(New York) Ein Berufungsgericht von New York entschied einstimmig, daß die sterblichen Überreste von Erzbischof Fulton Sheen (1895–1979) in seine Heimatstadt Peoria im Staat Illinois überführt werden können. Ob damit seine Seligsprechung stattfinden kann, die wegen des Rechtsstreites seit mehr als vier Jahren blockiert ist, steht damit noch nicht fest. Fulton Sheen zählte zu seiner Zeit zu den bekanntesten, katholischen Medienpersönlichkeiten der USA.
Geboren wurde Fulton Sheen im Staat Illinois. Dort übersiedelte seine Familie, als er noch ein Kind war, nach Peoria, damals eine Stadt mit über 50.000 Einwohnern, heute sind es doppelt so viele. Die Stadt ist seit 1875 Sitz eines katholischen Bischofs. Für diese Diözese wurde Sheen 1919 zum Priester geweiht.
Der Volkserzieher
Fulton Sheen war ein richtiger Volkserzieher. Er schrieb 73 Bücher und entdeckte bald seine außergewöhnliche Begabung für die damals neuen Rundfunkmedien, die er für die Evangelisation nutzbar machte. 1930 begann er regelmäßige Sendungen im Radio zu gestalten, ab 1951 auch im Fernsehen.
1951 ernannte ihn Papst Pius XII. auch zum Weihbischof von New York. Seinen Fernsehsendungen folgten durchschnittlich 30 Millionen Zuschauer. Als er die größte Reichweite erreicht hatte, beendete er seine TV-Arbeit schlagartig.
Laut der 2008 erschienenen Biographie von Raymond Arroyo (EWTN), sei dies auf Druck von Francis Kardinal Spellman, dem damaligen Erzbischof von New York, geschehen. Grund dafür, so Arroyo, war ein Konflikt, den Sheen nie öffentlich bekannt machte. Die US-Regierung schenkte dem Erzbistum New York große Mengen von Milchpulver im Wert von vielen Millionen Dollar für die Armen in der Welt. Das Erzbistum gab das Milchpulver zur Durchführung der Verteilung an die Organisation Propagation of the Faith weiter, deren Direktor Fulton Sheen war, und für die er in seinen Sendungen zahlreiche Spenden sammelte. Mehr als einmal habe Kardinal Spellmann von Sheen nachträglich Geld für das Milchpulver verlangt, Millionenbeträge, obwohl das Milchpulver von der Regierung geschenkt worden war. Das lehnte Sheen entschieden ab.
Die letzten Jahre
1966 wurde er von Papst Paul VI. im 72. Lebensjahr zum Bischof von Rochester ernannt, offenbar nicht ohne tatkräftige Fürsprache von Kardinal Spellman, der ihn als Direktor von Propagation of the Faith loswerden wollte.
Sheen verzettelte sich in seiner neuen Position in politische Aktivitäten. Mit seiner Kritik gegen den Vietnamkrieg legte er sich mit der US-Regierung an. Als er die Polarisierung spürte, die er dadurch provozierte, verzichtete er 1969 auf den Bischofsstuhl und trat noch vor Vollendung seines 75. Lebensjahres zurück.
Papst Paul VI. machte ihn zum Zeichen der Anerkennung zum Titularerzbischof. Seine letzten Jahre verbrachte er im Erzbistum New York und nütze sie für das, was er am besten konnte: zum Schreiben von Büchern. Als Papst Johannes Paul II. 1979 seine erste Pastoralreise in die USA unternahm, kam es in der St. Patricks-Kathedrale von New York zur Begegnung mit dem betagten Sheen. Der Papst umarmte ihn und sagte: „Du bist ein treuer Sohn der Kirche“.
Zwei Monate später ist Sheen im Alter von 84 Jahren in seiner Privatkapelle beim Gebet vor dem Allerheiligsten entschlafen. Beigesetzt wurde er in der Krypta der Kathedralkirche des Erzbistums New York neben den Erzbischöfen.
Das Seligsprechungsverfahren
2002 wurde zwar mit dessen Zustimmung aber nicht vom Erzbistum New York, sondern von seinem Heimatbistum Peoria das Seligsprechungsverfahren für Fulton Sheen eröffnet. 2009 schloß das Bistum das Erhebungsverfahren für den Diener Gottes ab und übermittelte die Unterlagen an die römische Kongregation für die Selig- und Heiligsprechungsverfahren.
2010 wurde das Verfahren ausgesetzt, weil es zu einem Rechtsstreit mit dem Erzbistum New York gekommen war über den Verbleib von Sheens sterblichen Überresten. Um diesen Streit ging es auch bei der eingangs erwähnten Gerichtsverhandlung in New York.
2012 wurde Sheen von Rom der heroische Tugendgrad zuerkannt. Seither verfügt er als Ehrwürdiger Diener Gottes bereits über die Ehre der Altäre. 2014 wurde von der Heiligsprechungskongregation ein Wunder anerkannt, das der Fürsprache Sheens zugeschrieben wird.
Als nur mehr die Entscheidung von Papst Franziskus ausstand, Fulton Sheen seligzusprechen, wurde das Verfahren auf unbestimmte Zeit ausgesetzt. Seither sind viereinhalb Jahre vergangen. Grund ist der Streit mit dem Erzbistum New York. Als letzte Phase vor einer Seligsprechung erfolgt die feierliche Öffnung des Grabes. Dabei werden die sterblichen Überreste kanonisch rekognosziert und Reliquien entnommen.
Der Rechtsstreit
Da sich das Erzbistum New York seit 2010 weigert, einer Übertragung der sterblichen Überreste nach Peoria zuzustimmen, kann dieser letzte Schritt nicht durchgeführt werden.
Im Juni 2016 stellte auch Joan Sheen Cunningham, die nächste Verwandte Fulton Sheens, einen Antrag an das zuständige Gericht des Staates New York auf Überführung nach Peorio und erhielt Recht. Dagegen legte das Erzbistum New York Rechtsmittel ein. Im Februar 2018 entschied ein anderes New Yorker Gericht zugunsten des Erzbistums, das geltend machte, daß es Sheens Wunsch gewesen sei, auf dem Friedhof des Erzbistums New York begraben zu werden.
Inzwischen wurde in zwei weiteren Instanzen bzw. Verfahren zugunsten einer Überführung nach Peoria entschieden, da dieser Schritt für das Heiligsprechungsverfahren unerläßlich und daher von übergeordneter Bedeutung sei. Zumal das Erzbistum New York nicht nachweisen könne, wirklich Sheens Wille vollzogen zu haben, da er von einer Beerdigung auf dem Calvary Cemetery des Erzbistums gesprochen habe.
Am 5. März gab das Bistum Peoria in einer Presseerklärung bekannt, daß nun auch das Berufungsgericht von New York einstimmig dem Antrag der Familie Recht gab, die sterblichen Überreste nach Peoria überführen zu können. Sie forderte das Erzbistum New York auf, die Entscheidung anzuerkennen und „endlich“ die Überführung zu ermöglichen.
Das Bistum Peoria erinnerte in seiner Erklärung, daß der 20. September 2019 der 100. Jahrestag der Priesterweihe Fulton Sheens ist. Das Bistum brachte die Hoffnung zum Ausdruck, daß die Überführung „spätestens“ bis zu diesem Anlaß erfolgt sein werde.
Fulton Sheen veröffentlichte bemerkenswert anschauliche Texte, die seinerzeit auch in deutscher Übersetzung erschienen, heute aber vergriffen sind.
Text: Giuseppe Nardi
Bild: America/Youtube (Screenshots)
Wozu denn. Selig- u. Heiligsprechungen sind spätestens seit Johannes Paul II. völlig entwertet. Weil sie so inflationär und übereilt stattfinden.