(Rom) Keinen Tag länger beließ Papst Franziskus den Erzbischof von Minsk im Amt. Gestern vollendete Msgr. Tadeusz Kondrusiewicz sein 75. Lebensjahr, gestern wurde er von Franziskus emeritiert.
Während der Vatikan sich über die Hintergründe ausschweigt, berichtete Reuters ausführlich.
Msgr. Kondrusiewicz wurde als Sohn einer polnischen Familie im heutigen Weißrußland, dem einstigen Ostpolen, geboren. Er studierte zunächst Physik und Mathematik in seiner Heimatstadt, mußte das Studium aber aufgeben, weil ihm vom kommunistischen Sowjetregime der Besuch der heiligen Messe zum Vorwurf gemacht wurde. Er mußte Studienort und Studium wechseln, um einen akademischen Abschluß erlangen zu können. So studierte er Maschinenbau in Leningrad. Anschließend trat er in Kaunas, damals Litauische Sozialistische Sowjetrepublik, in das Priesterseminar ein und wurde 1981 zum Priester geweiht. 1988 wurde er zum Doktor der Theologie promoviert und 1989 von Papst Johannes Paul II. zum Apostolischen Administrator von Minsk ernannt.
1991 errichtete Johannes Paul II. die Apostolische Administratur für das Europäische Russland und berief Kondrusiewicz zum Apostolischen Administrator mit Sitz in Moskau. 2002 erfolgte die Erhebung der Administratur zum Erzbistum, dessen erster Erzbischof Kondrusiewicz wurde. 2007 folgte durch Papst Benedikt XVI. seine Ernennung zum Erzbischof von Minsk-Mahiljou. Von 2015 bis gestern war er auch Vorsitzender der Weißrussischen Bischofskonferenz.
Als der Primas von Weißrußland im vergangenen August den polnischen Marienwallfahrtsort Tschenstochau besuchte, wurde ihm anschließend die Rückkehr nach Weißrußland verweigert. Als Grund wurde genannt, der Erzbischof habe die Opposition gegen den weißrussischen Staatspräsidenten Alexander Lukaschenko unterstützt. In Wirklichkeit hatte der Erzbischof lediglich Kritik an brutalen Polizeieinsätzen gegen Regierungskritiker geübt.
Die Verstimmung zwischen dem Heiligen Stuhl und Weißrußland wurde dadurch getrübt. Vier Monate bemühte sich die vatikanische Diplomatie, ein Einlenken herbeizuführen. Am 17. Dezember entsandte Papst Franziskus den Vatikandiplomaten Claudio Gugerotti als Sondergesandten nach Minsk. Er überbrachte Staatspräsident Lukaschenko ein Schreiben des Papstes. Kurz darauf ließ Lukaschenko wissen, daß aufgrund der „guten Beziehungen“ zu Papst Franziskus in Erwägung gezogen werde, dem Wunsch des Papstes entgegenzukommen. Am 22. Dezember gab er Apostolische Nuntius bekannt, daß die weißrussische Regierung alle Hürden für die Rückkehr des Erzbischofs ausgeräumt habe. Kurz vor Weihnachten durfte der Erzbischof in sein Bistum zurückkehren. Doch wenige Tage später erfolgte seine Emeritierung, die offenbar als „Problemlösung“ gedacht ist. Beobachter vermuten, daß Franziskus bereits in dem am 17. Dezember übergebenen Schreiben die Emeritierung von Erzbischof Kondrusiewicz in Aussicht gestellt hatte, wenn diesem die Rückkehr in seine Heimat erlaubt werde, um mit der Ernennung eines neuen Erzbischofs in den bilateralen Beziehungen wieder zur Normalität zurückzukehren.
Msgr. Kondrusiewicz unterstützte mehrere Initiativen von Weihbischof Athanasius Schneider, wirkte an der Schrift „Option für die Familie – 100 Fragen und 100 Antworten zur Synode“ mit, mit der die katholische Ehe- und Morallehre mit Blick auf die Familiensynode von 2015 verteidigt wurde.
2017 schrieb er das Vorwort zu einem Buch über die katholische Kirche in der Sowjetunion. Darin spricht Msgr. Kondrusiewicz von einer Via Crucis der Katholiken unter sowjetischer Herrschaft.
In Weißrußland gibt es vier Bistümer. Sie haben zahlreiche Priesterberufungen. Rund 90 Seminaristen bereiten sich für die Diözesen, weitere 70 für Ordensgemeinschaften auf das Priestertum vor.
Text: Giuseppe Nardi
Bild: AsiaNews
Ein weißrussischer Mindszenty? Oder nur zu katholisch für Bergoglio?