
(New York) In den USA existiert eine Organisation, die seit Jahren Priester unterstützt, die des sexuellen Mißbrauchs beschuldigt werden. Associated Press (AP) veröffentlichte die Reportage der drei Autorinnen Martha Mendoza, Juliet Linderman und Garance Burke über diese Organisation, die in einem Graubereich arbeitet, der grundsätzlich im Zwielicht steht. Die Autorinnen bemühen sich tendenziell ein negatives Bild der Organisation zu zeichnen. Die genaue Grenzziehung ist allerdings nicht so leicht, wie es auf den ersten Blick scheinen möchte. Dies nicht zuletzt deshalb, weil weltliche und christliche Ansichten und Ansprüche in der Sache nicht deckungsgleich sind.
Im Zentrum des Berichts steht ein unscheinbares Gebäude, das außen durch nichts gekennzeichnet ist. „Tag und Nacht trafen die Priester diskret ein.“ Die eintreffenden Männer waren nicht als Priester zu erkennen. Alles lief „unbemerkt“ ab in der Kleinstadt im Mittleren Westen der USA. „Die Nachbarn hatten keine Ahnung“, wer das war. Niemand in der Stadt wußte, daß die Männer, die in den Restaurants der Stadt „an den Nebentischen saßen, mögliche sexuelle Mißbrauchstäter“ sind.
Das Gebäude wird von einer Organisation mit dem lateinischen Namen Opus Bono Sacerdotii (OBS) geführt. Dahinter steht eine kleine, aber gut organisierte Gruppe.
„Seit fast zwei Jahrzehnten arbeitet die Gruppe in einer Reihe von nicht gekennzeichneten Gebäuden im ländlichen Raum des Staates Michigan und hilft Hunderten, vielleicht Tausenden katholischen Priestern aus dem ganzen Land, die des sexuellen Mißbrauchs beschuldigt sind.“
Die Organisation bietet „Unterkunft, Transport, Rechtshilfe und andere Unterstützung“, so die Autorinnen.
„Immer wieder hat das Opus Bono Sacerdotii den Beschuldigten als schnell reagierendes Team gedient. Als ein Serienpäderast ins Gefängnis kam, weil er Dutzende von Minderjährigen mißbraucht hatte, war Opus Bono für ihn da, mit regelmäßigen Besuchen und mit Geld. Als ein Priester zugab, Jungens unter 14 Jahren sexuell mißbraucht zu haben, sammelte das Opus Bono Geld für seine Verteidigung. Als ein anderer Priester des Mißbrauchs eines Teenagers angeklagt wurde, machte ihn Opus Bono später zum Rechtsberater.“
Dann legen die Autorinnen den Finger noch tiefer in die Wunde und lenken den Blick auf höhere Prälaten:
„Während einflußreiche“ Geistliche öffentlich zusagten, die Kirche werde ihre Priester, die sexuelle Verbrechen begangen haben, zur Verantwortung ziehen und den Opfern helfen, „haben einige von ihnen für die Priester, die in Verdacht gerieten, den Kontakt zum Opus Bono Sacerdotii arrangiert und stillschweigend dem Opus Bono Geld zukommen lassen“.
„Obwohl katholische Führungspersönlichkeiten leugnen, daß die Kirche in irgendeiner offiziellen Beziehung zu dieser Gruppe steht, hat das Opus Bono erfolgreich Netzwerke aufgebaut, die bis in den Vatikan reichen.“
Die Autorinnen konnten die Existenz und die Arbeitsweise dieser Organisation in „Dutzenden von Gesprächen mit Experten, Rechtsanwälten, Priestern, ehemaligen Mitarbeitern und Hunderten Seiten von Dokumenten“ überprüfen. Den Eindruck eines wirklichen Netzwerks in der Kirche, mit höchsten Kontakten und die bis in den Vatikan, konnten die Autorinnen aber nicht erbringen, wenngleich sie diesen Eindruck zu erwecken versuchen. Das gilt ebenso für die satzungsgemäßen Aktivitäten der Organisation, die nicht illegal sind.
„Notwendiges Wirken“ in einem zwielichtigen Bereich
Die Organisation wirkt in einem Bereich, der per se im Zwielicht steht, was aber noch nicht bedeutet, daß die Organisation zwielichtig ist.
Tatsache ist, daß es klerikale Mißbrauchstäter gibt. Tatsache ist auch, daß andere Priester unschuldig angeklagt wurden. Durch mediale Überzeichnung und moralische Empörung herrscht in den USA wie auch in manchen europäischen Staaten eine Bereitschaft zur generellen Vorverurteilung von Priestern, obwohl Minderjährige in anderem Umfeld und anderen Organisationen nicht weniger gefährdet sind, sondern statistisch zum teil sogar einem deutlich höheren Risiko ausgesetzt sind.
Selbst der Täter aber hat ein Recht auf Verteidigung, auch dann, wenn das den Mitmenschen wegen der Schwere der Tat aufstößt. Das ist der Rechtsstaat, der den zivilisatorischen Fortschritt bedeutet, und der garantiert werden muß.
Wer garantiert aber den schuldigen Priestern und erst recht den unschuldigen Priestern den nötigen Rechtsbeistand. Wer bietet ihnen Schutz, wenn sie von einem Augenblick auf den anderen ihre Pfarrei verlassen müssen, schuldig oder unschuldig, weil die Medien berichten und an den Pranger stellen?
Die Antwort darauf ist nicht leicht, zumal es ein drängendes Anliegen ist, Unschuldigen helfen zu wollen, aber die Gefahr besteht, einem Schuldigen zu helfen. Die Notwendigkeit einer Hilfsorganisation für Priester, die nicht im Regen stehengelassen werden sollen, ist objektiv gegeben und bedeutet nicht, daß sie den Gesetzen der Kirche oder des Staates, sprich den Strafverfolgungsbehörden entzogen werden sollen.
In den USA hat eine Gruppe von Katholiken um Joe Maher sich dieser Aufgabe angenommen. Sie bemühten sich aus verständlichen Gründen um Diskretion. Sie gerieten allerdings noch in anderer Hinsicht ins Zwielicht. Auch darüber berichten die drei Autorinnen, wenngleich sie etwas reißerisch bemüht sind, das Zwielicht zu breit zu streuen.

Anfang des Jahres wurden die beiden Gründer und Laien der Organisation, Joe Maher und Peter Ferrara, vom Staat Michigan aus ihren Positionen verdrängt, nachdem der Generalstaatsanwalt auf sie aufmerksam wurde. Die Staatsanwaltschaft ermittelte nicht wegen der satzungsmäßigen Aktivitäten, sondern wegen des Verdachts auf Mißbrauch von Spendengeldern.
In der Tat war das lange Zeit eine verbreitete Reaktion unter US-Katholiken, als Mißbrauchsvorwürfe öffentlich bekannt wurden. Das war wiederholt auch zutreffend. Der Eindruck eines haltlosen Angriffs gegen die Kirche und das Priestertum konnte auch deshalb entstehen, weil kirchenfeindliche Kreise mit besonderem Nachdruck den Mißbrauchsvorwurf breitwalzten. Hinzukam, daß viele gläubige Katholiken es auch nicht wahrhaben wollten, daß ein gesalbter Priester sich des sexuellen Mißbrauchs an Minderjährigen oder auch Erwachsenen schuldig macht.
Die Folge war, daß auch wirkliche Mißbrauchstäter in Schutz genommen wurden. Inzwischen hat das Pendel eher ins Gegenteil umgeschlagen.
Die Entstehung des OBS reicht bis ins Jahr 2002 zurück, als ein sexueller Mißbrauchsskandal eine Pfarrei in Detroit erschütterte.
25 Jahre war Eduard Perrone Pfarrer an der Kirche gewesen. Father Perrone wirke „streng und imposant“, so die Autorinnen. Er sei „ein überzeugter Konservativer“, der sich weigere, Ehepaare zu trauen, wenn das Kleid der Braut „zu freizügig“ sei.
Anfang Juli wurde Father Perrone, heute 70 Jahre alt, aus dem Pfarrdienst entlassen, nachdem eine kirchliche Untersuchungskommission zum Schluß gekommen war, daß Anschuldigungen, er habe vor Jahrzehnten ein Kind mißbraucht, einen „Anschein von Wahrheit“ hätten. Perrone bestritt die Anschuldigen gegenüber AP energisch. In dem seinerzeitigen Vorfall dürfte der Beweggrund für sein Handeln in den vergangenen 20 Jahren zu suchen sein.
Damit zurück in das Jahr 2002.
Father Perrone und die ersten Fälle
In den Jahren unmittelbar davor hatte Perrone „mindestens zwei Priester“, die in anderen Staaten der USA des Mißbrauchs beschuldigt wurden, in seiner Pfarrei aufgenommen. Er begründete dies damit, daß es sich um Mitbrüder und Priester handelt. Das seien sie auch und trotz der Anschuldigungen. Eine Schuld war zu jenem Zeitpunkt noch von keinem Gericht festgestellt worden.
Einer von ihnen gab später allerdings zu, in den 80er und 90er Jahren „bis zu 50 Kindern sexuell belästigt zu haben, wie Gerichtsakten in Texas belegen“.
1999 nahm Perrone den zweiten Priester, einen Westafrikaner, auf. Zwei Jahre später forderte das Erzbistum Detroit vom Westafrikaner, in sein Heimatland Togo zurückzukehren, nachdem Vorwürfe des sexuellen Fehlverhaltens in Detroit und zuvor bereits in Florida bekannt wurden.
Der Priester verließ die USA aber nicht, sondern wechselte erneut den Staat. 2002 wurde gegen ihn Anklage erhoben, weil er ein Mitglied des Kirchenchores von Father Perrones Pfarrei vergewaltigt habe. Das Opfer sagte über Perrones Reaktion vor Gericht aus, der Pfarrer habe ihr geraten: „Geh einfach an ihm vorbei und ignorier ihn.“
Als der afrikanische Priester in der Pfarrei war, rief Father Perrone die Pfarrangehörigen dazu auf, den Priester in „seiner Zeit der Krise“ zu unterstützen.
Joe Maher, Angehöriger der Pfarrei, reagierte auf die Aufforderung Perrones, Hilfe zu leisten, und gründete das Opus Bono Sacerdotii.
Maher, der in einer katholischen Familie des Mittleren Westens aufwuchs, war nach Kalifornien, wo er Arbeit bei einem Medienunternehmen fand, das Live-Übertragungen für Hollywood-Preisverleihungen und ähnliche Veranstaltungen produzierte. „Ich hatte Zugang zu allen Studios“, sagte er später. Nach seiner Rückkehr nach Michigan und da er sich im Umgang mit Medien auskannte, fungierte er während des Gerichtsverfahrens gegen den westafrikanischen Priesters als Mediensprecher. Maher nahm den Priester sogar zu sich nach Hause, wo er mit der Familie lebte. Mahers Tochter Mary Rose war damals zehn Jahre alt.
AP fand in den Gerichtsakten die Aussagen von zwei weiteren Frauen, die Mitglieder des Pfarrchores waren, und die angaben, von dem westafrikanischen Priester belästigt worden zu sein. Ihre Fälle wurden allerdings nie vor Gericht verhandelt. Im Prozeß stand Aussage gegen Aussage, wie Staatsanwältin Maria Miller bestätigt. Der Westafrikaner wurde freigesprochen und zog nach Las Vegas. Father Perrone sei „wie ein Vater gewesen“, sagt er heute. Er sei ihm zu wirklichem Dank verpflichtet, denn es sei eine „schreckliche Zeit“ für ihn gewesen.
Die Gründung des Opus Bono Sacerdotii
Der Fall samt Freispruch wurde über die Medien bekannt und hatte zur Folge, daß Joe Maher von Hilferufen anderer Priester aus den ganzen USA „überschwemmt“ wurde. Das war der Grund, weshalb er das Opus Bono Sacerdotii ins Leben rief.
„Rund um die Uhr klingelte das Telefon, das als Kontakt der Organisation angegeben wurde“, so AP.
Joe Maher (Vorsitzender des OBS) und der Mitgründer Peter Ferrara (Kassier) holten betroffene Priester persönlich ab, organisierten Flugtickets, Hotelunterbringung oder eine Wohnung als Unterkunft.
„Wir sind auf dem Weg, einem hilfsbedürftigen Priester im Mittleren Westen zu helfen. Es wird also eine lange Reise und nicht viel Schlaf geben, und es könnte möglicherweise eine gefährliche Situation sein.“
So schilderte Maher in einem selbstgedrehten Video, das auf der Facebook-Seite des OBS veröffentlicht wurde, einen Einsatz.

Die Liste der Priester, denen Maher und seine Organisation geholfen hat, ist vertraulich. In einer Werbebroschüre ist von „mehr als 8.000 Priestern“ die Rede. Die Generalstaatsanwaltschaft von Michigan geht hingegen von einer Zahl aus, „die näher an 1.000“ liegt.
Einer von ihnen ist Father Gregory Ingels, ein bekannter Priester des Erzbistums San Francisco. Er wurde 2003 beschuldigt, in den 70er Jahren einen 15jährigen Jungen mißbraucht zu haben. Die Strafanzeige gegen ihn wurde vom Gericht abgewiesen, nachdem eine Einschränkung der geltenden Verjährung für verfassungswidrig erklärt worden war. Das Opus Bono setzte Ingels darauf als Rechtsberater ein.
AP kontaktierte den Priester, der wiederholte, daß die damalige Anschuldigung gegen ihn falsch und seine Mitarbeit beim OBS minimal war. Er habe als Kanonist Fragen des Kirchenrechts beantwortet, bevor er in den Ruhestand trat.
Betreuung von verurteilten Sexualstraftätern
Das Opus Bono unterstützte auch Jason Sigler, einen inzwischen laisierten Priester aus Detroit, der wegen des Mißbrauchs Dutzender Kinder in den Staaten Neu Mexiko und Michigan verurteilt wurde.
Maher besuchte Sigler regelmäßig im Gefängnis und finanzierte seine Verteidigung. Die Betreuung von Gefangenen gehöre zu den Pflichten eines Christen. Das müsse also erst recht für gefangene Priester gelten. Mahers Tochter wurde Jason von ihrem Vater vorgestellt. Sie telefonierte mit dem Priester, als dieser im Gefängnis saß.
„Ich hatte keine Ahnung, wer Jason war und verstand als Kind auch nicht, warum ich mit einem Priester im Gefängnis sprechen mußte.“
Sie und ihre Freunde arbeiteten als Jugendliche für die Organisation ihres Vaters. Diese unterstützte auch P. Dennis Druggan, der im Staat Montana in den 80er Jahren an einer katholischen Schule für Kinder von Indianern einen minderjährigen Jungen mißbraucht haben soll. Er wurde 2012 aus dem katholischen Schuldienst und 2013 nach einer Untersuchung durch die Kapuzinerprovinz auch aus dem Orden entlassen. Druggan wurde hauptamtlicher Mitarbeiter des Opus Bono, wie aus den Akten der Generalstaatsanwaltschaft Michigan hervorgeht.
2003 wurde der inzwischen laisierte Priester Robert Kealy aus Chicago an das Opus Bono vermittelt, nachdem er gestanden hatte, männliche Jugendliche sexuell mißbraucht zu haben. Kealy, ein Kirchenrechtler, war zuvor für die Untersuchung von sexuellen Mißbrauchsfällen durch Kleriker zuständig. In den Akten des Erzbistums ist Mahr als „Therapeut“ ausgewiesen und das Opus Bono als geschützte Einrichtung eingestuft, in der sich Kealy „unter Beobachtung“ befand. Die Autorinnen legen nahe, daß diese Einschätzung des Erzbistums wohl nicht den Tatsachen entsprochen habe.
Kealy nahm an einer Konferenz von Opus Bono in Detroit teil, die von Msgr. William Varvaro, dem ehemaligen Vorsitzenden der Canon Law Society of America und früheren OBS-Berater, organisiert wurde. Auf Anfragen der AP-Journalistinnen antwortete Kealy nicht. Msgr. Vavaro ist bereits 2007 verstorben.
Maher machte sich die Haltung zu eigen, daß eine strafrechtliche Verfolgung um jeden Preis und egal wie lange eine Tat zurückliegt, „Rache“ sei. Seine Aufgabe sah er darin, keinen Priester „in Not im Stich zu lassen“. Über Schuld oder Unschuld hätten die staatlichen und kirchlichen Gerichte zu urteilen, nicht er. Solange die Schuld nicht erwiesen sei, gehe er von der Unschuld eines Priesters aus, und habe ihm beizustehen. Werde er verurteilt, brauche dieser Priester seine Nächstenliebe wie es die tätigen Werke der Barmherzigkeit verlangen.
Diskrete Arbeit und Spendensammlung
Nicht alle Amerikaner und auch nicht alle US-Katholiken teilen diese Haltung Mahers, weshalb er wegen des allgemeinen gesellschaftlichen Klimas bemüht war, möglichst unauffällig zu handeln. Es gehe ihm nicht um die Beeinflussung der öffentlichen Meinung, sondern um konkrete Hilfe.
In Werbebroschüren, mit denen um Spenden geworben wurde, veröffentlichte Maher Fotos, die ihn mit bekannten US-amerikanischen Kirchenvertretern zeigen. Bevorzugt mit konservativen Prälaten und Purpurträgern. Damit vermittelte er gläubigen Katholiken den Eindruck einer „offiziellen“ kirchlichen Anerkennung und Unterstützung. Zumindest ein Teil der Betroffenen scheint allerdings nichts davon gewußt zu haben, weder von den genauen Aktivitäten des Opus Bono Sacerdotii noch davon, daß die „Erinnerungsfotos“, wie sie ständig gemacht werden, für Werbezwecke benützt werden.

Father Perrone erzählte 2013 in einem Interview, das Opus Bono halte im Verhältnis zur offiziellen Kirche absichtlich Distanz.
„Die Kirche profitiert von dem, was wir tun, aber es gibt keine Unterstützung.“
Wiederholt fanden die Vertreter der Organisation allerdings Zugang zu katholischen Medien, wodurch sie Bekanntheit und Glaubwürdigkeit erhöhen konnten, was sich auch Spenden einbrachte.
Vier Niederlassungen betreibt das Opus Bono im Staat Michigan. Der Hauptsitz befindet sich in Oxford (Michigan). Die zweite Niederlassung entstand im kleinen Ort Dryden. Maher und Ferrara gaben gegenüber den Behörden an, in einem heruntergekommenen Lagerhaus ein Filmstudio einrichten zu wollen. Priester wurden gegenüber den Behörden nicht erwähnt. Das Ziel war „Unsichtbarkeit“.
Die Mitarbeiter von Maher verschickten „jede Woche“, so AP, Aufrufe an potentielle Spender in Umschlägen zusammen „mit Bildern des Papstes“. Geworben wurde für die Unterstützung von Priestern, die sich „in verzweifelten Krisen“ befinden. Als möglicher Grund wurden unter anderem falsche Anschuldigungen des sexuellen Mißbrauchs genannt. Es sei auch Selbstmordgefahr in Verzug, hieß es.
Selbst wenn ein Priester „nichts Falsches“ getan habe, könne sein priesterlicher Dienst durch falsche Anschuldigungen unmöglich gemacht werden, so eines der „Zeugnisse“, das vom OBS an Spender verschickt wurde. Der Generalstaatsanwalt spricht von „Irreführung“ zum Zweck der Spendengewinnung.
Die Staatsanwaltschaft ermittelt
Die Staatsanwaltschaft wurde auf den Plan gerufen, weil sich eine ehemalige Mitarbeiterin des Opus Bono Sacerdotii, Mahers eigene Tochter Mary Rose, inzwischen 27 Jahre alt, an sie gewandt hatte. Sie beschuldigte die Organisation im Februar 2017 in einem Brief an den Generalstaatsanwalt finanzieller Unregelmäßigkeiten.
Es ist schwer zu sagen, inwieweit der familiäre Konflikt den Streit wegen des OBS bestimmt. Mahers Tochter macht ihrem Vater zum Vorwurf, in Priestern nur „Unschuldige“ zu sehen, was sie angesichts der Mißbrauchsopfer unerträglich finde.
Sie schrieb an die Staatsanwaltschaft: „Eine einfache Untersuchung der gemeinnützigen Organisation Opus Bono Sacerdotii in Michigan würde die Millionen von veruntreuten Dollars durch jahrelangen Postbetrug und den systematischen Mißbrauch von Spenden ans Licht bringen“.

Das Schreiben landete auf dem Schreibtisch von Generalstaatsanwalt William Bloomfield, einem gläubigen Katholiken, der darauf aktiv wurde. Nach einem Jahr der Ermittlungen bestätigten sich zwar nicht die Anschuldigungen von Mary Rose Maher, doch gelangte er zum Schluß, daß irreführende Spendensammlungen und ein Verstoß gegen das Gesetz über die Gemeinnützigkeit vorliegen. Je mehr Geld der Organisation zufloß, desto sorgloser sei damit umgegangen worden.
Die Spendeneinnahmen waren von 73.000 Dollar im Jahr 2002 auf 1,3 Millionen Dollar im Jahr 2016 angestiegen. Die Zahlungen an Maher wuchsen zugleich von 40.500 Dollar auf 212.000 Dollar, jene von Ferrara von 16.300 Dollar sogar auf 316.000 Dollar. Die Betroffenen verteidigten sich damit, daß die Organisation ihnen nur zurückgezahlt habe, was sie am Beginn vorgestreckt hätten.
Außergerichtliche Einigung und neue Organisationen
Folge der staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen war eine außergerichtliche Einigung: Maher und Ferrara mußten ihre Positionen in der Organisation aufgeben und die gesamte Führungsebene des OBS mußte ausgetauscht werden. Beide Seiten hatten offensichtlich keine Lust auf ein Gerichtsverfahren. Das OBS nicht, weil es teuer, langwierig und kreditschädigend gewesen wäre, der Staatsanwalt offenbar nicht, wegen eines ungewissen Ausganges.
Zudem und unabhängig davon ersuchte das Erzbistum Detroit den Vatikan, die Vorwürfe des sexuellen Mißbrauchs gegen Father Perrone zu prüfen.
Mary Rose Maher hat inzwischen ihre eigene gemeinnützige Organisation gegründet, deren Ziel die Unterstützung von Mißbrauchsopfern ist, also das Gegenteil dessen, was ihr Vater mit dem Opus Bono machte.
Joe Maher wurde in der außergerichtlichen Einigung zur Auflage gemacht, im Staat Michigan nie mehr eine gemeinnützige Organisation zu betreiben. Er soll aber eine neue Organisation im Staat Indiana namens Men of Melchizedek gegründet haben, die demselben Ziel des Opus Bono, der Unterstützung „schutzbedürftiger Priester“ gewidmet ist.

Das Opus Bono und Men of Melchizedek haben denselben kanonischen Rechtsbeistand, Father David Deibel. Weder Deibel noch Maher reagierten auf Anfragen von AP.
Auf ihrer Internetseite sagt die neue Organisation „wertungsfreie Unterstützung und lebenslange Begleitung für unsere hilfsbedürftigen Priester“ zu.
„Wir weisen keinen Priester ab.“
Text: Giuseppe Nardi
Bild: Youtube/Opusbono.org/menofmelchizedek.org (Screenshots)
Ist Gutmensch eine ideologische Seuche?
Man ist hin- und hergerissen bei diesem Sachverhalt. Die Tochter als Contra zum Vater?