
Von Martha Burger
(Wien) Ist die Wiederherstellung der „josephinischen“ Kirche ein gewünschter Effekt – Neben- oder Haupteffekt – der Corona-Diktatur, die Schritt für Schritt etabliert wird? Als Josephinismus wurde das Kirchenverständnis und die Kirchenpolitik von Kaiser Joseph II. bekannt, der von 1780 bis 1790 als Landesfürst auch die habsburgischen Erblande regierte und dort seine Vorstellungen durchsetzen konnte. Gemeint ist die konsequente Unterordnung der Kirche unter den Staat.
Die Corona-Diktatur ist eine Tatsache, wenn auch von vielen nicht als solche erkannt. Der Zweck heiligt nicht die Mittel. Nicht der Vorwand ist entscheidend, ob von einer Diktatur die Rede sein kann, sondern die staatlichen Maßnahmen sind es. Was aber ist eine Diktatur, wenn nicht das, was wir seit 20 Monaten erleben mit Eingriffen in die körperliche Unversehrheit der Person, Arbeitsverlust, Berufsverbot, Zwangsmaßnahmen und Beschneidung der Grundrechte?
Die benebelnde Verzerrung der Wirklichkeit durch Regierung und Mainstream, die bei vielen Zeitgenossen einen tranceartigen, obrigkeitlichen Tunnelblick entstehen haben lassen, ist besorgniserregend.
Die Kirche bietet zum Leidwesen der Gläubigen, aber auch aller Menschen guten Willens, – bis auf Ausnahmen – keinen Halt. Vielmehr verspielt sie eine seit langem einzigartige Chance. Sie hat sich seit März 2020 den staatlichen Vorgaben ohne Wenn und Aber gebeugt. Eine eigenständige Positionierung erfolgte seither nicht. Selbst das Verbot öffentlicher Gottesdienste wurde von den Bischöfen in vorauseilendem Gehorsam als freiwillige Leistung erbracht. Die Maxime der kirchlichen Obrigkeit lautet: „Was interessiert, ist ein gutes Verhältnis zur Regierung“. Dafür wurden radikalste Eingriffe in das kirchliche Leben hingenommen. Für welche Gegenleistung?
Die enthüllten Chat-Nachrichten, die Bundeskanzler Sebastian Kurz mit seinem Intimus Thomas Schmid darüber wechselte, wie mit der katholischen Kirche in Österreich umzuspringen sei, lassen tief in das Innere des neuen Josephinismus blicken.
Nun wurde von der Bundesregierung ein beispielloses Corona-Zwangsregime am Arbeitsplatz verordnet. Der gesunde Mensch wird immer mehr aus dem öffentlichen Raum verbannt. Nur der kontrollierte Mensch zählt. Ob gesund oder nicht, spielt dabei in Wirklichkeit keine Rolle, wie die verlogene Vertuschung des Impfversagens bei Geimpften zeigt (euphemistisch „Impfdurchbruch“ genannt).
3G gilt seit dem 1. November am Arbeitsplatz. Und dann will noch jemand behaupten, daß keine Diktatur etabliert wurde. Was anderes macht denn eine Diktatur als totale Kontrolle und Ausübung von Zwang? Eigenverantwortung, Selbstbestimmung, selbst im engsten Lebensbereich, zählen nicht mehr. Wer nicht spurt, dem droht die Regierung „harte“ Zeiten an. Man will die Menschen beugen.
Und wieder erweist sich die Kirche als treuester Gefolgsmann. Sie wirkt sogar „josephinischer“ als der Josephinismus, denn ein Gottesdienstverbot wurde von der Regierung gar nie verlangt. Daß der über die eigenen Beine gestürzte Bundeskanzler Kurz hinter den Kulissen dergleichen angedeutet haben mag, steht auf einem anderen Blatt geschrieben. Die Bischöfe haben sich diesbezüglich nie geäußert, geschweige denn beschwert.
Diözese verordnet Blockwart-Denunziantentum
Wie aus den Anweisungen der Ordinariatskanzlei des Bistums Graz-Seckau hervorgeht, ist die kirchliche Hierarchie auch in der Zwangsmaßnahme 3G am Arbeitsplatz „josephinischer“. Während das autoritäre türkis-grün-rote Corona-Regime (nur mit den Stimmen der oppositionellen SPÖ erreichte die ÖVP-Grüne-Regierung die Zweidrittelmehrheit) die 3G-Regelung am Arbeitsplatz mit 1. November oktroyierte, bestand in der Diözese Graz-Seckau „der Auftrag, die 3G-Regel für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, Ehrenamtliche sowie für externe Teilnehmende an Besprechungen/Sitzungen/Fortbildungen anzuwenden“, bereits seit 15. September. Vergleichbares ist für die anderen österreichischen Diözesen vorauszusetzen.

Wie in einem diktatorischen Regime werden Vorgesetzte zu Blockwarten und Denunzianten gegen die eigenen Mitarbeiter, Untergebenen und Anvertrauten umfunktioniert. So heißt es in einem Ordinariatsschreiben vom 3. November:
„Die jeweiligen Vorgesetzten bzw. die Leiterinnen bzw. Leiter von Sitzungen/Fortbildungen/Besprechungen sind verpflichtet, dies zu prüfen und bei fehlendem Nachweis den Zutritt zu verhindern.“
Das Gegenteil war gestern, heute gelten Exklusion und Diskriminierung. Die Diözese verlangt, daß die Corona-Apartheid durchgesetzt wird:
„Konkret bedeutet das:
- Pfarrer kontrolliert Pfarrmitarbeitende und Diakone
- Seelsorgeraumleiter kontrolliert Priester und handlungsbevollmächtigte Personen
- Generalvikar kontrolliert Seelsorgeraumleiter und Führungskräfte des Ordinariats
- Führungskräfte des Ordinariats kontrollieren Mitarbeitende.“
Das Corona-Narrativ der Regierung wird unhinterfragt übernommen und apodiktisch verordnet. Die „Verschärfungen der Regeln“ durch die Regierung werden von Generalvikar Erich Linhardt verkürzt weitergegeben, was einer zusätzlichen Verschärfung entspricht (man denke an Art. 23 der neuen Regierungsverordnung).
Wie eng die kirchliche Hierarchie als Handlanger der Regierung handelt, von Zusammenarbeit auf Augenhöhe kann keine Rede sein und wird kirchlicherseits auch gar nicht angestrebt, zeigt sich in einer augurenhaften Vorhersage des Generalvikars:
„In absehbarer Zeit wird an Stelle der 3G-Regel die 2,5‑Regel treten.“
In der Tat ist damit zu rechnen, daß die Bundesregierung die ganze Palette der neuen diskriminierenden Stufenregelung rauf und runter spielen wird, um am Ende festzustellen, aber zu verschweigen, daß der Zinnober epidemiologisch nichts gebracht haben wird. Und auch gar nicht notwendig war. Dann ist aber der Winter um, und wieder ein Jahr im Corona-Wahn gewonnen. Der Faktor Zeit scheint im ganzen Spiel ja eine wichtige Rolle zu spielen. Welche auch immer das sein mag.
Ganz im Stil der Regierung fehlt es in der Anweisung des Generalvikars auch nicht an Drohung und Einschüchterung:
„Die unmittelbar Vorgesetzten werden angewiesen, die Einhaltung der jeweils gültigen G‑Regeln zu prüfen. Bei Unterlassung der Prüfung, die eine schwere Verfehlung darstellt, haben die Beteiligten mit Konsequenzen zu rechnen. Dadurch entstehender Schaden ist dem Dienstgeber zu ersetzen.“
Wer die faktenfreien Zwangsmaßnahmen der Regierung hinterfragt oder sich der Zuweisung einer denunziatorischen Blockwart-Rolle entzieht, begeht also eine „schwere Verfehlung“ mit Konsequenzen. Knallhart übernimmt die Diözese von der Regierung auch den Lohnentzug, wenn jemand keinen 3G-Nachweis erbringt und dann nicht zur Arbeit zugelassen wird. Der Gesunde war gestern. Heute zählen nur mehr Lug und Fiktion mit dem Ziel den neuen Untertanen zu schaffen – auch im religiösen Mäntelchen.
Ganz im Sinne der Regierungsvorgaben hielt die Diözese am Allerseelentag ein „interreligiöses“ Pandemie-Gedenken – ohne jeden kritischen Ton, obwohl nicht wenige der Corona-Tode durch Zulassung einer medikamentösen Behandlung, anstatt der einseitigen Impf-Verbissenheit, verhindert werden hätten können. Auch Gedenken kann duch Verzerrung und Ausblendung unwahrhaftig sein.
Seit dem 15. September gilt in Österreichs Gottesdiensten wieder der stupide FFP2-Maulkorb-Erlaß. Kuschen und Maulhalten, das ist das Ideal des „Bürgers des 21. Jahrhunderts“, wie ihn sich die Regierung wünscht. Österreichs Bundesregierung handelt dabei auf gespenstische Weise synchron mit anderen westlichen Regierungen, als stünde hinter allem eine bedeutende PR-Zentrale, die Stichwörter liefert. Die Kirche überträgt das Ganze folgsam auf die Gläubigen. Der Vorwand heißt Corona. Das magische Zauberwort, das die autoritärsten Regierungsträume Wirklichkeit werden läßt.
Auch den kirchlichen Amtsträgern kostet es offensichtlich keine Träne, wenn sie beinhart gesunde Menschen ohne 3G-Nachweis von Teilen des kirchlichen Lebens ausschließen. Wobei das nur eine Seite der Medaille ist. Die vielleicht noch gewichtigere ist, daß die Kirchenverantwortlichen das verlogene Corona-Narrativ mit dem hochdefizitären Test-Wahn hinnehmen, ohne mit der Wimper zu zucken. Eine repressive Sackgasse, aus der es unter den im März 2020 eingeführten Prämissen keinen Ausweg gibt.
Generalvikar Linhardt schließt sein Schreiben dann auch mit dem Satz:
„Die Österreichische Bischofskonferenz tagt in der kommenden Woche; so sie sich auf Veränderungen einigen, werden Sie zeitnah informiert.“
Eine Drohung.
Und das Gottvertrauen?
Bild: Diözese Graz-Seckau (Screenshot)
Zitat von Franz Joseph Rudigier (Bischof von Linz im 19. Jahrhundert):
„Der bekannte ehemalige Minister Lamey hat einmal im Landtage in Karlsruhe bei der Verhandlung über ein Gesetz auf die Bemerkung von Katholiken, dass ihr Gewissen durch dasselbe verletzt werde, geantwortet: Das Gesetz sei das öffentliche Gewissen. Bischof Ketteler von Mainz hat diesen Satz in einer eigenen Broschüre Ist das Gesetz das öffentliche Gewissen? siegreich widerlegt. Es ist um die Würde des Individuums, es ist uns die persönliche Freiheit, es ist überhaupt um das, was man bisher Gewissen genannt hat, geschehen, der Staat ist ein Idol, dem kein anderes in der Heidenzeit ähnlich war, wenn das Gesetz als das öffentliche Gewissen gilt, welches dem individuellen keinen Platz mehr lässt.“
Quelle: Rudolf Zinnhobler u. a. (Hrsg.): Bischof Franz Joseph Rudigier und seine Zeit. Landesverlag Linz 1987, S. 177f