(Rom) Erzbischof Georg Gänswein, offiziell noch immer Präfekt des Päpstlichen Hauses und ehemaliger Privatsekretär von Benedikt XVI., wurden alle vatikanischen Bezüge gestrichen, wie der traditionsverbundene Blog Messa in Latino unter Berufung auf eine „Kardinalsquelle“ berichtet.
Papst Benedikt XVI. hatte kurz vor seinem Amtsverzicht Msgr. Gänswein 2012 zum Titularerzbischof von Urbisaglia und Präfekten des Päpstlichen Hauses ernannt. Auch nach dem Rückzug des deutschen Papstes in das Kloster Mater Ecclesiae in den Vatikanischen Gärten begleitete ihn Gänswein als Privatsekretär.
Im Vatikan war es ein offenes Geheimnis, daß Franziskus ihn nur aus Rücksicht auf Benedikt XVI. im Amt beließ. Gänsweins Entlassung wäre von vielen Katholiken als Affront gegen Benedikt XVI. verstanden worden. Franziskus war nicht daran interessiert, die Gläubigen wegen einer Personalie noch mehr gegen sich aufzubringen, als es ohnehin bereits der Fall war.
Anfang 2020, als mit dem nachsynodalen Schreiben zur Amazonassynode Hand an das Weihesakrament gelegt werden sollte, schreckte Franziskus im letzten Moment davor zurück, als Kardinal Robert Sarah zusammen mit Benedikt XVI. in Buchform ein leidenschaftliches Plädoyer für den priesterlichen Zölibat vorlegte. Franziskus tobte unüberhörbar wegen der durchkreuzten Pläne, wie informierte Kreise berichteten. Nach dem Motto „Wenn du den Herrn nicht schlagen kannst, schlage seinen Knecht“, zog sich Gänswein alle bergoglianischen Blitze zu. Zugleich suspendierte Franziskus Benedikts Privatsekretär von seinem offiziellen Amt als Präfekt des Päpstlichen Hauses.
„Franziskus meinte, mir würden Demütigungen guttun“,
wie Msgr. Gänswein in seinen Anfang des Jahres erschienenen Memoiren schreibt. So blieb es bis heute. Gänswein erhielt weiterhin seine Entlohnung für das Amt, hatte aber keine Aufgabe mehr.
Am 9. Januar, vier Tage nach der Beisetzung von Benedikt XVI., rief Franziskus Gänswein zu sich. Anschließend hieß es mutmaßlich, daß es bei der Begegnung um Gänsweins Zukunft gegangen sei. Mehrere Wochen später machten Gerüchte die Runde, er werde als apostolischer Nuntius in ein zentralamerikanischen Land versetzt. Die Angabe hatte nie Hand und Fuß, bestätigte aber, daß Franziskus dem deutschen Prälaten eröffnet hatte, daß er nun, da Benedikt tot ist, keinen Bedarf mehr für ihn habe.
Am Tag vor der letzten Audienz für Msgr. Gänswein, am 8. Januar, hatte Franziskus beim Angelus auf dem Petersplatz gesagt:
„Fragen wir uns: Bin ich ein Mensch, der spaltet, oder ein Mensch, der teilt?“
Die Aussage war aber offenbar nicht selbstkritisch, sondern rethorisch gemeint.
Inzwischen wurde, viel plausibler, das Gerücht herumgereicht, Gänswein habe ohne Amt und Auftrag in seine brodelnde Heimat zurückzukehren. Er wäre nicht der erste Würdenträger, für den Franziskus keine Verwendung mehr hat. Interessanterweise trifft es auffallend viele Deutsche, also Kirchenmänner jener Nation, deren höchste Exponenten, weltliche wie kirchliche, gerade sub et cum Franziskus den Aufstand gegen die göttliche Ordnung proben.
Benedikt XVI. starb am 31. Dezember 2022. Franziskus setzte Gänswein bei der genannten Audienz kurz darauf eine Frist von sechs Monaten, um seine Koffer zu packen. Dazu paßt die Einstellung der Gehaltszahlungen. Zudem, so Messa in Latino, wurde Gänswein angewiesen, seine Wohnung im Vatikan zu räumen, deren Renovierung er aus seinen eigenen Mitteln bezahlt hatte. Ein bergoglianischer Nachmieter wird sich darüber freuen. Das Amt eines Präfekten des Päpstlichen Hauses dürfte ohnehin unter Franziskus nicht mehr nachbesetzt werden. Es geht, wie es schon vor einiger Zeit im päpstlichen Umfeld hieß, auch ohne, wie sich seit Gänsweins Suspendierung vor über drei Jahren zeige.
Eine offizielle Bestätigung über die Amtsenthebung und Gänsweins Entfernung aus dem Vatikan, Entscheidungen, die nur Franziskus selbst treffen kann, liegt noch nicht vor.
[Update: 15.06.2023] Gesagt, getan: Mit dem heutigen Tagesbulletin teilte das vatikanische Presseamt mit, daß Erzbischof Gänswein bereits mit dem vergangenen 28. Februar sein Amt als Leiter der Präfektur des Päpstlichen Hauses verloren hat und, wie zuletzt bereits durchgesickert war, von Papst Franziskus in seine Heimatdiözese zurückgeschickt wird. Mit dem 1. Juli hat Msgr. Gänswein den Vatikan zu verlassen.
Text: Giuseppe Nardi
Bild: VaticanMedia (Screenshot)