Ein Witz? Kein Witz! Man glaubt es aber kaum. Das Erzbistum Madrid will von allen Pfarreien den CO2-Ausstoß wissen. Die Aktion geht von einer bisher unbekannten „Diözesankommission Integrale Ökologie“ aus. Sie wurde erst neu errichtet und verschickte einen Fragebogen: „Wurde eine Erhebung des CO2-Ausstoßes der Pfarrei vorgenommen?“ „Verwendet die Pfarrei Büromaterialien recycelten Ursprungs?“ „Welche Energiequellen werden von der Pfarrei genützt?“ Das sind nur einige von insgesamt 36 Fragen dieses Fragebogens, den die Erzdiözese Madrid für wichtig hält, um die Pfarreien und die Gläubigen in den Pfarreien zu erziehen – im Licht der Enzyklika Laudato si von Papst Franziskus.
In der Erläuterung zum Fragebogen heißt es:
„Dieser Fragebogen will eine erste Bestandsaufnahme der Umweltpraktiken vornehmen, die derzeit in den Pfarreien von Madrid angewandt werden. Wir wollen die aktuelle Situation mit ihren Fortschritten und ihren Schwierigkeiten kennenlernen, die als Grundlage für die Verbesserung der Umweltleistung der Pfarrgemeinden dienen wird. Ebenso geht es um die Ermittlung von Beispielen mit Vorbildcharakter, die dazu beitragen können, andere zu einem umweltverträglicheren Betrieb zu bewegen.“
Eigentlich habe ich keine Ahnung, ob meine Pfarrei eine Schätzung des CO2-Ausstoßes vorgenommen hat. Ich stelle mir vor, daß er nicht sehr groß ist, weil jedes Jahr weniger Menschen da sind. Vielleicht kommen aber gerade deshalb immer weniger Menschen in die Kirche, weil sie hungrig nach Christus in die Kirche gegangen sind, aber einen Priester vorgefunden haben, der sich mehr mit Dingen beschäftigt, die wenig oder nichts mit der Rettung ihrer Seele zu tun haben, zum Beispiel den CO2-Ausstoß der Pfarrei zu errechnen und gegen die Windmühlen namens Klimawandel zu kämpfen. Die Rettung der Seelen sollte aber die einzige Priorität unserer Hirten sein.
Die Kirche leidet, zumindest in Westeuropa, unter einem weitverbreiteten Glaubensabfall und einem beispiellosen Rückgang der praktizierenden Gläubigen. Doch anstatt, daß alle Alarmglocken läuten, scheint das viele Kirchenvertreter ziemlich gleichgültig zu lassen. Nicht etwa, daß sie nicht lieber ihre Kirche voller hätten. Vollbesetzte Reihen schmeicheln der Eitelkeit. Es scheint in ihnen aber kein Eifer zu brennen um die Seelen. Der Eindruck scheint vielmehr: je ranghöher, desto gleichgültiger. Vielleicht irre ich mich. Ich will niemandem Unrecht tun. Wenn ich das sage, dann allein deshalb, weil ich mich nach seeleneifrigen Priestern und vor allem seeleneifrigen, vorbildhaften Bischöfen sehne. Ein Bischof, der mir von der angeblichen Notwendigkeit der Reduzierung des CO2-Ausstoßes erzählt, interessiert mich nicht. Warum sollte es auch?!
Meine Beobachtung ist, daß sich die kirchlichen Aktivitäten zunehmend auf banale und immer banalere Felder verlegen. Und das mißfällt mir, aber nicht aus bloßer Laune und persönlicher Befindlichkeit. Vielmehr: Der Sinn und einzige Auftrag der Kirche besteht darin, Gott zu verherrlichen und die Menschen zu Christus zu bringen, damit sie gerettet werden. Der Planet Erde ist nicht für die Ewigkeit geschaffen, die Seele aber schon. Ihre Rettung vollzieht sich zu Lebzeiten, oder nicht mehr.
Die Kirche scheint mehr und mehr ein multinationales Unternehmen zu werden und, treffender gesagt, wie ein global(istisch)es Unternehmen zu funktionieren. Bis in die letzte Tochtergesellschaft, Niederlassung und Filiale soll die CO2-Obsession praktiziert werden. Da muß ein Mißverständnis vorliegen, was mit „praktizieren“ des Glaubens gemeint ist.
Die zentrale Botschaft und der zweitausendjährige Missionsauftrag rücken zugleich in den Hintergrund. Christus erteilte auch keinen Auftrag zur politischen Förderung der Massenmigration. Aber allein die Botschaft Christi und sein Missionsauftrag rechtfertigen die Existenz der Kirche.
Da erstaunt es mich eben sehr, daß man in einem Moment, in dem in Westeuropa ein großer Exodus aus der Kirche und eine allgemeine Apostasie stattfindet, unter Kirchenverantwortlichen Zeit und Energie findet, sich mit Nebensächlichkeiten zu befassen, ob die Pfarreien mit fossilen Brennstoffen, Sonnenenergie oder Holz heizen, und ob die verwendeten Materialien ein zertifiziertes Öko-Siegel haben. Soweit es sich um Umweltschutz handeln würde, könnte man das – in der richtigen Gewichtung – akzeptieren, worum sich aber nicht die Kirche kümmern muß. Sie ist kein verlängerter Arm weltlicher Dinge, welcher Art auch immer. Da die Fragen aber im Zusammenhang mit dem CO2-Ausstoß gestellt werden, es also um die neuen Windmühlen des Don Quijote geht, halte ich das für reinen Sarkasmus. Es ist, als hätte man auf den Zusammenstoß mit einem Eisberg an Bord der Titanic eine Diskussion über die Qualität des servierten Hummers begonnen.
Wir müssen also in dieser Beschäftigung mit rein weltlichen Dingen, der eine weltliche Sichtweise der Dinge zugrundeliegen muß – und damit wird die Sache richtig hart –, einen Wechsel der Botschaft erkennen. Die Frohe Botschaft Jesu Christi wird durch den Klima-Katastrophismus ersetzt (oder künftig sonst etwas, was gerade en vogue ist). Das aber ist nicht nur ein Fehler. Das ist ein schrecklicher Fehler! Warum? Weil das keine spezifisch christliche Botschaft ist, weil sie nur die ohnehin verbreitete, vorherrschende weltliche Meinung wiederholt und weil sie dem, was wirklich für unseren Glauben zählt, Zeit, Energie und Raum entzieht.
Seit Kirchenvertreter, einschließlich die höchsten, erklären, daß die Kirche nicht zu einer NGO werden soll, scheint sich genau diese Umwandlung erst richtig beschleunigt zu haben. Mehr will ich dazu nicht sagen. Die NGO „Kirche“ verflogt dieselben Ziele wie die Mächtigen dieser Welt. Es wird niemand leugnen, daß Dinge wie der Kampf gegen den Klimawandel und für die Massenmigration Anliegen des vorherrschenden Denkens sind.
Es gibt aber nur einen Grund in die Kirche zu gehen, und der ist weder der Klimawandel noch der CO2-Ausstoß, sondern die Suche nach Christus. Wenn die Kirche darauf nicht mehr antwortet, glaubwürdig antwortet, wird es keinen Grund mehr geben, daß Menschen die Kirche suchen – egal ob mit oder ohne CO2-Zertifikat. Es gibt also einen kausalen Zusammenhang, der aber ziemlich anders ist, als ihn sich so manche Kirchenverantwortlichen zu denken scheinen.
*Carlos Esteban, Jurist, Journalist bei La Gaceta und InfoVaticana.
Bild: Erzbistum Wien/kirche+leben (Screenshots)