(Rom) Auf die Kirchenmauren der Mailänder Pfarrkirche San Michele Arcangelo e Santa Rita da Cascia (zum heiligen Erzengel Michael und zur heiligen Rita von Cascia) schmierten Unbekannte Abtreibungsparolen. Der Pfarrer reagierte mit einem offenen Brief an den Täter, der in den sozialen Netzwerken rapide Verbreitung fand. Darin steht: Abtreibung ist immer „Sinnlosigkeit“.
„Freie Abtreibung (auch für Maria)“ hatte ein Schmierfink im Schutz der Dunkelheit auf die Mauern der Pfarrkirche geschmiert. In wenigen Worten soviel Haß. Die Schmiererei enthält nicht nur ein Bekenntnis zur Tötung ungeborener Kinder, sondern auch eine Götteslästerung. Der Täter gab ein Bekenntnis zum Gottesmord ab. Die Parole ist nicht neu. Sie ist aber immer neuer Ausdruck jenes Tötungswahns, der hinter der ideologisch motivierten Forderung nach Abtreibung steht. Der Ort der Schmiererei bestätigt, daß die katholische Kirche von den Abtreibungsbefürwortern als Hauptgegner gesehen wird.
Pfarrer Don Andrea Bellò schrieb einen offenen Brief an den Täter und veröffentlichte ihn auf der Facebook-Seite seiner Pfarrei. Die Zugriffe schnellten in die Höhe. Innerhalb kurzer Zeit wurde die Seite fast 1600mal geteilt.
„Lieber, anonymer Mauerschreiber,
es tut mir leid, daß Du Dir kein Beispiel an Deiner Mutter genommen hast. Sie hatte Mut. Sie hat die Schwangerschaft weitergeführt und Dich geboren. Sie hätte Dich abtreiben können, hat es aber nicht getan. Sie hat Dich aufgezogen, Dich genährt, Dich gewaschen und Dich gekleidet. Und nun hast Du ein Leben und eine Freiheit. Eine Freiheit, die Du dazu benützt, um uns zu sagen, daß es besser wäre, wenn es Menschen wie Dich auf dieser Welt nicht gäbe. Bedaure, aber damit bin ich nicht einverstanden. Ich bewundere Deine Mutter sehr, weil sie mutig war. Und wie jede Mutter ist sie stolz auf Dich, auch wenn Du Dich schlecht benimmst, weil sie weiß, daß in Dir etwas Gutes steckt, dem es nur gelingen muß, herauszukommen.
Die Abtreibung ist ‚Sinnlosigkeit‘ aller Dinge. Sie ist der Tod, der über das Leben siegt. Sie ist die Angst, die über ein Herz siegt, das hingegen kämpfen und leben und nicht sterben will. Sie ist ein Entscheiden darüber, wer leben darf und wer nicht. Sie ist eine Ideologie, die über eine Menschheit siegt, der man die Hoffnung rauben will. Jede Hoffnung.
Ich bewundere alle Frauen, die trotz tausend Schwierigkeiten den Mut haben, weiterzugehen. Du hast, da Du anonym bleibst, offensichtlich keinen Mut.
Und weil wir gerade dabei sind, möchte ich Dir sagen, daß wir in unserem Stadtteil bereits viele Probleme haben und keine Leute brauchen, die Mauern beschmieren und das wenige Schöne ruinieren, das wir haben.
Willst Du beweisen, mutig zu sein?
Mach die Welt besser, anstatt sie zu zerstören. Liebe, anstatt zu hassen. Hilf den Leidenden, ihr Leid zu tragen. Und vor allem: Schenk Leben, anstatt es zu nehmen! So sind die wirklich Mutigen.
Ich unterschreibe, was ich schreibe
Don Andrea“
Der gotteslästerliche Angriff auf die Pfarrkirche wird auch in einer geistlichen Dimension gesehen, da am 29. September das Fest des Erzengels Michael, im überlieferten Ritus sogar ein Hochfest begangen wird.
Text: Giuseppe Nardi
Bild: Avvenire (Screenshot)