(Madrid) Am 7. Oktober 2021 jährt sich zum 450. Mal die Seeschlacht von Lepanto. Die christliche Flotte siegte 1571 über die islamische Invasion und konnte dadurch die osmanische Seeherrschaft im Mittelmeer brechen. Der Bischof der spanischen Diözese Alcalá de Henares, Msgr. Juan Antonio Reig Pla, rief zum Dank für den Sieg und zum Gedächtnis daran ein Marianisches Jubeljahr aus. Eine Anregung, die auch von den Bistümern des deutschen Sprachraumes aufgegriffen werden sollte.
Die beiden Schlachten von Wien und die Schlacht von Lepanto kennzeichnen in der Geschichte die erfolgreiche Abwehr der zweiten islamischen Eroberungswelle. Eine erste Invasion konnte im frühen 8. Jahrhundert im Westen von den Franken unter Karl Martell aufgehalten werden.
Ein harter Abwehrkampf
1529 standen die Türken erstmals vor Wien. Unaufhaltsam hatten sie sich seit 1354 als Eroberer und Unterdrücker über den Balkan nach Europa hineingeschoben. Erst vor Wien gelang es den Ländern des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation, allen voran den habsburgischen, den Vormarsch zu stoppen. Gebannt war die Gefahr damit aber noch nicht.
Das Osmanische Reich blieb zu Land eine gefährliche Bedrohung und kontrollierte zur See das Mittelmeer, das durch die Muslime, ob als reguläre Truppen des Sultans im östlichen oder als Piraten im westlichen Mittelmeer, für Europas Schiffsverkehr hochgefährlich geworden war. 1570 hatten die Türken auch die Insel Zypern erobert, das östlichste christliche Gebiet, das sich bis dahin gegen den Islam behauptet hatte.
Erst durch den glücklichen Sieg der christlichen Flotte bei Lepanto (griechisch Naupaktos), gelang es die türkische Seeherrschaft zu brechen. Damit wurde von den europäischen Küsten jene schreckliche Gefahr genommen, die sich grausam und blutig in die Geschichte eines jeden Küstenortes von Italien, Dalmatien, Albanien und Griechenland einbrannte. Auch der Seeweg wurde für den Handels- und Personenverkehr wieder sicherer.
Durch die zweite erfolgreiche Türkenabwehr vor Wien im Jahr 1683 konnte die islamische Gefahr endlich auch zu Land bezwungen und das Ende der türkischen Herrschaft auf europäischem Boden eingeläutet werden.
Sowohl in Lepanto 1571 als auch vor Wien 1683 lastete die Verteidigung Europas auf den Schultern der katholischen Staaten, während die protestantischen Staaten zuschauten. Auch daran gilt es zu erinnern. Die katholischen Mächte waren es, die Europa davor bewahrten, vom Islam überrannt und erobert zu werden. In der Seeschlacht kam dieses Verdienst vor allem der Seerepublik Venedig, den päpstlichen Kirchenstaaten und dem spanischen Habsburgerreich zu.
Nur dem unermüdlichen Einsatz von Papst Pius V. war es gelungen, die Flotten dieser drei Mächte in der Heiligen Liga unter einem gemeinsamen Kommando zu vereinigen. Hinzu kamen noch kleinere italienische Staaten, die Seerepublik Genua und der Malteser Ritterorden. Das Oberkommando erhielt der erst 24jährige Johann von Österreich, besser bekannt als Don Juan d’Austria, ein illegitimer Sohn von Kaiser Karl V. An seiner Seite standen die Kommandanten der päpstlichen Flotte, Marcantonio Colonna, der venezianischen Flotte, Sebastiano Venier, und der der Flotte des Malteser Ritterordens, Admiral Pietro Giustiniani.
Der Ausgang der Schlacht war lange ungewiß, doch nach fünf endlosen Stunden der Schlacht kam es durch günstige Winde zur glücklichen Wende, die von den Siegern der Fürsprache der allerseligsten Jungfrau und Gottesmutter Maria zugesprochen wurde.
Im Zeichen des Kreuzes und der Fürsprache Mariens
Am 11. Juni 1570 hatte der päpstliche Admiral Marcantonio Colonna vom Papst im Petersdom die acht Meter lange Standarte erhalten, unter der er im Jahr darauf in die Seeschlacht segelte. Auf ihr ist der Gekreuzigte dargestellt, unter dem Kreuz die Apostelfürsten Petrus und Paulus sowie die auf das Kreuz bezogene Inschrift „In hoc signo vinces“ (In diesem Zeichen wirst du siegen). Die Standarte wird heute im Diözesanmuseum von Gaeta aufbewahrt. Zuvor befand sie sich in der Kathedrale von Gaeta, wo sie durch einen englischen Luftangriff im Zweiten Weltkrieg beschädigt wurde. Darauf wurde sie bis Kriegsende in den Vatikan in Sicherheit gebracht und seit Kriegsende dreimal restauriert, zuletzt 2007/2008.
Der Name von Marcantonio Colonna erlangte jüngst wieder Bekanntheit als Pseudonym des britischen Historikers und Malteserritters Henry Sire, der unter diesem Namen das Buch „Der Papstdiktator“ über das Pontifikat von Papst Franziskus herausgab.
Auch die Standarte der Heiligen Liga, unter der der in Regensburg geborene Don Juan d’Austria segelte, zeigt den gekreuzigten Herrn, umrahmt am Fuß des Kreuzes durch die Wappen von Pius V., von Karl V. (für die Länder der spanischen Krone, aber auch als Hinweis auf das Heilige Römische Reich Deutscher Nation), der Seerepublik Venedig und von Don Juan. Alle Wappen sind durch eine Kette miteinander verbunden, um das Bündnis der Heiligen Liga zu symbolisieren. Die Standarte wurde 350 Jahre in der Kathedrale von Toledo verwahrt und befindet sich dort seit 1961 im Museo de Santa Cruz. Der junge Don Juan d’Austria nahm sie in Barcelona in einer feierlichen Zeremonie vor dem Altar entgegen.
An der Seite Don Juans kämpften als Schiffskommandanten auch seine Neffen, die Söhne von Kaiser Maximilian II., die Erzherzöge Rudolf und Ernst. Rudolf sollte als Rudolf II. 1576 selbst Kaiser werden. Ernst wurde Regent von Innerösterreich (Steiermark, Kärnten, Krain, Görz und Triest) für seinen noch unmündigen Neffen und kurz vor seinem Tod Statthalter der Niederlande.
Einer der christlichen Kämpfer in Lepanto war auch der spanische Nationaldichter Miguel de Cervantes, der aus Alcalà de Hernanes stammte und wie Don Juan damals 24 Jahre alt war. Von drei türkischen Kugeln getroffen, überlebte er die Schlacht. Seine linke Hand blieb allerdings gelähmt. Don Juan selbst bescheinigte dessen Tapferkeit. Wenige Jahre später geriet Cervantes in die Gefangenschaft muslimischer Piraten und wurde in Algier als Sklave verkauft. Brüder des Ordens der allerheiligsten Dreifaltigkeit und des Loskaufs der Gefangenen, besser bekannt als Trinitarierorden, kauften ihn los. Die Episode veranschaulicht die Grausamkeit und Rechtsunsicherheit, die durch den Islam zur damaligen Zeit im Mittelmeer herrschten.
Der Rosenkranz und die Schauung des Sieges
Als am 7. Oktober vor Lepanto der Feind in Sichtweite kam, war nur das Admiralsschiff der christlichen Liga beflaggt, die Galeere La Real (Die Königliche) von Don Juan. Die Osmanen sollten nur die Standarte des Gekreuzigten und die Flagge mit der Darstellung der Gottesmutter Maria und der Aufschrift S. Maria succurre miseris (Heilige Maria, stehe den Bedürftigen bei) sehen. Nicht die einzelnen Staaten zählten in diesem Moment, sondern die Einheit der Christenheit, die sich gemeinsam unter dem Zeichen des Kreuzes zur Abwehr des Feindes versammelt hatte. Die christlichen Soldaten versammelten sich währenddessen auf den Decks der Schiffe und beteten gemeinsam. Die Schlacht, vor deren Beginn alle christlichen Schiffe Flagge setzten, stand ganz im Zeichen des Rosenkranzes und seiner Geheimnisse.
Pius V. dem es durch seinen unerschütterlichen persönlichen Einsatz gelungen war, die katholischen Mächte zu einigen, betete, fastete und hielt Bußübungen für die christliche Flotte. Ebenso hielt er ab dem Auslaufen der Flotte die Kardinäle und das gläubige Volk an, für die Soldaten auf See zu fasten und zu beten, besonders den Rosenkranz. Der Papst selbst ging vorbildlich voran und hielt drei Fasttage in der Woche.
Während dieser Zeit, so auch am Tag der Schlacht, rief er das Volk von Rom zu Bußprozessionen und zum Gebetssturm zusammen. Die Gottesmutter wurde um Beistand und Hilfe angerufen. Der Papst selbst suchte wiederholt die Patriarchalbasilika Santa Maria Maggiore auf, um vor dem uralten Marienbild Salus Populi Romani zu beten.
An jenem 7. Oktober 1571 wurde ihm in einer Schauung plötzlich der Sieg der christlichen Flotte gezeigt. Er eilte während einer Audienz ans Fenster des Apostolischen Palastes und verharrte dort regungslos mehrere Minuten, wie es in zeitgenössischen Berichten heißt. Plötzlich wandte er sich tief bewegt an die Anwesenden und ordnete an, man solle sich umgehend in der Kirche versammeln, um Gott für den Sieg zu danken.
Von den 340 türkischen Schiffen konnten 50 versenkt und 137 aufgebracht werden. Den Siegern gelang es 15.000 Galeerensklaven, meist Christen, zu befreien. Auch die eigenen Galeerengefangenen wurden zum Dank freigelassen. Die so Befreiten pilgerten ihrerseits dankbar zu Unserer Lieben Frau von Loreto. Aus den Ketten, mit denen sie gefangengehalten wurden, wurden prächtige schmiedeeiserne Gitter in der Lauretanischen Basilika geschmiedet.
Die eigentliche Nachricht vom Sieg gelangte erst 23 Tage später nach Rom, überbracht von den Boten des Fürsten Colonna. Da stellte sich heraus, daß der Zeitpunkt, als dem Papst der Sieg gezeigt wurde, tatsächlich mit diesem zusammenfiel. Als Pius V. das hörte, hatte der Papst Tränen in den Augen, wie seine Zeitgenossen festhielten. Der Triumph von Lepanto wurde der Fürsprache der Jungfrau Maria zugeschrieben, so daß der heilige Pius V. 1572 den 7. Oktober als Gedenktag Unserer Lieben Frau vom Sieg einführte. Papst Gregor XIII. benannte ihn dann in das Fest Unserer Lieben Frau vom Rosenkranz um.
Den Sieg und seine Umstände vergegenwärtigen
Bischof Juan Antonio Reig Pla von Alcalá de Henares, einer der herausragenden Bischöfe Spaniens, will das gläubige Volk an dieses große Ereignis der Geschichte Europas und der Christenheit erinnern, an den Sieg und seine Zusammenhänge. Dazu soll das ganze kommende Jahr dienen, das von ihm zum Marianischen Jubeljahr ausgerufen wurde. Es beginnt am kommenden Sonntag, dem 28. November, wird seinen Höhepunkt am 7. Oktober 2021 haben und am 20. November 2021 enden. Die feierliche Eröffnung wird Bischof Reig Pla selber vornehmen.
Im Jahr 732 konnten die Franken unter Karl Martell die islamische Invasion im Westen zurückschlagen. 1571 gelang dasselbe im Osten zur See und 1683 auch zu Land. Die Seeschlacht von Lepanto lehrt, was es im Vaterunser heißt: „Fiat voluntas tua in coelo et in terra“ (Dein Wille geschehe, wie im Himmel so auch auf Erden). Gott ist der Herr über die Geschichte. Sein Eingreifen ist jederzeit möglich und es geschieht auch, besonders durch die Fürsprache der allerseligsten Gottesmutter Maria, der Hilfe der Christen und Mittlerin aller Gnaden.
So bleibt zu hoffen und zu wünschen, daß auch andere Bischöfe, vor allem jene des deutschen Sprachraumes, und die Gläubigen dieses bedeutende historische Ereignis nicht vergessen oder aus falsche verstandenem „Dialog“ gar verstecken. Immerhin stammten zwei der zentralen Gestalten der damaligen Ereignisse, Don Juan d’Austria und König Philipp II., aber auch zahlreiche andere, aus seiner Mitte. Und schließlich ist die Schlacht von Lepanto von der Türkenbefreiung vor Wien nicht zu trennen.
Siehe auch:
- Die Rosenkranzkönigin und die Schlacht von Lepanto
- Don Juan de Austria „rettete Europa mit der tatkräftigen Hilfe Gottes“
Text: Giuseppe Nardi
Bild: Wikicommons/GN/Museo de Santa Cruz Toledo (Screenshot)
Es ist betrüblich, dass unsere Eliten jenen Verstand verloren haben, der für Blüte der europäischen Länder so essentiell war. Was wir jenen Generationen zu verdanken haben, können wir in unserer Zeit offenbar nicht einamal intellektuell ermessen.