
(Rom) Die vatikanische Justiz verzichtet auf die Auslieferung der italienischen Staatsbürgerin Cecilia Marogna. Marogna war im vergangenen Herbst im Zusammenhang mit dem Finanzskandal um Kardinal Angelo Becciu aufgrund eines vatikanischen Haftbefehls in Mailand festgenommen worden. Bekannt wurde die 39jährige Sardin durch Medienzuschreibungen als „Dame des Kardinals“, „Mata Hari des Vatikans“ und „Spionin des Kardinals“
Gestern wurde bekannt, daß der Gerichtshof des Vatikans auf die Auslieferung der Inhaberin einer Sicherheitsfirma verzichtet, die Aufträge und Geld von Kardinal Becciu erhalten hatte. Gegen den Kardinal wird wegen Zweckentfremdung, Mißwirtschaft und Veruntreuung von Geldern des Heiligen Stuhls ermittelt. Die Anschuldigungen beziehen sich auf die Zeit von 2014 bis 2018, als er Substitut im vatikanischen Staatssekretariat war und die Einnahmen aus dem Peterspfennig zu verwalten hatte. Am 24. September war Becciu ohne Nennung von Gründen von allen Ämtern zurückgetreten. Er war zu jenem Zeitpunkt Präfekt der Kongregation für die Selig- und Heiligssprechungsprozesse, Päpstlicher Delegat beim Souveränen Malteserorden und Mitglied zahlreicher weiterer Institutionen des Heiligen Stuhls. Gleichzeitig gab er bekannt, auf alle mit der Kardinalswürde verbundenen Rechte und Privilegien zu verzichten.
Wie kurz darauf bekannt wurde, hatte die vatikanische Staatsanwaltschaft bereits seit 2019 gegen ihn ermittelt. Er soll dreistellige Millionensummen aus dem Peterspfennig, der Kollekte unter den Gläubigen, die einmal im Jahr für den Unterhalt und die mildtätigen Werke des Papstes gesammelt wird, in Londoner Luxusimmobilien investiert haben. Ermittelt wird auch wegen größerer Geldzuwendungen an seine Geschwister und wegen der Zahlungen an Marognas Firma. Becciu erklärte, daß Marogna, als Expertin für internationale Politik und Sicherheitsfragen, einen Auftrag erhalten habe, der die Sicherheit einiger diplomatischer Vertretungen des Heiligen Stuhls betraf. Marogna bezeichnet sich selbst als ehemalige „Geheimagentin“. Bisher geht die Justiz von Zahlungen in der Höhe von 500.000 Euro aus. Enthüllungsjournalisten veröffentlichten Belege, daß rund 200.000 Euro davon für Luxusgegenstände ausgegeben worden seien.
Cecilia Marogna, die wie Kardinal Becciu aus Sardinien stammt, hatte ihr Unternehmen in Slowenien angesiedelt. Am 13. Oktober 2020 war sie in Mailand aufgrund eines vatikanischen Haftbefehls festgenommen worden. Gestern sollte ein Gericht in der italienischen Wirtschaftsmetropole über den Auslieferungsantrag entscheiden. Da der Vatikan der italienischen Justiz den Verzicht auf eine Auslieferung mitteilte, wurde die Angelegenheit für beendet erklärt.
Unklar ist, ob die vatikanische Justiz weiterhin gegen Marogna ermittelt, da ihr keine offizielle Mitteilung vorliegt. Sie beantragte unterdessen die Enthaftung.
Der Verzicht auf die Auslieferung von Marogna wurde noch gestern vom vatikanischen Presseamt bestätigt. In der Erklärung heißt es, dieser Schritt wurde gesetzt, um Marogna, die sich der Einvernahme im Zuge des Rechtshilfeabkommens vor der italienischen Justiz verweigert hatte, die Möglichkeit zu geben, aus freien Stücken dem Verfahren gegen sie im Vatikan beizuwohnen.
Text: Giuseppe Nardi
Bild: MiL