(Rom) Auf dem Rückflug aus der Mongolei nahm Papst Franziskus zu den Kritikern seines Pontifikats Stellung, inbesondere zu dem von ihm angestoßenen „synodalen Prozeß“. Die Episode, die Franziskus dabei erzählte, und mehr noch, was er daraus folgerte, lassen sprachlos zurück. Die Frage stellte ihm der Journalist der progressiven spanischen Zeitschrift Vida Nueva Antonio Pelayo.
Antonio Pelayo (Vida Nueva): Heiliger Vater, Sie haben soeben über die Synode gesprochen, und wir alle stimmen mit Ihnen überein, daß diese Synode viel Neugierde und viel Interesse weckt. Aber leider weckt sie auch viel Kritik, die aus katholischen Kreisen kommt: Ich möchte auf ein Buch mit einem Prolog von Kardinal Burke verweisen, der sagt, die Synode sei die ‚Büchse der Pandora‘, aus der alles Unheil für die Kirche herauskommen wird. Was halten Sie von dieser Position? Und glauben Sie, daß es sich um eine Position handelt, die von der Realität überholt ist, oder wird sie die Synode beeinflussen?
Papst Franziskus: Ich weiß nicht, ob ich es schon andere Male gesagt habe. Vor einigen Monaten rief ich eine Karmelitin an: „Wie geht es den Nonnen, Mutter Oberin?“, sagte ich zu der Priorin, die mir antwortete. Und schließlich sagt sie zu mir – eine nicht-italienische Karmelitin: „Eure Heiligkeit, wir haben Angst vor der Synode“. „Aber was ist denn los? Wollen Sie eine Nonne zur Synode schicken?“, sagte ich scherzhaft. Sie sagte: „Nein, wir haben Angst, daß sie unsere Lehre ändert“. Das ist es, was sie sagte: Es gibt diese Idee. Aber wenn man diesen Ideen auf den Grund geht, wird man Ideologien finden. Immer, wenn man in der Kirche den Weg der Gemeinschaft angreifen will, ist es immer eine Ideologie, die angreift. Und sie beschuldigen die Kirche für dieses oder jenes, aber sie beschuldigen sie nie für das, was wahr ist: daß sie sündig ist. Niemals sagen sie: „Sünderin“. Sie verteidigen eine „Doktrin“, in Anführungszeichen, die eine Lehre wie destilliertes Wasser ist, die nach nichts schmeckt, und sie ist nicht die wahre katholische Lehre, die im Glaubensbekenntnis steht. Es ist so, daß die wahre katholische Lehre oft ein Ärgernis ist, genauso wie die Idee, daß Gott Fleisch geworden ist, daß Gott Mensch geworden ist, daß die Muttergottes ihre Jungfräulichkeit bewahrt hat… Das skandalisiert. Die katholische Lehre ist manchmal skandalös. Ideologien sind allesamt Destillate, sie skandalisieren nie.
An dieser Stelle soll gar nicht versucht werden, der Frage nachzugehen, ob Papst Franziskus bei der Karmelitin, mit der er, gemäß seiner Schilderung, telefonierte und die ihm ihre Sorgen und die ihrer Mitschwestern anvertraute, „auf den Grund ging“ und eine „Ideologie“ fand. Interessant wäre vor allem, welche „Ideologie“ er wohl gefunden hätte. Die Suche nach einer Antwort wäre müßig, da von Franziskus keine Details verraten wurden.
„Mastro Titta“, ein katholischer Kolumnist, der unter diesem Pseudonym seine Kommentare bei Stilum curiae, dem Blog von Marco Tosatti, veröffentlicht, kritisierte jüngst Aussagen des päpstlichen Sondergesandten für die Ukraine, des italienischen Kardinals Matteo Maria Zuppi von der Gemeinschaft Sant’Egidio, Erzbischof von Bologna, Vorsitzender der Italienischen Bischofskonferenz und einer von mehreren Kronprinzen des regierenden Papstes für das Amt eines Franziskus II. oder Johannes XXIV., wie Franziskus auf derselben fliegenden Pressekonferenz am Montag meinte.
Die päpstlichen Seitenhiebe, mit denen er Kritiker seines Kurses als „Schriftgelehrte“, „Pharisäer“, „Paragraphenreiter“, „Indietristen“ und „Ideologen“ diskreditiert, riefen erneut Mastro Titta auf den Plan. Hören wir ihn selbst mit einer pointierten und auch etwas sarkastischen Reaktion:
Die Glaubenslehre schmeckt nach nichts? Heiligkeit, was reden Sie denn da?
Von Mastro Titta
„Sie verteidigen eine ‚Doktrin‘, in Anführungszeichen, die eine Lehre wie destilliertes Wasser ist, die nach nichts schmeckt.“ Bergoglios Worte in der fliegenden Pressekonferenz auf dem Rückweg aus der Mongolei offenbaren mit ekstatischer Perfektion, was er von der katholischen Lehre hält: etwas, das ohne Geschmack und ohne Substanz ist. Die Metapher des destillierten Wassers ist unerbittlich.
Er fügt hinzu, daß das, um das man im Vorfeld der Synode fürchtet, nicht „die wahre Lehre des Glaubensbekenntnisses“ ist. Er stellt fest, daß „sie die Kirche für dieses und jenes beschuldigen, aber nie für das, was wahr ist: daß sie sündig ist. Niemals sagen sie Sünderin“.
Auslöser für diese Stimme des unüberlegten Sprechens ist die übliche Telefonplauderei, die sich Bergoglio zwischen einem päpstlichen Müßiggang und dem anderen mit einer Karmelitin gönnte, die ihm gegenüber ihre „Befürchtung“ geäußert haben soll, daß „die Synode unsere Doktrin ändern wird“. Welche Argumente die arme Närrin zur Begründung ihrer Ängste vorbrachte, wurde nicht bekanntgegeben.
Es ist auch nicht bekannt, wer die närrische Karmelitin ist. Es gibt überraschende Telefonanrufe des Papstes, ohne daß Journalisten oder Kameras sie aufzeichnen.
Sie sind ganz anders als die überraschenden Anrufe, von denen wir zufälligerweise alles bis ins letzte Detail wissen. Wir sehen zum Beispiel, wenn der Papst ausgeht, um eine bescheidene Brille zu kaufen („Allein“, titelt La Stampa über dem Foto, das die ganze Fanmeile des päpstlichen Medientrosses zeigt, der sich lässig vor dem bescheidenen Optiker versammelt hatte, bei dem der Heilige Vater einen bescheidenen Preisnachlaß erbettelte), während wir andere Telefonanrufe wie den hier erwähnten einfach glauben müssen.
Interessant ist nicht die völlig unangebrachte Phobie – natürlich nicht, der Papst legt großen Wert darauf, dies klarzustellen – , sondern die Antwort Bergoglios auf eine so offensichtliche Dummheit.
Die Doktrin hat weder Inhalt noch Geschmack. Das Dummerchen von Karmelitin und viele Dummerchen wie sie sollten ihre Zeit, anstatt sich mit irrlichternden Feuern abzugeben, lieber damit verbringen, die Kirche als das anzuklagen, was sie ist: sündig.
Um es noch einmal zu sagen: Ein Pontifex, dessen zentrale Aufgabe es ist, seine Brüder im Glauben – genauer gesagt: in der Glaubenslehre – zu bestärken, fordert die katholischen Gläubigen auf, solche belanglosen Unsinnigkeiten [wie die Glaubenslehre] aufzugeben.
Gleichzeitig sollen die unbedarften Gläubigen zu Anklägern der Kirche werden (an Verleumdern der Kirche herrscht ja bekanntermaßen ein eklatanter Mangel), d. h. jener Institution, der er vorsteht.
Wenn Worte etwas bedeuten: Ein Herr, der nichts zu lehren hat, aber einer zweitausend Jahre alten Institution vorsteht, die von Sünde durchtränkt ist und für die die totalitäre Barmherzigkeit, die er predigt, nicht gilt, so würde ich sagen, bietet reichlich psychiatrisches Material.
Der Ton der Antworten ist undeutlich gesprochen, ungeordnet hingeworfen, eruptiv. Bergoglio hat zuviel gleichzeitig am Köcheln und springt vom Hundertsten ins Tausendste. Er entleert, verflüssigt, reduziert. Er wiederholt zwanghaft bereits geäußerte Konzepte, komprimiert sie wie Kleider in einem Urlaubskoffer. Er hat es eilig.
Für ihn gilt, was Kardinal Consalvi zu Napoleons Absichten, die Kirche zu zerstören, sagte: „Eure Majestät, wir Priester haben das seit achtzehn Jahrhunderten versucht und es ist uns nicht gelungen“.
Bergoglio hat weder zweitausend Jahre Tradition auf dem Buckel noch zwanzig Jahrhunderte Synodalität vor sich.
Text/Übersetzung: Giuseppe Nardi
Bild: Marco Matteucci via Stilum curiae