
„Erneute Verschlimmerung der Knieschmerzen“, heißt es im Tagesbulletin des vatikanischen Presseamtes. Der Heilige Stuhl veröffentlichte die Rede, die Papst Franziskus bei der heutigen Audienz für das Jüdische Komitee für interreligiöse Gespräche hätte halten sollen. An dieser nahm er aber nicht teil, sondern ließ sich von Kardinal Kurt Koch vertreten, der auch die Botschaft von Franziskus verlas.
Obwohl der Papst noch am Morgen in Santa Marta die Delegation des Ökumenischen Patriarchats von Konstantinopel empfangen hatte, ließ er sich für das später geplante Treffen mit der jüdischen Delegation im Apostolischen Palast entschuldigen.
Franziskus leidet seit Monaten an allgemeinen Kniegelenksschmerzen. Eine im vergangenen Jahr durchgeführte Operation brachte nicht den gewünschten Erfolg. Die therapeutischen Eingriffe zeigen Höhen und Tiefen. Zuletzt ließ sich das Kirchenoberhaupt im Rollstuhl schieben, konnte sich aber zwischendurch auch mit einem Gehstock fortbewegen.
Er selbst hatte brasilianischen Bischöfen erzählt, er sei „einige Tage ohne den Rollstuhl“ ausgekommen. Zuvor hatte er den italienischen Bischöfen mitgeteilt, daß eine weitere Operation für ihn nicht mehr in Frage komme. Die Narkose beim Eingriff im Vorjahr hatte vorübergehende, aber schwerwiegende Komplikationen verursacht, die vom Vatikan geheimgehalten worden waren.
Eine Reihe von Terminen werden von Franziskus wahrgenommen, andere abgesagt. Die für Anfang Juli geplante Afrika-Reise wurde vorerst gestrichen, während jene nach Kanada Ende Juli noch aufrecht ist.
Im Vatikan heißt es, daß die erneute Verschlimmerung seiner Schmerzen auf die jüngsten Termine zurückgehen könnte, die von Franziskus wahrgenommen wurden, darunter die gestrige Messe zum Hochfest Peter und Paul im Petersdom, die er nicht zelebrierte, an der er aber teilnahm.
Es gibt auch Stimmen, die einen möglichen Zusammenhang mit Impfnebenwirkungen sehen. Akute Probleme seien bei Franziskus nach der zweiten Impfung im Februar 2021 aufgetreten und hätten sich nach der dritten Impfung in der zweiten Oktoberhälfte 2021 sukzessive verschlechtert:
- Am 26. Januar 2022 ging Franziskus bei der Generalaudienz nicht wie üblich zu den Gläubigen und entschuldigte sich dafür. Als Grund nannte er „eine Gelenksentzündung“.
- Am 27. Februar 2022 reiste Franziskus wegen „akuter Gelenksschmerzen“ nicht wie vorgesehen nach Florenz.
- Am 2. März 2022 sagte er die Zelebration zum Aschermittwoch ab.
- Bei seinem Besuch auf Malta am 2./3. April 2022 verwendete Franziskus erstmals das Papamobil.
- Am 22. April 2022 teilte das Presseamt mit, daß Franziskus seine Aktivitäten „verlangsamt“ und alle Verpflichtungen jenes Tages abgesagt sind. Seither kommt es immer häufiger zu solchen Absagen.
- Am 5. Mai 2022 ließ sich Franziskus erstmals öffentlich im Rollstuhl schieben. Anlaß war die Audienz für die Union der Generaloberen katholischer Ordensgemeinschaften.
- Am 23. Mai 2022 sagte Franziskus bei der Audienz für die italienischen Bischöfe: „Lieber trete ich zurück“, als sich erneut einer Operation wie im Vorjahr zu unterziehen.
- Am 25. Mai 2022 trat Franziskus erstmals öffentlich mit einem Gehstock auf. Seither wechseln sich Rollstuhl und Gehstock ab, bei einem Überwiegen des Rollstuhls.
Text: Giuseppe Nardi
Bild: VaticanMedia (Screenshot)