(Rom) Der ehemalige Apostolische Nuntius in den USA, Erzbischof Carlo Maria Viganò, wandte sich gestern mit einer Botschaft an die im Vatikan versammelten Teilnehmer des Mißbrauchsgipfels sowie an Papst Franziskus. Gestern wurde im Neuen Ritus des heiligen Petrus Damiani gedacht, morgen im überlieferten Ritus. Der Heilige bekämpfte in der Kirche zwei Laster, das der Homosexualität und das der Simonie.
„Es muß als Zeichen der Vorsehung gesehen werden“, so Msgr. Viganò, daß der Papst und die Vorsitzenden der Bischofskonferenz sich genau an diesem Tag versammeln.
In seiner Botschaft schlägt der ehemalige Nuntius den Gipfelteilnehmern vor, über „die Worte unseren lieben, emeritierten Papstes Benedikt XVI. zu meditieren, die er bei der Generalaudienz vom 17. Mai 2006 an das Gottesvolk richtete und genau über das Markusevangelium 8,27–33 sprach, das gestern in der Messe verkündet wurde.
„Einen anderen bedeutsamen Augenblick seines geistlichen Weges wird Petrus in der Nähe von Cäsarea Philippi erleben, als Jesus den Jüngern eine präzise Frage stellt: »Für wen halten mich die Menschen?« (Mk 8,27). Jesus genügt jedoch die aus dem Hörensagen stammende Antwort nicht. Von jemandem, der sich darauf eingelassen hat, in persönliche Beziehung zu ihm zu treten, möchte er eine persönliche Stellungnahme. Deshalb fragt er weiter: »Ihr aber, für wen haltet ihr mich?« (Mk 8,29).
Es ist Petrus, der auch für die anderen antwortet: »Du bist der Christus«, das heißt der Messias (vgl. ebd.). Diese Antwort des Petrus, die nicht aus seinem »Fleisch und Blut« kam, sondern ihm vom Vater im Himmel geschenkt wurde (vgl. Mt 16,17), trägt gleichsam im Keim das künftige Glaubensbekenntnis der Kirche in sich. Dennoch hatte Petrus noch nicht den tiefen Gehalt der messianischen Sendung Jesu, den neuen Sinn dieses Wortes »Messias « verstanden.
Das zeigt er wenig später, als er zu verstehen gibt, daß der Messias, den er in seinen Träumen ersehnt, sich sehr vom tatsächlichen Plan Gottes unterscheidet. Angesichts der Ankündigung der Passion entrüstet er sich und protestiert, womit er die heftige Reaktion Jesu hervorruft (vgl. Mk 8,32–33).
Petrus will einen Messias, der als »göttlicher Mensch« die Erwartungen des Volkes erfüllt, indem er allen seine Macht auferlegt: Es ist auch unser Wunsch, daß der Herr seine Macht durchsetzt und die Welt sofort verwandelt; Jesus zeigt sich als »menschlicher Gott«, als Gottesknecht, der die Menge in ihren Erwartungen erschüttert, als er einen Weg der Demut und des Leidens einschlägt.
Das ist die entscheidende Alternative, die auch wir immer wieder neu lernen müssen: Unter Zurückweisung Jesu den eigenen Erwartungen den Vorzug zu geben oder aber Jesus in der Wahrheit seiner Sendung anzunehmen und die allzu menschlichen Erwartungen zurückzustellen.
Petrus – impulsiv, wie er ist – zögert nicht, Jesus beiseite zu nehmen und ihn zu tadeln. Die Antwort Jesu läßt alle seine falschen Erwartungen zusammenbrechen, als dieser ihn zu Bekehrung und Nachfolge aufruft: »Weiche hinter mich, Satan! Denn du hast nicht das im Sinn, was Gott will, sondern was die Menschen wollen« (Mk 8,33). Nicht du sollst mir den Weg weisen: Ich schlage meinen Weg ein, und du sollst wieder hinter mir hergehen.
So lernt Petrus, was es heißt, Jesus wirklich nachzufolgen. Es ist seine zweite Berufung, ähnlich jener Abrahams in Genesis 22, die auf die von Genesis 12 folgt: »Wer mein Jünger sein will, der verleugne sich selbst, nehme sein Kreuz auf sich und folge mir nach. Denn wer sein Leben retten will, wird es verlieren; wer aber sein Leben um meinetwillen und um des Evangeliums willen verliert, wird es retten« (Mk 8,34–35). Das ist das anspruchsvolle Gesetz der Nachfolge: Man muß, wenn es notwendig ist, auf die ganze Welt verzichten können, um die wahren Werte zu retten, die Seele zu retten, die Gegenwart Gottes in der Welt zu retten (vgl. Mk 8,36–37). Petrus nimmt, wenn auch mit Mühe, die Einladung Jesu an und setzt seinen Weg auf den Spuren des Meisters fort.
Mir scheint, daß diese verschiedenen Bekehrungen des hl. Petrus und seine ganze Gestalt ein großer Trost und eine großartige Lehre für uns sind: Auch wir haben Verlangen nach Gott, auch wir wollen großmütig sein, aber auch wir erwarten, daß Gott sich in der Welt als stark erweist und die Welt gemäß unseren Vorstellungen und gemäß den Bedürfnissen, die wir sehen, sofort verwandelt.
Gott wählt einen anderen Weg. Gott wählt den Weg der Verwandlung der Herzen im Leiden und in der Demut. Und wie Petrus müssen auch wir uns immer wieder bekehren. Wir müssen Jesus nachfolgen und ihm nicht vorausgehen: Er ist es, der uns den Weg weist.
So sagt uns Petrus: Du glaubst, die richtige Formel zu besitzen und das Christentum verändern zu müssen, aber es ist der Herr, der den Weg kennt. Es ist der Herr, der zu mir sagt, der zu dir sagt: Folge mir nach! Und wir müssen den Mut und die Demut haben, Jesus nachzufolgen, weil er der Weg, die Wahrheit und das Leben ist.“
Maria, Mater Ecclesiae, Ora pro nobis
Maria, Regina Apostolorum, Ora pro nobis.
Maria, Mater Gratiae, Mater Misericordiae, Tu nos ab hoste protege et mortis hora suscipe.
+ Carlo Maria
Viganò
Titularerzbischof von Ulpiana
Apostolischer Nuntius
21. Februar 2019
Gedenktag des Heiligen Petrus Damiani
Text: Giuseppe Nardi
Bild: Vatican.va (Screenshot)