„Zölibat als Option“ – Progressiver Priester gibt Priestertum auf


Zölibat nur als Wahlmöglichkeit, fordert einer der bekanntesten (progressiven) Priester Kolumbiens und gibt sein Priestertum auf.
Zölibat nur als Wahlmöglichkeit, fordert einer der bekanntesten (progressiven) Priester Kolumbiens und gibt sein Priestertum auf.

(Bogo­ta) P. Alber­to José Line­ro Gomez gehört der Kon­gre­ga­ti­on von Jesus und Maria an und ist einer der bekann­te­sten Prie­ster Kolum­bi­ens. Nun bat er um sei­ne Lai­sie­rung, kri­ti­sier­te den Zöli­bat, ver­tei­dig­te Papst Fran­zis­kus und attackier­te den ehe­ma­li­gen Nun­ti­us in den USA, Msgr. Car­lo Maria Viganò, wegen des­sen Memo­ran­dum, mit schwer­wie­gen­den Vor­wür­fen gegen Fran­zis­kus, des­sen Rück­tritt er forderte.

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Der Bekannt­heits­grad von P. Line­ro hat mit sei­nen häu­fi­gen Rund­funk­auf­trit­ten zu tun. Beson­ders popu­lär ist der Ordens­prie­ster unter nicht prak­ti­zie­ren­den Katho­li­ken und Kir­chen­geg­nern. Der Grund dafür sind sei­ne hete­ro­do­xen Posi­tio­nen. P. Line­ro gefiel sich seit Jah­ren dar­in, die Kir­che anzu­grei­fen, ihre Glau­bens- und vor allem Moral­leh­re zu kri­ti­sie­ren und „Refor­men“ einzufordern.

Zahl­rei­cher sei­ner Angrif­fe fin­den sich als Video- oder Audio-Datei­en im Internet.

Am Mitt­woch gab P. Alber­to José Line­ro Gomez in einem Inter­view mit Blu Radio, einem Sen­der, des­sen Mit­ar­bei­ter er seit eini­gen Mona­ten ist, bekannt, sein Prie­ster­tum auf­zu­ge­ben und den Orden zu verlassen.

„Ich habe mei­nem Gene­ral­obe­ren, P. Jean-Michel Amou­ri­aux, einen Brief geschrie­ben, in dem ich ihn um die Ent­bin­dung von mei­nen prie­ster­li­chen Ver­spre­chen ersucht habe. Der Pater hat mir nicht geant­wor­tet. Ich habe jeden­falls kei­ne Antwort.“

Laut der kolum­bia­ni­schen Tages­zei­tung El Heral­do vom sel­ben Tag habe „Line­ro wäh­rend des Inter­views kaum sei­ne Trä­nen unter­drücken können“.

Alberto Linero
Alber­to Linero

Als Grund für sei­ne Ent­schei­dung nann­te er, daß er „auf ande­re Wei­se leben will“.

Er spre­che das erste Mal offen dar­über „und ich hof­fe, daß es auch das letz­te Mal ist, denn letzt­lich geht es um mein Leben“.

Line­ro trat im Alter von 16 Jah­ren in das Klei­ne Semi­nar sei­nes Ordens ein. Er sei „glück­lich“ gewe­sen. „33 Jah­re mei­nes Lebens habe ich dem Dienst für die Kir­che gewidmet.“

Nun wol­le er aber sein Leben auf ande­re Wei­se leben und „ande­re Din­ge in mei­nem per­sön­li­chen Leben tun“.

Er sei Katho­lik und glück­lich mit sei­nem Glau­ben, und so wer­de es auch bleiben.

Line­ro hat­te den Orden um ein Sab­bat­jahr gebe­ten und gewährt bekom­men. Wäh­rend die­ses Jah­res habe er „zahl­rei­che Erfah­run­gen“ gemacht. Dazu gehö­re die „Ein­sam­keit“, die eine zen­tra­le Rol­le dabei gespielt habe, wes­halb er nun sein Ordens­ge­wand ausziehe.

„Mei­ne gro­ße Tra­gö­die war die Ein­sam­keit in den ver­gan­ge­nen Jah­ren. In den ver­gan­ge­nen vier Jah­ren mei­nes Lebens habe ich eine sehr gro­ße Wüste der Ein­sam­keit durch­ge­macht – exi­sten­ti­ell sehr groß.“

Er sei nun in kei­ner Hin­sicht mehr gebun­den und kön­ne sich vor­stel­len, eine Part­ne­rin zu suchen, denn er sei ein gesel­li­ger Mensch und möge die Ein­sam­keit nicht. „Ich will mich nicht allein fühlen.“

Gleich­zei­tig bestritt Line­ro gegen­über Blu Radio, daß sei­ne Ent­schei­dung mit dem Zöli­bat zusammenhänge.

„Die Sache ist nicht sexu­ell, nicht geschlecht­lich, nicht existentiell.“

Bereits am Tag danach klang das etwas anders. Am 6. Sep­tem­ber ver­öf­fent­lich­te die Tages­zei­tung El Heral­do ein Inter­view mit Line­ro, der in Bogo­ta eine Auto­gramm­stun­de zu sei­nem neue­sten Buch „Gott ist Mut­ter“ gab. Nun for­der­te Linero:

„Der Zöli­bat soll­te eine Wahl­mög­lich­keit sein“.

Gleich­zei­tig beton­te er, daß theo­lo­gisch das Wei­he­sa­kra­ment nicht zurück­ge­nom­men wer­den könne.

„Also wer­de ich nie auf­hö­ren, ein Prie­ster zu sein, selbst wenn ich den Dienst nicht mehr aus­üben wer­de. Ich wer­de bis zum Tag mei­nes Todes Prie­ster bleiben“.

Er sei immer ein „aty­pi­scher“ Prie­ster gewesen:

„Ich paß­te über­haupt nicht in die Model­le, die die Kir­che als Prie­ster hat. Das hat mir oft Pro­ble­me bereitet.“

Nach dem Sab­bat­jahr sei es, „als wäre ich wie­der­ge­bo­ren“. Er wis­se nun, was es heißt, auf dem Markt ein­zu­kau­fen, oder Strom und Was­ser zu bezah­len. Das alles habe er „ler­nen“ müs­sen, weil er in die­sem Jahr allein lebte.

Auf die Fra­ge, was er einem jun­gen Mann sagen wür­de, der Prie­ster wer­den möch­te, ant­wor­te­te Linero:

„Wow, obwohl die Kir­che einen schwie­ri­gen Moment durch­macht. Mich hat das The­ma des ehe­ma­li­gen Nun­ti­us des Hei­li­gen Stuhls in den USA, Car­lo Maria Viganò, der Papst Fran­zis­kus angreift, sehr geschmerzt, weil ich Bischö­fe nicht akzep­tie­re, die mir kein Vor­bild der Gemein­schaft sind. Für mich ist das ein Ärger­nis, weil so kein Bischof ist, und die­ser Schlag von Bischö­fen um ihn her­um, die den Papst angrei­fen, schockiert mich. Ehr­lich, wenn jemand ein Bei­spiel der Gemein­schaft geben muß, dann sind sie es. Um aber auf die Fra­ge zu ant­wor­ten: Ich wür­de die­sem jun­gen Mann emp­feh­len, zuerst vie­le Erfah­run­gen zu machen.“

Als Grund für sei­ne Ent­schei­dung, das Prie­ster­tum auf­zu­ge­ben und den Orden zu ver­las­sen, nann­te er gegen­über der Tageszeitung:

„Weil ich auf­ge­hört habe eine Insti­tu­ti­on zu lie­ben, weil ich auf­ge­hört habe eine Rou­ti­ne zu lie­ben. Ich mache aber nie­mand für mei­ne Ent­schei­dung ver­ant­wort­lich. Dafür bin ich ver­ant­wort­lich. Ich bin aber der Mei­nung, daß der Zöli­bat heut­zu­ta­ge nicht mehr ver­pflich­tend , son­dern eine Wahl­mög­lich­keit sein soll­te. Mir sol­len sie nicht erzäh­len, daß der Prie­ster ein alter Chri­stus ist, und Chri­stus nicht ver­hei­ra­tet war. Ich glau­be, daß es immer eini­ge geben wird, die zöli­ba­t­är blei­ben wol­len, das ist ein Geschenk Got­tes. Aber ich den­ke, daß es nicht ver­pflich­tend sein kann. Zudem den­ke ich, wenn die Kir­che den Zöli­bat nicht über­denkt und die­se Dis­zi­plin nicht ändert, denn für mich ist das kein Dog­ma, son­dern eine Dis­zi­plin, dann wird sie ohne die besten Köp­fe der Gesell­schaft blei­ben. Es gibt vie­le jun­ge Män­ner, die Prie­ster wer­den möch­ten, aber nur weni­ge, die den Zöli­bat wol­len in einer so ‚penis­zen­trier­ten‘ Welt.“

Die Kon­gre­ga­ti­on von Jesus und Maria, auch als „Eudi­sten“ bekannt, wur­de 1643 vom hei­li­gen Johan­nes Eudes gegrün­det. Der Orden zeich­ne­te sich vor allem durch Volks­mis­sio­nen aus. Durch die Kir­chen­feind­lich­keit der Fran­zö­si­schen Revo­lu­ti­on wur­de er fast aus­ge­löscht. Vier Eudi­sten erlit­ten das Mar­ty­ri­um. 1828 gelang die Wie­der­be­le­bung, dar­un­ter ab 1883 die Aus­brei­tung nach Kolum­bi­en. Heu­te zählt die Kon­gre­ga­ti­on etwa 350 Priester.

Text: Giu­sep­pe Nardi
Bild: Blu Radio/​El Heral­do (Screen­shots)

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1 Kommentar

  1. Offen­bar haben wir es bei P. Alber­to José Line­ro Gomez mit einem klas­sisch-pro­gres­si­ven Prie­ster zu tun, der es in all den Jah­ren sei­nes Prie­ster­tums nicht geschafft hat, sich der Unkeusch­heit zu enthalten. 

    Par­al­le­len zum hier auf katho​li​sches​.info geschil­der­ten Fall Don Mar­co Bis­ce­gli­as sind unverkennbar.

    Was will die­ser Prie­ster? Will er jetzt noch eine Fami­lie grün­den? Oder will er in die­ser, wie er sagt „penis­zen­trier­ten“ Welt, nur sei­ne Sexua­li­tät aus­le­ben, um schein­bar Befrei­ung zu fin­den? Das alles wird sei­nen Geist nicht zu Gott erheben.

    Die­ser Prie­ster hat m.E. nichts vom Wesen des Prie­stet­ums verstanden.

    Wenn er schließ­lich sei­ne Erfah­run­gen gemacht hat, wie vie­le ande­re vor ihm auch, wird er spä­te­stens sei­nen Abfall auf dem Ster­be­bett bereuen. 

    Denn von der „penis­zen­trier­ten“ Welt wird er sicher ent­täuscht werden.

    Im Fal­le Line­ro Gomez ist das Pon­ti­fi­kat Fran­zis­kus das nöti­ge Öl ins Feuer.

    Die einen las­sen sich von Fran­zis­kus nach links mit­rei­ßen, die ande­ren, so etwa in den USA, besin­nen sich zurück auf die Wur­zeln des Prie­ster­tums als spi­ri­tel­le Vater­schaft des in der Gna­de leben­den und wach­sen­den Opferpriesters.

    Mich wür­de inter­es­sie­ren, wie die­ser Prie­ster in dem einen Jahr sei­ner „Wüsten­er­fah­rung“ und Ein­sam­keit als Prie­ster gewirkt hat: Hat er täg­lich die Mes­se gefei­ert und die Schwie­rig­kei­ten mit dem 6. Gebot als Opfer für all jene dar­ge­bracht, die nicht wider­ste­hen kön­nen, noch wol­len? Also all jene, die auch Schwie­rig­kei­ten damit haben?

    Denn nach Aus­sa­ge der Wüsten­vä­ter erlan­gen wir für ande­re Befrei­ung, wenn wir sel­ber ange­foch­ten wer­den und die­sen Anfech­tun­gen im gei­sti­gen Kampf standhalten. 

    Wir sol­len immer sagen: „Herr, nimm die Schwie­rig­kei­ten, die ich durch­kämp­fe dazu, um ande­re Men­schen in ähn­li­chen Situa­tio­nen zu befeien. 

    Wer auch immer nicht bereit ist, die „per­fek­te Keusch­heit“ (Kar­di­nal Cafarra) zu leben, soll­te auch ande­re nicht kri­ti­sie­ren. Ich wün­sche mir sehr, dass die Viel­schrei­ber in man­chen Foren alle keusch leben, ob inner­hab und außer­halb der Ehe, spielt dabei kei­ne Rol­le. Wenn nicht, hat das Kom­men­ti­ern spi­ri­tu­ell gese­hen über­haupt kei­nen Wert, Umkehr und „Rei­ni­gung“ zu erlangen.

    Wir müs­sen begrei­fen, dass das Pro­blem des Glau­bens­ab­falls nicht durch büro­kra­ti­sche oder dizi­pli­nä­re Maß­nah­men (Abschaf­fung des ‚Pflicht­zö­li­bats‘) zu behe­ben ist, son­dern allein durch eine ver­tief­te spi­ri­tu­el­le Erneue­rung auf den Grund­la­gen der inne­ren Ein­kehr, des Gebets und der Asce­se. Wir müs­sen zuerst vor Gott ste­hen. In der Welt sind wir, um die uner­lö­ste Welt vor Gott zu bringen.

    Es war mir klar, dass das Schwei­gen von Fran­zis­kus auf län­ge­re Sicht stra­te­gisch dazu genutzt wer­den wird, auf der Ama­zo­nas­syn­ode Argu­men­te gegen den kle­ri­ka­len Zöli­bat vor­brin­gen zu können. 

    Die ersten Vor­kämp­fer sind „penis­zen­trier­te“ Prie­ster wie Don Alber­to José Line­ro Gomez, die behaup­ten, das Grund­pro­blem sei nicht der Zöli­bat, son­dern die Ein­sam­keit (mit ihrem Gott??).

    Man erkennt hier auch Par­al­le­len zu Luthers Vita. Luther kam im Kampf mit dem Teu­fel zu sei­nem soge­nann­ten Turm­er­leb­nis; hielt aber der Prü­fung der inne­ren Ein­kehr (der Wüste, wie wir sie in allen Hei­li­gen­le­ben ken­nen) nicht stand. 

    Anstel­le den Kampf mit dem Teu­fel dau­er­haft auf­zu­neh­men und ihm ent­ge­gen­zu­tre­ten, nahm er den Ungeist mit all sei­nen spä­te­ren häre­ti­schen Abzwei­gun­gen durch sei­ne fal­sche Gna­den­leh­re in sich auf und been­de­te damit den ‚Kampf des Wachs­tums in der Gna­de bis zur mysti­schen Ver­mäh­lung‘, wo der Prie­ster beginnt die Cha­ris­men Jesu wahr­haft und wirk­sam im Rah­men bezeug­ter Wun­der auszuströmen. 

    Luther wur­de zum Skla­ven des Teu­fels, des­sen Ungeist der Spal­tung er in alle Welt trug. 

    Auch Don Alber­to José Line­ro Gomez droht nach jah­re­lan­gem koket­tie­ren mit dem Geist die­ser Welt, die­sem end­lich zu erliegen,um sei­ne „Era­fah­run­gen zu machen“. 

    Genau die­se Erfah­run­gen sind es, die uns Prie­ster wie Don Gomez besche­ren und die Pro­te­stan­ti­sie­rung des Glau­bens wei­ter voranbringen.

    Bra­vo, Don Gomez!

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