Die mysteriösen Ursprünge des Coronavirus (1. Teil)

Ein historischer Beitrag


Was läßt sich über die nach wie vor vernachlässigte Frage nach dem Ursprung des Coronvirus SARS-CoV-2 (Covid-19) sagen? Der Versuch einer Bestandsaufnahme.
Was läßt sich über die nach wie vor vernachlässigte Frage nach dem Ursprung des Coronvirus SARS-CoV-2 (Covid-19) sagen? Der Versuch einer Bestandsaufnahme.

Von Rober­to de Mattei*

Eine Prämisse zur Methode

Anzei­ge

Wäh­rend die poli­ti­sche, wis­sen­schaft­li­che und mora­li­sche Dis­kus­si­on über Covid-19-Impf­stof­fe die öffent­li­che Mei­nung spal­tet, gibt es einen grund­le­gen­den Punkt, der trotz sei­ner Bedeu­tung von den Mas­sen­me­di­en und kul­tu­rel­len Infor­ma­ti­ons­trä­gern an den Rand gedrängt wird: der Ursprung des Coro­na­vi­rus und sei­ne pla­ne­ta­ri­sche Ausbreitung.

Acht­zehn Mona­te nach dem Aus­bruch des Virus ist es viel­leicht an der Zeit, die nach und nach ans Licht kom­men­den Infor­ma­tio­nen zu ord­nen und eine erste Betrach­tung der Gene­se die­ses die Geschich­te ver­än­dern­den Ereig­nis­ses zu versuchen.

Die Metho­de, die ich anwen­den wer­de, um an die Pro­blem­stel­lung her­an­zu­tre­ten, ist die des Histo­ri­kers: 1.) die Quel­len zitie­ren, nach­dem deren Ver­läß­lich­keit über­prüft wur­de; 2.) die Fak­ten geord­net und ohne vor­ge­faß­te The­sen rekon­stru­ie­ren; 3.) eine Inter­pre­ta­ti­on vor­schla­gen, die, so per­sön­lich sie sein mag, immer und allein von der Suche nach der Wahr­heit gelei­tet ist.

Schließ­lich und nicht zuletzt muß die Bereit­schaft gege­ben sein, die eige­ne Mei­nung auf­grund neu­er Tat­sa­chen, die ihr wider­spre­chen, zu ändern.

Zu den wich­tig­sten Quel­len, die zu Rate gezo­gen wer­den soll­ten, gehö­ren die Geheim­dienst­be­rich­te der bedeu­tend­sten Län­der der Welt. Ich bin nicht in der Lage, auf die­se Quel­len zurück­zu­grei­fen, aber ich glau­be, daß die Autoren von zwei Büchern, die dem­nächst ver­öf­fent­licht wer­den, dies zumin­dest teil­wei­se getan haben: „Was wirk­lich in Wuhan geschah“ („What real­ly hap­pen­ed in Wuhan“ von Shar­ri Mark­son, das im Sep­tem­ber bei Har­per Coll­ins erschei­nen wird, und „Der poli­tisch unkor­rek­te Leit­fa­den für Pan­de­mien“ („The Poli­ti­cal­ly Incor­rect Gui­de to Pan­de­mics“) von Ste­ven Mos­her, das von Reg­nery für März 2022 ange­kün­digt wurde.

In Erwar­tung der Infor­ma­tio­nen, die uns die­se Wer­ke bie­ten, schla­ge ich eine Rekon­struk­ti­on der Ereig­nis­se vor, die auf Sekun­där­quel­len und unter ande­rem auf den Stu­di­en zwei­er ita­lie­ni­scher Autoren basiert: Die erste mit dem Titel „Chi­na Covid-19. Die Chi­mä­re, die die Welt ver­än­dert hat“ („Cina Covid-19. La chi­mera che ha cam­bia­to il mon­do“), ist dem Arzt und For­scher Joseph Tritto zu ver­dan­ken und wur­de im August 2020 im Ver­lag Can­tag­al­li mit einem Vor­wort von James Gold­berg und einem Nach­wort von Lui­gi Fri­ge­rio ver­öf­fent­licht; die zwei­te ist dem inve­sti­ga­ti­ven Jour­na­li­sten Fabri­zio Gat­ti zu ver­dan­ken und wur­de im April 2021 im Ver­lag La nave di Teseo unter dem Titel „Der unend­li­che Feh­ler. Die gehei­me Geschich­te einer Pan­de­mie, die es zu ver­mei­den galt“ („L’infinito errore. La sto­ria segre­ta di una pan­de­mia che si dove­va evi­t­are”) ver­öf­fent­licht.

Die Doku­men­ta­ti­on, die von die­sen und ande­ren Autoren wie dem Repor­ter Nicho­las Wade in sei­nem Essay „Der Ursprung von COVID: Haben Mensch oder Natur die Büch­se der Pan­do­ra in Wuhan geöff­net?“ („The ori­gin of COVID: Did peo­p­le or natu­re open Pandora’s box at Wuhan?“, Bul­le­tin of the Ato­mic Sci­en­tists, 5. Mai 2021) und von Bri­ce Per­ri­er in sei­nem Inter­view mit dem CNRS-Viro­lo­gen Eti­en­ne Decro­ly, „SARS-CoV‑2, die Ursprün­ge der Krank­heit“ (SARS-CoV‑2, aux ori­gi­nes du mal, Belin, Mai 2021), legt eine The­se vor, die ich ver­su­chen wer­de mit Fak­ten und Argu­men­ten zu unter­mau­ern: Das Coro­na­vi­rus wur­de im chi­ne­si­schen Labor in Wuhan her­ge­stellt, aus dem es ent­we­der durch einen Unfall oder durch Kriegs­ab­sich­ten ent­kom­men ist. In jedem Fall ist die Ver­ant­wor­tung des kom­mu­ni­sti­schen Chi­na äußerst schwer­wie­gend, aber eben­so schwer­wie­gend ist die Ver­ant­wor­tung der west­li­chen Län­der, die, nach­dem sie mut­maß­lich bei ihren ver­trau­li­chen Unter­su­chun­gen zur Her­kunft des Virus zu ähn­li­chen Schluß­fol­ge­run­gen gelangt sind, aus Angst vor poli­ti­schen, mili­tä­ri­schen und wirt­schaft­li­chen Span­nun­gen mit Chi­na sich ent­schie­den haben, zu schweigen.

In Wirk­lich­keit wird das kom­mu­ni­sti­sche chi­ne­si­sche Regime aus die­sem Schwei­gen nur Vor­teil zie­hen kön­nen, so wie es jetzt maxi­ma­len Vor­teil aus der Aus­brei­tung der Pan­de­mie zieht, die lei­der dra­ma­tisch real ist und deren schäd­lich­ste Aus­wir­kun­gen im psy­cho­lo­gi­schen und kul­tu­rel­len Bereich entfaltet.

Der Zweck die­ses Arti­kels und der ande­ren, die fol­gen wer­den, besteht genau dar­in, Ele­men­te der Klar­heit zu bie­ten in einer Situa­ti­on der Gei­stes­ver­wir­rung und der Auf­re­gung, in der der Westen heu­te zu ver­sin­ken scheint.

Wuhans glitzerndes Schaufenster

Die Stadt Wuhan mit elf Mil­lio­nen Ein­woh­nern ist die Haupt­stadt von Hubei, einer histo­ri­schen Bin­nen­pro­vinz in Zen­tral­chi­na. Wuhan ver­fügt über meh­re­re Flug­hä­fen und neun U‑Bahn-Lini­en und gilt als tech­no­lo­gi­sches und indu­stri­el­les „Schau­fen­ster“ des kom­mu­ni­sti­schen chi­ne­si­schen Rei­ches. Es wird das „chi­ne­si­sche Detroit“ genannt, weil dort die gro­ßen natio­na­len Auto­her­stel­ler ihren Sitz haben, und es wird auch das „chi­ne­si­sche Sili­con Val­ley“ genannt, weil es Unter­neh­men behei­ma­tet, die bei der Ent­wick­lung neu­er Tech­no­lo­gien an vor­der­ster Front ste­hen. Etwa zwan­zig Kilo­me­ter vom Zen­trum der Stadt Wuhan ent­fernt, auf der ande­ren Sei­te des Jang­tse, befin­den sich unweit von­ein­an­der drei Insti­tu­te: die Chi­na Bio­lo­gy Tech­no­lo­gy Group, das Bio­lo­gi­cal Engi­nee­ring Depart­ment und das Wuhan Insti­tu­te of Viro­lo­gy, in dem das Wuhan Natio­nal Bio­sa­fe­ty Labo­ra­to­ry unter­ge­bracht ist, der ein­zi­ge Stand­ort in Chi­na mit der Sicher­heits­stu­fe P4, der höch­sten, die inter­na­tio­nal aner­kannt ist.

Was am 4. Juli 2019 am Stadt­rand von Wuhan pas­sier­te, schreibt Mas­si­mo Gat­ti, hat das glit­zern­de Schau­fen­ster zer­bro­chen. An die­sem Tag lan­den Bil­der, wie Ein­hei­ten der Bereit­schafts­po­li­zei gegen Tau­sen­de von Ein­woh­nern von Wuhan vor­ge­hen, die mit Sprech­chö­ren „Stürzt die Kom­mu­ni­sti­sche Par­tei“ demon­strie­ren, auf Wei­bo, der chi­ne­si­schen „Microblogging“-Seite (einer Mischung kur­zer Inhal­te im Netz zwi­schen Twit­ter und Face­book) und gehen, bevor sie zen­siert wer­den, um die Welt. „Und für die chi­ne­si­schen Kom­mu­ni­sten wie für alle tota­li­tä­ren Regime – fügt Gat­ti hin­zu –  ist der Ver­lust der Infor­ma­ti­ons­kon­trol­le über ein Ereig­nis noch schwer­wie­gen­der als das Ereig­nis selbst“ (L’infinito errore, S. 85).

Der Jour­na­list ver­öf­fent­lich­te eini­ge Bil­der des Pro­tests, der vom 28. Juni bis 4. Juli, sie­ben Tage in Fol­ge, statt­fand (S. 92–99). Was dabei auf­fällt, wie er anmerkt, ist nicht die offen­sicht­li­che Poli­zei­ge­walt, son­dern die Wut der Bür­ger, die der neu­en chi­ne­si­schen Mit­tel­schicht angehören.

An den glei­chen Tagen gin­gen in Hong­kong zwei Mil­lio­nen Men­schen, fast drei­ßig Pro­zent der Bevöl­ke­rung, gegen die pro-chi­ne­si­sche Gou­ver­neu­rin Car­rie Lam auf die Straße.

Die­se Ereig­nis­se zei­gen, daß die Macht­de­mon­stra­tio­nen des kom­mu­ni­sti­schen Regimes, wie die gigan­ti­sche Mili­tär­pa­ra­de zum 70. Jah­res­tag der Volks­re­pu­blik Chi­na, ern­ste und zum Teil unkon­trol­lier­ba­re inter­ne Schwie­rig­kei­ten verbergen.

Die kommunistische Diktatur in China

2019 fei­er­te das kom­mu­ni­sti­sche Chi­na sein sieb­zig­jäh­ri­ges Bestehen. Die Volks­re­pu­blik Chi­na wur­de am 1. Okto­ber 1949 von Mao Zedong gegrün­det. Seit­dem regiert die Kom­mu­ni­sti­sche Par­tei Chi­nas das Land. Xi Jin­ping ist seit 2012 Sekre­tär der Kom­mu­ni­sti­schen Par­tei und seit 14. März 2013 Staats­prä­si­dent des kom­mu­ni­sti­schen Chi­na, dem die Repu­blik Chi­na, die noch immer freie und unab­hän­gi­ge Insel Tai­wan, ent­ge­gen­steht. Von Xi Jin­ping abhän­gig ist die Volks­be­frei­ungs­ar­mee mit zwei Mil­lio­nen akti­ven Sol­da­ten und fünf­hun­dert­tau­send Reser­vi­sten, die Bewaff­ne­te Volks­po­li­zei mit ein­ein­halb Mil­lio­nen Sol­da­ten, die auf Ein­sät­ze der inne­ren Sicher­heit wie Auf­ruhr und Ter­ro­ris­mus spe­zia­li­siert ist, und die Volks­mi­liz mit etwa drei Mil­lio­nen Frau­en und Män­nern, die zur Unter­stüt­zung in den para­mi­li­tä­ri­schen Divi­sio­nen ein­ge­glie­dert sind.

Xi Jin­ping und die Füh­rer der Kom­mu­ni­sti­schen Par­tei Chi­nas sind beses­sen vom Zusam­men­bruch der Sowjet­uni­on und ande­rer kom­mu­ni­sti­scher Län­der in Ost­eu­ro­pa. Ihr Pro­blem, wie Mas­si­mo Intro­vi­gne fest­stellt, besteht dar­in, die KPC dar­an zu hin­dern, das Schick­sal der kom­mu­ni­sti­schen Par­tei­en in Ost­eu­ro­pa zu erle­ben. Des­halb schrecken sie vor kei­ner Form der Repres­si­on zurück.

Der World Report 2020 über Men­schen­rechts­ver­let­zun­gen in der Welt im Jahr 2019, von Human Rights Watch ver­öf­fent­licht, wid­met sich aus­führ­lich der Dik­ta­tur von Xi Jin­ping. Der Bericht erklärt, daß Peking mehr als jede ande­re Regie­rung die Tech­no­lo­gie in den Mit­tel­punkt sei­ner repres­si­ven Akti­vi­tä­ten gestellt hat. Es gibt 134 chi­ne­si­sche Unter­neh­men, die Werk­zeu­ge zur Unter­drückung von Demon­stra­tio­nen und zur Fol­ter von Häft­lin­gen her­stel­len. Die Inter­na­tio­na­le Gesell­schaft für Men­schen­rech­te (IGFM), eine Nicht­re­gie­rungs­or­ga­ni­sa­ti­on mit Sitz in Frank­furt am Main, hat in einer Stu­die die häu­fig­sten Fol­ter- und Miß­hand­lungs­me­tho­den in der Volks­re­pu­blik Chi­na zusam­men­ge­tra­gen: Ver­dre­hen und Über­dre­hen von Glied­ma­ßen, Elek­tro­schocks, Ver­bren­nen und Ver­brü­hen, Hun­ger, Durst, Schlaf­ent­zug, sexu­el­le Gewalt, Stich- und Schnitt­ver­let­zun­gen, Miß­hand­lun­gen durch Tie­re, Ersticken, Psych­ia­trie­miß­brauch, Was­ser­ker­ker, Zwangs-„Ernährung“, Auf­hän­gen sowie gebro­che­ne Fin­ger und Kno­chen. Zu den ver­brei­te­ten Prak­ti­ken gehört auch der Organ­raub an poli­ti­schen Gefan­ge­nen, um den flo­rie­ren­den Organ­han­del des Lan­des zu beliefern.

Eine 2020 ver­öf­fent­lich­te und von der Vic­tims of Com­mu­nism Memo­ri­al Foun­da­ti­on finan­zier­te Stu­die pran­gert mit zahl­rei­chen Zeu­gen­aus­sa­gen die Ermor­dung poli­ti­scher Gefan­ge­ner in Chi­na an, zum Zweck, aus­ge­wähl­te Kran­ken­häu­ser mit ihren Orga­nen wie Herz, Leber, Lun­ge und Nie­ren zu ver­sor­gen, die chi­ne­si­schen und aus­län­di­schen Pati­en­ten trans­plan­tiert wer­den. Eini­ge der größ­ten und füh­ren­den Trans­plan­ta­ti­ons­kli­ni­ken Chi­nas befin­den sich in Wuhan.

Dar­über hin­aus ist seit 2003 das Gol­den Shield Pro­ject aktiv, ein natio­na­les Sicher­heits­pro­jekt, das durch aus­ge­klü­gel­te Soft­ware eine mas­si­ve Kon­trol­le über Infor­ma­tio­nen aus­übt. Sogar WeChat, die chi­ne­si­sche Mes­sa­ging-Platt­form, die von über einer Mil­li­ar­de Men­schen in Chi­na und im Aus­land genutzt wird, unter­liegt der durch­gän­gi­gen akti­ven Über­wa­chung – über­all. Eines der Zie­le der Regie­rung ist es, die digi­ta­le Repres­si­on zu stär­ken: „Tota­le Kon­trol­le der Wohn­be­völ­ke­rung durch das Sozi­al­punk­te­sy­stem (citi­zen score system), ein Instru­ment, das die Zuver­läs­sig­keit der Bür­ger bewer­tet und damit das Ver­trau­en mißt, das in ihn gesetzt wer­den kann. Jedem Bür­ger wer­den Repu­ta­ti­ons­punk­te zuge­wie­sen, die das Han­deln bedingt und mißt“ (Anto­nio Sal­va­ti­ci: Coro­na­vi­rus Made in Chi­na, Rub­bet­ti­no, Sover­ia Man­nel­li 2020, S. 7).

Unter den zehn Mil­lio­nen Ein­woh­nern von Hang­zhou bei­spiels­wei­se wer­den in den Klas­sen­zim­mern Kame­ras instal­liert, um den Gesichts­aus­druck und den Auf­merk­sam­keits­grad der Schü­ler zu über­wa­chen. Xi Jin­ping und sein Appa­rat haben es auch im Aus­land geschafft, ein beein­drucken­des Netz­werk ihrer Unter­stüt­zer auf­zu­bau­en: Uni­ver­si­täts­pro­fes­so­ren, Unter­neh­mer, Mana­ger und eine Viel­zahl von Par­la­men­ta­ri­ern bis hin zu den neu­en Bewe­gun­gen, die im Inter­net ent­stan­den sind und in west­li­chen Demo­kra­tien die gesam­te Band­brei­te abdecken.

Die Volks­re­pu­blik Chi­na ent­fal­tet zudem Akti­vi­tä­ten „weit­ver­brei­te­ter Spio­na­ge“ im Westen. Das kom­mu­ni­sti­sche Regime setzt syste­ma­tisch die eige­nen Bür­ger im Aus­land ein, um Infor­ma­tio­nen zu sam­meln, und nutzt diplo­ma­ti­sche Ein­rich­tun­gen, um die­se Infor­man­ten zu ver­wal­ten. Jeder chi­ne­si­sche Stu­dent im Aus­land ist ein poten­ti­el­ler Agent, weil sie alle gesetz­lich ver­pflich­tet sind, Spio­na­ge gegen die USA zu betrei­ben. Laut Arti­kel 7 und 14 des chi­ne­si­schen Geheim­dienst­ge­set­zes von 2017 (Natio­nal Intel­li­gence Law)  ist jeder chi­ne­si­sche Staats­bür­ger im Aus­land ver­pflich­tet, auf Ver­lan­gen Spio­na­ge zu betrei­ben. Am 26. April 2021 ver­ab­schie­de­te Chi­na ein neu­es inner­staat­li­ches Gesetz über Spio­na­ge und Spio­na­ge­ab­wehr, das unter ande­rem vor­sieht, daß jeder chi­ne­si­sche Staats­bür­ger, der von einer Aus­lands­rei­se nach Hau­se zurück­kehrt, auf Ver­lan­gen der Geheim­dien­ste Pekings ein Inter­view-Gespräch mit die­sen füh­ren muß (Huff­Post, 28. April 2021).

Biologische Waffen des 21. Jahrhunderts

Die Bio­tech­no­lo­gie stellt zusam­men mit der Infor­ma­ti­ons­tech­no­lo­gie einen der Haupt­for­schungs- und Inve­sti­ti­ons­be­rei­che der chi­ne­si­schen Regie­rung dar. Ein inter­na­tio­na­les Abkom­men, die Bio­waf­fen­kon­ven­ti­on (Bio­lo­gi­cal and Toxin Wea­pons Con­ven­ti­on, BTWC), unter­zeich­net am 12. April 1972 und am 26. März 1975 in Kraft getre­ten, ver­bie­tet die Ent­wick­lung, Her­stel­lung und Lage­rung von bio­lo­gi­schen Waf­fen. Die Volks­re­pu­blik Chi­na hat die Kon­ven­ti­on unter­zeich­net, sie aber nie rati­fi­ziert. Die unter­las­se­ne Rati­fi­zie­rung hat es der Volks­re­pu­blik ermög­licht, die bio­tech­no­lo­gi­sche For­schung für mili­tä­ri­sche Zwecke im Ein­klang mit ihrem Groß­macht­stre­ben vor­an­zu­trei­ben. Es gibt ein chi­ne­si­sches Pro­gramm der bio­lo­gi­schen Kriegs­füh­rung, zu dem Struk­tu­ren aktiv sind, die unter der Kon­trol­le des Ver­tei­di­gungs­mi­ni­ste­ri­ums und der Streit­kräf­te ste­hen (hier).

Bio­lo­gi­sche Waf­fen gehö­ren zur Kate­go­rie der Mas­sen­ver­nich­tungs­waf­fen. Ihr Ein­satz kann vie­le Vor­tei­le ver­schaf­fen. Wäh­rend des Kal­ten Krie­ges wur­de der inter­na­tio­na­le Frie­den durch das „Gleich­ge­wicht des Schreckens“ zwi­schen Ruß­land und den Ver­ei­nig­ten Staa­ten sicher­ge­stellt, die bei­de wuß­ten, daß der Ein­satz von Atom­waf­fen eine sofor­ti­ge und ver­hee­ren­de Reak­ti­on der ande­ren Super­macht her­vor­ru­fen wür­de. Kei­ne Abschreckung ist mög­lich, wenn Atom­waf­fen durch bio­lo­gi­sche Waf­fen ersetzt wer­den, die sich ihrer Natur ent­spre­chend für den ver­deck­ten Ein­satz eig­nen. Im Gegen­satz zum nuklea­ren oder che­mi­schen Angriff hat der bio­lo­gi­sche Angriff eine schäd­li­che oder töd­li­che Wir­kung auf Din­ge und Men­schen, ohne daß sein wah­rer Ursprung iden­ti­fi­ziert wer­den kann. Dar­über hin­aus greift die­ser Krieg auf­grund sei­nes ver­bor­ge­nen Cha­rak­ters nicht nur den Kör­per, son­dern auch die Moral der Bevöl­ke­rung an, die die Ver­ant­wor­tung für den Scha­den nicht den Ver­ur­sa­chern der Kri­se zuschreibt, son­dern jenen in ihren eige­nen Län­dern, die sie zu hand­ha­ben ver­su­chen: „Letzt­lich“, so Tritto, „ist es prak­tisch unmög­lich, mit Sicher­heit fest­zu­stel­len, ob es sich um einen Angriff, ein Natur­er­eig­nis oder eine Epi­so­de aus man­geln­der Sicher­heit han­delt“ (Tritto, S. 51) .

Das Kon­zept der bio­lo­gi­schen Kriegs­füh­rung hat sich in den letz­ten Jah­ren mit dem Über­gang von toxi­ko­lo­gi­schen Waf­fen zu patho­ge­nen Vek­tor­waf­fen, die nach der Zer­stö­rungs­kraft des Virus klas­si­fi­ziert wer­den, gewandelt.

Um als bio­lo­gi­sche Waf­fe aus­ge­wählt zu wer­den, muß ein Krank­heits­er­re­ger auf eini­ge wesent­li­che Merk­ma­le reagie­ren: a) ein sel­te­ner, unge­wöhn­li­cher oder ein­zig­ar­ti­ger Mikro­or­ga­nis­mus sein, der eine neue Krank­heit ver­ur­sacht; b) kei­ne doku­men­tier­ten epi­de­mio­lo­gi­schen Spu­ren zu sei­ner Her­kunft hin­ter­las­sen; c) eine unge­wöhn­li­che geo­gra­phi­sche Ver­tei­lung und/​oder Selek­ti­vi­tät besit­zen; d) meh­re­re Infek­ti­ons­quel­len gleich­zei­tig haben (Tritto, S. 79).

In die­sem Zusam­men­hang sei dar­an erin­nert, daß 1999 ein Buch der bei­den Offi­zie­re der chi­ne­si­schen Volks­be­frei­ungs­ar­mee Qiao Lian und Wang Xiang­sui mit dem Titel „Unre­st­ric­ted war­fa­re“ („Unein­ge­schränk­ter Krieg. Die Kunst des asym­me­tri­schen Krie­ges zwi­schen Ter­ro­ris­mus und Glo­ba­li­sie­rung“) ver­öf­fent­licht wur­de, in dem die Autoren argu­men­tier­ten, daß die Volks­re­pu­blik Chi­na zur Selbst­ver­tei­di­gung nicht zögern soll­te, alle ihr zur Ver­fü­gung ste­hen­den Instru­men­te „unein­ge­schränkt“ einzusetzen.

Der Begriff „unein­ge­schränk­ter Krieg“ bezieht sich auf den „asym­me­tri­schen Krieg“: ein Kon­flikt, bei dem eine der Par­tei­en gezwun­gen ist, sich gegen einen nicht iden­ti­fi­zier­ba­ren Feind zu ver­tei­di­gen, der unkon­ven­tio­nel­le Waf­fen ein­setzt. Der Ein­satz von Bio­tech­no­lo­gie, Infor­ma­ti­ons­tech­no­lo­gie, künst­li­cher Intel­li­genz ist Teil der chi­ne­si­schen Mili­tär­stra­te­gie und ein typi­sches Bei­spiel für asym­me­tri­sche Kriegsführung.

Chi­na zum Bei­spiel, so schreibt John Rat­clif­fe, Direk­tor der Natio­nal Intel­li­gence der USA, des Zusam­men­schlus­ses der 17 US-ame­ri­ka­ni­schen Nach­rich­ten­dien­ste, im Wall Street Jour­nal vom 3. Dezem­ber 2020, füh­re Expe­ri­men­te an Ange­hö­ri­gen der Volks­be­frei­ungs­ar­mee durch, um bio­lo­gi­sche „Super­sol­da­ten“ durch den Ein­satz der CRIS­PR-Tech­no­lo­gie zu schaf­fen, eines der fort­schritt­lich­sten und umstrit­ten­sten gene­ti­schen Mani­pu­la­ti­ons­werk­zeu­ge (hier).

Min­de­stens drei­ßig For­schungs­in­sti­tu­te in der Volks­re­pu­blik Chi­na sind an der Erfor­schung, Ent­wick­lung, Pro­duk­ti­on oder Lage­rung von bio­lo­gi­schen Waf­fen betei­ligt (Gat­ti, S. 258f). Das Army Logi­stic Sci­en­ti­fic Rese­arch Pro­ject, eines der wis­sen­schaft­li­chen For­schungs­pro­jek­te der Armee, reicht von der Anwen­dung künst­li­cher Intel­li­genz über die Ana­ly­se bio­me­di­zi­ni­scher Daten bis hin zur Paten­tie­rung neu­er Krank­heits­er­re­ger. Droh­nen, künst­li­che Intel­li­genz, Quan­ten­tech­no­lo­gie, Bio­lo­gie, Neu­ro­wis­sen­schaf­ten sind die neu­en Hori­zon­te der chi­ne­si­schen Mili­tär­stra­te­gie (Tritto, S. 75). Das hat es Chi­na ermög­licht, sei­ne Ver­tei­di­gungs- und Offen­siv­ka­pa­zi­tät deut­lich zu erhöhen.

Ein Text mit dem Titel „The Unna­tu­ral Ori­gin of SARS and New Spe­ci­es of Man-Made Virus­es as Gene­tic Bio­wea­pons“ („Der unna­tür­li­che Ursprung von SARS und neue Arten men­schen­ge­mach­ter Viren als gene­ti­sche Bio­waf­fen“), der fünf Jah­re vor der COVID-19-Pan­de­mie ver­öf­fent­licht wur­de, beschreibt SARS-Coro­na­vi­ren als „eine neue Ära gene­ti­scher Waf­fen“, die „künst­lich mani­pu­liert und auf eine noch nie dage­we­se­ne Wei­se ent­fes­selt wer­den kön­nen“ (hier).

Alle Regie­run­gen sind sich der Mög­lich­keit bio­lo­gi­scher Kriegs­füh­rung und des Risi­kos eines ver­se­hent­li­chen Aus­tritts patho­ge­ner Viren aus Labors bewußt, die nicht über die erfor­der­li­chen Sicher­heits­stan­dards ver­fü­gen. Die seit vie­len Jah­ren betrie­be­ne Impf­stoffor­schung hat nicht nur das Ziel, sich vor natür­li­chen Epi­de­mien zu schüt­zen, son­dern auch vor der mög­li­chen Ver­brei­tung syn­the­ti­scher Viren in der Welt (sie­he Biode­fen­se in the Age of Syn­the­tic Bio­lo­gy. Natio­nal Aca­de­mies Press (US), 2018) .

Die Probleme der Biosicherheit

Das Aus­maß der Bio­si­cher­heit in Labors ist ein Zusam­men­wir­ken von Vor­sichts­maß­nah­men, die zur Iso­lie­rung von gefähr­li­chen bio­lo­gi­schen Erre­gern in einer geschlos­se­nen Umge­bung erfor­der­lich sind. Die Ein­däm­mungs­stu­fen rei­chen von Stu­fe 1, der nied­rig­sten (BSL‑1), bis zur höch­sten Stu­fe 4 (BSL‑4). Die Defi­ni­ti­on der Ebe­nen wur­de in den Ver­ei­nig­ten Staa­ten von Ame­ri­ka von den Cen­ters for Dise­a­se Con­trol and Pre­ven­ti­on (CDC), einer US-Bun­des­be­hör­de zur Über­wa­chung des öffent­li­chen Gesund­heits­we­sens, entwickelt.

Eine SARS-Epi­de­mie (Schwe­res aku­tes Atem­wegs­syn­drom) hat die Volks­re­pu­blik Chi­na von 2002 bis 2003 getrof­fen und Hun­der­te von Todes­op­fern gefor­dert. Zu den Ver­folg­ten des Pekin­ger Regimes, wie Gat­ti erin­nert, gehört der Mili­tär­arzt und Gene­ral­ma­jor Jiang Yan­yong, der mit einem Brief an die Behör­den das Mas­sa­ker von 1989 auf dem Tian’an­men-Platz anpran­ger­te und 2004 fest­ge­nom­men wur­de, weil er detail­lier­te Infor­ma­tio­nen über die Epi­de­mie in sei­nem Land bekannt­ge­macht hat­te, die bis dahin von sei­ner Regie­rung unter Ver­schluß gehal­ten wor­den waren. Seit­dem wur­de von der Mög­lich­keit gespro­chen, daß das Virus durch Nach­läs­sig­keit bei den Bio­si­cher­heits­maß­nah­men aus dem Pekin­ger Insti­tut für Viro­lo­gie ent­kom­men sei. Auch die WHO schlug am 18. Mai 2004, nach dem SARS-Aus­bruch in Peking, Alarm wegen der Mög­lich­keit wei­te­rer Vor­fäl­le auf­grund des Miß­ma­nage­ments in den chi­ne­si­schen Labors.

Zu jener Zeit schloß Frank­reich, das von Washing­ton iso­liert wur­de, weil es sich nicht am Irak-Krieg betei­ligt hat­te, wich­ti­ge Wirt­schafts­bünd­nis­se mit Peking. Aus der neu­en Freund­schaft zwi­schen den dama­li­gen Staats­prä­si­den­ten Jac­ques Chi­rac und Hu Jin­tao erwuchs die Ent­schei­dung, ein gemein­sa­mes Labor der höch­sten Sicher­heits­stu­fe P4 in Wuhan zu errich­ten – trotz der Zurück­hal­tung der fran­zö­si­schen Diplo­ma­tie und fran­zö­si­scher Mili­tär­krei­se im Bewußt­sein, daß die Wis­sen­schaft in Chi­na über die Aka­de­mie der Wis­sen­schaf­ten direkt von der Kom­mu­ni­sti­schen Par­tei kon­trol­liert wird. „Zwei Jahr­hun­der­te Fort­schritt in der Erfor­schung der gefähr­lich­sten Viren und Bak­te­ri­en könn­te ein stark mili­ta­ri­sier­tes und unde­mo­kra­ti­sches Regime wie das in Peking in die Lage ver­set­zen, ohne jede Kon­trol­le die Züch­tung neu­er Krank­heits­er­re­ger zu beherr­schen. Und genau das wird pas­sie­ren“ (Gat­ti, S. 226).

Am 23. Febru­ar 2017 gab der sozia­li­sti­sche fran­zö­si­sche Pre­mier­mi­ni­ster Ber­nard Caze­neuve, als er in Wuhan ein­ge­trof­fen war, bekannt, daß „es für Frank­reich eine Ehre ist, zum Bau des ersten bio­lo­gi­schen Hoch­si­cher­heits-P4-Labors in Chi­na bei­getra­gen zu haben“, dem Wuhan Natio­nal Bio­sa­fe­ty Labo­ra­to­ry. „Die­ses Labor, das wir gemein­sam auf­ge­baut haben, wird eine Speer­spit­ze in unse­rem Kampf gegen neu auf­tre­ten­de Krank­hei­ten sein“ (hier).

Die chi­ne­si­sche Regie­rung hat­te end­lich ihr Ziel erreicht: ihr erstes natio­na­les P4-Labor zu schaf­fen, aus­ge­stat­tet mit einer rie­si­gen Bio­bank mit Virus­pro­ben aller Art, in dem sowohl zivi­le als auch mili­tä­ri­sche For­schung betrie­ben wird. Das Wuhan-Labor, im Zen­trum eines Netz­werks von P4-Labors, forscht an Viren, die für den Men­schen poten­ti­ell patho­gen sind, sowohl im Bereich der bio­me­di­zi­ni­schen als auch der bio­lo­gi­schen Waf­fen. „Wir kön­nen das Wuhan-Labor daher als außer­ge­wöhn­li­ches Instru­ment zur Errei­chung der zivi­len und mili­tä­ri­schen Zie­le der Volks­re­pu­blik Chi­na betrach­ten“ (Tritto, S. 78).

Ein Teil der inter­na­tio­na­len wis­sen­schaft­li­chen Gemein­schaft ist jedoch besorgt über die mög­li­che „Frei­set­zung von Krank­heits­er­re­gern und die Hin­zu­fü­gung einer bio­lo­gi­schen Dimen­si­on zu den geo­po­li­ti­schen Span­nun­gen zwi­schen Chi­na und ande­ren Natio­nen“ (Gat­ti, S. 257).

Am 24. Okto­ber 2019 ver­öf­fent­licht Pro­fes­sor Yuan Zhi­ming, Direk­tor des Labors für Bio­si­cher­heit in Wuhan, einen Arti­kel im Jour­nal of Bio­sa­fe­ty and Bio­se­cu­ri­ty des nie­der­län­di­schen Ver­lags Else­vier, in dem er die Gefähr­lich­keit der For­schung an Bak­te­ri­en und Viren in Chi­na anpran­gert. Prof. Yuan schlägt vor, die bestehen­den Richt­li­ni­en, Vor­schrif­ten und Stan­dards für die bio­lo­gi­sche Sicher­heit in chi­ne­si­schen Labors zu kor­ri­gie­ren. Ist ihm bewußt, daß das neue Coro­na­vi­rus bereits im Umlauf ist?

Die geheimnisvolle Ärztin Shi Zhengli

Die Schlüs­sel­fi­gur in der Geschich­te die­ser Ereig­nis­se ist Dr. Shi Zheng­li vom Wuhan-Insti­tut, die von ihren Kol­le­gen für ihre For­schung zu Fle­der­maus-Coro­na­vi­ren den Spitz­na­men „Bat­wo­man“ erhal­ten hatte.

Nach der Epi­de­mie 2002/​2003 ent­deck­te Dr. Shi Zheng­li, daß eini­ge Huf­ei­sen­na­sen-Fle­der­mäu­se (Rhi­no­lo­phus fer­ru­me­quinum, die ihren Namen einem auf­fäl­li­gen Nasen­auf­satz ver­dan­ken) die natür­li­chen Reser­voi­res von Coro­na­vi­ren sind, die den SARS-Coro­na­vi­ren ähneln (Wen­dong Li, Shi Zheng­li und Meng Yu: Bats Are Natu­ral Reser­voirs of SARS-Like Coro­na­vi­rus­es, in Sci­ence, Bd. 310, Nr. 5748, 28. Okto­ber 2005, S. 676–679) und ab 2005 lei­te­te sie mit ihrem Kol­le­gen Cui Jie ein For­scher­team, das Dut­zen­de Höh­len besuch­te, die von Mil­lio­nen von Fle­der­mäu­sen bewohnt wer­den, und von Tau­sen­den in ganz Chi­na Pro­ben nahm.

Im Herbst 2006 besuch­te Shi Zheng­li eine Schu­lung im P4-Labor „Jean Mérieux“ in Lyon. Nach ihrer Rück­kehr nach Chi­na nahm sie an einem Pro­jekt teil, das durch gen­tech­ni­sche Ein­grif­fe dar­auf abziel­te, die S‑Spike-Pro­te­ine ​​des Fle­der­maus-Coro­na­vi­rus zu modi­fi­zie­ren, um ein neu­es Spike-Pro­te­in zu erhal­ten, das imstan­de ist, an das gefun­de­ne ACE2 (Angio­ten­sin Con­ver­ting Enzy­me 2) anzu­docken, das sich in mensch­li­chen Zel­len fin­det und als Rezep­tor für das Virus fun­gie­ren kann. Das Spike-Pro­te­in (eng­lisch für „Dorn“ oder „Sta­chel“) bedeckt die äuße­re Ober­flä­che von Coro­na­vi­ren mit „kro­nen­för­mi­gen“ Vor­sprün­gen, die den Haupt­me­cha­nis­mus dar­stel­len, durch den Ziel­zel­len infi­ziert werden.

2013 wur­de Shi Zheng­li zur Direk­to­rin des BSL-3-Labors in Wuhan ernannt, wo fran­zö­si­sche Unter­neh­men mit dem Bau der Struk­tur der höch­sten Stu­fe BSL‑4 begon­nen hat­ten, wie in den fast zehn Jah­ren zuvor unter­zeich­ne­ten Ver­ein­ba­run­gen vor­ge­se­hen. 2014 wur­de sie zur Direk­to­rin des Bio­sa­fe­ty Com­mit­tee des Wuhan Insti­tu­te of Viro­lo­gy und dann zur Direk­to­rin der Spe­cial Patho­gens and Bio­sa­fe­ty Labo­ra­to­ries der Aka­de­mie der Wis­sen­schaf­ten beför­dert. „Mit die­sen Posi­tio­nen erkennt die Kom­mu­ni­sti­sche Par­tei ihre tota­le Loya­li­tät an und erwar­tet von ihr offen­bar den gebüh­ren­den Respekt“ (Gat­ti, S. 246).

Am 28. Novem­ber 2013 ver­öf­fent­lich­te Dr. Shi Zheng­li zusam­men mit dem bri­ti­schen Zoo­lo­gen Peter Das­zak in der Zeit­schrift Natu­re eine Stu­die, in der nach­ge­wie­sen wird, daß es mög­lich ist, aus­ge­hend von einer Pro­be von Fle­der­maus­kot eine Zell­kul­tur zu infi­zie­ren, das Coro­na­vi­rus zu iso­lie­ren und sich repli­zie­ren zu las­sen (hier). Die beun­ru­hi­gend­ste Ent­deckung ist, daß das neue Coro­na­vi­rus SL.CoV-WIV1 (Initia­len des Wuhan Insti­tu­te of Viro­lo­gy) und sein Zwil­ling Rs3367 in der Lage sind, an das Ace2-Enzym anzu­docken, das beim Men­schen als Rezep­tor für das Virus fun­giert, und damit poten­ti­ell von Fle­der­mäu­sen auf den Men­schen über­tra­gen zu wer­den und ihn krank­zu­ma­chen (Gat­ti, S. 237f).

2014 beginnt Shi Zheng­li sei­ne Zusam­men­ar­beit mit Prof. Ralph S. Baric, Direk­tor des Labors für Immu­no­lo­gie und Mikro­bio­lo­gie der Uni­ver­si­ty of North Caro­li­na at Cha­pel Hill, um Gen­mu­ta­ti­ons­expe­ri­men­te durch­zu­füh­ren. „Mit Ralph Baric, dem Papst des syn­the­ti­schen Coro­na­vi­rus, zusam­men­zu­ar­bei­ten, stellt für Shi Zheng­li eine wahr­schein­lich wich­ti­ge Etap­pe dar“ (Bri­ce Per­ri­er, S. 121). Shi Zeng­li und Baric arbei­ten an der soge­nann­ten „Gain-of-Func­tion-For­schung“ (GoF, deutsch Funk­ti­ons­ge­winn-For­schung), einer Tech­nik, die gene­ti­sche Ver­än­de­run­gen an einem Orga­nis­mus her­vor­ruft, die den Erwerb einer neu­en oder die Ver­bes­se­rung einer bestehen­den Funk­ti­on bestim­men kön­nen. In der bio­lo­gi­schen For­schung wird das Pro­dukt einer Kom­bi­na­ti­on, die durch phy­si­ka­li­sches Mischen der Zel­len zwei­er ver­schie­de­ner Orga­nis­men ent­steht, als „Chi­mä­re“ bezeich­net, wie das gleich­na­mi­ge mytho­lo­gi­sche Wesen. Die Alli­anz zwi­schen dem ame­ri­ka­ni­schen Wis­sen­schaft­ler und der chi­ne­si­schen For­sche­rin zielt dar­auf ab, eine neue, noch nie dage­we­se­ne Chi­mä­re zu bau­en, die sich in Mäu­sen repli­zie­ren und ver­brei­ten und mensch­li­che Zel­len der obe­ren Atem­we­ge angrei­fen kann, mit Infek­tio­si­täts­ei­gen­schaf­ten, die SARS-Viren ent­spre­chen und ohne Mög­lich­keit einer Heilung.

Gat­ti kom­men­tiert: „Wenn sich nach der ersten SARS-Epi­de­mie die­se mög­li­che Ver­wand­lung bei Fle­der­mäu­sen nicht mehr gezeigt hat, ist dies statt­des­sen in den Labors Chi­nas und der USA mit der Her­stel­lung des Chi­mä­ren-Virus pas­siert: Kurz gesagt, wir haben einen zusätz­li­chen Erre­ger, poten­ti­ell in der Lage, Tau­sen­de von Men­schen aus­zu­rot­ten“ (Gat­ti, S. 249).

Die verbotenen Experimente gehen weiter

Als das erste Chi­mä­ren­vi­rus geschaf­fen wird, stellt der Groß­teil der welt­wei­ten wis­sen­schaft­li­chen Gemein­schaft die rea­le Not­wen­dig­keit sol­cher Expe­ri­men­te mit Blick auf den Fort­schritt des medi­zi­ni­schen Wis­sens im Ver­gleich zu den Risi­ken in Fra­ge. „Die For­scher, erklär­te zum Bei­spiel Simon Wain Hob­son, Viro­lo­ge am Pasteur-Insti­tut in Paris, haben ein neu­es Virus geschaf­fen, das sich über­ra­schend erfolg­reich in mensch­li­chen Zel­len ver­mehrt. Wenn das Virus ent­kom­men wür­de, könn­te nie­mand sei­nen Kurs vor­her­sa­gen“ (Gat­ti, S. 252).

Am 7. Okto­ber 2014, unter Oba­mas Prä­si­dent­schaft, setzt das Büro für Wis­sen­schafts- und Tech­no­lo­gie­po­li­tik des Wei­ßen Hau­ses die Bun­des­för­de­rung für jeg­li­ches Gain-of-Func­tion-Expe­ri­ment, das Krank­heits­er­re­ger wie die Vogel­grip­pe, SARS- oder MERS-Viren poten­ziert, aus. Im Dezem­ber 2017 wider­ruft US-Prä­si­dent Donald Trump die Aus­set­zung der drei Jah­re zuvor von Oba­ma gestopp­ten Expe­ri­men­te. Da jedoch die Arbeit von Shi Zheng­li und Ralph Baric an der Coro­na­vi­rus-Chi­mä­re vor dem Mora­to­ri­um 2014 der US-Regie­rung vom Natio­nal Insti­tu­te of Health geneh­migt wur­de, wird sie unter all­ge­mei­ner Besorg­nis fortgesetzt.

Dar­über hin­aus erhält Peter Das­zak, Prä­si­dent der Eco Health Alli­ance, 2014 3,75 Mil­lio­nen Dol­lar vom Natio­nal Insti­tu­te of Aller­gy and Infec­tious Dise­a­ses (NIAID, US-Bun­des­ein­rich­tung) für ein sechs­jäh­ri­ges Pro­jekt zum Ernst­fall eines neu­en Coro­na­vi­rus, das von Fle­der­mäu­sen stammt. Zwi­schen März und Juli 2016 zeich­net das Team um Shi Zheng­li und Peter Das­zak das Genom ande­rer Fle­der­maus-Coro­na­vi­ren auf und schafft es, im Labor ein neu­es Coro­na­vi­rus zu iso­lie­ren und zu repli­zie­ren, das sie WIV16 nen­nen. Ein aus­führ­li­cher Bericht der New York Times vom 22. Juli 2021 erin­nert dar­an, daß Dr. Shi Zheng­li und ihre Kol­le­gen aus dem Wuhan-Labor bereits 2017 einen Bericht über ein Expe­ri­ment ver­öf­fent­lich­ten, in dem sie durch Mischen ver­schie­de­ner bestehen­der Tei­le neue hybri­de Fle­der­maus-Coro­na­vi­ren erzeug­ten, dar­un­ter min­de­stens eines, das fast auf den Men­schen über­trag­bar war, um durch soge­nann­te Gain-of-Func­tion-Expe­ri­men­te ihre Fähig­keit, mensch­li­che Zel­len zu infi­zie­ren und sich in die­sen zu ver­meh­ren, zu untersuchen.

Die­se For­schun­gen wur­den von den chi­ne­si­schen Mili­tär­be­hör­den unter­stützt und geför­dert. Am 5. Janu­ar 2018 hin­ter­leg­te das Insti­tu­te of Mili­ta­ry Medi­ci­ne Nan­jing Com­mand in der Daten­bank Gen­Bank zwei SARS-ähn­li­che Fle­der­maus-Coro­na­vi­ren namens SL-CoVZ­C45 und SL-CoV­ZXC21, die Fle­der­mäu­se infi­zie­ren und die 2018 in Ost­chi­na iden­ti­fi­ziert wur­den (hier).

Zu Recht fragt man sich: War­um inter­es­siert sich die Chi­ne­si­sche Volks­be­frei­ungs­ar­mee für die Ent­wick­lung neu­er Coro­na­vi­ren, wenn nicht unter dem Blick­win­kel von Stu­di­en zur bio­lo­gi­schen Kriegsführung?

Im Zen­trum die­ser For­schung zur Ent­wick­lung der Kriegs‑, Offen­siv- und Ver­tei­di­gungs­fä­hig­kei­ten des kom­mu­ni­sti­schen Chi­nas steht das Wuhan-Labor, in dem das Wuhan Insti­tu­te of Bio­lo­gi­cal Pro­ducts tätig ist, ein Insti­tut, das Teil der For­schungs­ein­rich­tun­gen für bio­lo­gi­sche Kriegs­füh­rung ist, die unter der Kon­trol­le des Ver­tei­di­gungs­mi­ni­ste­ri­ums der Volks­re­pu­blik Chi­nas stehen.

(Fort­set­zung folgt.)

*Rober­to de Mat­tei, Histo­ri­ker, Vater von fünf Kin­dern, Pro­fes­sor für Neue­re Geschich­te und Geschich­te des Chri­sten­tums an der Euro­päi­schen Uni­ver­si­tät Rom, Vor­sit­zen­der der Stif­tung Lepan­to, Autor zahl­rei­cher Bücher, zuletzt in deut­scher Über­set­zung: Ver­tei­di­gung der Tra­di­ti­on: Die unüber­wind­ba­re Wahr­heit Chri­sti, mit einem Vor­wort von Mar­tin Mose­bach, Alt­öt­ting 2017 und Das Zwei­te Vati­ka­ni­sche Kon­zil. Eine bis­lang unge­schrie­be­ne Geschich­te, 2. erw. Aus­ga­be, Bobin­gen 2011.

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Über­set­zung: Giu­sep­pe Nar­di
Bild: Cor­ri­spon­den­za Romana

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