(Rom) Das vatikanische Presseamt gab im gestrigen Tagesbulletin bekannt, daß von Papst Franziskus der Rücktritt von Msgr. Charles Edward Drennan als Bischof von Palmerston North in Neuseeland akzeptiert wurde. Zu den Hintergründen äußerte sich der Heilige Stuhl nicht, dafür aber Neuseelands Medien.
Die Mitteilung im Tagesbulletin fiel gewohnt knapp und nüchtern aus:
„Der Heilige Vater hat den Verzicht auf die pastorale Leitung der Diözese von Palmerston North (Neuseeland) akzeptiert, die von S.Ex. Msgr. Charles Edward Drennan eingereicht wurde.“
Es wurde weder ein Nachfolger noch ein Apostolischer Administrator ernannt, was auf eine überraschende Entscheidung hindeutet.
Bischof Drennan ist erst 59 Jahre alt. Er wurde als Spätberufener 1996, im Alter von fast 36 Jahren, zum Priester der Diözese Christchurch geweiht. 2011 erfolgte seine Ernennung zum Bischof-Koadjutor und wenige Monate später zum zweiten Bischof, der erst 1980 errichteten Diözese Palmerston North, einem Suffraganbistum der Erzdiözese Wellington. Die Diözese Palmerston North ist das flächengrößte Bistum Neuseelands. Der Katholikenanteil an der Bevölkerung liegt bei rund 14 Prozent.
Da der Vatikan keinen Rücktrittsgrund nannte, ist – wie in solchen Fällen üblich – ein Blick auf die weltlichen Medien notwendig, um die Hintergründe zu verstehen. Die neuseeländische Presse berichtete wegen der Zeitverschiebung bereits mehrere Stunden vor der Veröffentlichung des Tagesbulletins.
Der Emeritierung, die nach offizieller Sprachregelung des Heiligen Stuhls, durch Annahme eines Rücktrittsgesuchs durch den Papst erfolgt, gingen Ermittlungen wegen „inakzeptablem Sexualverhalten“ voraus, wie gestern der staatliche Sender Radio New Zealand berichtete.
Kardinal John Dew, der Erzbischof von Wellington, gab in einer öffentlichen Erklärung bekannt, daß aufgrund einer Anzeige Ermittlungen gegen Bischof Drennan durch die unabhängige Untersuchungsstelle der Kirche in Neuseeland aufgenommen wurden.
Die Anzeige brachte eine junge Frau ein. Weder ihr Alter noch Details wurden bekanntgegeben. Sie hatte die unabhängige Untersuchungsstelle um Diskretion gebeten, wie Kardinal Dew mitteilte.
Der Kardinal sagte aber soviel, daß „das Verhalten von Bischof Drennan in den Augen der katholischen Kirche völlig inakzeptabel ist“.
„Die katholische Kirche duldet kein unangemessenes Verhalten ihrer Glieder. Ich ermutige jeden, der ein solches Verhalten erlebt, es der Kirche, der Polizei oder einer Organisation zur Kenntnis zu bringen, die geeignet erscheint.“
Der Kardinal gab zudem bekannt, daß das Opfer über den Rücktritt von Bischof Drennan informiert wurde und die Kirche sich zu einer fortgesetzten Hilfe für die junge Frau und ihre Familie verpflichtet.
Der Klerus, das Personal und andere Verantwortliche der Diözese Palmerston North wurden von der Emeritierung in Kenntnis gesetzt und ihnen Orientierungshilfen gegeben, um die Gläubigen zu informieren.
Msgr. Drennan arbeitete mehrere Jahre im vatikanischen Staatssekretariat, bevor er als Bischof nach Neuseeland zurückgeschickt wurde. In jüngerer Zeit gehörte Drennan einer Arbeitsgruppe an, die im Namen der Kirche eine Aufarbeitung von Mißbrauch – nicht nur sexuellem – an neuseeländischen Heimkindern durchführt. Dies erfolgt in Zusammenarbeit mit einer königliche Kommission, die den Mißbrauch von Kindern untersucht, die sich zwischen 1950 und 1999 in der Obhut des Staates oder anderer Einrichtungen, darunter auch der Kirche, befanden.
Bischof Drennan vertrat Neuseeland bei der Familiensynode von 2015. Seine Entsendung galt als Kompromiß zwischen jenen Bischöfen, die an der überlieferten Ehelehre festhalten wollten und jenen, darunter Kardinal Dew, die sich für die „Öffnungen“ von Kardinal Kasper aussprachen. Drennan hatte sich im Vorfeld zurückgehalten, schwenkte dann aber moderat auf die Linie des umstrittenen nachsynodalen Schreibens Amoris laetitia um.
Die Emeritierung erfolgte unmittelbar vor dem Ad-limina-Besuch der neuseeländischen Bischöfe, der noch im Oktober stattfinden wird. In Rom wollte man kompromittierendes Bildmaterial vermeiden, das Bischof Drennan zeigt, wie er Papst Franziskus die Hand gibt oder in unmittelbarer Nähe des Papstes abgelichtet wird, während die Gläubigen und die Öffentlichkeit zu Hause über das Verhalten des Bischofs empört ist.
Die Emeritierung durch Papst Franziskus und die Presseerklärung von Kardinal Dew zeigen Entschlossenheit und Handlungsfähigkeit. Ein Bischof schwängert ein junges Mädchen, was richtigerweise als „völlig inakzeptables Verhalten“ angeprangert wird, auf das entsprechende Konsequenzen folgen.
Dieselbe Reaktion und dieselbe klare Sprache vermissen die Gläubigen bisher, wenn es um ein „völlig inakzeptables Verhalten“ eines Bischofs durch homosexuelle Handlungen und Mißbrauch von Jugendlichen oder sogar Seminaristen und Priester des eigenen Bistums geht.
Text: Giuseppe Nardi
Bild: Vatican.va (Screenshot)
Mit Verlaub: Als normal-heterosexueller Mann darf ich mir die Meinung erlauben, dass es einerseits zwar selbstverständlich „inakzeptabel“ ist, wenn ein Bischof ein junges Mädchen schwängert; für noch viel weniger akzeptabel halte ich andererseits aber homosexuelle Handlungen eines Bischofs, v.a. wenn es dabei um den Missbrauch von männlichen Jugendlichen oder sogar von Seminaristen und Priestern des eigenen Bistums geht.