(Rom) Massimo Franco, Kolumnist der führenden italienischen Tageszeitung Corriere della Sera, legte das Buch „Das Rätsel Bergoglio” (L’enigma Bergoglio) vor. Von ANSA libri, der Rubrik für neue Bücher der größten italienischen Presseagentur, wurde es just gestern vorgestellt, als der jüngste Finanzskandal und der Sturz von Kardinal Angelo Becciu die Schlagzeilen beherrschte. Interessant am Buch sind die kritischen Töne, die eine grundsätzlich dem Pontifikat wohlwollend gegenüberstehende Stimme findet.
„Ich befürchte, daß dieses Pontifikat immer mehr Fehler macht: Das Paradoxe ist, daß es berufen wurde, die Brüche einer Kurie zu beheben, die ein Regierungsmodell hatte, das mit Benedikt XVI. nicht funktioniert hat. Jetzt ist der Eindruck, daß die Kirche noch gespaltener als zuvor ist, mit dramatischen Konsequenzen für ihr Schicksal: Der Papst, der die Welt neu evangelisieren sollte, und das ausgehend von seinem Südamerika, ist in eine Regierungskrise und in eine Krise der lehramtlichen Linien verwickelt.“
ANSA libri spricht von einem „lapidaren Titel”, den Franco seinem Buch gegeben habe; „Das Rätsel Bergoglio. Das Gleichnis eines Pontifikats”. Erschienen ist es im Verlag Solferino (336 Seiten, 17 Euro).
Mehrere Kommentatoren nahmen bereits vor Franco das Wort „Rätsel” zur Hand, um das derzeitige Pontifikat und die Amtsführung von Papst Franziskus zu beschreiben. Wirklich entschlüsselt konnte dieses Enigma aber noch nicht werden.
Auch Massimo Franco konzentriert sich in seinem Buch auf kritische Aspekte und Schwächen des regierenden Papstes. Dabei, so der Autor, war die Wahl Bergoglios vor mehr als sieben Jahren auf allen fünf Kontinenten mit Begeisterung aufgenommen worden.
Dieser Einschätzung wäre zu widersprechen. Grundsätzlich wird vom gläubigen Volk richtigerweise jede Wahl eines Papstes mit Freude aufgenommen. Das Habemus Papam signalisiert, daß die apostolische Sukzession fortbesteht und der Lebensnerv der Kirche nicht unterbrochen wird.
Begeisterung vermittelten im März 2013 vor allem die Mainstream-Medien, die bekanntlich ihr eigenes Spiel spielen, das von den Interessen und der Mission der Kirche zumeist weit entfernt ist. Es gab auch Katholiken, einige, die intuitiv Bedenken hatten – und damit zu ihrem eigenen Leidwesen recht behalten sollten. Massimo Franco schreibt:
„Vom Tag seiner Wahl an war Franziskus die Persönlichkeit des öffentlichen Lebens der katholischen Welt schlechthin. Eine revolutionäre Neuheit für die Kirche, die enorme Erwartungen und Hoffnungen geweckt hat, aber nach sieben Jahren Pontifikat ist es vielleicht an der Zeit, sich zu fragen, ob das Schema des ‚belagerten’ Papstes nicht aktualisiert werden sollte.”
Franco listet zahlreiche problematische Punkte auf und analysiert sie. ANSA-Rezensentin Nina Fabrizio schreibt dazu:
„Ein Papsttum, das im Namen der Transparenz geboren wurde, ist das heute nicht mehr, sondern eingebettet in einen Fegefeuer-Zauber, in dem Popularität und Gift, Versprechen von einem Neubeginn und Skandale, Geschäftskomitees und Solidaritätsgesten nebeneinander existieren.”
Wie aber könnte Papst Franziskus aus der Ecke herauskommen, fragt sich die Rezensentin und läßt dazu den Autor zu Wort kommen:
„Ich berichte in dem Buch auch die Beobachtungen jener, die mir gesagt haben, daß dieser Papst bereits alles gesagt zu haben scheint. Es gibt eine Art Erschöpfung an Themen und Botschaften. Und leider befindet sich sein Argentinien, das die Werkstatt einer neuen Kirche sein sollte, in einer politischen Situation, die an alte Regime erinnert und das Gegenteil von dem ist, was Bergoglio gerne hätte. Es ist kein Zufall, daß er es nicht besucht, auch dort hat er gespalten, anstatt zu einen.”
Mit dem jüngsten Skandal zeichnet sich zudem ab, daß das Pontifikat von Franziskus turbulent enden könnte. Dazu Franco:
„Ich glaube nicht, daß er den Weg des Rücktritts beschreiten wird, der eine weitere Führungskrise in der Kirche bedeuten würde. Vor allem würde er noch akzentuieren, was bereits Grund zur Polemik ist und das Zentrum des Problems darstellt: die Spaltung. Franziskus wurde berufen, weil das vorherige Regierungsmodell gescheitert war.”
„Bergoglio versuchte, dieses Modell durch das Santa-Marta-Modell zu ersetzen, das sich jedoch in ein personalistisches Machtmodell verwandelt hat, das auf eine mysteriöse Auswahl der Führungsklasse setzte.”
Die Warnung von US-Außenminister Mike Pompeo vor einer Verlängerung des Geheimabkommens zwischen dem Heiligen Stuhl und der kommunistischen Volksrepublik China, die im Oktober erfolgen soll, „war eine Einmischung, eine Einmischung im wahrsten Sinn des Wortes”, so Franco.
„Sie hat aber einen blankliegenden Nerv dieses Pontifikats getroffen: Franziskus hat bisher kein Wort zu den Unruhen in Hongkong gesagt, um ein Abkommen zu schützen, dessen Inhalt niemand kennt. Pompeo hat sich eingemischt, aber er hatte auch leichtes Spiel, offen anzuklagen, was tatsächlich die Schwachpunkte der internationalen Strategie des Pontifikats sind.”
Text: Giuseppe Nardi
Ich würde gerne das Buch von Massimo Franco „Das Rätsel Bergoglio “ auf deutsch erwerben. Kann aber keine Bestelladresse finden.
Mit freundlichen Grüßen
Dr.Roesger
Das Buch ist bisher nur in italienischer Ausgabe erschienen. Buchhinweise erfolgen auch, um deutsche Verlage aufmerksam zu machen.