Die nächste Visitation gilt der Kleruskongregation

Papst Franziskus und Personalentscheidungen


Das Schreiben von Bischof Miragoli an den Klerus seiner Diözese.
Das Schreiben von Bischof Miragoli an den Klerus seiner Diözese.

(Rom) In einem Schrei­ben von Msgr. Egi­dio Mira­go­li, Bischof von Mon­do­vi in Ita­li­en, teil­te die­ser dem Kle­rus sei­ner Diö­ze­se gestern mit, von Papst Fran­zis­kus einen Son­der­auf­trag erhal­ten zu haben: „in sei­nem Namen eine Visi­ta­ti­on der Kle­rus­kon­gre­ga­ti­on durchzuführen“.

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L’U­nio­ne Mon­re­ga­le­se, die Kir­chen­zei­tung des Bis­tums, ver­öf­fent­lich­te das Schrei­ben noch gestern.

Erst vor kur­zem hat­te Papst Fran­zis­kus einen Visi­ta­tor an die Got­tes­dienst­kon­gre­ga­ti­on ent­sandt. Nun trifft es das Dik­aste­ri­um von Kar­di­nal Benia­mi­no Stel­la. Der ehe­ma­li­ge Vati­kan­di­plo­mat, der im kom­men­den August 80 Jah­re alt wird und von Fran­zis­kus im Sep­tem­ber 2013 ernannt wor­den war, war die erste Umbe­set­zung an der Spit­ze einer römi­schen Kon­gre­ga­ti­on durch den regie­ren­den Papst.

Kar­di­nal Stel­la ist inzwi­schen der älte­ste Dik­aste­ri­en­lei­ter an der Römi­schen Kurie. Die Beauf­tra­gung eines Visi­ta­tors bedeu­tet, daß Fran­zis­kus nach der Got­tes­dienst­kon­gre­ga­ti­on auch die Kle­rus­kon­gre­ga­ti­on neu beset­zen will.

Bischof Mira­go­li schrieb sei­nem Klerus:

„Ich möch­te Euch vor­ab per­sön­lich eine Nach­richt mit­tei­len, die heu­te mor­gen bekannt­ge­ge­ben wird und die mich betrifft. Anläß­lich der jüng­sten Voll­ver­samm­lung der Ita­lie­ni­sche Bischofs­kon­fe­renz woll­te Papst Fran­zis­kus mich tref­fen, ‚um mich um einen Gefal­len zu bit­ten‘: in sei­nem Namen an der Kon­gre­ga­ti­on für den Kle­rus eine Visi­ta­ti­on durch­zu­füh­ren. Dann, am 3. Juni, hat er mir bei einem Tref­fen in San­ta Mar­ta sei­ne Erwar­tun­gen näher erläutert.

Es ist über­flüs­sig, zu sagen, daß mich die Anfra­ge über­rascht hat und ich natür­lich mei­ne Bereit­schaft zuge­sagt habe.

Die­se Ver­pflich­tung, die vor allem die Zusam­men­kunft mit den Mit­ar­bei­tern der Kon­gre­ga­ti­on in Rom beinhal­tet, wird eine Zeit in Anspruch neh­men, die ich jetzt nicht genau benen­nen kann, aber ver­mut­lich wird sie min­de­stens den Monat Juni ein­neh­men, wenn auch nicht durch­ge­hend. Am Mitt­woch begin­nen die ersten Treffen.

Mit die­sem Schrei­ben woll­te ich Euch hin­sicht­lich der Ver­pflich­tun­gen im Kalen­der – begin­nend mit dem Firm­ka­len­der – beru­hi­gen, die unver­än­dert blei­ben. Im übri­gen bit­te ich Euch um etwas Geduld und Ver­ständ­nis, in der Gewiß­heit, daß wir die gemein­sa­men Bedürf­nis­se in Ein­klang brin­gen und unse­ren Weg wie vor­ge­se­hen fort­set­zen können.

Ich dan­ke Euch und grü­ße Euch erneut herzlich

+ Egi­dio Miragoli

Die Beför­de­rung von Msgr. Benia­mi­no Stel­la durch Papst Fran­zis­kus war Teil der „Revan­che“ der Vati­kan­di­plo­ma­ten, einer Kor­po­ra­ti­on, auf die sich Fran­zis­kus in sei­nem Pon­ti­fi­kat stützt. Stel­la war Direk­tor der Päpst­li­chen Diplo­ma­ten­aka­de­mie. Mit sei­ner Ernen­nung zum Prä­fek­ten der Kle­rus­kon­gre­ga­ti­on wur­de von Fran­zis­kus zugleich der erste füh­ren­de „Ratz­in­ge­ria­ner“, Kar­di­nal Mau­ro Pia­cen­za, abberufen.

Die­ser Füh­rungs­wech­sel bedeu­tet neben der „Revan­che“ der Vati­kan­di­plo­ma­ten auch die „Ver­gel­tung“ für Clau­dio Kar­di­nal Hum­mes. Der bra­si­lia­ni­sche Pur­pur­trä­ger, ein Wäh­ler von Papst Fran­zis­kus und einer sei­ner eng­sten Ver­trau­ten, war von Papst Bene­dikt XVI. als Prä­fekt der Kle­rus­kon­gre­ga­ti­on durch Kar­di­nal Pia­cen­za ersetzt wor­den. Hum­mes sprach sich für ver­hei­ra­te­te Prie­ster und für das Frau­en­prie­ster­tum aus. Vor allem boy­kot­tier­te er das Bemü­hen von Bene­dikt XVI., den hei­li­gen Pfar­rer von Ars zum Patron und Vor­bild für die Prie­ster zu machen. Der Ver­such schei­ter­te am Wider­stand von Hum­mes und ande­ren pro­gres­si­ven Kir­chen­krei­sen. Die­se lehn­ten den hei­li­gen Johan­nes Maria Vian­ney als einen inak­zep­ta­blen Rück­schritt zu einem „vor­kon­zi­lia­ren“ Prie­ster­ver­ständ­nis ab. Der Bra­si­lia­ner spiel­te eine zen­tra­le Rol­le bei der umstrit­te­nen Amzo­nas­syn­ode, die von Fran­zis­kus im Okto­ber 2019 ein­be­ru­fen hatte.

Als sich vier Kar­di­nä­le zum nicht min­der umstrit­te­nen nach­syn­oda­len Schrei­ben Amo­ris lae­ti­tia mit Dubia an Papst Fran­zis­kus wand­ten, wur­den sie von Kar­di­nal Stel­la ange­grif­fen. Im sel­ben Inter­view vom 25. Novem­ber 2017, das Andrea Tor­ni­el­li, damals noch Hof­va­ti­ka­nist von Papst Fran­zis­kus, mit dem Kar­di­nal geführt hat­te, attackier­te Stel­la auch mas­siv die bis­he­ri­ge Prie­ster­aus­bil­dung, der er Starr­heit und Nor­men­hö­rig­keit vorwarf.

Nur weni­ge Tage zuvor hat­te er der spa­ni­schen Zei­tung Alfa y Ome­ga auf die Fra­ge nach ver­hei­ra­te­ten Prie­stern gesagt: „Dar­über kann man reden“.

Spe­ku­la­tio­nen um eine Ablö­sung an der Spit­ze der Kle­rus­kon­gre­ga­ti­on gab es bereits 2019, als Kar­di­nal Stel­la sein 78. Lebens­jahr voll­ende­te. Im Gespräch war damals Msgr. Giu­sep­pe Petroc­chi, der erste Erz­bi­schof von L’A­qui­la, der in das Kar­di­nals­kol­le­gi­um auf­ge­nom­men wur­de. Fran­zis­kus kre­ierte ihn am 28. Juni 2018 zum Kar­di­nal. Der Onkel von Kar­di­nal Stel­la war Erz­bi­schof von L’Aquila.

La Stam­pa, die über Andrea Tor­ni­el­li, ihren frü­he­ren Vati­ka­ni­sten und heu­ti­gen Haupt­chef­re­dak­teur aller Vati­kan­me­di­en, gut infor­mier­te Tages­zei­tung der Fami­lie Agnel­li, schrieb damals:

„Für ihn [Kar­di­nal Petroc­chi] redet man in kirch­li­chen Krei­sen mit Nach­druck von einem bereit­ste­hen­den Posten als Prä­fekt der Kle­rus­kon­gre­ga­ti­on, der ‚Prie­ster­fa­brik‘: Kle­rus­amt, Prie­ster­se­mi­na­re, Dis­pen­sen, aber auch Ver­wal­tung, einen Zweig, für den Petroc­chi seit sei­nem Man­dat in Lati­na einen guten Ruf genießt. Soll­te dem so sein, wür­de Petroc­chi den Platz eines ande­ren Pur­pur­trä­gers über­neh­men, von Benia­mi­no Stel­la, Nef­fe von Con­stan­ti­no [Stel­la], Erz­bi­schof von L’Aquila von 1950 bis 1973.“

Es ist noch zu früh, um zu sagen, ob Kar­di­nal Petroc­chi noch für die­ses Amt vor­ge­se­hen ist oder ob bereits ande­re Kan­di­da­ten bereitstehen.

Text: Giu­sep­pe Nar­di
Bild: Info­Va­ti­ca­na

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