
(Asuncion) Mit zunehmenden Schwierigkeiten sieht sich die Kirche konfrontiert beim Versuch, ihre Lehre zur Homosexualität zu vermitteln. Grund dafür ist nicht nur die Bereitschaft homophiler Medien zu Mißverständnissen, wie das jüngste Beispiel Paraguay zeigt.
Am 30. Dezember titelte ABC Color, die größte Tageszeitung des südamerikanischen Landes:
„Erzbischof verlangt, gleichgeschlechtliche Paare zu tolerieren“.
Gemeint ist Msgr. Edmundo Valenzuela, der Erzbischof von Asuncion und Primas des Landes. Anlaß für die Schlagzeile war dessen Predigt vom Vortag, dem Fest der Heiligen Familie. Die Familie, ganz im Sinne der Homo-Lobby, mit der Homosexualität in Verbindung zu bringen, ist ein neues Phänomen, das in der katholischen Kirche dem vatikanischen Vorbild folgt. Das zuständige Dikasterium für Laien, Familie und Leben verlangte beim Weltfamilientreffen 2018 in Dublin ein eigenes Programm für Homosexuelle. Der Präfekt des Dikasteriums, der von Papst Franziskus ernannte und zum Kardinal kreierte Kevin Farrell, wurde im Zuge der Affäre um Ex-Kardinal McCarrick, dessen Protegé er war, wiederholt im Zusammenhang mit homophilen Kirchenkreisen genannt. Diese beispiellose Aktion in Dublin stieß auf erhebliche Kritik, die vor allem die Koppelung mit der Familie als Ärgernis empfand. Laut kirchlicher Lehre ist die „Homo-Ehe“ keine „Ergänzung“, sondern ein Gegenentwurf zur Ehe.
Hintergrund sind Bestrebungen der Homo-Lobby, Homosexualität nicht nur als „normal“ zu etablieren, sondern die von Gott in der Schöpfungsordnung vorbestimmte Familie aus Mann und Frau und Kindern zu untergraben, indem neben der Familie andere „Familien“ etabliert werden sollen, darunter auch homosexuelle. Die christliche Familie ist aber Ausdruck der göttlichen Schöpfungsordnung, deren Exklusivität durch das Sakrament der unauflöslichen Ehe besiegelt ist.
Der erste Artikel über die Predigt des Primas
Laut ABC Color vom 30. Dezember forderte Erzbischof Valenzuela in seiner Predigt die Katholiken und die Gesellschaft zur Unterstützung „der Familien“ (nicht der Familie) und der „homosexuellen Paare“ auf. Die Tageszeitung hob gleich im Vorspann hervor, daß der Primas dazu aufgerufen habe, „alle Familien, einschließlich jener, die von Homosexuellen-Paaren gebildet werden, alleinstehenden Müttern oder Geschiedenen“, zu „unterstützen und nicht zu diskriminieren“.
Die „christliche Familie“ werde immer der „Bezugspunkt“ bleiben, um die „menschliche Fülle zu spüren“, so der Erzbischof. Doch der Schwerpunkt seiner Predigt lag auf dem sinngemäßen „aber“, das auf diese Prämisse folgte, denn man dürfe „nicht die Augen verschließen vor der Vielfalt der Familien, die es heute gibt“.
Die Kirche „begleitet“, so Msgr. Valenzuela, „mit viel Barmherzigkeit die wiederverheiratet geschiedenen Familien und die Familien in Konflikt mit Haß und Ablehnung, die alleinstehenden Mütter und die Witwen, um wahr zu machen, daß die menschliche Person sich wiederherstellen kann, Gutes tun kann, Gott lieben kann, gute Werke vollbringen kann zum Wohl des Nächsten und wieder lieben kann“. Die Kirche, so der Primas, werde „immer an der Seite der menschlichen Person stehen“.
„Heutzutage erleben wir, daß es homosexuelle Paare gibt, die ihre Familien bilden. Diese Realität können wir nicht leugnen. Wir begleiten diese Personen, um ihnen Barmherzigkeit und Verständnis geben zu können. Es ist natürlich eine moralisch irreguläre Situation, aber wir erreichen nichts, wenn wir verunglimpfen und anklagen. Was wir ihnen vorschlagen müssen, ist, daß sie angemessen leben, daß sie sich wiedereingliedern, daß sie beten, daß sie solidarisch sind, daß sie sensibel für die Armen und die Bedürftigen sind.“
Abschließend, so die Tageszeitung, habe der Erzbischof dazu aufgerufen, „Gott zu danken für die gut konstituierten Familien, die Vorbilder, die ein Reichtum für die Gesellschaft sind, und die verschiedenen Familienstrukturen mit Verständnis und Barmherzigkeit zu unterstützen“.
Die erste Reaktion des Erzbistums
Kaum war die Zeitung am Montag ausgeliefert, veröffentlichte das Pastoralamt des erzbischöflichen Ordinariats von Asuncion eine Pressemitteilung, mit der Seltsames geschah.

In der Erklärung bedankte sich das Erzbistum bei „den Medien“, ohne die Zeitung zu nennen, daß sie den Worten des Erzbischofs soviel „Bedeutung“ zumessen und diese Worte verbreiten. Darauf folgten drei Punkte:
- 1. Die „Aufmerksamkeit“ und „Begleitung unserer Brüder und ihrer Familien in allen Etappen und Situationen des Lebens“ entspreche den „Orientierungen von Papst Franziskus“ in Amoris laetitia Nr. 252, die sich die Abteilung für die Familienpastoral zu eigen gemacht habe.
- 2. Die Aussagen des Erzbischofs, die er bei der Predigt frei gesprochen habe, seien „im vertrauten Kontext des Prozesses der persönlichen Entwicklung zu interpretieren“. „Es ist nicht einfach, Menschen von ihren Entscheidungen zu unterscheiden, nach denen sie bewertet werden.“
- 3. „Bezüglich der „homosexuellen Veranlagung der Personen lehrt die Kirche, daß ihnen mit Achtung, Mitleid und Takt zu begegnen ist (Katechismus der Katholischen Kirche, 2358).“
Die zweite Reaktion des Erzbistums
Diese Erklärung verschwand dann wieder von der Internetseite des Erzbistums und wurde durch eine andere ersetzt, die direkt von Erzbischof Valenzuela unterzeichnet ist. Verbreitet wurde diese zweite Erklärung auf WhatsApp vom Presseamt der Paraguayischen Bischofskonferenz.

Der Tonfall in der neuen, kürzeren Erklärung ist ein anderer: In der Einleitung wird den Medien nicht mehr gedankt, sondern „mit Sorge“ festgestellt, „daß bestimmte Medien wie ABC Color Teile der Predigt falsch interpretieren“.
Der Erzbischof habe darin ausdrücken wollen, daß „homosexuelle Paare auf angemessene Weise zu begleiten“ seien. Wie das geschehen solle, „haben wir in anderen Punkten der Predigt ausgeführt“.
„Wir folgen dazu [zur Homosexualität] und zu allen Themen in Bezug auf die Familie dem, was das Lehramt der Kirche im Katechismus zum Ausdruck bringt.
Wir rufen demütig und brüderlich die Presse auf, ihre Rolle wahrhaftig und verantwortungsvoll wahrzunehmen.“
Der zweite Artikel über die Predigt des Primas
Am 31. Dezember veröffentlichte ABC Color einen neuen Artikel zur Predigt und berichtete über die beiden Reaktionen des Erzbistums:
„Der Erzbischof von Asuncion, Msgr. Edmundo Valenzuela, erklärte in einer Pressemitteilung, daß ein Teil seiner Predigt zum Fest der Heiligen Familie falsch interpretiert wurde, unterstreicht aber, daß ‚die homosexuellen Paare zu begleiten sind‘.“
Direkt angesprochen, wollte die Tageszeitung die Kritik an ihrer Berichterstattung offenbar nicht auf sich beruhen lassen, sondern veröffentlichte nun die betreffenden Abschnitte der Predigt im vollständigen Wortlaut:
„Heutzutage erleben wir, daß es homosexuelle Paare gibt, die ihre Familie bilden. Wir können diese Realität nicht leugnen. Sie verlangen eine besondere Kompetenz und Vorbereitung von Seiten der Familienverbände, um diese Personen zu begleiten, um ihnen Barmherzigkeit und Verständnis geben zu können. Wir dürfen sie nicht nur wegen einer moralisch irregulären Situation verunglimpfen und anklagen – das ist sie sicher, aber wir erreichen nichts, sondern müssen ihnen vorschlagen, angemessen zu leben, sich wiedereinzugliedern, zu beten, solidarisch zu sein und sensibel für die Armen und die Bedürftigen zu sein. Das alles betrifft eine Vielzahl von Familien in unserer sich globalisierenden Gesellschaft, in die wir alle eingetaucht sind.“
Und weiter:
„Der Plan Gottes verwirklicht sich in diesen Familien (die christlichen Familien, die ausgeglichenen Familien, die ein Reichtum der Gesellschaft sind). Der Plan Gottes verwirklicht sich aber auch in den verschiedenen Familienstrukturen, in denen sich die menschliche Person begleitet und auch geschätzt fühlen kann. Uns obliegt die Öffnung und die Fähigkeit, diese neuen, zweifellos schwierigen Situationen zu verstehen, denen gegenüber wir mit einer Haltung der Barmherzigkeit solidarisch sein müssen. Brüder und Schwestern, danken wir, daß die Kirche Familie der Familien ist.“
Ein Problem der Sprache und der Absichten
Die Predigt des Erzbischofs und die darauffolgenden Reaktionen des Pastoralamtes und des Erzbischofs verdeutlichen, daß es nicht nur die Medien sind, die „falsch interpretieren“. Im konkreten Fall ist nicht bekannt, welche innerkirchliche Kritik der erste ABC Color-Artikel auslöste. Andernfalls müßte man fast annehmen, das Pastoralamt habe dem Erzbischof die Predigt formuliert, deren Tragweite er sich aber erst am nächsten Tag bewußt wurde. Doch das wäre reine Spekulation.
Tatsache ist, daß die undeutliche und verschwommene Sprache der Kirchenvertreter selbst zur Falschinterpretation einlädt.
Homosexuelles Verhalten ist laut kirchlicher Lehre Sünde. Die Kirche tut sich heute schwer, diese Lehre zu verbreiten, weil sie von der Welt kaum mehr verstanden wird. Das liegt aber nicht nur an den anderen. Selbst manche Kirchenvertreter verstehen die eigene Lehre nicht mehr oder empfinden sie als peinlich oder zumindest als unangenehm. Auch hier gilt: Wenn die Welt heute die Kirche kaum mehr zu verstehen scheint, dann auch deshalb, weil Teile der Kirchenvertreter seit Jahrzehnten ganze Abschnitte der kirchlichen Lehre fallenlassen oder verschämt verschweigen.
Eine verschleiernde Sprache ist aus dem Bereich der Politik bekannt, auch aus dem Bereich der Abtreibung. Um das Wort „Abtreibung“ zu vermeiden, sprechen Abtreibungslobbyisten seit Anfang der 90er Jahre in den Dokumenten internationaler Institutionen von „reproduktiver Sexualität“ und „reproduktiver Gesundheit“. Ist diese Unsitte auch in die Kirche eingedrungen?
Anlaß zu dieser Frage ist die erste Reaktion des Erzbistums Asuncion. Das Pastoralamt nahm im oben zitierten Punkt 1 der Erklärung in Anspruch, daß die von ABC Color berichtete Haltung des Erzbischofs zur Homosexualität „den Orientierungen von Papst Franziskus“ entspreche. Zum Beleg wurde auf dessen umstrittenes nachsynodales Schreiben Amoris laetitia verwiesen und explizit Paragraph 252 des Schreibens genannt. Dieser lautet:
252. Familien mit nur einem Elternteil entstehen oft durch »leibliche Mütter oder Väter, die sich nie in das Familienleben einfügen wollten; Situationen der Gewalt, aus der einer der Elternteile mit den Kindern fliehen musste; Tod eines Elternteils; Verlassen der Familie seitens eines Elternteils oder ähnliche Situationen. Welches auch immer der Grund ist, der Elternteil, der mit dem Kind zusammenwohnt, muss Unterstützung und Trost bei den anderen Familien finden, welche die christliche Gemeinschaft bilden, sowie auch bei den pastoralen Einrichtungen der Pfarrei. Diese Familien werden oftmals zusätzlich durch schwere wirtschaftliche Probleme, eine unsichere Arbeitssituation, die Schwierigkeit, für den Unterhalt der Kinder zu sorgen, oder das Fehlen einer Wohnung belastet.«
Wer würde den zitierten Paragraphen auf den ersten Blick mit Homosexualität in Verbindung bringen?
Text: Giuseppe Nardi
Bild: ABC Color/Erzbistum Asuncion (Screenshots)