Heiligsprechung von John Henry Newman und Englands Katholiken

Großlondon


Der selige John Henry Newman, Kardinal und Ordensgründer, wird im Oktober 2019 heiliggesprochen.
Der selige John Henry Newman, Kardinal und Ordensgründer, wird im Oktober 2019 heiliggesprochen.

Am kom­men­den 13. Okto­ber wird der seli­ge John Hen­ry New­man hei­lig­ge­spro­chen. Das wur­de von Papst Fran­zis­kus im Rah­men des jüng­sten Kar­di­nals­kon­si­sto­ri­ums bekannt­ge­ge­ben. Die­se Hei­lig­spre­chung rückt die Zeit der Wie­der­be­le­gung der katho­li­schen Kir­che in Eng­land in den Fokus, die auf eine lan­ge Zeit der Ver­fol­gung und Unter­drückung folgte.

Anzei­ge

New­man war 2010 von Papst Bene­dikt XVI. selig­ge­spro­chen wor­den. Er gilt als ein ent­schei­den­der Weg­be­rei­ter der katho­li­schen „Renais­sance“ in Eng­land. 250 Jah­re war dort seit 1534, seit König Hein­rich VIII., die Aus­übung des katho­li­schen Kul­tus ver­bo­ten. Die Katho­li­ken wur­den ver­folgt, Tau­sen­de gefan­gen­ge­nom­men, gefol­tert und als Mär­ty­rer hin­ge­rich­tet. Die Treue zu Petrus galt als Hoch­ver­rat gegen das angli­ka­ni­sche Staats­kir­chen­tum und den König, der sich selbst zum Ober­haupt der von Rom abge­spal­te­nen, angli­ka­ni­schen „Kir­che von Eng­land“ erhob. Katho­li­sche Restau­ra­ti­ons­ver­su­che schei­ter­ten wie­der­holt. Die Katho­li­ken muß­ten sich geheim ver­sam­meln, um im Ver­bor­ge­nen von Geheim­prie­stern zele­brier­ten hei­li­gen Mes­sen bei­woh­nen zu kön­nen. Aus die­ser Zeit stam­men die „Prie­ster­lö­cher“, eigens geschaf­fe­ne Ver­stecke für Prie­ster auf Land­sit­zen des Adels. Etli­che davon sind erhal­ten geblie­ben und kön­nen zum Teil besich­tigt wer­den. Sie schil­dern die Not der Ver­fol­gung, den Mut ihrer Erbau­er und die Phan­ta­sie, mit der vor­ge­gan­gen wur­de, um den Glau­ben zu bewah­ren und die Prie­ster zu schüt­zen, die meist in Frank­reich oder Rom aus­ge­bil­det und geweiht wur­den, bevor sie ihre oft tod­brin­gen­de Mis­si­ons­ar­beit in Eng­land aufnahmen. 

Selbst in Lon­don, wo die Situa­ti­on beson­ders gefähr­lich war, ver­sam­mel­ten sich die Gläu­bi­gen. Man­gels Kir­chen taten sie es oft in Gast­häu­sern. Sie hat­ten in der Regel einen Krug Bier oder sogar Essen vor sich ste­hen, um für den Fall der Ent­deckung den Ein­druck eines nor­ma­len Wirts­haus­be­triebs vor­zu­täu­schen. Zu den Lon­do­ner Gast­häu­sern, in denen geheim die hei­li­ge Mes­se zele­briert wur­de, gehört die Ship Tavern in Covent Gar­den. Eine Gedenk­ta­fel erin­nert dort auch an die­se Zeit der Ver­fol­gung. Das bald 500 Jah­re alte Gast­haus wird noch heu­te ger­ne von Katho­li­ken aufgesucht.

Ship Tavern, Gedenktafel
Ship Tavern, Gedenktafel

Als 1585 der Prie­ster Gre­go­ry Gun­ne als Mär­ty­rer in Tyb­urn, dem Haupt­gal­gen von Lon­don, hin­ge­rich­tet wur­de, pro­phe­zei­te er, daß an die­ser Stel­le, wo zwi­schen 1535 und 1681 fast 400 Katho­li­ken wegen ihres Glau­bens ihr Leben ver­lo­ren, ein­mal ein Klo­ster ent­ste­hen wird. 105 von ihnen wur­den von der Kir­che offi­zi­ell zu den Altä­ren erhoben.

1903 ging die­se Pro­phe­tie in Erfül­lung. Seit­her hal­ten im Tyb­urn Con­vent am Ran­de des Hyde Parks die Anbe­tungs­schwe­stern vom Hei­lig­sten Her­zen Jesu, eine Bene­dik­ti­ne­rin­nen­kon­gre­ga­ti­on, inmit­ten des angli­ka­ni­schen, heu­te aber zumeist gott­lo­sen, der­zeit im öffent­li­chen Raum zwangs-homo­se­xua­li­sier­ten oder stark isla­mi­schen Lon­don ewi­ge Anbetung. 

Die Ordens­frau­en beten in beson­de­rer Wei­se für die ver­folg­ten Christen.

Tafel am Tyburn Convent der ewigen Anbetung.
Tafel am Tyb­urn Con­vent der ewi­gen Anbetung.

Wegen der jäh­ri­gen Gay Pri­de erfolgt durch staat­li­che Ein­rich­tun­gen, ob Natio­nal Gal­lery, Tower Bridge oder Roy­al Ope­ra Hou­se, die pene­tran­te Zwangs­be­glückung in den Homo-Far­ben. Stadt­ver­wal­tung und Staats­re­gie­rung zei­gen unüber­seh­bar, daß die klei­ne Homo-Min­der­heit eine hoch­pri­vi­le­gier­te Grup­pe dar­stellt. Kei­ne ande­re Grup­pe der eng­li­schen Gesell­schaft wur­de je so demon­stra­tiv bevor­zugt, daß sich der Staat selbst damit auf­dring­lich iden­ti­fi­ziert. Auf die gro­ße Mehr­heit der Nicht-Homo­se­xu­el­len wird in Lon­don jeden­falls kei­ne Rück­sicht genom­men. Gleich­zei­tig nimmt der Anteil außer­eu­ro­päi­scher Reli­gio­nen in der Stadt schnell zu. 2011 waren mehr als eine Mil­li­on der Bewoh­ner von Groß­lon­don Mus­li­me. Inzwi­schen sind es deut­lich mehr. Mehr als fünf Pro­zent waren bereits damals Hin­dus. In den bei­den bevöl­ke­rungs­rei­chen Stadt­be­zir­ken, die west­lich an die berühm­te City of Lon­don angren­zen, belief sich der Mus­li­men­an­teil bereits 2011 auf über 30 Pro­zent. Im Bezirk Newham mit 350.000 Ein­woh­nern (2017) und 32 Pro­zent Mus­lim-Anteil (2011) leben 2011 nur mehr 16,7 Pro­zent „wei­ße Bri­ten“, also Eng­län­der, Schot­ten und Wali­ser. Der Anteil aller Chri­sten lag 2011 bei 40 Pro­zent. Im angren­zen­den Bezirk Tower Ham­lets mit 310.000 Ein­woh­ner lag der Anteil der „wei­ßen Bri­ten“ 2011 noch bei 31 Pro­zent. Stärk­ste Reli­gi­ons­ge­mein­schaft war aber bereits der Islam mit über 34,5 Pro­zent. Nur 27 Pro­zent bezeich­ne­ten sich noch als Christen.

Der Anteil der Katho­li­ken wird in Inner Lon­don mit heu­te etwa 3,4 Mil­lio­nen Ein­woh­nern, das ist die Stadt Lon­don vor der Schaf­fung der Metro­po­li­tan Area Groß­lon­don, mit 14,6 Pro­zent ange­ge­ben, in ganz Eng­land mit 8,9 Prozent.

Erst 1791 wur­de ihnen in Eng­land die Aus­übung ihres Kul­tus wie­der erlaubt. Aller­dings hat­ten sie kei­ne Kir­chen mehr. Die katho­li­schen Kir­chen waren ihnen im 16. Jahr­hun­dert geraubt und der angli­ka­ni­schen Staats­kir­che ein­ver­leibt worden.

In die­se Zeit der Wie­der­zu­las­sung wur­de John Hen­ry New­man 1801 in Lon­don gebo­ren, einer Stadt, in der es nur an den Bot­schaf­ten von katho­li­schen Staa­ten Haus­ka­pel­len gab. New­man wur­de als Sohn einer angli­ka­ni­schen Fami­lie gebo­ren. Erst 1845 kon­ver­tier­te er nach einer Ita­li­en­rei­se und einem Auf­ent­halt in Rom zur katho­li­schen Kir­che. 1879 wur­de er von Papst Leo XIII. sogar zum Kar­di­nal kreiert. 

Sei­ne Kon­ver­si­on sorg­te im dama­li­gen Eng­land für erheb­li­ches Auf­se­hen. Einer­seits wegen sei­ner Zuge­hö­rig­keit zur Angli­ka­ni­schen Kir­che, deren Prie­ster er seit 1825 war. Aber auch, weil er müt­ter­li­cher­seits von einer huge­not­ti­schen Fami­lie abstamm­te, fran­zö­si­schen Cal­vi­ni­sten, die aus reli­giö­sen Grün­den nach Eng­land aus­ge­wan­dert war. Vor allem aber weil New­man in Intel­lek­tu­el­len­krei­sen durch die von ihm initi­ier­te Oxford-Bewe­gung hoch­an­ge­se­hen war.

Erst 1829 wur­de mit dem Roman Catho­lic Reli­ef Act der Weg zur Errich­tung eige­ner Kir­chen geeb­net. Auf New­mans Initia­ti­ve geht eine der ersten katho­li­schen Kir­chen in Lon­don zurück. 1847 zum katho­li­schen Prie­ster geweiht, errich­te­te er 1849 in der eng­li­schen Haupt­stadt nach dem Vor­bild des hei­li­gen Phil­ipp Neri das noch heu­te bestehen­de Ora­to­ri­um von Bromp­ton, wo die hei­li­ge Lit­ur­gie auch in der über­lie­fer­ten Form zele­briert wird. In Bromp­ton wird auch beson­ders das Geden­ken an den seli­gen New­man gepflegt. Außer­halb der im Stil einer römi­schen Barock­ba­si­li­ka errich­te­ten Kir­che steht eine Sta­tue des künf­ti­gen Hei­li­gen. In der Kir­che erin­nert ein Ölge­mäl­de an ihn, das sich genau hin­ter einer weit­ge­hend ori­gi­nal­ge­treu­en Nach­bil­dung der berühm­ten Bron­ze­fi­gur des Apo­stel­für­sten Petrus im Peters­dom, geschaf­fen um 1300 von Arnol­fo da Cam­bio, ange­bracht ist.

Oratoriumvn Brompton (London), Petrusstatue und das Bildnis des sel. Newman.
Ora­to­ri­umvn Bromp­ton (Lon­don), Petrus­sta­tue und das Bild­nis des sel. Newman.

Die katho­li­schen Kir­chen Eng­lands ent­stan­den alle erst ab der zwei­ten Hälf­te des 19. Jahr­hun­derts als Neu­bau­ten. Sie zeich­nen sich durch beson­de­re Beto­nung der Katho­li­zi­tät aus und der sicht­ba­ren Ver­bun­den­heit mit Petrus und Rom. Außer­ge­wöhn­lich ist auch, daß die katho­li­schen Kir­chen Lon­dons kei­nen Volks­al­tar ken­nen. Auch der Erz­bi­schof der West­min­ster zele­briert in der Kathe­dral­kir­che auf dem Hochaltar.

Die Hei­lig­spre­chung von John Hen­ry New­man ehrt Eng­lands Katho­li­ken. Jene, die zur katho­li­schen Kir­che zurück­ge­kehrt sind, und vor allem jene, die in ihren Fami­li­en durch die Jahr­hun­der­te der Kir­che Jesu Chri­sti treu geblie­ben sind.

Text: Giu­sep­pe Nar­di
Bild: Giu­sep­pe Nardi

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