
(Rom) Fährtenlesen im Amazonas-Regenwald.
Amazonas III
Der Amazonas steht seit dem Frühjahr 2014 im Mittelpunkt eines Projekts des derzeitigen Pontifikats von solcher Sprengkraft, die römisch-katholische Kirche in ihren hierarchisch verfaßten Grundfesten zu erschüttern. Die auserkorenen Akteure zur Umsetzung des Projekts sind die Bischöfe der Amazonas-Region. Einer von ihnen, der brasilianische Erzbischof Sergio Castrini von Manaus, steht derzeit im Mittelpunkt eines ganz anders gelagerten Vorfalls. Folgt man allerdings einschlägigen Experten, liegen die beiden „Projekte“ vielleicht gar nicht so weit auseinander.
Am vergangenen 6. Mai zelebrierte Erzbischof Castrini eine Messe für den Grande Priorado do Brasil de Templarios e de Malta. Dabei handelt es sich nicht, wie der Name vielleicht andeuten könnte, um einen kirchlich anerkannten Ritter- und Hospitalorden. Ganz im Gegenteil.

Der vollständige Name der Gruppierung lautet Großpriorat von Brasilien der vereinigten religiösen, militärischen und freimaurerischen Orden vom Tempel und des heiligen Johannes von Jerusalem, Palästina, Rhodos und Malta. Er enthüllt die eigentliche Natur des Zusammenschlusses: ein Freimaurerorden. Um genau zu sein, handelt es sich dabei um einen Zweig innerhalb des 1804/1822 gegründeten Großorients von Brasilien.
Die Doppelbezeichnung als „Templer-Malteser“ zeigt an, daß die Gruppe in keinem Zusammenhang mit den historischen, katholischen Ritter- und Hospitalorden gleichen Namens steht. Der Templerorden wurde bereits 1312 aufgehoben und seither nicht wiederbelebt, während der Souveräne Malteserorden über seine eigene Niederlassung in Brasilien verfügt. Nicht nur die Ordenstracht der „Templer-Malteser“ unterscheidet sich von den beiden katholischen Orden. Die „Templer-Malteser“ berzeichnen sich zwar als „Ritter“, sind jedoch Logenbrüder. Zurecht kann gesagt werden, daß hier Freimaurer unter falscher Flagge segeln.
Die Entstehung der Freimaurer-Templer
Ihre Entstehung geht auf England zurück, wo der Freimaurerorden als United Religious, Military and Masonic Orders of the Temple and of St John of Jerusalem, Palestine, Rhodes and Malta of England and Wales and Its Provinces Overseas oder kurz als Knights Templar bezeichnet wird. Ihr Hauptquartier hat die 1895 entstandene Freimaurer-Obödienz in Mark Masons‘ Hall in London. Laut eigenen Angaben dürfen nur trinitarische Christen aufgenommen werden.

Die Gründung des Großpriorats von Brasilien erfolgte von Spanien aus. Das spanische Großpriorat erlaubte 2002 Mitgliedern des Großorients von Brasilien dem Orden beizutreten. Die Konstituierung der ersten Priorate erfolgte am 20. März 2002 in São Paulo in Anwesenheit und unter dem Vorsitz des Großmeisters des Großorients von Brasilien. 2004 wurde Brasilien zu einem eigenständigen Großpriorat. Der Orden, in Wirklichkeit eine Freimauerobödienz, gliedert sich in zwei Stufen, in Templer-Präzeptorien und Malteser-Priorate, die parallel nebeneinander als unterschiedliche Stufen der Logen-Karriere bestehen und sich ihrerseits wiederum in verschiedene Grade unterteilen. Als Präzeptorium wird in diesem Freimaurerorden die Loge bezeichnet, in der sich die Logenbrüder versammeln und ihre „Arbeit“ verrichten.
Großmeister des Großpriorats von Brasilien ist seit 2012 der Journalist Irmão Wagner Veneziani Costa, ein Hochgradfreimaurer, der am 24. November 2007 in den 33. Grad eingeweiht wurde und dem Obersten Rat von Brasilien, der Obödienz der Hochgrade angehört.
Kirchliche Verurteilung der Freimaurerei
Als Gründungsjahr der Freimaurerei gilt 1717 als in London die Großloge von England entstand. Schon kurze Zeit danach wurde die Freimaurerei, die sich im Zuge der Aufklärung rasch in anderen Ländern ausbreitete, von der katholischen Kirche verurteilt, weil sie einen persönlichen Gott als obersten Herrn und Richter der Welt und des Einzelnen ablehnt; weil sie losgelöst vom Christentum mit gnostisch-esoterischen und auch okkulten Methoden eigenständig nach höherer Erkenntnis strebt; und weil sie sich in verschiedenen Situationen als erbitterte Gegnerin der katholischen Kirche erwies.

Bis 1983 waren Katholiken, die einer Loge beitraten, automatisch exkommuniziert. Seit der Veröffentlichung des neuen Kodex des Kirchenrechts ist die Frage umstritten. Unstrittig ist, daß die Freimaurerei weiterhin verurteilt ist, wie der damalige Glaubenspräfekt Joseph Kardinal Ratzinger am 26. November 1983 präzisierte. Durch die Streichung einer ausdrücklichen Nennung im Codex Iuris Canonici wird die Strafbewehrung für die Logenmitgliedschaft allerdings in Frage gestellt, besonders von jenen Kirchenkreisen, darunter beispielsweise dem Wiener Dompfarrer Toni Faber, die eine „Aussöhnung“ zwischen Freimaurerei und katholischer Kirche anstreben. Ein Bestreben, das kurz nach dem Ende des Zweiten Vatikanischen Konzil einsetzte und im deutschen Sprachraum sowohl in der Bundesrepublik Deutschland als auch in Österreich zu offiziellen Gesprächen führte, allerdings mit unterschiedlichem Ausgang. Nachdem man in der Bundesrepublik Deutschland von 1968 bis 1980 miteinander gesprochen hatte, blieb das Urteil der Kirche über die Freimaurerei negativ. Wien hingegen bemühte sich der damalige Erzbischof, Franz Kardinal König, bis zur Bekräftigung der Verurteilung durch Kardinal Ratzinger um eine Aufhebung des kirchlichen Bannstrahls.
Großmeister: „Großer Paradigmenwechsel“

Da die Verurteilung der Freimaurerei unverändert gilt, ist aus der Sicht der Kirche jede Form der Zusammenarbeit ausgeschlossen, geschweige denn könnte ein Priester oder ein Bischof für eine von ihr verurteilte Organisation eine Messe zelebrieren. Das aber tat Msgr. Sergio Castrini, der Erzbischof von Manaus im brasilianischen Bundesstaat Amazonas. In der Kirche zur Heiligen Familie von Tarumã zelebrierte er eine Messe für die Templer-Präzeptorien und Priorate von Malta Castelo de Tomar Nr. 61 des Bundesstaates Amazonas und Estrela de Porto Velho Nr. 62 des Bundesstaates Rondônia .
Der Großmeister des Großorients von Brasilien im Staat Amazonas, Armando de Souza Correa Junior, sprach von einem „großen Paradigma“ und der Absicht, diese Messe zu einer „jährlichen Tradition“ zu machen. Bisher hatten die Logenbrüder dieser Freimaurerobödienz ihre „Tempelmesse“ in der anglikanischen Kirche von Sao Paulo gefeiert.
Der Freimaurer-Großmeister sieht sich durch Erzbischof Castrini bestätigt. Dieser hatte in der Predigt vor den 58 versammelten Freimauern gesagt:
„Was uns vereint, ist viel mehr, als was uns trennt. Wir stehen am Vorabend zu Pfingsten. Dessen Thema ist: ‚In der Kraft des Geistes sind wir alle Brüder und Schwestern‘, was zeigt, daß das, was uns verbindet, der Geist Gottes ist.“
Die Grenzen scheinen schwammig. So erklärte Jurimar Collares Ipiranga, der Bildungsbeauftragte des Großorients von Brasilien im Staat Amazonas:
„Dieser Tag ist ein historisches Markstein, der in unseren Herzen bleiben wird und sichtbar macht, daß wir Christen sind. Wir sind Ritter unseres Herrn Jesus Christus und wir sind Gottes Diener „.
Freimaurer-Obödienz
Ein Blick auf die Texte und Bilder, die auf der Facebook-Seite dieser obskuren „Templer-Malteser“ veröffentlicht sind, enthüllt jedoch den freimaurerischen Charakter der Organisation. Dabei geht es nicht nur um die Gliederung in Grade, die Gestaltung der Präzeptorien als Logen, die Verwendung derselben Gerätschaften für die Logenarbeit. Anfang April veröffentlichte das Großpriorat von Brasilien beispielsweise folgende Traueranzeige über das Ableben eines hochrangigen Logenbruders:
„Mit tiefer und großer Trauer wurde vom Großorient von Brasilien der Tod unseren hervorragenden Ritters, Irmão Eurípedes Barbosa Nunes, mitgeteilt.
Die brillante Teilnahme an unserem Orden, die berufliche Leistung, der engagierte Vater und Großvater, die Qualitäten eines Mannes mit Integrität und guten Umgangsformen bilden einen bewundernswerten Kranz von Werten, die unseren Bruder Barbosa als einen großartigen Freimaurer erkennen lassen.
Barbosa Nunes stammte aus dem Bundesstaat Goian, geboren am 19. September 1944 in der Stadt Itauçu. Verheiratet und Vater von drei Kindern und zwei Enkeln. Rechtsanwalt, Verantwortlicher der Gerichtspolizei von Goias, Professor, Journalist, Mitglied der Journalistenvereinigung von Goias.
Am 26. August 1978 wurde er in die Freimaurerei initiiert, wurde ehrwürdiger Meister vom Stuhl, erst Sekretär, dann Deputierter des Großorients von Goias, Mitglied des Obersten Gerichtshofes der Freimaurerei, Generalsekretär des Großorients von Brasilien und sechs Jahre Großmeister des Großorients von Brasilien im Staat Goias. Zuletzt war er beigeordneter Großmeister des Großorients von Brasilien zur Vorbereitung der Wahl des neuen Großmeisters.
Das Großpriorat von Brasilien erklärte mit der Resolution Nr. 391in seiner gesamten Jurisdiktion für die Dauer von sechs Tagen eine offizielle Trauer.Brüderlich
Mario Sergio Costa – GCT
Hervorragendster und Oberster GroßmeisterMoisés Figueiredo – GCT
Sehr hervorragender Großkanzler
Zweifelhafte Vorbilder und Allianzen

Der Erzbischof von Manaus kann sich inzwischen fast auf ein allerhöchstes Beispiel berufen. Am vergangenen Wochenende nahm Kardinalstaatssekretär, Pietro Parolin, erstmals am diesjährigen Bilderberger-Treffen in Turin teil. Der Erzbischof ging mit der Zelebration einer Messe allerdings noch weiter.
Wahrscheinlich summieren sich beide Ereignisse, und vielleicht auch noch das dritte, die Amazonassynode für eine „anderes“ Priestertum, unter dem, was Kurienbischof Marcelo Sanchez Sorondo, der politische Berater von Papst Franziskus, als „magischen Moment“ bezeichnet, den „die Menschheit“ derzeit erlebe, weil das Lehramt des Papstes und das der UNO erstmals überstimmen würden.
Die Folge sind offenbar nicht nur Verwirrung, Unsicherheit und verschwimmende Grenzen, sondern auch zweifelhafte Allianzen.
Text: Giuseppe Nardi
Bild: Gran Priorado do Brasil/Facebook/Correio da Amazonia/Rainha Maria (Screenshots)
Freimaurer-Ökumene sozusagen …