Von Roberto de Mattei*
2020 wird als das Jahr eines historischen Wendepunkts im täglichen Leben der Welt in Erinnerung bleiben. Und während es immer wahrscheinlicher erscheint, daß das Coronavirus mit Hilfe der Gentechnik vom kommunistischen China hergestellt wurde – Joseph Tritto: Cina Covid-19. La Chimera che ha cambiato il mondo (China Covid-19. Die Chimäre, die die Welt veränderte), Cantagalli, Siena 2020, ist dazu mehr als überzeugend –, wird gleichzeitig ebenso immer klarer, daß ein großangelegtes „Social Engineering” angewandt wird, um die öffentliche Meinung in eine Situation zu steuern, die vielleicht selbst für die revolutionären Kräfte unerwartet ist, die den Anspruch erheben, das Schicksal der Welt zu lenken.
Eines der effektivsten Ergebnisse dieses Social Engineering ist die künstliche Kluft, die von Massenmedien zwischen jenen erzeugt wurde, die in Angst vor einer Infektion leben, und denen, die Angst vor den wirtschaftlichen Folgen der Pandemie haben. Die ersteren definieren sich als ‚umsichtig‘ und nennen die anderen ‚Leugner‘. Letztere werfen den ‚Klugen‘ vor, sich einer ‚Gesundheitsdiktatur‘ über die Gesellschaft unterwerfen zu wollen. Für einen Teil der Menschen hat die Gesundheit Priorität, denn für sie ist das physische Leben das größte Gut, und alles muß getan werden, um nicht zu sterben. Für andere hat die Wirtschaft Priorität, denn das höchste Gut ist die Existenzsicherung und das materielle Wohlergehen, und alles muß getan werden, um das sicherzustellen. Was diese beiden Parteien verbindet, ist ein kultureller Horizont, aus dem der Opfergeist und die übernatürliche Dimension endgültig entfernt wurden. Die Formel, „an Coronavirus oder an Hunger sterben”, faßt die falsche Alternative zusammen, die als belastendes Dilemma dargestellt wird.
Die moderne Gesellschaft hat in den vergangenen Jahrzehnten einen obsessiven Körperkult angeheizt, der uns vergessen ließ, daß der Körper sein Leben aus der Seele bezieht, die ein ewiges Schicksal hat. Wenn man dagegen feststellt, daß die Probleme, mit denen sich die politische Debatte befassen soll, nur Beschäftigungslage und Arbeitsmarkt sind, bleibt man innerhalb desselben materialistischen Horizonts und vergißt, daß nicht alles, was geschieht, ökonomisch erklärt werden kann.
Wenn es heute ein vorrangiges Thema gibt, das das Leben des Einzelnen betrifft, dann ist es die Abtreibung. Jedes Jahr werden Hunderttausende in Italien, Millionen auf der ganzen Welt, Opfer eines systematischen Massakers, das sich seit den 1970er Jahren im Westen vervielfacht hat. Abtreibung und Empfängnisverhütung sind die Hauptursachen für den demografischen Zusammenbruch, der wiederum der Ursprung der Wirtschaftskrise ist, unter der unsere Gesellschaft leidet. Wir schweigen über all das, weil wir nicht zugeben wollen, daß das eigentliche Problem der Verlust der Grundsätze ist, auf denen der Westen seine Geschichte aufgebaut hat. Das dramatischste Schweigen ist das der Hirten der Kirche, die sich während des sogenannten „Gesundheitsnotstands” bereit erklärten, auf die Spendung der Sakramente zu verzichten, die die wahre Quelle des Lebens von Seele und Körper sind. Die Folge davon war die Vertreibung der Gläubigen aus den Kirchen nach ihrer Wiedereröffnung und eine dramatische Zunahme der Sakrilegien gegen die Eucharistie durch den Zwang zur Handkommunion. Dabei kennen und rezitieren alle Priester die mahnenden Worte des Propheten:
„Wegen der Schuld des Hirten zerstreuten sich die Schafe und wurden ein Opfer der wilden Tiere. Meine Herde irrte durch das ganze Land, und niemand suchte sie und kümmerte sich um sie” (Hesekiel 34, 6–7).
In „Coronazeiten” ändert sich etwas tiefgreifend in den Sitten und im Leben eines jeden von uns, aber nur wenige versuchen hinter dem, was passiert, die geheimnisvollen Entwürfe der göttlichen Vorsehung zu entschlüsseln, womit die Hand Gottes gemeint ist, die in der Zeit wirkt, was Sein Göttlicher Verstand seit der Ewigkeit gedacht und gewollt hat. Gott schützt und regiert mit Seiner Vorsehung alles, was er geschaffen hat, weil Seine Weisheit „machtvoll ihre Kraft von einem Ende zum andern entfaltet und voll Güte das All durchwaltet” (Weish 8, 1).
Das Coronavirus ist bisher eine milde Krankheit, die sich stark von den Geißeln unterscheidet, die in den ersten Jahrhunderten nach Christus im Römischen Reich und dem mittelalterlichen Christentum im 14. Jahrhundert gewütet haben. Aber genau darin offenbart sich die göttliche Weisheit, die dem schwachen und arroganten, feigen und hochmütigen Menschen des 21. Jahrhunderts zeigt, wie wenig ausreicht, um ihn zu erschüttern und aus der Bahn zu werfen. Es braucht weder Pest noch Atomkrieg: Eine milde Epidemie reicht aus, um Gewißheiten zu brechen, tausend Ängste zu wecken, weltweite Projekte zu zertrümmern und eine Situation psychologischer und mentaler Verwirrung zu schaffen, die letztlich die schlimmste Strafe ist, die Völker verdienen, die sich von Gott abwenden, und Hirten, die ihre Schafe im Stich lassen. Das ist aber noch nicht der letzte Akt der Tragödie, die uns erwartet …
*Roberto de Mattei, Historiker, Vater von fünf Kindern, Professor für Neuere Geschichte und Geschichte des Christentums an der Europäischen Universität Rom, Vorsitzender der Stiftung Lepanto, Autor zahlreicher Bücher, zuletzt in deutscher Übersetzung: Verteidigung der Tradition: Die unüberwindbare Wahrheit Christi, mit einem Vorwort von Martin Mosebach, Altötting 2017 und Das Zweite Vatikanische Konzil. Eine bislang ungeschriebene Geschichte, 2. erw. Ausgabe, Bobingen2011.
- Bücher von Prof. Roberto de Mattei in deutscher Übersetzung und die Bücher von Martin Mosebach können Sie bei unserer Partnerbuchhandlung beziehen.
Übersetzung: Giuseppe Nardi
Bild: Corrispondenza Romana