertragen. Ich werde dieses Leiden ertragen. Ich werde leiden bis zum letzten Stöhnen, bis zum letzten Blutstropfen, bis zur letzten Träne. Ich werde nicht zurückweichen!“
Da kam ein Engel und stärkte Ihn.
Betrachten wir hier einen außergewöhnlichen Aspekt der Passion: Unser Herr Jesus Christus hat nie gezögert, auch nicht, als die Folterknechte zu Ihm kamen und sagten: „Bist du Jesus von Nazareth?“ Er sagte sofort: „Ich bin es!“ Aber Er sagte es auf so erschütternde Weise, daß sie auf den Boden fielen. Damit zeigte Er, daß Er, wenn Er gewollt hätte, diese Qualen nicht erleiden hätte müssen und diese Männer leicht besiegen hätte können. Aber daß Er leiden würde, weil Er es wollte.
Er hatte die Macht, diese Menschen zu verjagen, aber trotz allem in Seinem Herzen schrie Er gegen den Schmerz an, Er akzeptierte den Schmerz und wollte den Schmerz bis zum Ende tragen.
In diesem Modell des Heldentums sieht man, was im Zentrum steht: die Überzeugung. Natürlich in menschlichen Begriffen gesprochen… Um von unserem Herrn Jesus Christus richtig zu sprechen, müßte man von der hypostatischen Vereinigung sprechen, also von den Mitteilungen, die Seine menschliche Natur während der Passion von Seiner Göttlichkeit empfangen hat. Aber ich möchte die Sache vereinfachen und mich daher in menschlichen Begriffen ausdrücken.
Unser Herr Jesus Christus hatte eine tiefe Überzeugung. Er wußte, daß Er den Willen des Vaters zu tun hatte, und Er wollte ihn tun. Als Folge dieses unerschütterlichen Willens hatte Er eine unbesiegbare Herrschaft über die Leidenschaften. Und als Folge dieser Beherrschung ertrug Er das Martyrium bis zum Ende.
Hier ist das Modell des Heldentums unseres Herrn Jesus Christus, die Erklärung dessen, was im Heldentum unseres Herrn Jesus Christus am meisten verborgen ist. Und es wiederholt sich in der Geschichte der Kirche.
Es gibt Zeiten, in denen der Atem des Heiligen Geistes die Kirche erschüttert und sich Legionen von Helden erheben. Zum Beispiel während der Kreuzzüge oder der Reconquista in Spanien und Portugal. Wir sehen Helden, die oft voller Freude aufbrachen, um für die Befreiung des Heiligen Grabes zu kämpfen oder das Gebiet der Iberischen Halbinsel von den Mauren, den eingedrungenen Muslimen, zu befreien.
Aber das sind die Momente, in denen die Gnade den Menschen eine spürbare Freude vermittelt. Es ist die Stunde, in der Tugend und Heldentum leicht sind.
Das ist nicht der beste Aspekt des Heldentums der Kreuzfahrer! Wir sehen den höchsten Aspekt vielmehr und, wenn wir die Bücher über die Kreuzzüge aufschlagen und die Leiden studieren, die sie durchmachten, die Risiken, die sie eingingen, als der Atem des Heiligen Geistes nicht mehr in ihnen spürbar war, als sie schreckliche Hitze, entsetzliche Märsche durch die Wüste, Dezimierung durch Pest und Hunger ertragen mußten und durch die Angriffe von Feinden, die ihnen zahlenmäßig weit überlegen waren und sie oft unter grausamen Bedingungen töteten. Dennoch hielten sie an ihrem Entschluß fest, für unseren Herrn Jesus Christus zu sterben, bis zum Schluß.
Es ist klar, daß in diesen Stunden viele, viele Male die Gnade aufhörte, spürbar zu sein. Es ist klar, daß auch in diesen Stunden alles so lief, wie es für unseren Herrn Jesus Christus gelaufen war. Das heißt, eine tiefe Überzeugung, eine Entschlossenheit, ein sehr fester Willensakt – als Folge dieser Überzeugung – drängte sich allen Sinnen auf, die „nein“ sagten und „nein“ forderten.
Ohne dies hätte es keine Kreuzzüge gegeben.
Heldentum ist nicht immer von übernatürlicher, spürbarer Freude begleitet. Der gewöhnliche Tod des katholischen Helden besteht in Angst, Schrecken, Langeweile und Terror, aber all dem widersteht eine tiefe Überzeugung.
Die Kreuzzüge und die Reconquista sind nicht als fröhliche Spaziergänge von Männern zu sehen, die ständig von ihrem Tun begeistert waren und die vor sich den Himmel offen sahen und sich bereit machten, freudig und von Engeln getragen in ihn einzugehen.
Es gab Kreuzritter, die auf diese Weise starben, es gab auch Märtyrer, die im Kolosseum oder im Circus Maximus auf diese Weise starben, in der vollen Freude, ihr Leben zu opfern. Aber das sind außergewöhnliche Tode. Der gewöhnliche Tod des katholischen Helden ist ein Tod in Angst, Schrecken, Langeweile und Terror, aber er wird durch eine tiefe Überzeugung heldenhaft getragen.
Genau hierin liegt der Unterschied zwischen dem katholischen Heldentum und den verschiedenen Schulen des Heldentums, die wir untersucht haben.
In diesen Schulen wird die Angst immer als schändlich angesehen. Und die ganz durchdachte, ganz reflektierte, ganz bewußte, ganz abgewogene Überzeugung wird als zweitrangig betrachtet. Als wahrer Held gilt derjenige, der durch eine Art propagandistische Überhitzung darauf vorbereitet wird, das zu tun, was die Partei oder die Nation von ihm verlangt. Sei es durch die „Marseillaise“, sei es durch einen Rausch der im Stechschritt marschierenden Phalanxen, sei es durch die Hypnose des Führers, sei es durch die ansteckende Romantik des Kaisers, sei es durch jene andere Art von finsterer Hypnose, die der Kommunismus ist.
All dies führt dazu, daß die Menschen, fanatisch und berauscht von einem Propagandasystem, ihren Selbsterhaltungstrieb nicht mehr spüren und sich blindlings oder wahnsinnig in die Gefahr stürzen. Sie lassen sich also nicht von einer rationalen Überzeugung leiten, sondern nur von ein paar einfachen Ideen, die selbstverständlich erscheinen und keiner wirklichen Analyse unterzogen wurden.
Ergebnis: Sobald der Moment des Heldentums vorbei ist, bricht das System zusammen.
Dieses System besteht aus ein paar großen Angriffen und Siegen. Aber wenn der Angriff keine Ergebnisse bringt und man anfangen muß, sich zu wehren, dann hält das System nicht und bricht zusammen. Warum ist das so? Weil alles auf Impulsen aufgebaut ist, es ist ein System, das auf Impulsen basiert. Und was auf Impulsen aufgebaut ist und auf Impulsen beruht, hat keinen Bestand.
Der Beweis liegt in der Geschichte dieser Regime. Nachdem das kaiserliche Regime im Ersten Weltkrieg besiegt worden war, löste sich das kaiserliche Deutschland vollständig auf. Es gab keine Invasion, aber es kapitulierte vor dem Gegner, um eine Invasion zu vermeiden, und fiel völlig auseinander. Die Armeen lösten sich auf und alle stimmten zu, sich Frankreich zu ergeben, um zu verhindern, daß Deutschland zerstückelt wird. Ein grandioser romantischer Angriff endete in einem wirtschaftlichen Kalkül und der Kapitulation!
Im Zweiten Weltkrieg, angegriffen von den Alliierten und den Sowjets, wurde Deutschland dieses Mal schwer bombardiert und besetzt. Dieses Mal leistete man Widerstand, aber wenn man die Geschichte gut studiert, kann man sehen, daß die Seele des Widerstands das einfache Volk war, das eine Tradition des Patriotismus hatte. Von den Führern knickten viele ein, bekamen Angst, oder sie versuchten zu fliehen oder Verrat zu üben. Als Hitler Selbstmord beging – oder besser aus der Verantwortung geflohen ist –, war er fast allein.
Historiker wissen, daß zur Zeit der Landung in der Normandie – der Episode, die den Krieg wendete – viele große deutsche Generäle im Hinterland blieben, weit weg vom Schlachtfeld. Einer war auf der Geburtstagsfeier seiner Mutter, einer war in Behandlung, einer restaurierte sein Schloß und so weiter. Viele machten sich Sorgen um ihr Leben: Der heroische Impuls war verflogen.
Nehmen wir die Integralisten [Vertreter des sogenannten „brasilianischen Faschismus“]. Es gab eine Zeit, in der zwei Kräfte in der brasilianischen Jugend stark anwuchsen: die katholische Bewegung und die integralistische Bewegung. Ich erinnere mich, daß einmal ein integralistischer Anführer zu uns kam und fragte: „Wie seid ihr hier organisiert? Ich antwortete ihm: „Wir sind ein Studienkreis“. Er sagte: „Aber warum ein Studienkreis?“ Ich antwortete: „Um die Lehre der Kirche zu durchdringen und für sie zu kämpfen“. Er sagte: „Nein, nein! Nicht mit Studienkreisen werden Helden vorbereitet. Der Held wird durch das Anheizen, durch das Überhitzen vorbereitet. Wir Integralisten, wenn es um den Kommunismus geht, studieren nicht, sondern wir stehen auf wie Katzen und sind bereit, uns auf die Kommunisten zu stürzen wie Katzen auf Ratten“. Ich sagte ihm: „Das wird nichts bringen, wenn ihr nicht völlig irrational seid, denn wenn ihr mit der Angst konfrontiert werdet, habt ihr nichts, um euch zu verteidigen“.
Kurz darauf gerieten beide Bewegungen in Schwierigkeiten: Diktator Getúlio Vargas verbot den Integralismus, und der Progressismus begann die katholische Welt zu unterwandern und uns zu bekämpfen. Die Integralistische Bewegung löste sich völlig auf, und einige dieser „Katzen“ wurden selbst Kommunisten.
Gott sei Dank haben wir jedoch weitergemacht, sogar unter Einsatz unseres Lebens und indem wir moralische Vorurteile und namenlose Verleumdungen ertrugen. Von da an blühte unsere Bewegung und alles auf, was wir kennen.
Was war geschehen? Das katholische Heldentum hat nichts gegen Fallschirmspringerkurse und alle Formen nützlicher Übungen, aber dieses Heldentum muß auf dem Boden des Glaubens stehen. Der Grund dieses Heldentums ist also die Überzeugung: Es sind die Gewißheiten des Glaubens.
Und diese Gewißheiten erwirbt der Mensch im Studium, im Gebet, in der Meditation. Er erwirbt sie durch den inneren Sieg über sich selbst, über seine ungeordneten Leidenschaften. Er erwirbt sie, wenn er keusch ist, wenn er rein ist, wenn er sich für die Arbeit einsetzt, wenn er konsequent ist; er erwirbt sie, indem er einen unnachgiebigen Geist gegen die Revolution formt, die um ihn herum tobt und danach sucht, wen sie verschlingen kann; er erwirbt sie, indem er die Anerkennung durch die Menschen unter seine Füße stellt und ausschließlich für die katholische Sache lebt, ohne sich um seine persönlichen Interessen zu kümmern – es sei denn, es ist für seine staatlichen Pflichten unerläßlich.
Auf diese Weise bildet der Mensch wirklich sein Heldentum aus und ist bereit, auf seinem Schlachtfeld ein Held zu sein. Das ist der Unterschied zwischen den neuheidnischen Schulen des Heldentums und der katholischen Schule des Heldentums, deren Schüler wir – mit den Grenzen und dem Elend alles Menschlichen – sein wollen.
Das ist das Heldentum, auf das wir uns vorbereiten müssen.
Unsere Stunde ist mehr denn je die Stunde des Heldentums. Das kommende Jahrhundert wird das Jahrhundert der Helden sein, denn nur Helden werden überleben. Niemand sonst wird überleben können.
In diesem Zeitalter ist es notwendig zu verstehen, daß wir als Helden geboren sind. Keine Helden, die nur aus einem Impuls, einem Instinkt, einem Temperament heraus handeln, sondern Helden, die es verstehen, heldenhaft zu sein, wie unser Herr Jesus Christus es war.
Jemand wird sagen: „Was für ein anmaßender Vergleich…“.
Ich antworte: Natürlich gibt es keinen Vergleich, außer in dem Sinne, daß Jesus Christus das Vorbild eines jeden Katholiken ist, und jeder Katholik gerufen ist, Ihn nachzuahmen. Unser Herr Jesus Christus selbst sagte: „Seid vollkommen, wie euer himmlischer Vater vollkommen ist. Wir können also sagen: „Seid heldenhaft, wie unser Herr Jesus Christus heldenhaft ist“.
Das ist die Schule des wahren Heldentums.
*Plinio Corrêa de Oliveira (1908–1995) war ein großer katholischer Denker und Gegenrevolutionär des 20. Jahrhunderts, er lehrte zunächst Kulturgeschichte an der Rechtswissenschaftlichen Fakultät der Universität Sao Paulo und wurde dann Professor für Neuere Geschichte und Zeitgeschichte an der Philosophischen Fakultät Sao Bento und an der Päpstlichen Katholischen Universität von Sao Paulo. Sein Leben widmete der brasilianische Philosoph, Historiker und Politiker der Verteidigung der katholischen Kirche und der katholischen Soziallehre. Konkret bedeutete das für ihn, den Kampf gegen die antichristlichen Ideologien Marxismus und Nationalsozialismus aufzunehmen. Während letztere mit dem Jahr 1945 verschwand, blieb der Marxismus in seiner Heimat Brasilien und weltweit eine Bedrohung, der er sich entgegenstellte. Sein Hauptwerk ist „Revolution und Gegenrevolution“.
Übersetzung: Giuseppe Nardi
Bild: Giuseppe Nardi
Der erste Artikel hier auf katholisches.info, der mich verärgert. Speziell die Auslassungen über Bärte und Hauben und über die französische Revolutionshymne…an den Haaren herbeigezogene Gedankenfragmente. Der Teil übers katholische Heldentum ist allerdings besser.