(Rom) Erzbischof Fulton Sheen (1895–1979), der „größte Kommunikator des 20. Jahrhunderts in den USA“, sollte am 21. Dezember in der Kathedrale seines Heimatbistums Peoria im Staat Illinois seliggesprochen werden. So war es Mitte November unter Verweis auf den Vatikan bekanntgegeben worden. Nun erfolgte überraschend eine Verschiebung auf unbestimmte Zeit.
Im vergangenen Juli war im Zuge des Seligsprechungsprozesses ein Wunder, das der Fürsprache Fulton Sheens zugeschrieben wird, vom Heiligen Stuhl anerkannt worden. Am 18. November gab Sheens Heimatbistum Peoria bekannt, der große Sohn der Diözese werde am Samstag, dem 21. Dezember in der Kathedrale des Bistums seliggesprochen, in der er vor 100 Jahren, 1919, zum Priester geweiht wurde. Die Seligsprechung werde durch einen Kardinal stattfinden, den Papst Franziskus zu diesem Anlaß in die USA entsende.
Die Bekanntgabe von Ort, Datum und Uhrzeit erfolgte unter Berufung auf eine entsprechende Mitteilung des Vatikans.
Am 3. Dezember geschah ein ganz ungewöhnlicher Vorgang. Das Bistum mußte alles stoppen. Vom Vatikan wurde die Seligsprechung des charismatischen Erzbischofs „verschoben“, wie das Bistum Peoria bekanntgeben mußte.
Msgr. Daniel Jenky, der Bischof von Peoria, teilte die unerwartete Nachricht öffentlich mit. Auch in diesem Fall verwies er auf eine Mitteilung des Vatikans, der eine „Verschiebung“ angeordnet hatte. Einen neuen Termin für die Seligsprechung konnte Bischof Jenky nicht nennen, ebensowenig einen Grund für das ungewöhnliche Vorgehen.
Der Bischof sagte nur soviel: Der Vatikan habe mitgeteilt, daß „einige“ Bischöfe der USA „um mehr Berücksichtigung gebeten“ hätten. Nähere Angaben, was darunter zu verstehen sei, machte er nicht.
Wie blank die Nerven der kirchlichen Hierarchie in den USA liegen, zeigt ein Nebensatz von Bischof Jenky:
„(…) es gab und gibt keine Anschuldigungen gegen Sheen, die den Mißbrauch eines Minderjährigen betreffen“.
Der sexuelle Mißbrauch ist das alles beherrschende und die Kirche lähmende Thema. Aufgrund schwarzer Schafe und schwerwiegender Fälle, die in den 70er Jahren ihren Höhepunkt erlebten, stehen heute die Bischöfe und der Klerus insgesamt unter einer Art von Generalverdacht. Im 21. Jahrhundert wurde die Kirche in den USA bereits zweimal von den Verfehlungen der letzte Jahrzehnte eingeholt, indem im großen Stil Fälle von sexuellem Mißbrauch bekannt wurden. Aus diesen stich vor allem der Fall von Ex-Kardinal Theodore McCarrick hervor. Die zweite Welle rollt seit Sommer 2018. Dadurch leidet das Ansehen der Kirche schweren Schaden.
Die Presseagentur Reuters schrieb noch am 3. Dezember, daß eine Verschiebung einer Seligsprechung keine drei Wochen vor dem angesetzten Termin in der Kirchengeschichte wahrscheinlich „beispiellos“ sei.
Papst Franziskus hatte im Juli 2019 das Dekret approbiert, mit dem das vorgeschriebene Wunder, das Voraussetzung einer Seligsprechung ist, anerkannt wurde. Damit war der Weg frei für den positiven Abschluß des 2003 vom Bistum Peoria eröffneten Seligsprechungsverfahrens.
Fulton Sheen war nicht nur Autor von rund 80 Büchern, sondern ein Meister der damals neuen Rundfunkmedien. Seine wöchentliche Radiosendung The Catholic Hour, von 1930–1950 von NBC gesendet, wurde im Schnitt von vier Millionen Menschen gehört. Mit seiner ebenfalls wöchentlichen Fernsehsendung Life is Worth Living, die von 1951–1957 ausgestrahlt wurde, zunächst von DuMont, dann von ABC, erreichte er sogar Rekorde von 30 Millionen Zuschauern.
Das Seligsprechungsverfahren war jahrelang blockiert, weil sich das Erzbistum New York einer Umbettung der sterblichen Überreste nach Peoria widersetzte. Die Zuständigkeit eines Bistums im Seligsprechungsverfahren hängt vom Bestattungsort ab. 2003 hatte das Bistum Peoria das Seligsprechungsverfahren eingeleitet, nachdem das Erzbistum New York darauf verzichtet hatte. Um das Verfahren abschließen zu können, mußte aber die Umbettung nach Peoria erfolgen.
Von Erzbischof Fulton Sheen stammt der Satz:
„Es gibt wahrscheinlich keine 100 Menschen auf der Erde, die die katholische Kirche hassen für das, was sie ist. Es gibt aber Millionen von Menschen, die die Kirche hassen für das, was sie meinen, daß sie ist.“
Text: Giuseppe Nardi
Bild: Wikicommons
Zu Fulton Sheen siehe u.a.: