Von Elio Paoloni*
Gut dreißig Jahre lang war ein Land, das achtmal so groß wie Italien war, der persönliche Besitz von Leopold II., König der Belgier. Der Kolonialismus, der Embryo der Globalisierung, wurde von Monarchien angetrieben. Als die mit militärischer Macht ausgestattete Ostindien-Kompanie so reich war, daß sie zu einem Staat im Staate wurde, wurde sie durch den Indian Act in die Schranken gewiesen.
Jahrzehntelang waren multinationale Unternehmen (ein irreführender Begriff, da es sich um durch und durch nationale Unternehmen handelte wie die sieben Schwestern, state-owned companies) der expansionistische Arm der Vereinigten Staaten von Amerika und anderer Mächte, aber die eigentliche Macht kam von den Flugzeugträgern, der Weiterentwicklung der Kanonenboote. Die Stärke lag bei den Staaten, die das Kommando über die Nationen führten.
Auch heute denkt man an den planetarischen Wettbewerb weiterhin als Konflikt zwischen Staaten (der berühmte Multipolarismus), vielleicht irregeführt durch die Tatsache, daß einige Länder (ohne Namen zu nennen) immer noch stark von der politischen Macht beherrscht werden und es schaffen, echte Vorteile aus der Globalisierung zu ziehen, aber sind wir wirklich sicher, daß die US-Regierung eigenständig handelt, wenn auch bedingt durch die bekannten Lobbys? Verteidigt das Hektoplasma Biden das Schicksal seines Landes und damit des Westens?
Einst waren die multinationalen Konzerne echte Unternehmen mit Gesellschaftern, Aktionären und Verwaltungsräten. Die amerikanische Politik wurde vom militärisch-industriellen Apparat dominiert, der einfach zu verstehen war. Heute besitzt ein Mann, Soros, ein Vermögen, das dem BIP eines afrikanischen Landes wie dem Leopolds entspricht. Aber Leopold verkörperte sein Land, er regierte die Geschicke des Staates. Welche Macht aber vertritt Soros, ein eingebürgerter Amerikaner, in Ungarn geboren und zudem Jude (entwurzelt, schon bevor er geboren wurde)? Morton Abramowitz, ehemaliger US-Botschafter in Thailand und der Türkei, nannte ihn „den einzigen Privatmann mit eigener Außenpolitik“. Da diese Politik jedoch oft den Interessen des Weißen Hauses zu entsprechen scheint (zumindest wenn es von den Dem bewohnt wird) und seine Stiftung die Unterstützung des Außenministeriums und der United States Agency for International Development (USAID) genießt, argumentieren einige, daß der Spekulant eine Marionette ist und kein Puppenspieler.
Das Dilemma ist genau das: Wer ist heute der Puppenspieler?
Merkwürdiges Detail: Soros‘ Vater war Esperantist: Mit der internationalen Kunstsprache wollte er eine neue „virtuelle“ planetarische Heimat schaffen. Der Sohn verwirklicht physisch, was für seinen Vater der Traum eines Amateurs blieb. Individuen wie Soros, Gates (glaubt irgendjemand, daß die Pläne von Bill Gates den Interessen der US-Bürger entsprechen?) und Bezos (der seine Mitarbeiter ausquetscht, als wären wir im England des 19. Jahrhunderts) haben keine richtigen Wurzeln. Es sind Kosmopoliten, die über den antiquierten Konflikten zwischen Staaten segeln.
Sie sind niemandem verantwortlich, kein Papst oder Erzbischof hat sie gekrönt, kein Bürger hat sie gewählt. Sie legitimieren und krönen sich selbst. Im Stil alter Herrscher präsentieren sie sich als Thaumaturgen (Wohltäter): „Wir bewahren euch vor dem Virus“. Sie sind in der Lage, echte anthropologische Mutationen zu entfesseln, an denen, zumindest vorerst, einige solide Nationen nicht – ganz – beteiligt sind, zufälligerweise alle im Osten (China, Rußland, Iran, Türkei, vielleicht Indien).
Die Herren des Westens wohnen weder im Weißen Haus noch in Downing Street 10 oder sonstwo. Sie wohnen nicht, sie fliegen am Himmel. Sie haben keiner Macht zu dienen: Sie sind selbst einer der Pole. Ein nicht-territorialer Pol. Ihre Fahne ist eine Agenda.
Eine „humanitäre“ Agenda, ein „philanthropisches“, despotisches und transhumanistisches Programm.
*Elio Paoloni, Jg. 1951, Schriftsteller, „eine der besten Federn auf dem Markt“, lebt in Latiana (Apulien), das so unbekannt ist, daß „vielleicht nur die Verlage, in denen er publiziert, noch weniger bekannt sind“ (Camillo Langone in Il Foglio, 15. Oktober 2019).
Bild: Wikicommons
Sie haben keiner Macht zu dienen?
Doch haben sie, denn, wenn sie nicht Gott, was sie offensichtlich nicht tun, dienen, dann dienen sie Satan.
Die Herren des Westens haben sehr Wohl einen eigenen (Ethno-) Staat, den Sie behüten wie ihren eigenen Augapfel. Er liegt halt im Nahen Osten…