Am kommenden 13. Oktober wird der selige John Henry Newman heiliggesprochen. Das wurde von Papst Franziskus im Rahmen des jüngsten Kardinalskonsistoriums bekanntgegeben. Diese Heiligsprechung rückt die Zeit der Wiederbelegung der katholischen Kirche in England in den Fokus, die auf eine lange Zeit der Verfolgung und Unterdrückung folgte.
Newman war 2010 von Papst Benedikt XVI. seliggesprochen worden. Er gilt als ein entscheidender Wegbereiter der katholischen „Renaissance“ in England. 250 Jahre war dort seit 1534, seit König Heinrich VIII., die Ausübung des katholischen Kultus verboten. Die Katholiken wurden verfolgt, Tausende gefangengenommen, gefoltert und als Märtyrer hingerichtet. Die Treue zu Petrus galt als Hochverrat gegen das anglikanische Staatskirchentum und den König, der sich selbst zum Oberhaupt der von Rom abgespaltenen, anglikanischen „Kirche von England“ erhob. Katholische Restaurationsversuche scheiterten wiederholt. Die Katholiken mußten sich geheim versammeln, um im Verborgenen von Geheimpriestern zelebrierten heiligen Messen beiwohnen zu können. Aus dieser Zeit stammen die „Priesterlöcher“, eigens geschaffene Verstecke für Priester auf Landsitzen des Adels. Etliche davon sind erhalten geblieben und können zum Teil besichtigt werden. Sie schildern die Not der Verfolgung, den Mut ihrer Erbauer und die Phantasie, mit der vorgegangen wurde, um den Glauben zu bewahren und die Priester zu schützen, die meist in Frankreich oder Rom ausgebildet und geweiht wurden, bevor sie ihre oft todbringende Missionsarbeit in England aufnahmen.
Selbst in London, wo die Situation besonders gefährlich war, versammelten sich die Gläubigen. Mangels Kirchen taten sie es oft in Gasthäusern. Sie hatten in der Regel einen Krug Bier oder sogar Essen vor sich stehen, um für den Fall der Entdeckung den Eindruck eines normalen Wirtshausbetriebs vorzutäuschen. Zu den Londoner Gasthäusern, in denen geheim die heilige Messe zelebriert wurde, gehört die Ship Tavern in Covent Garden. Eine Gedenktafel erinnert dort auch an diese Zeit der Verfolgung. Das bald 500 Jahre alte Gasthaus wird noch heute gerne von Katholiken aufgesucht.
Als 1585 der Priester Gregory Gunne als Märtyrer in Tyburn, dem Hauptgalgen von London, hingerichtet wurde, prophezeite er, daß an dieser Stelle, wo zwischen 1535 und 1681 fast 400 Katholiken wegen ihres Glaubens ihr Leben verloren, einmal ein Kloster entstehen wird. 105 von ihnen wurden von der Kirche offiziell zu den Altären erhoben.
1903 ging diese Prophetie in Erfüllung. Seither halten im Tyburn Convent am Rande des Hyde Parks die Anbetungsschwestern vom Heiligsten Herzen Jesu, eine Benediktinerinnenkongregation, inmitten des anglikanischen, heute aber zumeist gottlosen, derzeit im öffentlichen Raum zwangs-homosexualisierten oder stark islamischen London ewige Anbetung.
Die Ordensfrauen beten in besonderer Weise für die verfolgten Christen.
Wegen der jährigen Gay Pride erfolgt durch staatliche Einrichtungen, ob National Gallery, Tower Bridge oder Royal Opera House, die penetrante Zwangsbeglückung in den Homo-Farben. Stadtverwaltung und Staatsregierung zeigen unübersehbar, daß die kleine Homo-Minderheit eine hochprivilegierte Gruppe darstellt. Keine andere Gruppe der englischen Gesellschaft wurde je so demonstrativ bevorzugt, daß sich der Staat selbst damit aufdringlich identifiziert. Auf die große Mehrheit der Nicht-Homosexuellen wird in London jedenfalls keine Rücksicht genommen. Gleichzeitig nimmt der Anteil außereuropäischer Religionen in der Stadt schnell zu. 2011 waren mehr als eine Million der Bewohner von Großlondon Muslime. Inzwischen sind es deutlich mehr. Mehr als fünf Prozent waren bereits damals Hindus. In den beiden bevölkerungsreichen Stadtbezirken, die westlich an die berühmte City of London angrenzen, belief sich der Muslimenanteil bereits 2011 auf über 30 Prozent. Im Bezirk Newham mit 350.000 Einwohnern (2017) und 32 Prozent Muslim-Anteil (2011) leben 2011 nur mehr 16,7 Prozent „weiße Briten“, also Engländer, Schotten und Waliser. Der Anteil aller Christen lag 2011 bei 40 Prozent. Im angrenzenden Bezirk Tower Hamlets mit 310.000 Einwohner lag der Anteil der „weißen Briten“ 2011 noch bei 31 Prozent. Stärkste Religionsgemeinschaft war aber bereits der Islam mit über 34,5 Prozent. Nur 27 Prozent bezeichneten sich noch als Christen.
Der Anteil der Katholiken wird in Inner London mit heute etwa 3,4 Millionen Einwohnern, das ist die Stadt London vor der Schaffung der Metropolitan Area Großlondon, mit 14,6 Prozent angegeben, in ganz England mit 8,9 Prozent.
Erst 1791 wurde ihnen in England die Ausübung ihres Kultus wieder erlaubt. Allerdings hatten sie keine Kirchen mehr. Die katholischen Kirchen waren ihnen im 16. Jahrhundert geraubt und der anglikanischen Staatskirche einverleibt worden.
In diese Zeit der Wiederzulassung wurde John Henry Newman 1801 in London geboren, einer Stadt, in der es nur an den Botschaften von katholischen Staaten Hauskapellen gab. Newman wurde als Sohn einer anglikanischen Familie geboren. Erst 1845 konvertierte er nach einer Italienreise und einem Aufenthalt in Rom zur katholischen Kirche. 1879 wurde er von Papst Leo XIII. sogar zum Kardinal kreiert.
Seine Konversion sorgte im damaligen England für erhebliches Aufsehen. Einerseits wegen seiner Zugehörigkeit zur Anglikanischen Kirche, deren Priester er seit 1825 war. Aber auch, weil er mütterlicherseits von einer hugenottischen Familie abstammte, französischen Calvinisten, die aus religiösen Gründen nach England ausgewandert war. Vor allem aber weil Newman in Intellektuellenkreisen durch die von ihm initiierte Oxford-Bewegung hochangesehen war.
Erst 1829 wurde mit dem Roman Catholic Relief Act der Weg zur Errichtung eigener Kirchen geebnet. Auf Newmans Initiative geht eine der ersten katholischen Kirchen in London zurück. 1847 zum katholischen Priester geweiht, errichtete er 1849 in der englischen Hauptstadt nach dem Vorbild des heiligen Philipp Neri das noch heute bestehende Oratorium von Brompton, wo die heilige Liturgie auch in der überlieferten Form zelebriert wird. In Brompton wird auch besonders das Gedenken an den seligen Newman gepflegt. Außerhalb der im Stil einer römischen Barockbasilika errichteten Kirche steht eine Statue des künftigen Heiligen. In der Kirche erinnert ein Ölgemälde an ihn, das sich genau hinter einer weitgehend originalgetreuen Nachbildung der berühmten Bronzefigur des Apostelfürsten Petrus im Petersdom, geschaffen um 1300 von Arnolfo da Cambio, angebracht ist.
Die katholischen Kirchen Englands entstanden alle erst ab der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts als Neubauten. Sie zeichnen sich durch besondere Betonung der Katholizität aus und der sichtbaren Verbundenheit mit Petrus und Rom. Außergewöhnlich ist auch, daß die katholischen Kirchen Londons keinen Volksaltar kennen. Auch der Erzbischof der Westminster zelebriert in der Kathedralkirche auf dem Hochaltar.
Die Heiligsprechung von John Henry Newman ehrt Englands Katholiken. Jene, die zur katholischen Kirche zurückgekehrt sind, und vor allem jene, die in ihren Familien durch die Jahrhunderte der Kirche Jesu Christi treu geblieben sind.
Text: Giuseppe Nardi
Bild: Giuseppe Nardi